Bundessozialgericht, Urteil vom 08.08.2018, Az. B 6 KA 24/17 R

6. Senat | REWIS RS 2018, 5028

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Vorliegen einer Laborgemeinschaft - Direktabrechnung der Analysekosten für allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen gegenüber Kassenärztlicher Vereinigung


Leitsatz

Eine Laborgemeinschaft, die zur Direktabrechnung der Analysekosten für allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtet ist, liegt auch vor, wenn mehrere Vertragsärzte dasselbe Labor jeweils für einen gewissen Zeitraum zur Erbringung solcher Leistungen nutzen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. September 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit steht, ob der Kläger berechtigt ist, allgemeine [X.], die in einem ihm und anderen Ärzten gegen Entgelt zur Nutzung überlassenen Labor außerhalb seines [X.]es durchgeführt werden, gegenüber der [X.] ([X.]) als eigene Leistungen abzurechnen.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin mit [X.] in [X.] (im Folgenden: N.) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im November 2013 informierte er die beklagte [X.] darüber, dass er ab 1.1.2014 die Leistungen nach Abschnitt 32.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen ([X.]) in ausgelagerten, nach eigenen Angaben ca 9 km entfernten Praxisräumen in [X.] ([X.]) erbringen werde, da ihm dies am [X.] nicht möglich sei. Dabei handele es sich um eine von mehreren Ärzten genutzte Laboreinrichtung. Ein mit der Betreibergesellschaft, der [X.], abgeschlossener Nutzungsvertrag ermögliche es ihm, die dort vorgehaltenen Laborgeräte gegen Entgelt montags bis freitags zwischen 9 Uhr und 19 Uhr selbst oder durch eigenes Personal zu nutzen. Da er die [X.] persönlich durchführen werde, liege weder eine Apparategemeinschaft noch eine Laborgemeinschaft vor. Die Beklagte teilte dem Kläger jedoch mit, dass er die von ihm in dem Labor in [X.] erbrachten Untersuchungen nicht als eigene Leistungen abrechnen dürfe. Eine gemeinschaftlich genutzte Betriebsstätte (Laborgemeinschaft), für die eine Direktabrechnung der dort erbrachten Leistungen gegenüber der [X.] vorgeschrieben sei, bestehe auch, wenn eine Einrichtung aufgrund paralleler Nutzungsverträge mehreren Ärzten zur regelmäßigen Erbringung allgemeiner [X.] überlassen werde (Schreiben vom 10.1./4.2.2014). Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte ua die Feststellung, dass er berechtigt sei, Laborleistungen nach Abschnitt 32.2 [X.] in den ausgelagerten Praxisräumen in [X.] zu erbringen und als eigene Leistungen abzurechnen. Die Beklagte wies den Widerspruch als unzulässig zurück, weil die Mitteilung eines Prüfergebnisses kein Verwaltungsakt sei, und nahm im Übrigen auf die Regelung in § 15 des [X.] ([X.]) Bezug (Widerspruchsbescheid vom [X.]).

3

Das [X.] hat den Bescheid vom 10.1.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die in den [X.] in [X.] erbrachten Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.2.7 [X.] als eigene Leistungen in ausgelagerten Praxisräumen gegenüber der Beklagten abzurechnen (Urteil vom 25.3.2015). Von einer Laborgemeinschaft iS der § 1a [X.] 14a bzw § 25 Abs 3 S 7 [X.] könne hier keine Rede sein; vielmehr werde lediglich dieselbe Betriebsstätte durch mehrere Ärzte zufällig gleichzeitig zur Erbringung von [X.] genutzt.

