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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2017:270717B2STR115.17.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
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StR 115/17
vom
27. Juli
2017
in der Strafsache
gegen
wegen
versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 27. Juli 2017
gemäß § 349 Abs.
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[X.] beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. November 2016
mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.] mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und gefähr-lichezu ei-ner Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.
1. Das [X.]
hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen:
a) Der Angeklagte und der gesondert Verfolgte
[X.]
befan-den sich am 23. November 2014 gegen 04.30 Uhr auf
dem Weg
zur Wohnung des [X.]
. Sie kamen dabei am Gelände eines ihnen bekannten Autohauses vorbei. [X.]
, der seit einigen
Tagen
mit dem Gedanken gespielt
hatte,
in das Autohaus einzusteigen, weihte den Angeklagten
in
seine Pläne ein und überre-dete ihn mitzumachen. In Umsetzung ihres sodann gemeinsam gefassten Ent-1
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schlusses gelangten sie gegen 05.00
Uhr in das Autohaus, überwältigten den schlafenden Inhaber, stülpten ihm
ein schwarzes T-Shirt über den Kopf und fesselten ihn mit Klebeband und Kabeln an Händen und Füßen. Sie forderten den Nebenkläger auf, ihnen den Code für [X.] zu nennen, um an das hierin befindliche Bargeld zu gelangen. Da sie die Zahlenkombination nicht er-fuhren, schlugen und traten sie zeitgleich auf den
am Boden liegenden [X.] ein.
Dieser Vorgang wiederholte sich mehrfach. Der gesondert Ver-folgte [X.]
drohte dem Nebenkläger zudem
damit, ihm die Finger abzuschla-gen und -
nachdem er den Geschädigten mit einer (möglicherweise nicht brennbaren) Flüssigkeit übergossen hatte -
ihn anzuzünden. Frustriert über die Erfolglosigkeit aller Bemühungen griff [X.]
schließlich -
für den Angeklagten überraschend -
zu einem harten
Gegenstand und schlug dem Geschädigten auf den [X.], so dass dieser zusammenbrach.
Mit aus den Räumlichkeiten des Autohauses an sich gebrachten 1.750
Euro Bargeld, einem Mobiltelefon und einem Flachbildfernseher verließen schließlich der Angeklagte und der gesondert Verfolgte [X.]
den [X.] mit dem auf dem Hof stehenden Pkw [X.] des Geschädigten.
b) Der Angeklagte hat bestritten, an der Tat beteiligt gewesen zu sein.
Er habe sich gegen Mitternacht von [X.]
verabschiedet und sei nach Hause ge-gangen. Gegen 06.00 Uhr habe [X.]
bei ihm geklopft und ihm einen Pkw [X.] gezeigt. [X.]
habe gefragt, ob er ihm einen Abnehmer für einen Pkw Der Angeklagte sei interessiert gewesen und habe eine Probefahrt mit dem Fahrzeug unter-nommen. Nachdem es ihnen nicht gelungen sei, das Fahrzeug bei einem Onkel des [X.]
unterzustellen, hätten sie das Fahrzeug auf einem Feldweg abge-stellt, auf dem es dann gefunden wurde. Sie seien sodann zu Fuß zu einer Tankstelle gegangen und später mit einem Bus zurückgefahren. Im Bus habe 4
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[X.]
ihm ein Mobiltelefon verkauft, das er später seinem Bruder gegeben ha-be.
Das [X.] hat die Einlassung des Angeklagten als Schutzbehaup-tung gewertet und seine Überzeugung von der Mittäterschaft des Angeklagten im Wesentlichen auf die für glaubhaft erachtete Aussage des gesondert [X.] [X.]
gestützt. Diese Aussage werde zudem durch gewichtige Beweis-anzeichen bestätigt, nämlich durch im Pkw [X.] sichergestellte DNA-Spuren des Angeklagten, durch das beim Bruder des Angeklagten [X.] des Geschädigten
und
durch Videoaufzeichnungen aus den Überwachungskameras der Tankstelle und des Autohauses. Zwar seien die auf sämtlichen Videoaufzeichnungen abgebildeten Personen mangels entspre-chender Schärfe der Aufnahmen nicht zu identifizieren; allerdings stimmten das jeweilige Größenverhältnis der abgebildeten Personen zu demjenigen des [X.] und [X.]
überein. Hinzu kommt die Übereinstimmung der von den
abgebildeten Personen
getragenen
Kleidungen
(u.a. -
,
2. Die Revision des
Angeklagten hat
mit der Sachbeschwerde Erfolg; die Beweiswürdigung hält -
auch unter Berücksichtigung des beschränkten revi-sionsgerichtlichen Prüfungsumfangs (vgl. [X.], Urteil vom 18.
September 2008 -
5 [X.], [X.], 401, 402)
-
rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen ([X.], Ur-teil vom 6. April 2016 -
2 StR 408/15 mwN). Seine Schlussfolgerungen brau-chen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind ([X.], aaO). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, 6
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wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder ge-gen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 1998 -
2 [X.], [X.]R [X.] §
261
Be-weiswürdigung 16; weitere Nachweise bei [X.]/[X.], [X.], 60.
