Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2010, Az. 3 AZR 939/08

3. Senat | REWIS RS 2010, 432

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Gegenstand

Versorgungsordnung - Auslegung - Beschäftigungsverhältnis


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. August 2008 - 23 [X.] 1002/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob bei der Berechnung der Betriebsrente des [X.] [X.]en der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch als Dienstzeit iSd. Versorgungsordnung zu berücksichtigen sind.

2

Der 1944 geborene Kläger stand von Juni 1987 bis zum 31. Juli 2006 im Arbeitsverhältnis zur [X.], einer Rechtsvorgängerin der Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis war eine zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Unternehmensleitung der Arbeitgeberin abgeschlossene Betriebsvereinbarung vom 1. Januar 1983 idF vom 1. Oktober 2005 anwendbar, die die betriebliche Altersversorgung regelt (hiernach: Versorgungsordnung). Sie lautet auszugsweise:

        

„...   

        

1. Teilnahmeberechtigung

        

1.1     

Jeder regelmäßig und unbefristet beschäftigte Mitarbeiter (weibliche und männliche Mitarbeiter), der zum [X.]punkt des Diensteintrittes das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, nimmt ab dem 1. des Monats an der ‚VO’ teil, der auf den Diensteintritt folgt oder damit zusammenfällt.

        

...     

        
        

3. Art der Leistungen

        

3.1     

die ‚VO’ sieht folgende Leistungen vor:

                 

●       

Altersrente

                                   
                 

●       

Invalidenrente

                 

…       

        
        

3.3     

Die Höhe der Rentenleistungen berechnet sich aus der anrechenbaren Dienstzeit gemäß Ziffer 4, dem anrechenbaren Entgelt gemäß Ziffer 5 und den Rentensteigerungssätzen.

        

...     

        
        

4. Anrechenbare Dienstzeit

        

4.1     

Als anrechenbare Dienstzeit gelten alle vollen Monate und Jahre nach Vollendung des 21. Lebensjahres, in denen der Mitarbeiter ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat, längstens jedoch bis zum normalen Pensionierungstag.

        

4.2     

Normaler Pensionierungstag ist der Erste des Monats, der auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgt.

        

4.3     

[X.]en, in denen der Mitarbeiter keine Bezüge mehr von der Firma erhält, werden nicht als anrechenbare Dienstzeit im Sinne der Ziffer 4.1 berücksichtigt. Ausgenommen hiervon sind jedoch [X.]en, die nach den gesetzlichen Bestimmungen der Betriebszugehörigkeit gleichgestellt sind (z.B. [X.], Mutterschutzfrist bzw. Mutterschaftsurlaub) sowie Ausfallzeiten infolge von Krankheit bzw. Unfall, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma hierdurch nicht unterbrochen wird.

        

...     

        
        

4.5     

Bei Mitarbeitern, die aufgrund der Übernahme eines anderen Unternehmens und/oder Betriebes und/oder einer Verschmelzung mit der [X.] oder einem Betrieb der [X.] übernommen werden, gelangen diejenigen Dienstjahre nicht zur Anrechnung, in denen der Mitarbeiter nicht in einem direkten Arbeitsverhältnis zur [X.] gestanden hat. …

        

7. Invalidenrente

        

7.1     

Scheidet ein teilnahmeberechtigter Mitarbeiter wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweiser oder voller Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vor seinem normalen Pensionierungstag aus den Diensten der Firma aus oder scheidet er mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus den Diensten der Firma aus und tritt bei ihm danach eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. eine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ein, so erhält er eine Invalidenrente bis zur Wiedererlangung der Berufsfähigkeit bzw. der Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit, längstens jedoch bis zum Erreichen des normalen Pensionierungstages.

                 

Dauert die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweise oder volle Erwerbsminderung bis zum normalen Pensionierungstag an, so erhält er ab diesem [X.]punkt eine lebenslänglich zahlbare Altersrente in gleicher Höhe.

        

7.2     

Die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. teilweise oder volle Erwerbsminderung gilt als anerkannt, wenn von der gesetzlichen Rentenversicherung eine entsprechende Rente gewährt wird, oder falls bei entsprechender Anwendung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften eine Invalidenrente gezahlt würde, oder andere von der Firma verlangte zweckdienliche Nachweise (ärztliches Gutachten) erbracht werden.

        

...     