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] die Entscheidung des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an einer Klärung der Frage, ob er sich bei seiner laufenden Praxisführung hinsichtlich der streitbefangenen Laboruntersuchungen beschränken müsse; auf andere zumutbare Weise könne er wirksamen Rechtsschutz nicht erlangen. In der Sache sei die Klage aber nicht begründet. Der Kläger dürfe die in den [X.] in [X.] erbrachten Leistungen des Abschnitts 32.2 [X.] gegenüber der Beklagten nicht als eigene Leistungen abrechnen. Das ergebe sich bereits daraus, dass diese Räume keine ausgelagerten Praxisräume iS des § 24 Abs 5 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) seien. Das Vorhaben des [X.] widerspreche der Vorgabe in dieser Vorschrift, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nicht an beliebigen Orten ausgeübt werden dürfe. Das sei aber der Fall, wenn Ärzte parallel nebeneinander an einem Ort tätig würden und die einzige Beschränkung darin liege, dass sie für die Nutzungsmöglichkeit ein Entgelt zahlten. Ein derartiger Ort sei weder eine Praxis noch ein ausgelagerter Teil einer Praxis. Beide Praxisformen erforderten das alleinige und uneingeschränkte Bestimmungsrecht des Vertragsarztes; das sei beim Kläger hinsichtlich der Laborräume in [X.] nicht der Fall. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Kläger die Laborleistungen im Rahmen einer Laborgemeinschaft erbringe, komme es im Hinblick darauf nicht mehr an. Diese Rechtslage lasse keine Beeinträchtigung des [X.] in seiner Berufsfreiheit erkennen.

5

Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung von § 95 Abs 1 S 1 und 5 [X.]B V sowie von § 24 Abs 5 Ärzte-ZV. Die Entscheidung des L[X.] verwehre ihm zu Unrecht die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einem ausgelagerten Praxisraum und damit die vollumfängliche Ausnutzung der ihm erteilten Zulassung. Die dem Wortlaut von § 24 Abs 5 Ärzte-ZV zu entnehmenden Anforderungen an ausgelagerte Praxisräume seien erfüllt. Die Ansicht des Berufungsgerichts, als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal sei zusätzlich zu fordern, dass der Vertragsarzt allein und uneingeschränkt - insbesondere unter Ausschluss Dritter - über die Räumlichkeiten und Gerätschaften verfügen könne, finde im [X.]B V und den untergesetzlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts keine Stütze. Vielmehr zeige die Regelung in § 1a [X.] 20 [X.], die Operationszentren als ausgelagerte Praxisstätten iS des § 24 Abs 5 Ärzte-ZV behandle, dass ausgelagerte Praxisräume auch von mehreren Vertragsärzten genutzt werden könnten, die jeweils nicht allein und ausschließlich über die Nutzung der Räumlichkeiten und Gerätschaften bestimmten. Dasselbe ergebe sich bei einer systematischen Auslegung des § 24 Abs 5 Ärzte-ZV im Kontext des § 32 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV (Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis) und des § 33 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV (gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen durch mehrere Ärzte). Dem stünden weder der Sinn und Zweck der Regelung noch Vorschriften des ärztlichen Berufsrechts entgegen. Eine unzulässige Berufsausübung "im Umherziehen" könne bei der von ihm - dem Kläger - erstrebten Nutzung eines festen und dauerhaften ausgelagerten Praxisraums nicht angenommen werden.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des L[X.] Nordrhein-Westfalen vom 28.09.2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 25.03.2015 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des L[X.] für zutreffend. Das Erfordernis einer alleinigen Verfügungsbefugnis des Vertragsarztes über Räumlichkeiten und Gerätschaften an dem weiteren Ort sei zum Zweck der Abgrenzung zwischen ausgelagerten Praxisräumen und Laborgemeinschaften dringend erforderlich. Die gemeinschaftliche Nutzung von Räumlichkeiten sei das charakteristische Merkmal einer Laborgemeinschaft. Vertragsärzte, die in einer gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte [X.] erbringen, unterfielen dem [X.] normierten Formenzwang einer Laborgemeinschaft, welche nach § 25 Abs 3 S 2 [X.] die [X.] für Leistungen des Abschnitts 32.2 [X.] direkt gegenüber der [X.] an ihrem Sitz abzurechnen habe. Diese Regelung sei mit dem Ziel eingeführt worden, die Vergütung auf die in der Laborgemeinschaft tatsächlich angefallenen Kosten zu begrenzen und Kick-back-Modelle zu unterbinden. Die vom Kläger beabsichtigte Vorgehensweise unterlaufe diese Ziele in rechtswidriger Weise.