Aufl., § 261 Rn. 3 und 38).
b) Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn sie unterlässt die hier notwendige Erörterung eines (weiteren) nahelie-genden Falschbelastungsmotivs des gesondert
Verfolgten [X.]
.
aa) Das [X.] stützt seine Überzeugung von der Tatbeteiligung des Angeklagten im Wesentlichen auf die Aussage des [X.]
.
Nach den [X.] hatte [X.]
zwar in der gegen ihn gerichteten [X.] vor dem [X.] noch jegliche Tatbeteiligung abgestritten. In seint-tä
geführten
Verfahren
habe er aber seine Tatbeteiligung eingeräumt
und erstmals den Angeklagten
als Mittäter
benannt. Diese
Einlas-sung habe er in der in seiner Strafsache durchgeführten Berufungshauptver-handlung, die zu einer gegenüber der erstinstanzlichen Verurteilung um 1
1/2
Jahre
reduzierten [X.] von vier Jahren geführt hat, wiederholt.
Im hiesigen Verfahren hat [X.]
erneut den Angeklagten als Mittäter be-g-es [X.]
nicht ge-glaubt, soweit dieser dem Angeklagten sämtliche Verantwortungsanteile bei der Tatbegehung zugewiesen und er überdies angegeben hat, dass es keinerlei
Tatbeute gegeben
habe. Soweit [X.]
den Angeklagten
indes als Mittäter be-nannt habe, ist das [X.] angesichts der weiteren außerhalb der Aussa-9
10
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ge [X.]
s bestehenden objektiven Umstände -
auch mit Blick auf die in der Be-rufungsinstanz reduzierte Jugendstrafe -
von deren Richtigkeit überzeugt.
[X.]) Das [X.] hat insoweit zwar die Möglichkeit einer Falschbelas-tung des Angeklagten erörtert, jedoch nur unter dem Gesichtspunkt, dass es [X.]
möglicherweise nur darum gegangen sein könnte, einen Strafrabatt zu erhalten. Das [X.] hat dieses (mögliche) Motiv für eine Falschbelastung mit der Erwägung ausgeschlossen, dass [X.]
zum Zeitpunkt seiner den Ange-klagten belastenden Angaben annehmen musste, dass seine Angaben sowohl durch die Ermittlungsbehörden als auch durch die Berufungskammer einer Überprüfung unterzogen würden. Daher habe
bei einer unberechtigten Belas-tung des Angeklagten als Mittäter die Gefahr
bestanden, dass sich eine solche Behauptung als unzutreffend erweisen würde, was sich für die erstrebte Herab-setzung der Jugendstrafe als kontraproduktiv erwiesen hätte ([X.] f.).
cc) Indes übersieht die Strafkammer, dass [X.]
auch ein weiteres Motiv für eine Falschbelastung des Angeklagten als Mittäter gehabt haben könnte. [X.]
hat den Angeklagten erstmalig in einem ursprünglich gegen eine andere Person ([X.]
) geführten Ermittlungsverfahren belastet. Das [X.] legt nicht dar, ob [X.]
dementsprechend einen Grund gehabt haben könnte, [X.]
zu schützen und gerade deswegen den Angeklagten als Mittäter zu benennen. Es erhellt sich bereits nicht, ob und in welcher Beziehung [X.]
und [X.]
zu-einander stehen, warum -
neben [X.]
-
in dieser Sache überhaupt gegen
[X.]
ermittelt worden ist und warum sich letztlich
([X.]) hat.
Die Mitteilung diesbezüglicher Angaben aber wäre erforderlich gewesen, um überprüfen zu können, ob die Aussage des Zeugen [X.]
geeignet ist, die Einlassung des Angeklagten rechtsfehlerfrei zu widerlegen.
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3. Angesichts
dessen, dass die Strafkammer der Aussage des Zeugen [X.]
nur teilweise geglaubt hat und sich weitere außerhalb der Aussage dieses Zeugen des Angeklagten vereinbaren lassen, kann der [X.] nicht ausschließen, dass der Tatrichter bei Einhaltung der verfahrensrechtlich gebotenen Erörterungs-pflichten zu einer anderen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der [X.] gelangt wäre. Die Sache bedarf daher der Verhandlung und [X.] durch einen neuen Tatrichter.
Richter am [X.] Dr. Eschelbach
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.
[X.]
Zeng
Richterin am [X.] Dr. Bartel
ist an der Unterschriftsleistung
gehindert.
Krehl Grube
14
Meta
27.07.2017
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2017, Az. 2 StR 115/17 (REWIS RS 2017, 7309)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 7309
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 StR 115/17 (Bundesgerichtshof)
Revisionsgerichtliche Prüfung der Beweiswürdigung im Strafurteil: Rechtsfehler des Tatgerichts bei lückenhafter Beweiswürdigung
2 StR 20/18 (Bundesgerichtshof)
Würdigung aller Indizien und Beweismittel in Beweiswürdigung erforderlich
2 StR 20/18 (Bundesgerichtshof)
2 StR 263/11 (Bundesgerichtshof)
Beweiswürdigung im Strafverfahren: Verurteilung aufgrund der Angaben eines Mittäters wegen eines Betäubungsmitteldelikts
3 StR 23/06 (Bundesgerichtshof)
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