Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2011, Az. II ZR 244/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7391

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Gegenstand

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag: Anspruch des Minderheitsaktionärs auf Zahlung des festen Ausgleichs nach Eintragung des Squeeze-out-Beschlusses ins Handelsregister


Tenor

Die Revision des [X.] zu 1 gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 29. September 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger zu 1 war Aktionär der [X.], deren Hauptaktionärin die Beklagte ist. Zwischen der [X.] und der Beklagten als herrschendem Unternehmen bestand seit 2004 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Beklagte schuldete nach § 4 Abs. 2 Satz 3 des [X.] eine Ausgleichszahlung nach [X.] in Höhe von 3,83 € je Vorzugsaktie, die nach § 4 Abs. 2 Satz 4 jeweils am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der [X.] für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig sein sollte. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 verminderte sich der Ausgleich für das Geschäftsjahr zeitanteilig, falls der Vertrag während eines Geschäftsjahres der [X.] endete oder der Ausgleich für ein weniger als zwölf Monate dauerndes Geschäftsjahr zu leisten war. Das Geschäftsjahr der [X.] dauerte vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres.

2

In der Hauptversammlung der [X.] vom 13./14. Dezember 2005 wurde auf Verlangen der Hauptaktionärin beschlossen, die Aktien der übrigen Aktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung von 80,37 € auf die Hauptaktionärin zu übertragen. Nachdem der [X.] in der Hauptversammlung der [X.] vom 27. Februar 2007 bestätigt worden war und das [X.] am 5. November 2007 festgestellt hatte, dass die erhobenen Klagen der Eintragung nicht entgegenstehen (§ 319 Abs. 5 Satz 1 AktG aF), wurde er am 12. November 2007 in das Handelsregister eingetragen und am Folgetag bekannt gemacht. Die nächste ordentliche Hauptversammlung der [X.] fand am 23. Januar 2008 statt.

3

Der Kläger zu 1 hat - zusammen mit zwei weiteren Klägern - den Ausgleich für das Geschäftsjahr 2006/2007 und für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zur Eintragung des [X.]es (492 Tage) für 7.100 Vorzugsaktien der [X.] in Höhe von 37.133 € verlangt.

4

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung des Ausgleichs für das Geschäftsjahr 2006/2007 - an den Kläger zu 1 in Höhe von 27.193 € - verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung der Berufungen der Kläger abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des [X.] zu 1, mit der er seine Klage weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Kläger hätten keinen Anspruch auf die geltend gemachten Ausgleichszahlungen. Sie seien nicht mehr Aktionäre gewesen, als der Ausgleichsanspruch für das Geschäftsjahr 2006/2007 entstanden und fällig geworden sei. Der konkrete Zahlungsanspruch werde gemäß § 4 Abs. 2 Satz 4 des [X.] am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Untergesellschaft fällig. Der Anspruch für das Geschäftsjahr 2006/2007 sei daher erst am 24. Januar 2008 fällig geworden. Zu diesem [X.]punkt seien die Kläger nicht mehr Aktionäre der Beklagten gewesen, da die Übertragung der Aktien auf die Beklagte mit der Eintragung des [X.] am 12. November 2007 wirksam geworden sei. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des [X.], weil der Vertrag nicht während eines laufenden Geschäftsjahres beendet worden sei oder ein weniger als zwölf Monate dauerndes Rumpfgeschäftsjahr vorliege. Ein Anspruch folge auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Ein Anspruch lasse sich auch nicht aus § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB begründen, weil danach ein Anspruch nur entstehe, wenn tatsächlich Früchte gezogen werden, und in der Person der Beklagten als nicht außenstehender Aktionärin kein Ausgleichsanspruch mehr entstanden sei. Obwohl nach § 327b Abs. 2 Satz 2 [X.] die Barabfindung für die Übertragung erst von der Bekanntmachung der Eintragung des [X.] zu verzinsen sei, entstehe keine durch den Ausgleich aufzufüllende [X.]. Es sei nicht mehr als eine Chance für die Kläger gewesen, durch die Verzögerung der Eintragung zum in der Barabfindung enthaltenen, diskontierten Ausgleich noch den konkreten Ausgleich zu erhalten.

