Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2015, Az. XII ZB 534/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12666

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 534/14

vom

15. April 2015

in der
Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 d Nr. 1; FamFG §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 59 Abs. 1
a)
Bei einer durch ein Behindertentestament auf den Betroffenen übertragenen (Vor-)Erbschaft
und gleichzeitiger Anordnung der [X.]vollstreckung wird der [X.]vollstrecker durch die Festsetzung der [X.] nicht in eigenen Rechten unmittel-bar betroffen.
b)
Er ist deshalb weder an dem Vergütungsfestsetzungsverfahren zu beteiligen noch steht ihm gegen die abschließende Festsetzungsentscheidung ein Be-schwerderecht zu.

[X.], Beschluss vom 15. April 2015 -
XII ZB 534/14 -
LG [X.]

Notariat II [X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 15.
April 2015 durch den
Vorsitzenden
Richter Dose
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 19.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 2.
Oktober
2014
wird auf Kosten des
[X.]s
mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Beschlüsse des Notariats
II [X.] -
Betreuungsgericht
-
vom 2.
Juni 2014 und vom 3.
Juni 2014 (Vergütungsfestsetzung) richtet,
verworfen und im Übrigen zurückgewiesen wird.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
[X.]: 5

Gründe:
I.
Die geistig behinderte Betroffene ist durch Testament vom 12.
September 2001 zur alleinigen befreiten Vorerbin ihrer im Jahr 2008 ver-storbenen Mutter bestimmt worden. Der Nachlass stellt derzeit ihr wesentliches Vermögen dar. In dem Testament ordnete die Erblasserin eine [X.]voll-streckung als Dauervollstreckung auf Lebenszeit der Betroffenen an und er-nannte den [X.] zum [X.]vollstrecker, der dieses Amt bis heute ausübt.
1
-
3
-
Mit Beschluss vom 2. Juni 2014 hat das Betreuungsgericht eine Vergü-tung des Betreuers aus dem Vermögen der Betroffenen in Höhe von 198,00

sowie
die Erstattung bereits von der Staatskasse verauslagter Betreuervergü-tungen aus dem Vermögen der Betroffenen in Höhe von 792,00

Mit weiterem Beschluss vom 3.
Juni 2014
hat das Betreuungsgericht eine [X.] des Betreuers aus dem Vermögen der Betroffenen in Höhe von 330,00