        
        

7.4     

Die jährliche Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt

                 

●       

0,5 % bzw. 0,4 % des anrechenbaren Entgeltes bis zur [X.] und

                 

- gegebenenfalls -

                 

●       

1,6 % bzw. 1,5 % des anrechenbaren Entgeltes oberhalb der [X.],

                 

beides multipliziert mit der anrechenbaren Dienstzeit gemäß Ziffer 4, die der Mitarbeiter bis zu seinem normalen Pensionierungstag insgesamt hätte erreichen können, wenn er nicht berufs- oder erwerbsunfähig bzw. teilweise oder voll erwerbsgemindert geworden wäre.

                 

...     

        

13. Zahlung der Versorgungsleistungen

                 

Die Renten werden nach Abzug etwa von der Firma einzubehaltender Steuern und Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner jeweils zum Monatsende an die [X.] gezahlt. …“

3

Der Kläger ist seit dem 21. Juni 1994 durchgehend arbeitsunfähig. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten meldete ihn zum 30. April 1995 bei den [X.] ab. Zwischen Mai 1995 und März 1997 erhielt der Kläger eine befristete Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Anschließend führte er einen Rechtsstreit um deren Weitergewährung und nahm im Mai 2006 vor dem [X.] in dem diese Angelegenheit betreffenden gerichtlichen Verfahren seine Berufung gegen die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung zurück. Gleichzeitig stellte er einen neuen Rentenantrag, auf den hin ihm ab 1. Mai 2006 eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gewährt wird. Seitdem erhält der Kläger auch eine Betriebsrente, die auf der Grundlage von 132 Monaten anrechenbarer Dienstzeit errechnet ist. Das entspricht der [X.] des Bestandes des Arbeitsverhältnisses von Juni 1987 bis zur Abmeldung des [X.] bei den [X.] am 30. April 1995 sowie der [X.] seit der Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente am 1. Mai 2006 bis zum normalen Pensionierungstag am 31. Mai 2009.

4

Das Arbeitsverhältnis des [X.] zur Rechtsvorgängerin der Beklagten endete aufgrund gerichtlichen Vergleichs vom 29. Juni 2006 am 31. Juli 2006. Darin gingen beide Parteien ausdrücklich davon aus, dass der Kläger seit 1994 aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistungen mehr erbracht hatte, er aus gesundheitlichen Gründen seine Tätigkeit nicht mehr verrichten kann und Vergütungsansprüche wegen der Arbeitsunfähigkeit, auch für die Vergangenheit, nicht mehr bestehen.

5

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Berechnung seiner Betriebsrente unter Berücksichtigung der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses, einschließlich der [X.]en von Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltleistung, als anrechenbare Dienstzeit verlangt. Er hat - rechnerisch unstreitig - eine monatliche Betriebsrente von 217,26 [X.] abzüglich geleisteter 109,35 [X.] geltend gemacht, also monatlich 107,91 [X.]. Hinsichtlich dieses Betrages hat er Zahlung für den [X.]raum von Mai 2006 bis Oktober 2007 verlangt und im Übrigen die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, bei der Berechnung der Betriebsrente auch die [X.] von Mai 1995 bis April 2006 als Dienstzeit zu berücksichtigen.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.942,38 [X.] brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 107,91 [X.] seit dem 1. Juni 2007 und aus dem fortlaufend um 107,91 [X.] erhöhten Betrag zwischen dem 1. Juli 2006 und dem 1. November 2007 zu zahlen,

        

festzustellen, dass die betriebliche Altersversorgung des Klägers unter Einbeziehung einer Dienstzeit von Mai 1995 bis April 2006 zu berechnen ist.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Sie hat die Ansicht vertreten, die [X.] nach der Abmeldung des [X.] von der Sozialversicherung zum 30. April 1995 bis zum Eintritt des [X.] am 1. Mai 2006 sei bei der Berechnung der Betriebsrente nicht als anrechenbare Dienstzeit zu berücksichtigen. In dieser [X.] sei das Beschäftigungsverhältnis iSv. Ziff. 4.3 der Versorgungsordnung unterbrochen gewesen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht nicht stattgegeben. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

A. Die Klage ist zulässig.

I. Der [X.] ist auch hinsichtlich des [X.] hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ersichtlich werden Zinsen entsprechend der Versorgungsordnung ab dem 1. jeden Monats nachträglich für den monatlich fälligen Differenzbetrag verlangt.