7

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den Zahlungsanspruch zu Recht abgewiesen. Dem Kläger zu 1 (im Folgenden: Kläger) steht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung für das Geschäftsjahr 2006/2007 und auf eine zeitanteilige Ausgleichszahlung für das Geschäftsjahr 2007/2008 bis zum Wirksamwerden des [X.] zu. Ein Minderheitsaktionär hat weder ganz noch teilweise einen Anspruch auf Zahlung des festen Ausgleichs für ein Geschäftsjahr, wenn der Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär zu übertragen, vor dem Entstehen des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung in das Handelsregister eingetragen wird.

8

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte als herrschendes Unternehmen auf die Zahlung des festen Ausgleichs (§ 304 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]) für das Geschäftsjahr 2006/2007 und auf eine zeitanteilige Ausgleichszahlung für das Geschäftsjahr 2007/2008. Er hat seine Stellung als Aktionär der [X.] verloren, bevor ein Anspruch auf Zahlung des jährlichen Ausgleichs für diese Geschäftsjahre entstehen konnte. Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen festen Ausgleichs entsteht als regelmäßig wiederkehrender Anspruch jedes Jahr mit dem Ende der auf ein Geschäftsjahr folgenden ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen [X.] neu, soweit im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der außenstehenden Aktionäre nichts anderes vereinbart ist.

9

a) Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen Ausgleichs steht demjenigen zu, der zu dem für die Entstehung eines solchen Anspruchs maßgebenden [X.]punkt außenstehender Aktionär ist. Die Entgegennahme der Ausgleichszahlung ist [X.] ([X.], Urteil vom 10. Dezember 2007 - [X.], [X.]Z 174, 378 Rn. 11). Die Früchte eines Rechts gebühren demjenigen, der zur [X.] ihrer Entstehung berechtigt ist, sie zu beziehen (vgl. § 101 BGB).

b) Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen Ausgleichs entsteht als regelmäßig wiederkehrender Anspruch jedes Jahr neu, nicht schon als betagter Anspruch mit der Ausgleichsberechtigung bei der Eintragung des [X.] in das Handelsregister des abhängigen Unternehmens.

Mit dem Wirksamwerden des [X.] werden die außenstehenden Aktionäre zwar dem Grunde nach zum Ausgleich berechtigt ([X.], Urteil vom 16. September 2002 - [X.], [X.]Z 152, 29, 31). Der Anspruch auf die jeweilige konkrete jährliche Ausgleichszahlung entsteht aber originär erst in der Person desjenigen, der in dem maßgeblichen [X.]punkt der Entstehung des Zahlungsanspruchs außenstehender Aktionär ist; er leitet sich nicht von einem Anspruch desjenigen ab, der zum [X.]punkt der Eintragung des [X.] außenstehender Aktionär war. Der Ausgleich steht daher beispielsweise auch einem außenstehenden Aktionär zu, der nach Abschluss des [X.] Aktien des beherrschten Unternehmens vom herrschenden oder vom beherrschten Unternehmen erwirbt, obwohl in diesem Fall der Veräußerer keinen Anspruch auf einen Ausgleich hatte und dem Erwerber kein „Stammrecht“ übertragen konnte (vgl. [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 17; [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 304 Rn. 33; vgl. zur Abfindung [X.], Urteil vom 8. Mai 2006 - [X.], [X.]Z 167, 299 Rn. 11). Während der Dauer des [X.] hat jeder außenstehende Aktionär unabhängig vom Erwerbszeitpunkt der Aktie oder der Person des Veräußerers einen Anspruch auf den jährlichen Ausgleich, weil mit dem Ausgleich die Beeinträchtigung der aus der Mitgliedschaft folgenden Herrschaftsrechte ausgeglichen und der Anspruch auf Zahlung der Dividende ersetzt werden soll (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2007 - [X.], [X.]Z 174, 378 Rn. 11; Urteil vom 13. Februar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 195 Rn. 8; Beschluss vom 21. Juli 2003 - [X.], [X.]Z 156, 57, 61; Urteil vom 16. September 2002 - [X.], [X.]Z 152, 29, 35).

