Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2018, Az. AnwZ (Brfg) 9/18

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2018, 7705

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:180618BANWZ.BRFG.9.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ([X.]) 9/18

vom

18. Juni 2018

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] Remmert sowie den Rechtsanwalt Dr. Lauer
und die Rechtsanwältin Merk

am
18. Juni 2018
beschlossen:

Der Antrag
des [X.]
auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 19. Dezember 2017 an Verkündung statt zugestellte Urteil
des II. Senats des [X.]s
Baden-Württemberg wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit 2011 im Bezirk der Beklagten
zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 9.
Januar 2017
widerrief die Beklagte
die Zulas-sung wegen [X.]. Den Widerspruch des [X.] wies die [X.] mit Bescheid vom 4.
Juli 2017 zurück. Zu diesem [X.]punkt war der Kläger wegen zweier Forderungen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Die Klage
des [X.]
gegen den Widerrufsbescheid
in der Gestalt des [X.]
-

3

-

scheids
ist
erfolglos geblieben.
Im Verfahren vor dem [X.] hat der Kläger
zudem die
Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft
beantragt.
In-soweit ist die Klage ebenfalls abgewiesen worden.
Nunmehr beantragt der Klä-ger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s.

II.

Der Antrag des [X.] ist nach §
112e Satz 2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulas-sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016

[X.]
([X.]) 36/16, juris
Rn.
3; vom 15.
Dezember 2017

[X.]
([X.]) 11/17, juris Rn. 3). Daran fehlt es hier. Das Urteil des [X.]s steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates.

a) Der Kläger
befand sich
im maßgeblichen [X.]punkt der Entscheidung über den Widerspruch am 4.
Juli 2017
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29.
Juni 2011

[X.]
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn.
9 ff.) in Vermögensverfall. Er war in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis eingetragen (§
882b ZPO). Gemäß §
14
Abs.
2 Nr. 7
[X.] wird der Vermögensverfall des Rechtsanwalts dann widerlegbar
vermutet. Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung hat der Rechtsanwalt ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzule-2
3
4
-

4

-

gen, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind ([X.], Beschluss vom 30.
Januar 2017

[X.]
([X.]) 61/16, juris Rn. 4 mwN; st. Rspr.).

Ein derartiges Verzeichnis legt
der Kläger auch in der Begründung des Zulassungsantrags nicht vor. Stattdessen wiederholt er
seinen erstinstanzlichen
Vortrag dazu, dass er jederzeit in der Lage gewesen sei, die Forderungen des Finanzamts zu begleichen, dass ihm aus Pflichtverteidigungen
und aus [X.] im Wege der Prozesskostenhilfe
Forderungen gegen die Staatskasse in einer seine Steuerschulden übersteigenden Höhe zugestanden hätten
und dass die beiden Forderungen, die Grundlage der Eintragung im [X.] gewesen seien, längst beglichen seien; um eine Löschung der Eintragungen werde er sich bemühen, sobald
er dazu [X.] finde.
Diesen Vortrag hat der [X.] insbesondere deshalb für unzulänglich gehalten, weil der Klä-ger keine aussagekräftigen Belege vorgelegt hat. So wies
eine vom Kläger ein-gereichte Finanzübersicht der N.

,
die ein Guthaben von 23.933,66

auswies,
weder den Namen des Kontoinhabers noch eine Kontonummer
aus.
Die gesetzliche Vermutung des [X.] ist überdies
nicht schon dann widerlegt, wenn feststeht, dass die
Verbindlichkeiten gedeckt sind, die der Eintragung oder den Eintragungen zugrunde lagen. Vielmehr muss der be-troffene Rechtsanwalt umfassend zu seinen
Einkommens-
und
Vermögensver-hältnissen vortragen
([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016

[X.]
([X.]) 36/16, juris Rn. 5). Er muss

bezogen auf den maßgeblichen [X.]punkt der letz-ten Behördenentscheidung

sämtliche gegen ihn
bestehenden
Verbindlichkei-ten zusammenstellen und darlegen, wie er sie

gegebenenfalls durch Vereinba-rungen mit seinen Gläubigern

zurückführen
wollte. Dabei darf

wieder bezo-gen auf den [X.]punkt der Widerrufsentscheidung

keine Forderung auf unab-sehbare [X.] unerfüllt oder ungeregelt bleiben.
Der Nachweis der Erfüllung ein-5
-

5

-

zelner Forderungen reicht nicht aus. Ebenso wenig reicht aus, wenn der Rechtsanwalt ausreichende
liquide Mittel
zur Tilgung einzelner Forderungen
nachweist, das Gericht
aber
die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Rechtsanwalts mangels hinreichenden Vortrags nicht insgesamt beurteilen kann.

b) Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden

14 Abs.
2 Nr.
7 [X.])
lässt sich ebenfalls nicht verneinen. Der Kläger verweist darauf, dass er noch nie [X.] auf einem eigenen Konto verwahrt habe, dass er seine Kontoverbindung nur der [X.] zur Auszahlung von Pflicht-verteidigerhonoraren und Prozesskostenhilfe bekannt gegeben habe und dass er beabsichtige, seine Tätigkeit als Einzelanwalt aufzugeben und eine Festan-stellung zu suchen.
Nach der in §
14 Abs.
2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kom-menden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der [X.] verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automa-tismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und aus-nahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwalt-liche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern ([X.], Beschluss vom 15.
Dezember 2017

[X.]
([X.]) 11/17, juris Rn.
15; vom 21.
Februar 2018

[X.]
([X.]) 72/17, juris Rn. 12; vom 5.
März 2018

[X.]
([X.]) 52/17, juris Rn. 8). Selbst aufer-legte Beschränkungen
des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind 6
-

6

-

grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszu-schließen ([X.], Beschluss vom 15.
Dezember 2017, aaO Rn. 17 mwN).

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§

112e
Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Dieser [X.] ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klä-rungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer [X.] Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016

[X.]
([X.]) 53/16, juris Rn. 21 mwN). Dazu hat der Kläger nichts gesagt.

3. Besondere tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden
Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt ([X.], Beschluss vom 17.
März 2016

[X.]
([X.]) 6/16, juris Rn. 5 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

4. Die Klage auf Wiederzulassung ist unzulässig, weil bisher weder ein Antrag (§
6 [X.]) noch eine ablehnende Entscheidung
der Beklagten vorliegt und auch das erforderliche Vorverfahren (§
68 VwGO) nicht durchgeführt [X.] ist.

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8
9
-

7

-

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz 1 [X.], §
154
Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz 1 [X.].

[X.]
[X.]
Remmert

Lauer
Merk

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 19.12.2017 -
AGH 28/17 II -

10

Meta

AnwZ (Brfg) 9/18

18.06.2018

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2018, Az. AnwZ (Brfg) 9/18 (REWIS RS 2018, 7705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7705

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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