Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2013, Az. 5 StR 79/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7290

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5 StR 79/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 19. März 2013
in der Strafsache
gegen

wegen Raubes u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 19. März 2013
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben

a)
im Schuldspruch zu den Taten II.2. und 3. der Urteils-gründe,

b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen (Taten II.2. und 3. der Urteils-gründe), gefährlicher Körperverletzung (Tat
II.1. der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbe-schädigung (Tat II.4. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf [X.] und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Diese 1
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hat mit einer Aufklärungsrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegrün-det.

1. Nach den landgerichtlichen Feststellungen zu den Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe hielten sich die späteren Tatopfer D.

und [X.]
des Nachts

gemeinsam mit den Zeugen [X.]
und [X.]
Bier trinkend

vor e-schädigten [X.]
zu Boden, trat ihn mehrmals und nahm dessen Handy an sich. Währenddessen schlug ein unbekannt gebliebener Mittäter aufgrund eines zuvor mit dem Angeklagten gefassten Tatentschlusses den [X.]
ebenfalls nieder. Anschließend traten er und der Angeklagte, der [X.].

fertig

egen den Kopf des am Boden liegenden [X.] , so dass dieser bewusstlos wurde, und nah-men dessen Goldketten an sich. Die entwendeten Gegenstände wollten sie für sich behalten oder verwerten.

Der Angeklagte hat diese Taten bestritten und ein Alibi behauptet. Dieses hat das [X.] als widerlegt angesehen und sich von der [X.] im Wesentlichen deshalb überzeugt, weil die Zeugen [X.]
und [X.]

Täter wiedererkannt hätten. Im Urteil wird nicht mitgeteilt, ob auch der ebenfalls als Zeuge vernommene [X.]
den Angeklagten hat identifizieren können.

2. Die Revision macht mit einer zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobenen Aufklärungsrüge geltend, das [X.] hätte den zumindest beim Beginn beider Angriffe am [X.] anwesenden, in der Anklageschrift als Beweismittel bezeichneten

[X.]
als Zeugen vernehmen müssen. Dieser hätte anhand näher beschriebener physiognomischer Merkmale be-ü-ge greift durch und führt zur Aufhebung der Schuldsprüche betreffend die 2
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Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe nebst den zugehörigen Feststellungen (§
353 Abs. 2 StPO).

a) § 244 Abs. 2 StPO gebietet es, allen erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nachzugehen (vgl. [X.], Ur-teil vom 10. November 1992

1 [X.], [X.]R StPO § 244 Abs. 6 Be-weisantrag 23). Deshalb hätte sich das [X.] bei der bestehenden Beweislage gedrängt sehen müssen, den Genannten als Zeugen zu ver-nehmen.

aa) Diese war dadurch geprägt, dass die beiden Geschädigten den Angeklagten in der Hauptverhandlung zwar als einen der Täter identifiziert hatten. Auch im Rahmen ihrer jeweiligen polizeilichen Vernehmung hatten sie den Angeklagten bei einer

im Vergleich zu einer [X.] allerdings weniger zuverlässigen

Wahllichtvorlage wiedererkannt. Die Bilder waren ihnen hierbei aber nicht

was wegen des höheren Beweiswer-tes vorzugswürdig gewesen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 14. April 2011

4 [X.], [X.], 648, 649)

sequentiell, sondern nebeneinander vorgelegt worden. Es handelte sich um lediglich sechs Fotos, während eine Anzahl von acht Vergleichspersonen sachgerecht gewesen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2011

1 StR 524/11, [X.], 283, 284). Beiden Zeugen waren zudem dieselben Bilder in identischer Anordnung, der .
am 14.
Dezember 2011 und dem Zeugen [X.]
am 29. Dezember 2011. Dieses Foto des Angeklagten war auch für einen Fahndungsaushang verwendet worden, den der Zeuge [X.]
vor Beginn seiner Vernehmung im polizeilichen Wartebereich wahrgenommen hatte. Die Revision trägt darüber hinaus vor, der Zeuge habe im Rahmen dieser Vernehmung angegeben, er habe den u-