c) Aus dem Zweck des Ausgleichsanspruchs, den Verlust der mitgliedschaftlichen Vermögensrechte auszugleichen und den Anspruch auf Zahlung der Dividende zu ersetzen, folgt, dass der Anspruch auf Zahlung des jährlichen festen Ausgleichs grundsätzlich mit dem Ende der auf ein Geschäftsjahr folgenden ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen [X.] entsteht, soweit im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der außenstehenden Aktionäre nichts anderes vereinbart ist (vgl. [X.], [X.], 582; [X.], Urteil vom 18. Dezember 2008 - [X.], juris Rn. 53; [X.], [X.], 519, 521; [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 9; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 108; [X.], [X.], 9. Aufl., § 304 Rn. 13; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 304 Rn. 34; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 304 Rn. 35; Tebben, AG 2003, 600, 601; [X.]/Krieger, 3. Aufl., § 70 Rn. 68; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 12; [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 304 Rn. 42; [X.], Konzernrecht, Rn. 363; [X.], [X.], 377; offen gelassen bei [X.], [X.], 754, 757; KG, [X.], 1223, 1227).

Der [X.] wäre mit dem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung (§ 174 Abs. 1 [X.]) entstanden ([X.], Urteil vom 12. Januar 1998 - [X.], [X.]Z 137, 378, 381). Für diesen [X.]punkt spricht darüber hinaus, dass auch ein Anspruch auf Zahlung des garantierten Mindestgewinnanteils beim reinen Beherrschungsvertrag (§ 304 Abs. 1 Satz 2 [X.]) erst mit dem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung entstehen und fällig werden kann. Dass beim festen Ausgleich kein Gewinnverwendungsbeschluss mehr gefasst wird, schließt es nicht aus, den [X.]punkt heranzuziehen, an dem er hätte gefasst werden müssen (aA [X.]/[X.] Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 304 Rn. 33).

Der Anspruch auf die jährliche Ausgleichszahlung entsteht nicht schon mit der Feststellung des Jahresabschlusses ([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 12). Spätestens zu diesem [X.]punkt entsteht zwar der Anspruch des herrschenden Unternehmens auf die Gewinnabführung, der hier nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des [X.] zehn Tage danach zur Zahlung fällig wird. Eine Gleichbehandlung der außenstehenden Aktionäre mit dem herrschenden Unternehmen ist aber weder möglich noch notwendig. Ein Jahresgewinn wird nicht immer erzielt, und ein (vorläufiger) Verlustausgleichsanspruch der abhängigen [X.] wird bereits mit dem Bilanzstichtag fällig ([X.], Urteil vom 11. Oktober 1999 - [X.], [X.]Z 142, 382, 386; Urteil vom 14. Februar 2005 - [X.], [X.], 854, 855). Die Feststellung des Jahresabschlusses kann verzögert oder der Hauptversammlung vorbehalten werden (§ 173 Abs. 1 [X.]), so dass die Entstehung des Ausgleichsanspruchs ebenfalls bis zur Hauptversammlung hinausgeschoben werden könnte. Den außenstehenden Aktionären wird auch kein besonderes Insolvenzrisiko aufgebürdet, wenn zwar der Anspruch des herrschenden Unternehmens auf den Jahresgewinn bereits mit der Feststellung des Jahresabschlusses entsteht, der Anspruch auf Zahlung des jährlichen Ausgleichs aber erst mit der ordentlichen Hauptversammlung. Da der Ausgleich vom herrschenden Unternehmen geschuldet wird, tragen die außenstehenden Aktionäre das Insolvenzrisiko unabhängig davon, ob und wann der Gewinn des beherrschten Unternehmens abgeführt wird. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die außenstehenden Aktionäre beim festen Ausgleich in zeitlicher Hinsicht besser gestellt werden sollen als Aktionäre, die nur im Fall eines Bilanzgewinns und eines [X.] einen Anspruch auf eine Dividende haben.