9

Der Kläger ist dieser Bewertung entgegengetreten. Eine Laborgemeinschaft werde nicht allein dadurch begründet, dass mehrere Vertragsärzte unabhängig voneinander dieselbe Laboreinrichtung auf der Grundlage separater Verträge nutzten. Vielmehr sei hierfür ein bewusster Zusammenschluss zur kooperativen Zusammenarbeit erforderlich, der hier fehle.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Das [X.] hat seine zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der von ihm begehrten Feststellung steht entgegen, dass die [X.] für die Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.2 [X.], die von Vertragsärzten regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Betriebsstätte erbracht werden, nur von der Laborgemeinschaft und nicht vom einzelnen Vertragsarzt gegenüber der [X.] abgerechnet werden dürfen. Die Einrichtung in [X.], in der der Kläger die genannten Untersuchungen nach seinen Angaben selbst durchführen will, stellt eine solche Laborgemeinschaft im Sinne der bundesmantelvertraglichen Regelungen dar.

1. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist die Klage zulässig, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben. Der Kläger forderte im Verwaltungsverfahren von der [X.], die seinem Vorhaben im vorausgegangenen Schriftwechsel entgegengetreten war, die förmliche Feststellung, dass er berechtigt sei, Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.2 [X.] in dem Labor in [X.] zu erbringen und als eigene Leistungen abzurechnen. Sein Begehren zielte auf den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts, um einen Teilkomplex von Rechtsfragen, die künftig bei der von ihm geplanten Vorgehensweise für den Erlass des Honorarbescheids von Bedeutung sind, in seinem Dauerrechtsverhältnis zur [X.] vorab verbindlich zu klären (sog Vorabentscheidung, vgl [X.] in von [X.]/Schütze, [X.], 8. Aufl 2014, § 31 Rd[X.]8, 28a, 42; [X.] in [X.] [X.], 2. Aufl 2017, § 31 RdNr 50). Eine solche einzelfallbezogene Vorabentscheidung (und nicht lediglich die unverbindliche Mitteilung einer Rechtsansicht) gab die Beklagte dem Kläger im Schreiben vom [X.] bekannt, in dem sie ihre "Entscheidung in der Geschäftsführungssitzung" mitteilte, dass eine eigene Abrechnung der vom Kläger im Labor in [X.] erbrachten Untersuchungen nicht zulässig sei. Hiergegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm § 55 Abs 1 Halbs 1 [X.], § 56 [X.]G; s hierzu B[X.] Beschluss vom 27.6.2006 - B 2 U 77/06 B - [X.] 4-1500 § 55 [X.] RdNr 8; [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 8/13 R - [X.] 4-2500 § 85 [X.] Rd[X.]0 f; [X.] vom [X.] [X.] 46/16 R - [X.] 4-2500 § 311 [X.] Rd[X.]1).

Das für eine Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse an einer baldigen Feststellung (§ 55 Abs 1 Halbs 2 [X.]G) liegt vor. Der Kläger möchte vorab verbindlich klären, ob er die allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.2 [X.] selbst abrechnen kann, wenn er diese persönlich in dem Labor in [X.] durchführt. Diesem in erster Linie wirtschaftlichen Interesse des [X.], zu vermeiden, dass er dabei anfallende Kosten möglicherweise nicht erstattet erhält und endgültig selbst tragen muss, kann im Rahmen des Dauerrechtsverhältnisses seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung selbst dann die Berechtigung nicht abgesprochen werden, wenn es sich um nicht sehr hoch bewertete Leistungen handelt (zum berechtigten Interesse an einer Vorab-Klärung vgl [X.] vom 20.1.1999 - [X.] [X.] 9/98 R - [X.], 218, 219 = [X.] 3-2500 § 87 [X.]1 S 108).