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Bei diesem Ablauf der Identifizierungsmaßnahmen bestand somit die Möglichkeit, dass beim Zeugen [X.]
die originäre Erinnerung durch das ([X.] 21. Juli 2009

5 [X.], [X.], 53, 54; s.
auch Urteil vom 27.
Oktober 2005

4 [X.]), und es war nicht einmal ausgeschlossen, dass der Zeuge [X.]
mit ihm vor seiner eigenen Einsichtnahme über die zu erwartende Anordnung der Fotos gesprochen, möglicherweise gar auch das Fahndungsfoto gesehen hatte.

bb) Angesichts dessen musste sich dem [X.] die zeugen-schaftliche Vernehmung [X.]s aufdrängen. Je weniger gesichert ein Be-weisergebnis erscheint und je gewichtiger die Unsicherheitsfaktoren sind, desto größer ist der Anlass für das Gericht, trotz der (an sich) erlangten Überzeugung weitere erkennbare Beweismöglichkeiten zu nutzen (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 1995

1 [X.], [X.], 249). Dem steht hier nicht entgegen, dass in der von der Revision vorgetragenen Strafanzeige vermerkt ist, der Zeuge hätte geäußert, ein Wiedererkennen der Täter sei nicht möglich. Denn diese Einschätzung war im Laufe der Ermittlungen nicht überprüft worden. Sie lässt im Übrigen die Möglichkeit offen, dass er den An-geklagten
als Täter ausschließen kann.

b) Danach erscheint es dem Senat als möglich, dass das [X.] hinsichtlich der Taten II.2. und 3. der Urteilsgründe zu einer anderen Be-weiswürdigung gelangt wäre, hätte es den Zeugen [X.]
zum Tatgeschehen gehört und dessen Angaben in seine Gesamtbetrachtung einbezogen.

3. Der dadurch bedingte Wegfall der Einsatzstrafe (drei Jahre Frei-heitsstrafe für die Tat II.3. der Urteilsgründe) sowie der für die Tat zu II.2. der Urteilsgründe festgesetzten E[X.]elstrafe zieht die Aufhebung der Gesamt-strafe nach sich.

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Die für die Taten
II.1. und 4. der Urteilsgründe verhängten E[X.]elstra-fen haben dagegen Bestand; der Senat schließt aus, dass deren Zumessung durch die aufgehobenen Fälle zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst worden ist.

4. Für die neu zu treffende Entscheidung weist der Senat auf [X.] hin:

a) Das Tatgericht muss in Fällen sogenannten wiederholten [X.] in den Urteilsgründen darlegen, dass es sich des eventuell verrin-gerten [X.] bewusst gewesen ist (s. schon [X.], Urteil vom 28. Ju-ni
1961

2 [X.], [X.]St 16, 204, 206). Dabei wird vorliegend das [X.] auch auf die im angefochtenen Urteil nicht erörterte Frage zu legen sein, ob schon das Wiedererkennen des Angeklagten seitens des Zeugen [X.]

bei der polizeilichen Wahllichtbildvorlage durch das vorherige Betrach-ten des in der Zeitung und auf dem Fahndungsaushang veröffentlichten [X.] beeinflusst worden sein könnte. In diesem Zusammenhang wird gegebe-nenfalls
auch darzustellen sein, wie sich der Zeuge [X.]
zum [X.] des Angeklagten geäußert hat.

b) § 249 StGB setzt einen finalen Zusammenhang zwischen dem [X.] [X.] und der Wegnahme voraus (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Juni 2001

3 [X.]). Hierfür genügt die bloße Feststellung, ein Täter

Basdorf Sander Schneider

Dölp Bellay

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Meta

5 StR 79/13

19.03.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2013, Az. 5 StR 79/13 (REWIS RS 2013, 7290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7290

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5 StR 79/13

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