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag enthält in § 4 Abs. 2 Satz 4 keine den außenstehenden Aktionären günstigere Bestimmung zur Entstehung des Anspruchs. Danach wird der Ausgleich - entsprechend der allgemein üblichen Praxis für die Dividendenzahlung börsennotierter [X.]en ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 304 Rn. 35) - jeweils am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der [X.] für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig.

d) Der Kläger war kein außenstehender Aktionär der [X.] mehr, als die auf das Geschäftsjahr 2006/2007 folgende ordentliche Hauptversammlung der [X.] am 23. Januar 2008 stattfand. Der Kläger hatte seine Stellung als Aktionär der [X.] schon zuvor mit der Eintragung des [X.] in das Handelsregister am 12. November 2007 verloren. Mit der Eintragung des [X.] gingen die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin über (§ 327e Abs. 3 Satz 1 [X.]).

e) Der Kläger ist auch nicht nach [X.] und Glauben so zu behandeln, als ob die Hauptversammlung noch vor der Eintragung des [X.] stattgefunden hätte. Dabei kann dahinstehen, ob bei einer Verzögerung des Hauptversammlungszeitpunkts gegenüber normalen Geschäftsjahren oder über den in § 175 Abs. 1 Satz 2 [X.] bestimmten [X.]raum hinaus der Ausgleichsanspruch als fällig geworden zu behandeln ist. Eine solche Verzögerung ist nicht festgestellt.

2. Der Kläger kann von der Beklagten als dem herrschenden Unternehmen auch keinen Ausgleich ohne Rücksicht auf den (regulären) Entstehungszeitpunkt des jährlichen Zahlungsanspruchs verlangen. Im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird den außenstehenden Aktionären kein Teilanspruch für ein laufendes Geschäftsjahr eingeräumt. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des [X.] vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig, wenn der Vertrag während eines Geschäftsjahrs endet oder er für ein weniger als zwölf Monate dauerndes Rumpfgeschäftsjahr zu leisten ist. Beide Fälle setzen voraus, dass ein Anspruch auf Zahlung des Ausgleichs noch entsteht, und verschieben seine Entstehung nicht. Im Übrigen endete der Vertrag nicht während des Geschäftsjahres 2006/2007 und auch nicht mit der Eintragung des [X.]. Die Übertragung der Aktien auf das herrschende Unternehmen beendet den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht (Singhof in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 327e Rn. 10; [X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 327e Rn. 11).

Die vertragliche Regelung über eine zeitanteilige Verminderung des Ausgleichsanspruchs ist auch nicht in ergänzender Vertragsauslegung auf den Fall der Übertragung nach §§ 327a ff. [X.] anzuwenden. Mit dem Teilanspruch für den Fall einer Beendigung des Vertrages wollten die Parteien den Ausgleich für den Fall der unterjährigen Kündigung (§ 297 [X.]) regeln. Dem steht der Verlust des Ausgleichsanspruchs nach einer Übertragung der Aktien nicht gleich, auch nicht insoweit, als damit die die außenstehenden Aktionäre begünstigende Ausgleichsverpflichtung endet ([X.]/Leyendecker, BB 2010, 1426, 1428; aA Dreier/[X.], BB 2009, 1822, 1823). Die außenstehenden Aktionäre sind am [X.] selbst nicht unmittelbar beteiligt. Inwieweit sie dadurch begünstigt werden, bestimmt - soweit nicht gesetzliche Mindestbestimmungen einzuhalten sind - nur die Vereinbarung der Vertragsparteien.

3. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung für das Geschäftsjahr 2006/2007 und anteilig für das Geschäftsjahr 2007/2008 steht dem Kläger nach gesetzlichen Regelungen auch nicht gegen die Beklagte als Hauptaktionärin zu. Der außenstehende Aktionär hat keinen Anspruch gegen den Hauptaktionär auf einen Ausgleich hinsichtlich der Ausgleichszahlung aus § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB bis zum Wirksamwerden der Übertragung, weder unmittelbar noch in analoger Anwendung ([X.], [X.], 519; [X.] in [X.]/ [X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 304 Rn. 21a und 75; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 304 Rn. 37; [X.]/Leyendecker, BB 2010, 1426; [X.]/[X.], [X.] 2010, 296; aA Dreier/[X.], BB 2009, 1822; [X.], AG 2010, 561; [X.], [X.], 377; für die [X.] bis zum [X.] [X.] in KK-[X.], 3. Aufl., § 327b Rn. 7).

a) Bei wiederkehrenden Erträgen kann der frühere Rechtsinhaber gegen denjenigen, der als späterer Rechtsinhaber den erst während seiner Rechtsinhaberschaft entstehenden Anspruch auf den Ertrag erwirbt, einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch auf einen der Dauer seiner Berechtigung entsprechenden Teil haben (§ 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB), soweit keine anderweitige Regelung getroffen ist. Der Ausgleichsanspruch aus § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB setzt voraus, dass die [X.]sberechtigung auf einen Rechtsnachfolger übergeht und die Frucht tatsächlich gezogen wird. Dass die Früchte gezogen werden könnten, genügt nicht. Erst recht entsteht kein Ausgleichsanspruch, wenn schon ein [X.]srecht gar nicht besteht ([X.], Urteil vom 30. Januar 1995 - [X.], [X.], 374, 376). In der Person der Beklagten entstand mit der auf das Geschäftsjahr 2006/2007 folgenden Hauptversammlung kein Anspruch auf die Ausgleichszahlung, weil sie keine außenstehende Aktionärin war. Folglich ging auch keine [X.]sberechtigung vom Kläger auf die Beklagte über.

b) § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB ist auch nicht entsprechend anzuwenden, um den Kläger einem dividendenberechtigten Aktionär gleichzustellen.

§ 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB regelt den Ausgleich zwischen dem früheren Rechtsinhaber und dem Rechtsinhaber, der die Frucht zieht. Die Vorschrift ist etwa bei der Veräußerung von Aktien nicht anwendbar, wenn der Ausgleich schon dadurch hergestellt ist, dass der zu erwartende Ertrag aus dem laufenden Jahr im Kaufpreis berücksichtigt ist. Das ist typischerweise der Fall, wenn börsennotierte Aktien erworben werden, weil der in dem laufenden und den künftigen Geschäftsjahren zu erwartende Ertrag im Börsenkurs vorweg berücksichtigt ist ([X.] in [X.]/[X.], Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 304 Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 304 Rn. 35; Tebben, AG 2003, 600, 602). Ein Ausgleich nach § 101 Nr. 2 Halbsatz 2 BGB wäre insoweit auch gar nicht praktikabel, weil sich Veräußerer und Erwerber nicht kennen und nicht gesichert ist, dass der Erwerber noch Rechtsinhaber ist, wenn die Dividende fällig wird.