II. Der Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

1. Der Antrag richtet sich auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Bestimmung können zwar bloße Vorfragen oder einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich aber nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ([X.] 10. Februar 2009 - 3 [X.] - Rn. 12, EzA [X.] § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6). Der Kläger begehrt die Feststellung der Dauer der für die Berechnung seiner Betriebsrente maßgeblichen Dienstzeit. Dies betrifft den Umfang der Leistungspflicht der [X.].

2. Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, da die Beklagte die Anrechnung der [X.] vom 1. Mai 1995 bis zum 30. April 2006 nicht nur für die mit dem Leistungsantrag begehrte Invalidenrente, sondern generell und damit auch für die spätere Altersrente ablehnt.

B. Die Klage ist nicht begründet. Bei der Berechnung der Betriebsrente des [X.] sind die [X.]en der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung vom 1. Mai 1995 bis zum 30. April 2006 nicht als anrechenbare Dienstzeit zu berücksichtigen.

I. Nach Ziff. 3.3 der Versorgungsordnung berechnet sich die Höhe der Rentenleistungen ua. nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit gem. Ziff. 4 der Versorgungsordnung. Das gilt nicht nur für die Altersrente, sondern auch für die Invalidenrente. Bei deren Berechnung ist nach Ziff. 7.4 Abs. 1 der Versorgungsordnung die anrechenbare Dienstzeit gemäß Ziff. 4 zugrunde zu legen, die der Mitarbeiter bis zu seinem normalen Pensionierungstag insgesamt hätte erreichen können, wenn er nicht berufs- oder erwerbsunfähig bzw. teilweise oder voll erwerbsgemindert geworden wäre. Nach Ziff. 4.1 der Versorgungsordnung gelten als anrechenbare Dienstzeit alle vollen Monate und Jahre nach Vollendung des 21. Lebensjahres, in denen der Mitarbeiter ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat, längstens bis zum normalen Pensionierungstag. Nicht als anrechenbare Dienstzeit zu berücksichtigen sind nach Ziff. 4.3 Satz 1 der Versorgungsordnung [X.]en, in denen der Mitarbeiter keine Bezüge von der Firma erhält. Ausgenommen hiervon sind nach Ziff. 4.3 Satz 2 der Versorgungsordnung ua. Ausfallzeiten infolge von Krankheit, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma hierdurch nicht unterbrochen wird. Danach sind [X.]en der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung nur dann als anrechenbare Dienstzeit zu berücksichtigen, wenn das Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne fortbesteht. Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses reicht dazu nicht aus. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 4 der Versorgungsordnung.

1. Die Versorgungsordnung ist als Betriebsvereinbarung wegen ihres normativen Charakters nach den für Tarifverträge und Gesetze geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt ([X.] 27. Juli 2010 - 1 [X.]/09 - Rn. 9, [X.], 2455). Verwenden die Betriebsparteien Begriffe, die in der Rechtsterminologie einen bestimmten Inhalt haben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese Begriffe auch in ihrer allgemeinen rechtlichen Bedeutung gelten sollen, soweit sich aus der Betriebsvereinbarung nichts Gegenteiliges ergibt ([X.] 16. April 2002 - 1 [X.] - zu 2 a der Gründe, [X.] BetrVG 1972 § 112 Nr. 153 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 111). Übernehmen die Betriebspartner einen im Sozialversicherungsrecht gebräuchlichen Rechtsbegriff, ohne dessen Voraussetzungen selbst festzulegen, legen sie regelmäßig den Sprachgebrauch des Sozialversicherungsrechts zugrunde (vgl. [X.] 20. Februar 2001 - 3 [X.] I 1 der Gründe, EzA [X.] § 1 Wartezeit Nr. 2).

2. Danach ist für den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses auf das sozialrechtliche Verständnis dieses Begriffs bei Abschluss der Versorgungsordnung abzustellen. Für diese Auslegung sprechen Wortlaut und Systematik von Ziff. 4 der Versorgungsordnung.

a) Den Regelungen der Versorgungsordnung lässt sich entnehmen, dass unter Beschäftigungsverhältnis nicht das Arbeitsverhältnis zu verstehen ist.

aa) Das ergibt sich aus dem Aufbau von Ziff. 4 der Versorgungsordnung.