2. Die Revision des [X.] ist nicht begründet. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klage abzuweisen ist. Der Bescheid der [X.] vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], mit dem die vom Kläger begehrte Feststellung abgelehnt worden ist, erweist sich als rechtmäßig, sodass weder die Anfechtungsklage noch die damit verbundene Feststellungsklage Erfolg haben kann. Die Feststellung in dem Bescheid vom [X.], dass der Kläger allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen, die er in dem Labor in [X.] auf der Basis eines Nutzungsvertrags erbringt, nicht als eigene Leistungen abrechnen darf, entspricht der geltenden Rechtslage.

a) Gegenüber der [X.] abrechnungsfähig sind nur solche vertragsärztlichen Leistungen, denen eine auch in rechtlicher Hinsicht ordnungsgemäße Leistungserbringung und/oder Abrechnung zugrunde liegt. Rechtlich nicht ordnungsgemäß erbrachte oder abgerechnete Leistungen sind von der [X.] gemäß § 106a Abs 2 S 1 Halbs 1 [X.] (in der bis zum 31.12.2016 geltenden und hier zur Beurteilung der Anfechtungsklage noch anzuwendenden Fassung ; nunmehr inhaltsgleich § 106d Abs 2 S 1 Halbs 1 [X.] idF von [X.] vom [X.], [X.] 1211) sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, dh von der Honorierung auszuschließen ([X.] vom 29.11.2017 - [X.] [X.] 33/16 R - [X.] 4-2500 § 106a [X.]7 Rd[X.]9 mwN).

b) Die Abrechnung allgemeiner Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.2 [X.], die der Kläger außerhalb seines [X.]es in dem auch von anderen Ärzten genutzten Labor in [X.] erbringt, durch ihn selbst gegenüber der [X.] ist rechtlich nicht ordnungsgemäß. Sie widerspricht den Bestimmungen des [X.], die ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar sind.

aa) Der Senat muss hier nicht abschließend entscheiden, ob - wie das [X.] angenommen hat - die Abrechnung solcher Leistungen schon deshalb ausgeschlossen ist, weil die Räumlichkeiten des Labors in [X.] für den Kläger keine "ausgelagerten Praxisräume" iS des § 24 Abs 5 Ärzte-ZV sind. Nach dieser Vorschrift darf ein Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum [X.] (ausgelagerte Praxisräume) erbringen, wenn er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner [X.] unverzüglich anzeigt. Die Regelung konkretisiert die Vorgabe in § 98 Abs 2 [X.]3 [X.], nach der die Zulassungsverordnungen auch Vorschriften zu den Voraussetzungen enthalten müssen, unter denen nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes die Vertragsärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit an weiteren Orten als ihrem [X.] - dem Ort ihrer Niederlassung als Arzt (§ 95 Abs 1 S 5 [X.]) - ausüben können.

Zweifel daran, ob das Labor in [X.] als ein ausgelagerter Raum der Praxis des [X.] in [X.] im Sinne dieser Bestimmungen angesehen werden kann, drängen sich hier angesichts der Distanz zwischen beiden Orten von 9 km (so der Kläger) bzw von ca 11 km (so die nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Feststellung des [X.]) auf. Ob die erforderliche "räumliche Nähe" nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung noch angenommen werden kann, wenn zwischen den Orten mehr als nur wenige Kilometer Entfernung liegen, ist allerdings umstritten (verneinend [X.], Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 24 Ärzte-ZV RdNr 79 f; für eine restriktive Auslegung auch Bäune in Bäune/[X.], Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2007, § 24 RdNr 75; auf eine Erreichbarkeit innerhalb von 30 Minuten stellt insoweit ab [X.] in Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, [X.], Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 9. Aufl 2018, § 24 Rd[X.]3). Nähere Feststellungen zur üblicherweise benötigten Zeit, um die Entfernung zwischen der Praxis des [X.] in [X.] und den [X.] in [X.] zurückzulegen, enthält das Urteil des [X.] nicht.