Gegen diese Beschlüsse hat der [X.] mit Schreiben vom 10.
Juni 2014 Beschwerde eingelegt und zugleich seine Hinzuziehung zu dem [X.] als Beteiligter beantragt. Mit Beschluss vom 24.
Juni 2014
hat das Betreuungsgericht den Antrag des [X.] abgelehnt und dessen Beschwerden gegen die [X.] vom 2.
Juni 2014 und 3.
Juni 2014 "zurückgewiesen". Die gegen [X.] Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das
[X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der der [X.] weiter seine Verfahrensbeteiligung und die Aufhebung der [X.] anstrebt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
70 Abs.
1 FamFG aufgrund der Zu-lassung durch das Beschwerdegericht statthaft (vgl. auch Senatsbeschluss vom 5. Januar 2011 -
XII [X.]/10
-
FamRZ 2011, 368 Rn.
2) und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des Beschwerdeführers ergibt sich [X.], dass seine Erstbeschwerde gegen den Beschluss des Betreuungsgerichts ohne Erfolg geblieben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014
-
XII
ZB 117/14
-
FamRZ 2015, 249
Rn.
4
mwN).
2
3
4
-
4
-
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Soweit sich der [X.] gegen die Festsetzung der Betreuervergütung wendet, ist sie
mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beschwerde gegen die entsprechenden betreuungsgerichtlichen Beschlüsse vom 2.
Juni
2014 und 3.
Juni 2014 verwor-fen wird. Insoweit ist bereits die Erstbeschwerde unzulässig gewesen, weil dem [X.] die Beschwerdebefugnis gefehlt hat.
1.
Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass der Rechts-beschwerdeführer
als
[X.]vollstrecker nicht am Verfahren zur [X.] zu beteiligen ist.
a) Der Kreis der Personen, die in [X.] (§
271 FamFG) von Amts wegen oder auf Antrag am Verfahren beteiligt werden können, bestimmt sich nach §§
7 Abs.
3, 274 Abs. 4 FamFG. Als [X.]vollstrecker wird der [X.] von dieser abschließenden Regelung der Kann-Beteiligten (vgl.
BT-Drucks. 16/6308 S.
179) nicht erfasst.
b) Als [X.]vollstrecker ist der [X.]
auch nicht zwingend am Verfahren zu beteiligen.
Nach §
274 Abs.
1 und 2 FamFG sind nur der Betroffene, der Betreuer und der Vorsorgebevollmächtigte, soweit ihr Aufgabenkreis betroffen ist,
und der Verfahrenspfleger sogenannte Muss-Beteiligte in [X.]. Allerdings schließt die Regelung in §
274 Abs.
1 FamFG eine ergänzende Anwendung der allgemeinen Vorschrift in §
7 Abs.
2 FamFG nicht aus ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
274 Rn.
1;
Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
274 Rn.
2; BT-Drucks.
16/6308 S.
179).
aa) Nach
§
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG sind diejenigen als Beteiligte zum Ver-fahren hinzuzuziehen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird. Die Vorschrift knüpft an den materiellen Beteiligtenbegriff an 5
6
7
8
9
-
5
-
([X.]/[X.]
FamFG 18.
Aufl. §
7 Rn.
11) und entspricht damit inhaltlich den Voraussetzungen
für die Beschwerdeberechtigung in
§
59 Abs.
1 FamFG.
Eine Rechtsbeeinträchtigung in diesem Sinne liegt vor, wenn der [X.] des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein
dem [X.] zustehendes Recht eingreift (Senatsbeschluss vom 19.
Januar 2011 -
XII
ZB 326/10
-
FamRZ 2011, 465 Rn.
9 mwN). Die angefochtene Ent-scheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufhe-ben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Aus-übung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbes-serung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren (Senatsbeschluss vom 8.
Oktober 2014
-
XII
ZB 406/13
-
FamRZ 2015, 42
Rn.
14
mwN). Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtig-ter Interessen genügt dagegen nicht ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
59 Rn.
6).
[X.]) Gemessen hieran hat das Beschwerdegericht eine unmittelbare Be-troffenheit des Beschwerdeführers in eigenen Rechten durch die Entscheidun-gen im Verfahren zur Festsetzung der Betreuervergütung zu Recht
verneint.
(1) Die Aufgabe
des [X.]vollstreckers
besteht darin, entspre-chend dem Willen und unter Beachtung der Anordnungen des Erblassers (§
2216 Abs.
2
BGB) die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausfüh-rung zu bringen (§
2203 BGB) und den Nachlass zu verwalten

2205 BGB). Hierzu ist er regelmäßig mit umfassenden
Befugnissen ausgestattet, die ihm die Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgabe ermöglichen
(vgl. §§
2205, 2206, 2207
BGB). In
seiner Amtsführung ist der [X.]vollstrecker unabhängig, soweit nicht das Gesetz oder der Erblasser selbst ihm Bindungen auferlegt ha-ben (vgl. [X.]Z 25, 275, 279 = NJW 1957, 1916). Stets hat er jedoch den
aus-drücklich geäußerten
oder mutmaßlichen
Willen
des Erblassers
zu beachten
10
11
12
-
6
-
(vgl.
[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
2203 Rn.
13).
Denn innerhalb der zwingenden gesetzlichen Schranken ist der Wille des Erblassers die [X.] für die Aufgaben und Befugnisse des [X.]vollstreckers ([X.], 298, 300).

(2) In der so umschriebenen
Rechtsstellung
wird der [X.] durch die Festsetzung der Betreuervergütung aus dem Vermögen der Be-troffenen nicht unmittelbar beeinträchtigt.

(a) Allerdings steht der Nachlass, der der [X.]vollstreckung unter-fällt, nur dann für Vergütungsansprüche eines Betreuers des Erben zur Verfü-gung, wenn dies mit den vom Erblasser im Testament getroffenen [X.] zu vereinbaren ist, die vom [X.]vollstrecker vollzo-gen werden müssen.
Die durch ein Behindertentestament angeordnete