Diese stellt zunächst in Ziff. 4.1 eine Grundregel auf. Danach sind anrechenbare Dienstzeiten nur [X.]en, in denen der Mitarbeiter ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden hat, also ein Arbeitsverhältnis bestand. Ausgehend von dieser Grundregel bestimmt Ziff. 4.3 Satz 1 als Ausnahme, dass [X.]en, in denen der Mitarbeiter keine Bezüge mehr erhält, nicht als anrechenbare Dienstzeit iSd. Ziff. 4.1 berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich, dass [X.]en der Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsanspruch grundsätzlich keine anrechenbaren Dienstzeiten sind. Etwas anderes gilt nur, wenn die in Ziff. 4.3 Satz 2 geregelte Rückausnahme vorliegt. [X.] als Dienstzeit sind danach nur [X.]en ohne Vergütung, die nach den gesetzlichen Bestimmungen der Betriebszugehörigkeit gleichgestellt sind, wie zB [X.], [X.] etc., sowie Ausfallzeiten infolge von Krankheit bzw. Unfall, wenn das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma hierdurch nicht unterbrochen wird.

Wäre der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses mit demjenigen des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen mit der Folge, dass alle [X.]en der Erkrankung während des Arbeitsverhältnisses als anrechenbare Dienstzeit zu berücksichtigen wären, ergäbe die Regelung in Ziff. 4.3 Satz 2 der Versorgungsordnung keinen Sinn. Ist das Arbeitsverhältnis unterbrochen, sind die [X.]en der Unterbrechung bereits nach Ziff. 4.1 der Versorgungsordnung keine anrechnungsfähigen Dienstzeiten. Damit die Anforderung in Ziff. 4.3 Satz 2 der Versorgungsordnung überhaupt einen eigenständigen Regelungsgehalt hat, muss unter „Beschäftigungsverhältnis“ deshalb etwas anderes verstanden werden als das Arbeitsverhältnis.

bb) Auch aus Ziff. 4.5 der Versorgungsordnung folgt, dass die Betriebsparteien zwischen Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis unterschieden haben. Dort ist, anders als in Ziff. 4.3 Satz 2, der Begriff „Arbeitsverhältnis“ ausdrücklich gebraucht.

b) Da die Betriebsparteien mit dem Begriff des Beschäftigungsverhältnisses einen zum [X.]punkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung gebräuchlichen Rechtsbegriff übernommen haben, ohne diesen selbst zu definieren, ist davon auszugehen, dass sie diesen Begriff im sozialversicherungsrechtlichen Sinne verstanden haben. Gleiches gilt für den Begriff der Ausfallzeit. Nach der Versorgungsordnung liegt eine anrechenbare Dienstzeit deshalb nur vor, wenn die Voraussetzungen beider Begriffe so, wie sie bei Abschluss der Versorgungsordnung im Sozialversicherungsrecht verstanden wurden, gegeben sind.

aa) Hinsichtlich des Begriffs des Beschäftigungsverhältnisses wies das [X.] schon in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1960 (- 4 [X.] 303/59 - [X.], 263) darauf hin, dass die Rechtsprechung sowohl des Reichsversicherungsamtes als auch des [X.]s insoweit seit jeher nicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im arbeitsrechtlichen Sinne abgestellt hatte. Maßgeblich war vielmehr, ob ein tatsächliches Beschäftigungsverhältnis bestand. Dabei war eine Beschäftigung im Sinne eines Beschäftigungsverhältnisses nicht unbedingt gleichbedeutend mit wirklicher Arbeitsleistung. Vielmehr war in Fällen, in denen die versicherungspflichtige Beschäftigung nur durch eine [X.] der [X.] - bezahlter oder nicht bezahlter Urlaub, Bummeltage, Krankheit, vorübergehende Betriebsruhe - unterbrochen wird, das Beschäftigungsverhältnis als fortbestehend anzusehen. Voraussetzung war jedoch, dass ein Ende der Unterbrechung voraussehbar ist, die Beteiligten den Willen haben, das Beschäftigungsverhältnis nach Wegfall der Unterbrechung fortzusetzen, der Arbeitnehmer grundsätzlich dienstbereit ist und der Arbeitgeber das Verfügungsrecht über den Arbeitnehmer behält. Nicht erforderlich war, dass während der [X.] der Unterbrechung Entgelt gezahlt wird. Wohl aber kam es darauf an, dass vor oder nach der Unterbrechung Lohnzahlungen erfolgen, aus denen Versicherungsbeiträge geleistet werden können.