Zusätzliche Zweifel ergeben sich daraus, dass die Tätigkeit des Vertragsarztes in ausgelagerten Praxisräumen weiterhin "den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes" entsprechen muss (vgl hierzu auch § 32 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV). Das umfasst nach der Rechtsprechung des Senats eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht und damit die Befugnis des Vertragsarztes, über die räumlichen und sächlichen Mittel sowie ggf über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken; erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen insoweit ausgeschlossen sein ([X.] vom 23.6.2010 - [X.] [X.] 7/09 R - [X.], 222 = [X.] 4-5520 § 32 [X.], RdNr 38 f, 50; [X.] vom 29.11.2017 - [X.] [X.] 31/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.] RdNr 35). Entgegen der Ansicht des [X.] ist allerdings kein alleiniges Bestimmungsrecht des Vertragsarztes über die räumlichen und sächlichen Mittel der Praxis erforderlich. Es bleibt möglich, dass mehrere Vertragsärzte zur Erbringung spezieller Untersuchungs- oder Behandlungsleistungen dieselben ausgelagerten Praxisräume nutzen (zum Operationszentrum vgl § 1a [X.]0 Halbs 2 [X.]). Allerdings kann es Fallgestaltungen geben, bei denen zB angesichts der großen Zahl der beteiligten Ärzte oder der Art und Weise der vertraglichen Ausgestaltung ein hinreichender Einfluss des Vertragsarztes auf eine bei Bedarf zeitnahe Nutzung der Praxisräume nicht mehr gesichert ist. Das [X.] hat - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent - auch zu den zuletzt genannten Umständen keine weiteren Einzelheiten festgestellt. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung ist gleichwohl nicht erforderlich, da sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als zutreffend erweist (§ 170 Abs 1 [X.] [X.]G).

bb) [X.] des Abschnitts 32.2 [X.], die der Kläger in den von mehreren Ärzten genutzten Räumen des Labors in [X.] durchführen will, als eigene Leistungen steht bereits entgegen, dass es sich insoweit um Leistungen handelt, die in einer Laborgemeinschaft erbracht werden. Solche Leistungen muss die Laborgemeinschaft nach den speziellen Abrechnungsregelungen des [X.] seit dem 1.10.2008 unmittelbar gegenüber der für ihren Sitz zuständigen [X.] abrechnen; ein Ansatz der [X.] durch den die Befunderhebung [X.] Vertragsarzt in seiner Honorarabrechnung als eigene Leistungen ist ausgeschlossen (Gebot der Direktabrechnung).