(Vor-)Erbschaft bei gleichzeitiger Anordnung der [X.]vollstreckung führt zu einer Einschränkung der Verfügungsbefugnis des
Erben
gemäß §
2211 BGB. Demgemäß können sich die Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nach-lassgläubigern gehören, nicht an die der Verwaltung des [X.]s unterliegenden Nachlassgegenstände halten, §
2214 BGB. Dies schließt auch eine Verwertung des Nachlasses für die Betreuervergütung grundsätzlich aus.
Der Erbe
hat einen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der [X.] die vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanordnungen [X.]. §
2216 Abs.
2 BGB umsetzt. Dieser Anspruch, der sich in diesem Zu-sammenhang
auf die Freigabe der zu entrichtenden Betreuervergütung richtet, gehört zum Vermögen der Betroffenen [X.]. §
90 SGB XII.
Daher ist durch Auslegung der an den [X.]vollstrecker adressierten Verwaltungsanord-nungen zu ermitteln, ob der Erblasser auch Vergütungsansprüche des [X.] ausschließen wollte
(vgl. Senatsbeschluss vom 27.
März 2013 -
XII
ZB 13
14
15
-
7
-
679/11
-
FamRZ 2013, 874 Rn.
22
f.).
Stehen die im Testament getroffenen Verwaltungsanordnungen an den [X.]vollstrecker einer Entnahme der
Betreuervergütung
aus dem Nachlass entgegen, ist der Erbe mittellos [X.]. §§
1908
i Abs.
1 Satz
1, 1836
d Nr.
1 BGB und der Betreuer kann seine Vergü-tung nur aus der Staatskasse verlangen.
(b) Gleichwohl lässt sich ein Recht auf Verfahrensbeteiligung auch nicht
mit
der Erwägung des Beschwerdeführers begründen, dass er als [X.]-vollstrecker sonst keinen Einfluss auf die vom Gericht im [X.] vorzunehmende Auslegung der letztwilligen Verfügung habe. Zwar können [X.], über die der [X.]vollstrecker verfügt, zur Feststellung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Erblassers hilfreich sein. Ein [X.] nach §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG lässt sich daraus jedoch nicht herlei-ten. Denn die Auslegung des [X.] im [X.] ist für den [X.]vollstrecker nicht bindend. Vielmehr
ist es ihm
unbenommen, bei Zweifeln an der Auslegung einer letztwilligen Verfügung gegenüber dem Erben oder sonstigen Anspruchstellern vor dem Prozessgericht eine entsprechende Feststellungsklage (§
256 ZPO) zu erheben ([X.]/[X.] 6.
Aufl. §
2202 Rn.
25 mwN) oder sich, gestützt auf §
2214 BGB, gegen die Zwangsvollstreckung in den von der [X.]vollstreckung erfassten Nach-lass zu wenden
([X.]/Weidlich BGB 74.
Aufl. §
2214 Rn.
2).
2. Dem
Beschwerdeführer steht auch keine Beschwerdeberechtigung gegen die [X.] [X.]. §
59 Abs.
1 FamFG zu. Zwar kommt es hierfür nicht darauf an, ob und inwieweit der Beschwerdeführer verfahrensrechtlich als Beteiligter anzusehen ist ([X.] Beschluss vom 24.
April 2013 -
IV
ZB 42/12
-
FamRZ 2013, 1035 Rn.
20 mwN). Der Begriff der [X.] in §
59 Abs.
1 FamFG ist jedoch inhaltsgleich mit
dem Begriff der unmittelbaren Rechtsbetroffenheit in §
7 Abs.
2 Nr.
1 FamFG. Deshalb führt die fehlende unmittelbare Rechtsbetroffenheit, die einer Verfahrensbeteiligung 16
17
-
8
-
des Beschwerdeführers entgegensteht, auch dazu, dass es ihm an der
Be-schwerdebefugnis gegen die in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen mangelt. Da sich eine Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers auch nicht aus §
303 FamFG ergibt, weil der [X.]vollstrecker nicht zu dem in [X.]r Vorschrift genannten Personenkreis zählt, hätte das Beschwerdegericht die Erstbeschwerde des Beschwerdeführers gegen die [X.] als unzulässig verwerfen müssen. Dies ist vom Senat nachzuholen.
Dose Klinkhammer Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
Notariat [X.], Entscheidung vom 24.07.2014 -
II VG 8326/62 -

LG [X.], Entscheidung vom 02.10.2014 -
19 [X.] -

Meta

XII ZB 534/14

15.04.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.04.2015, Az. XII ZB 534/14 (REWIS RS 2015, 12666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12666

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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