bb) „Ausfallzeit“ ist ein rentenrechtlicher Begriff, der unter der Geltung der [X.] und des [X.] bis zum Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 1992 (Art. 85 Abs. 1 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 - BGBl. I S. 2261 ff.) gebraucht wurde. [X.] Ausfallzeiten waren danach unter bestimmten weiteren Voraussetzungen [X.]en der Krankheit (§ 1259 Abs. 1 Nr. 1 [X.], § 36 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Zweck dieser Regelung war es, [X.]en, in denen von den Beschäftigten keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet wurden, unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem für die Rentenhöhe wirksam zu machen (vgl. [X.] 9. Dezember 1975 - [X.] 1/75 - zu [X.] der Gründe, [X.], 41).

cc) Die Regelung in Ziff. 4.3 Satz 2 der Versorgungsordnung ist nach dem Sprachgebrauch im [X.]punkt ihrer Entstehung deshalb so zu verstehen, dass anrechenbare Dienstzeit bei Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlung nur solche [X.]en sind, während derer einerseits ein Beschäftigungsverhältnis im damals geltenden sozialversicherungsrechtlichen Sinn bestand und anderseits der Arbeitnehmer die Voraussetzungen einer Ausfallzeit nach den einschlägigen seinerzeit geltenden rentenrechtlichen Bestimmungen erfüllt.

c) Diese Auslegung führt auch zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung.

aa) Danach bewirkt eine über den [X.] hinausgehende Erkrankung nur dann eine Steigerung der Betriebsrente, wenn der Arbeitnehmer noch grundsätzlich dienstbereit und zudem vorhersehbar ist, dass die Tätigkeit wieder aufgenommen werden kann. Dies erscheint sachgerecht, da von vornherein klar ist, dass das Arbeitsverhältnis langfristig in seiner Funktion nicht beeinträchtigt wird. Es ist naheliegend, dass die Betriebsparteien nur für diesen Fall eine Berücksichtigung von [X.]en der Erkrankung bei der Dienstzeit und damit bei der Höhe der Betriebsrente vorgesehen haben.

bb) Entgegen der Ansicht des [X.] steht diese Auslegung auch mit den rechtlichen Vorgaben und Zielsetzungen in Einklang. Sie führt nicht zu [X.] innerhalb der Versorgungsordnung.

Soweit der Kläger darauf verweist, in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkten Krankheitszeiten als Anrechnungszeiten rentensteigernd (§ 58 Abs. 1 Nr. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4, § 71 [X.]), hat dies für die betriebliche Altersversorgung keine Bedeutung. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Regelungen zu treffen, die der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen (vgl. [X.] 16. März 2010 - 3 [X.] - Rn. 26, [X.] [X.] § 7 Nr. 116 = EzA [X.] § 1 Nr. 93). Der Schutz des Arbeitnehmers bei Erkrankungen im Arbeitsverhältnis wird gesetzlich durch das [X.] bestimmt. [X.]en der Entgeltfortzahlung sind nach der Versorgungsordnung aber anrechenbare Dienstzeiten. Damit entfällt auch ein Wertungswiderspruch zu den Fällen der Anrechnung von [X.]en, die nach gesetzlichen Bestimmungen der Betriebszugehörigkeit gleichgestellt sind. Die Versorgungsordnung knüpft einheitlich an arbeitsrechtliche Schutznormen an.

II. Danach ist die [X.] vom 1. Mai 1995 bis zum 30. April 2006 nicht als anrechnungsfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. In dieser [X.] erhielt der seit Juni 1994 erkrankte Kläger keine Bezüge von der [X.] und ihrer Rechtsvorgängerin. Während dieser [X.] war sein Beschäftigungsverhältnis unterbrochen, da er zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen und sich danach bemüht hat, eine solche weiter zu erhalten. Damit war zum einen im Mai 1995 das Ende der Arbeitsunfähigkeit nicht absehbar, zum anderen war der Kläger nicht dienstbereit. Die Beklagte hat daher die ab 1. Mai 2006 gezahlte Invalidenrente zu Recht ohne Berücksichtigung der [X.] von Mai 1995 bis April 2006 errechnet. Sie ist auch nicht verpflichtet, diese [X.] bei der Berechnung der späteren Altersrente zu berücksichtigen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Oberhofer    

        

    [X.]    

                 

Meta

3 AZR 939/08

14.12.2010

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 6. März 2008, Az: 22 Ca 18575/07, Urteil

§ 1 BetrAVG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 77 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2010, Az. 3 AZR 939/08 (REWIS RS 2010, 432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 432

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 MV 8/18

4 Sa 50/17 B

4 Sa 48/17 B

3 Sa 781/16

6 Sa 584/13

13 Sa 1232/11

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