(1) Nach [X.] S 3 der Präambel zu Abschnitt 32.2 [X.] (in der ab 1.1.2013 geltenden Fassung <[X.] 2012, A-2546>; zuvor [X.] in der ab 1.10.2008 geltenden Fassung <[X.] 2008, A-1631>; [X.] in der ab 1.7.2014 bis 31.12.2017 geltenden Fassung <[X.], [X.] bzw [X.] 2018, [X.]>) haben bei Erbringung von laboratoriumsmedizinischen Leistungen des Abschnitts 32.2 durch [X.] diese [X.] Anspruch auf Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten bis zum Höchstpreis. Gemäß [X.] (ab 1.7.2014 S 5) in [X.] der Präambel ist das Nähere zur Abrechnung solcher Leistungen durch [X.] in § 25 Abs 3 [X.] und in den Richtlinien nach § 106a [X.] geregelt. § 25 Abs 2 [X.] [X.] bestimmt, dass für die Erbringung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen die Regelung des § 15 [X.] (persönliche Leistungserbringung) mit der Maßgabe gilt, dass bei Untersuchungen des Abschnitts 32.2 [X.] und bei entsprechenden Leistungen des Abschnitts 1.7 [X.] der Teil 3 der Befunderhebung (laboratoriumsmedizinische Analyse) einschließlich ggf verbliebener Anteile von Teil 2 (Präanalytik) beziehbar ist. Gemäß § 25 Abs 3 S 1 [X.] kann der Teil 3 der Befunderhebung aus [X.] bezogen werden, deren Mitglied der Arzt ist. Der die Befunderhebung beziehende Vertragsarzt rechnet nach [X.] (aaO) die [X.] "durch seine Laborgemeinschaft gegenüber der [X.] an deren Sitz" ab. Nach [X.] (aaO) erfolgt diese Abrechnung auf der Basis der nachzuweisenden Kosten der Laborgemeinschaft, höchstens jedoch zu den Höchstpreisen gemäß der Präambel [X.] zu Abschnitt 32.2 [X.]. Die letztgenannte Regelung wurde gemäß [X.] der Präambel [X.] zu Abschnitt 32.2 [X.] ab 1.7.2014 bis zum 31.12.2017 ausgesetzt ([X.], [X.]) und mit Wirkung zum 1.1.2018 ersatzlos gestrichen ([X.] 2018, [X.]; s auch Neufassung des § 25 Abs 3 [X.] zum [X.], [X.] 2018, A-1510).

Der Senat hat aus diesen Vorgaben abgeleitet, dass nur die Laborgemeinschaft selbst einen Vergütungsanspruch für die in Abschnitt 32.2 [X.] aufgeführten Kosten der laboratoriumsmedizinischen Analysen ([X.] S 1 der Präambel, s auch § 25 Abs 1 [X.] Nr 3 [X.]) geltend machen kann ([X.] vom 13.5.2015 - [X.] [X.] 27/14 R - [X.] 4-5540 § 25 [X.] Rd[X.]6). Er hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es das wesentliche Ziel der Einführung der Direktabrechnung und der gleichzeitig vorgesehenen Begrenzung der Vergütung auf die der Laborgemeinschaft tatsächlich entstandenen Kosten war, die in der Praxis nicht nur vereinzelt anzutreffenden (rechtswidrigen) Kick-back-Modelle im Verhältnis zwischen den Vertragsärzten, den [X.] und den sie betreuenden [X.] zu unterbinden ([X.] vom 13.5.2015 - [X.] [X.] 27/14 R - aaO Rd[X.]6; s dazu auch Möller in [X.]/[X.] , Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl 2015, [X.] Rd[X.]62).

(2) Das Gebot der Direktabrechnung gilt auch für Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.2 [X.], die der Kläger selbst in den Räumen und mit den Gerätschaften des Labors in [X.] durchführt. Die vom Kläger dort geplante Vorgehensweise erfüllt alle Merkmale des Betriebs einer Laborgemeinschaft iS des § 25 Abs 3 [X.], da er dieses Labor zwar zeitabschnittsweise alleine, insgesamt aber gemeinsam mit anderen Ärzten nutzen will (von ihm selbst als "time-sharing" bezeichnet).