Entsprechend sind die Ansprüche des Minderheitsaktionärs gegen den Hauptaktionär in §§ 327a ff. [X.] geregelt. Die Abfindung muss angemessen sein und die Verhältnisse der [X.] im [X.]punkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung berücksichtigen, die die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre beschließt (§ 327a Abs. 1 Satz 1, § 327b Abs. 1 Satz 1 [X.]). Wenn die Abfindung für die Übertragung nach § 327a ff. [X.] nach dem Börsenkurs bemessen ist, sind die zu erwartenden Erträge wie bei einer freiwilligen Veräußerung im Börsenwert enthalten und damit im Abfindungsanspruch abgegolten. Das gleiche gilt, wenn die Abfindung nach der Ertragswertmethode als Barwert der künftigen Erträge ermittelt wird. Nach den - insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts liegt hier der [X.] unter Berücksichtigung sowohl der künftigen Erträge als auch der zu erwartenden Ausgleichszahlungen als ewige Rente nicht höher als der Börsenkurs. Der auf den [X.]punkt der Hauptversammlung ermittelte Barwert war vielmehr in beiden Fällen niedriger als die angebotene Abfindung auf der Basis des Börsenkurses.

c) Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf eine anteilige Ausgleichszahlung wegen einer „[X.]“.

aa) Allerdings wird bei der Berechnung des [X.] der künftigen Erträge auf den [X.]punkt der Hauptversammlung, die die Übertragung beschließt, als dem nach § 327b Abs. 1 Satz 1 [X.] maßgebenden [X.]punkt abgezinst, weil dieser [X.]punkt nach § 327b Abs. 1 Satz 1 [X.] der [X.] zugrunde zu legen ist; auch die Bestimmung des [X.] richtet sich grundsätzlich nach diesem [X.]punkt ([X.], Beschluss vom 19. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 229 Rn. 15 - [X.]). Da die Abfindung erst mit der Eintragung des [X.] zu zahlen ist, stimmen der [X.]punkt der Wertbestimmung und der [X.]punkt der Zahlung nicht überein. Ein Aktionär erhält mit der Abfindungszahlung vom Hauptaktionär rechnerisch den erwarteten Ertrag anteilig für ein laufendes Geschäftsjahr bis zur Hauptversammlung, in der der [X.] gefasst wird, nur abgezinst, ebenso für alle künftigen Geschäftsjahre. Er erhält den Differenzbetrag auch nicht über eine Verzinsung der Abfindung, weil der Anspruch auf die Abfindung erst von der Bekanntmachung der Eintragung des [X.] an zu verzinsen ist (§ 327b Abs. 2 [X.]).

bb) Diese „[X.]“ beruht aber nicht auf einer mit einem anteiligen Ausgleichsanspruch (§ 304 [X.]) zu schließenden Gesetzeslücke. Es fehlt schon eine Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber ausdrücklich entschieden hat, den Abfindungsanspruch erst ab der Bekanntgabe der Eintragung des [X.] (§ 327b Abs. 2 [X.]) zu verzinsen. Eine Lücke wäre auch nicht mit einem anteiligen Ausgleichsanspruch zu füllen. Die sogenannte „[X.]“ betrifft das Verhältnis zwischen Minderheitsaktionär und Hauptaktionär und nicht zwischen dem außenstehenden Aktionär und dem herrschenden Unternehmen. Wenn der [X.] erst nach der nächsten ordentlichen Hauptversammlung eingetragen wird, erhalten die außenstehenden Aktionäre den festen Ausgleich für das vergangene Geschäftsjahr unabhängig davon, was die Hauptaktionärin zu zahlen hat. Den entstandenen Ausgleich für das Geschäftsjahr 2005/2006 erhielten die außenstehenden Aktionäre deshalb neben den in der Abfindung enthaltenen Nutzungen für dieses Geschäftsjahr. Da herrschendes Unternehmen und Hauptaktionär - etwa im mehrstufigen Konzern - nicht identisch sein müssen, könnte eine Lückenschließung durch einen Ausgleichsanspruch für die außenstehenden Aktionäre zu einer doppelten Zahlungsverpflichtung des herrschenden Unternehmens führen, wenn auch die Hauptaktionärin außenstehende Aktionärin ist.

cc) Dem Kläger ist gegen die Beklagte, die auch Hauptaktionärin ist, auch nicht in verfassungskonformer Auslegung von § 327b Abs. 2 [X.] wegen dieser „[X.]“ ein Anspruch auf Verzinsung der Abfindung zuzusprechen. Ein solcher Zinsanspruch ist nicht Gegenstand der Klage.

