Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.06.2015, Az. V B 136/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 10051

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Gegenstand

Ausländerrechtlicher Aufenthaltstitel kein Grundlagenbescheid für Kindergeldfestsetzung


Leitsatz

NV: Die Änderung eines von der Ausländerbehörde erteilten Aufenthaltstitels stellt keinen Grundlagenbescheid dar, der eine rückwirkende Korrektur von Anfang an unzutreffend festgesetzten Kindergeldes nach den §§ 175, 171 Abs. 10 AO rechtfertigen würde .

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 25. September 2014  12 K 920/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Berechtigung der Familienkasse, zu Unrecht ausgezahltes Kindergeld nach § 175 der Abgabenordnung ([X.]) rückwirkend zurückzufordern. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ist Ausländer, der zum Zwecke der Fortbildung zum Facharzt im Inland zunächst eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 16 des Aufenthaltsgesetzes ([X.]) für ein Studium und später nach § 17 [X.] für die Fortbildung erhalten hatte. Auf Antrag des [X.] bewilligte der Beklagte und Beschwerdeführer (die Familienkasse [X.]) entgegen § 62 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Kindergeld. Nachdem nach [X.] die neu zuständig gewordene [X.] den Fehler bemerkt hatte, forderte sie das Kindergeld unter Berufung auf § 175 [X.] zurück. Die hiergegen eingelegte Klage vor dem [X.] ([X.]) hatte Erfolg. Zur Begründung führte das [X.] aus, dass § 175 [X.] nicht einschlägig sei, weil es sich bei der ausländerrechtlichen Aufenthaltsberechtigung nicht um einen nach § 175 [X.] zu berücksichtigenden Grundlagenbescheid handele und im Übrigen die Änderung von § 16 zu § 17 [X.] nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG ohne kindergeldrechtliche Auswirkung sei. Hiergegen wendet sich die [X.] mit der auf grundsätzliche Bedeutung sowie Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidungsgründe

2

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

1. Die von der [X.] bezeichnete Rechtsfrage, ob es sich bei einem Aufenthaltstitel nach dem [X.] um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. [X.] handelt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

4

a) Es ist jedoch in der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) bereits geklärt, dass es bei einem ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel bei Angabe der Art der Aufenthaltsberechtigung nicht um einen den Vertrauensschutz verdrängenden Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. [X.] handelt. Die ausländerrechtliche Festsetzung erzeugt lediglich [X.] und hindert eine eigenständige Überprüfung des ausländerrechtlichen Status durch die [X.] ([X.]-Beschluss vom 20. Februar 1998 VI B 205/97, [X.]/NV 1998, 963; [X.]-Urteil vom 25. Juli 2007 III R 55/02, [X.]E 218, 356, [X.], 758 unter Bezug auf das Urteil des [X.] vom 2. Oktober 1997  14 [X.] 1/97, [X.] 3-1200 § 14 Nr. 24). Denn es ist nicht Zweck eines ausländerrechtlichen Statusbescheides, der Auswertung in einem kindergeldrechtlichen [X.] zu dienen. Grundlagenbescheide, die bezwecken, in verfahrensrechtlich gestufter und abschichtender Weise die notwendigen Entscheidungen verbindlich vorzugeben, um auf dieser Grundlage die [X.]e erlassen zu können ohne Rücksicht auf einen Vertrauensschutz, liegen nur vor, wenn die Bindungs-wirkung durch das Gesetz selbst ausdrücklich angeordnet wird (Beschluss des [X.] des [X.] vom 11. April 2005 GrS 2/02, [X.]E 209, 399, [X.] 2005, 679, Rz 37).

5

b) Im Übrigen hat der [X.] auch für den Fall, in dem Kindergeld in der irrigen Annahme eines unzureichenden Aufenthaltstitels versagt worden ist, lediglich eine Anpassung an die materielle Richtigkeit für die Zukunft für möglich gehalten ([X.]-Beschluss vom 30. Oktober 2009 III B 175/08, [X.]/NV 2010, 600). In dem vorliegenden umgekehrten Fall, in dem die Familienkasse irrtümlich von einem ausreichenden Aufenthaltstitel ausgegangen ist und Kindergeld zu Unrecht gewährt wurde, kann nichts anderes gelten.

6

2. Da sonst geklärt ist, dass es sich bei dem Aufenthaltstitel nach dem [X.] nicht um einen Grundlagenbescheid handelt, der zu einer Korrektur nach § 175 AO berechtigt, kommt es auf die weitere Frage, ob das [X.] bei den Rechtsfolgen des --hier nicht vorliegenden-- Grundlagenbescheides von der Rechtsprechung des [X.] abgewichen ist (vgl. hierzu [X.]-Urteil vom 29. Juni 2005 [X.], [X.]/NV 2005, 1749), nicht an.

7

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.

Meta

V B 136/14

10.06.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 25. September 2014, Az: 12 K 920/11, Urteil

§ 171 Abs 10 AO, § 175 AO, § 16 AufenthG, § 17 AufenthG, § 62 Abs 2 Nr 2 EStG 2009, EStG VZ 2010, § 182 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.06.2015, Az. V B 136/14 (REWIS RS 2015, 10051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10051

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Wird zitiert von

B 10 EG 5/18 R

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