[X.] sind in § 1a [X.]4a [X.] legal definiert als "Gemeinschaftseinrichtungen von Vertragsärzten, welche dem Zweck dienen, laboratoriumsmedizinische Analysen regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Einrichtung zu erbringen". Diese Begriffsbestimmung stellt unabhängig von der Organisationsform der Gemeinschaftseinrichtung entscheidend darauf ab, dass mehrere Vertragsärzte Laboratoriumsuntersuchungen regelmäßig in derselben gemeinschaftlich genutzten Einrichtung durchführen, dh in denselben [X.], mit denselben Analysegeräten und ggf unter Einsatz desselben Hilfspersonals. Anders als der Kläger meint, ist ein bewusster Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Erbringung von Laborleistungen nicht notwendig, um eine Laborgemeinschaft zu bilden. Das kommt deutlich in § 15 Abs 4 S 1 [X.] zum Ausdruck, der bestimmt, dass ein Zusammenschluss von Vertragsärzten zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung von Laboratoriumsleistungen des Abschnitts 32.2 [X.] ab dem 1.1.2009 (mit Übergangsregelung in [X.]) "ausgeschlossen" und damit nicht mehr zulässig ist. Ausreichend für eine Laborgemeinschaft in Bezug auf Leistungen des Abschnitts 32.2 [X.] ist deshalb, dass regelmäßig dieselbe Einrichtung von mehreren Vertragsärzten genutzt wird, wobei jeder Vertragsarzt die Leistungen persönlich bzw durch einen von ihm angestellten Arzt erbringt ([X.] in [X.]/[X.]/Willaschek, Kommentar zum [X.], 2014, § 1a Rd[X.]0). Die Nutzung derselben Räumlichkeiten und Gerätschaften für Laboratoriumsanalysen durch mehrere Vertragsärzte, welche zwangsläufig Absprachen über Zeitpunkt sowie Art und Weise der Nutzung zwischen diesen Ärzten schon aus Gründen der Qualitätssicherung erfordert, stellt das vom [X.] geforderte "verbindende Element" iS einer "Gemeinschaftseinrichtung" dar. Eine lediglich "zufällige" gemeinsame Nutzung derselben Analysegeräte ohne jegliche Absprache und Koordinierung erscheint ausgeschlossen.

Auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] und der Angaben des [X.] handelt es sich bei der jeweils [X.] Nutzung des Labors der [X.] in [X.] durch ihn und andere Vertragsärzte nach Maßgabe paralleler Nutzungsvereinbarungen um eine Leistungserbringung durch eine Laborgemeinschaft im oben beschriebenen Sinne. Diese kooperative Struktur muss deshalb die dort erbrachten Leistungen nach Abschnitt 32.2 [X.] selbst - ggf durch die Betreibergesellschaft - direkt gegenüber der [X.] abrechnen. Der Kläger kann dort erbrachte Leistungen nicht mehr als eigene abrechnen; das gilt selbst dann, wenn er die Analysen persönlich durchgeführt hat.

(3) Das vertragsarztrechtliche Gebot der Direktabrechnung von Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts 32.2 [X.] durch die Laborgemeinschaft ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Befugnis der Partner des [X.], eine solche Abrechnungsregelung zu treffen, ergibt sich aus § 87 Abs 1 [X.] [X.]; danach sind in den [X.] auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sind, zu vereinbaren (vgl [X.] vom 13.5.2015 - [X.] [X.] 27/14 R - [X.] 4-5540 § 25 [X.] RdNr 35). Das Direktabrechnungsgebot bzw der Formenzwang für die Erbringung und Abrechnung von Laborleistungen enthält zudem eine Regelung der Berufsausübung iS des Art 12 Abs 1 [X.] GG, welche durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert wird und deren geringe Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten Zweck steht, rechtswidrige Kick-back-Modelle zu unterbinden (vgl [X.] vom 13.5.2015 - [X.] [X.] 27/14 R - aaO Rd[X.]6, 36).

3. [X.] beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach fallen dem Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zur Last.

Meta

B 6 KA 24/17 R

08.08.2018

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Düsseldorf, 25. März 2015, Az: S 14 KA 183/14, Urteil

§ 82 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 1 S 2 SGB 5, § 98 Abs 2 Nr 13 SGB 5, § 106a Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 24 Abs 5 Ärzte-ZV, § 32 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV, § 1a Nr 14a BMV-Ä, § 15 Abs 4 BMV-Ä, § 25 Abs 3 BMV-Ä, Präambel 32.2 Nr 1 EBM-Ä 2008, Abschn 32.2 EBM-Ä 2008

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.08.2018, Az. B 6 KA 24/17 R (REWIS RS 2018, 5028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5028

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