§ 327b Abs. 2 [X.] wäre im Übrigen auch nicht ergänzend dahin auszulegen, dass die Verzinsung der Abfindung bereits mit dem [X.] der Hauptversammlung beginnen muss, um einer verfassungswidrigen [X.] zu begegnen. Abgesehen davon, dass einer ergänzenden Auslegung der Vorschrift der eindeutige Wortlaut entgegensteht, entspricht die Verzinsungsregelung in § 327b Abs. 2 [X.] verfassungsrechtlichen Vorgaben ([X.], [X.], 1261 Rn. 28; [X.], [X.], 27, 30; [X.]/ Leyendecker, BB 2010, 1426, 1430; [X.], [X.], 1773, 1777; [X.], AG 2010, 561, 569). Dass die Verzinsung nicht schon mit dem Bewertungszeitpunkt, der Hauptversammlung, sondern erst mit dem Wirksamwerden der Übertragung beginnt, entspricht der Regelung bei anderen Strukturmaßnahmen (§ 305 Abs. 3 Satz 3, § 320b Abs. 1 Satz 6 [X.]). In den gesetzlichen Regelungen in §§ 327a ff. [X.] ist auch keine [X.] angelegt. Sie sehen vor, dass der [X.] grundsätzlich umgehend in das Handelsregister eingetragen werden kann (§ 327e Abs. 1 [X.]) und damit Bewertungszeitpunkt und Zahlung der Abfindung bzw. der Verzinsung nahe beieinander liegen.

Zu einer Verzögerung der Eintragung kommt es nur, wenn Aktionäre mit [X.] die unverzügliche Eintragung des [X.] verhindern und die Übertragung der Aktien hinauszögern (§ 327e Abs. 2, § 319 Abs. 5 [X.]). Der Gesetzgeber kann dieser Verzögerung auch anders als durch eine Verzinsung, nämlich durch die Beschleunigung des [X.] (§ 327e Abs. 2, § 319 Abs. 6 Satz 1 [X.]) begegnen. Der dennoch mögliche, in der Höhe beschränkte [X.] stellt den vom [X.] geforderten vollen angemessenen Wertersatz für den ausgeschlossenen Aktionär ([X.], [X.], 1261 Rn. 20) noch nicht in Frage. Die Aktionäre sind gerade bei einer längeren Verzögerung der Eintragung von den Nutzungen nach der Hauptversammlung nicht abgeschnitten. Sie erhalten, sofern der [X.] erst nach der nächsten ordentlichen Hauptversammlung eingetragen wird, Dividende oder Ausgleichzahlungen. Kürzere Verzögerungen beeinträchtigen die volle Entschädigung nicht. Dass der [X.]punkt der [X.] und der Zahlungszeitpunkt auseinanderfallen, ist bei Aktien nicht ungewöhnlich. So wird die Dividende, obwohl der Gewinn zum Ende eines Geschäftsjahrs errechnet wird, erst bis zu acht Monate später nach dem Beschluss der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung ausgezahlt. Bei einer Abwägung kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass nicht der Hauptaktionär, sondern die [X.] Aktionäre die Verzögerung zu verantworten haben. Einem Aktionär, der die Verzögerung nicht hinnehmen will, bleibt es schließlich unbenommen, dem Hauptaktionär seine Aktien auch schon vor der Eintragung des [X.] anzudienen.

[X.]               Caliebe                  Drescher

            Born                       Sunder

Meta

II ZR 244/09

19.04.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 29. September 2009, Az: 5 U 107/08, Urteil

§ 304 Abs 1 AktG, § 327b AktG, § 101 Nr 2 Halbs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2011, Az. II ZR 244/09 (REWIS RS 2011, 7391)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7391

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