Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2013, Az. 4 StR 527/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 8543

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 527/12

vom
30. Januar
2013
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 30.
Januar
2013
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten R.

wird das Urteil des
[X.] vom 24.
August 2012, soweit es ihn [X.], mit den Feststellungen aufgehoben
a)
im Fall II. 4 der Urteilsgründe,
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
c)
im [X.] über die Anordnung einer Sperr-frist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verwor-fen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten
R.

wegen gefährlicher Kör-
perverletzung in zwei Fällen sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne [X.]
-
3
-
laubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es be-stimmt, dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit das [X.] ihn wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt hat (Fälle
II.
2 und II.
3 der Urteilsgründe).
2.
Dagegen hält der Schuldspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das [X.] den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit
im Verkehr für schuldig befunden hat (Fall
II.
4 der Urteilsgründe). Insofern belegen die Fest-stellungen nicht, dass der Angeklagte das Kraftfahrzeug im öffentlichen [X.] geführt hat.
a)
Tathandlung des §
316 Abs.
1 [X.] ist das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr.
Nach §
2 Abs.
1
StVG bedarf der Fahrerlaubnis, wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt. Der Begriff des Straßenver-kehrs im Sinne der §§
315
b
ff. [X.] entspricht dem des
StVG und bezieht sich auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum. Erfasst werden zum einen alle Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des [X.] und der Länder oder der Kommunen dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind (z.B. Straßen, Plätze, Brücken,
Fußwege). Ein Verkehrsraum ist darüber hinaus auch dann öffentlich, 2
3
4
-
4
-
wenn er ohne Rücksicht auf eine Widmung
und ungeachtet der [X.] entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender
Duldung des [X.] für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein be-stimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch tat-sächlich so genutzt wird (Senatsurteil
vom 4.
März 2004

4
StR
377/03,
[X.], 128, 129; Senatsbeschluss vom 8.
Juni 2004

4
StR
160/04, [X.], 625;
SSW-[X.]/[X.], §
142 Rn.
9).
Für die Frage, ob eine Duldung des Verfügungsberechtigten vorliegt, ist nicht auf dessen inneren Willen, sondern auf die für etwaige Besucher erkennbaren äußeren Umstände (Zufahrtssperren, Schranken, Ketten, Verbotsschilder etc.) abzustellen. Eine Verkehrsfläche
kann -

in LK-[X.], 12.
Aufl.,
§
142 Rn.
14). Die Zugehörigkeit einer Fläche zum öffent-lichen Verkehrsraum endet mit einer eindeutigen, äußerlich manifestierten Handlung des Verfügungsberechtigten, die unmissverständlich erkennbar macht, dass ein öffentlicher Verkehr nicht (mehr) geduldet wird
(vgl. [X.] vom 4.
März 2004

4
StR
377/03, [X.], 128, 129; [X.],
[X.], 120; Pasker,
[X.], 120, 121). So liegt der Fall hier.
b)
Nach den Feststellungen steuerte der alkoholbedingt absolut fahrun-tüchtige Angeklagte
R.

, der keine Fahrerlaubnis besaß, den seiner Ehe-
frau gehörenden Pkw, nachdem er zunächst im Ortsbereich von B.

umhergefahren war, auf einen unbefestigten und zunächst frei zugänglichen Parkplatz neben einer Tankstelle. Zusammen mit dem Angeklagten K.

misshandelte er daraufhin den Geschädigten R.

P.

durch eine Vielzahl
wuchtiger Faustschläge und Fußtritte. Der Zeuge S.

, der vom Vermieter des
Parkplatzes mit dem regelmäßigen Öffnen und Schließen zweier dort befind-licher Schranken beauftragt
war, erfasste die Situation zunächst nicht richtig und rief den Angeklagten zu, sie sollten den Parkplatz mit ihrem Pkw verlassen, 5
-
5
-
damit er die Schranke schließen könne. Der Angeklagte R.

antwortete
sinngemäß, er solle sich keine Gedanken machen, sie kämen schon vom [X.] herunter.
Daraufhin ging der Zeuge weiter und schloss die Schranke der [X.].
Als
der Zeuge wenig später sah, wie die Angeklagten R.

und K.

auf den am Boden liegenden Geschädigten mit voller Wucht eintra-
ten, alarmierte er die Polizei (Fall
II.
3 der Urteilsgründe).
Im Anschluss an die Misshandlung des Geschädigten bestiegen die [X.] erneut den Pkw, wobei R.

das Fahrzeug führte. Zunächst ver-
suchte er, mit dem Pkw die Tankstelle zu umfahren und vorbei an einer be-nachbarten Diskothek auf die M.

Straße zu gelangen, was an einer
Begrenzung scheiterte. Anschließend fuhr er dieselbe Strecke zurück und [X.] das Fahrzeug an der geschlossenen Schranke vorbei. Er erreichte die M.

Straße erneut nicht, da er nunmehr einen kleinen Erdwall vor sich hat-
te. An dieser Stelle
blieb er nach einer Fahrtstrecke von ungefähr 220
Metern endgültig stehen (Fall
II.
4 der Urteilsgründe).
c)
Nachdem der Zeuge S.

die Angeklagten zum Verlassen des Park-
platzes aufgefordert und daraufhin die Schranke der Zufahrt geschlossen hatte, gehörte das [X.],
auf dem der Pkw stand, nicht mehr zum öffent-lichen Verkehrsraum. Denn der Wille des Verfügungsberechtigten, den [X.] ab diesem Zeitpunkt der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung zu [X.],
war nach außen manifest geworden. Dies war für jedermann unmissver-ständlich erkennbar (vgl. OLG
Düsseldorf,
[X.], 120). Die Fahrt des [X.] R.

auf dem [X.]
(Fall
II.
4 der Urteilsgründe)
fand
deshalb nicht im öffentlichen Straßenverkehr statt und war somit nicht tatbe-standsmäßig im Sinne von §
21 Abs.
1 Nr.
1 StVG und §
316 Abs.
1 [X.]. Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Angeklagte bei sei-6
7
-
6
-
nen Versuchen, die Tankstelle bzw. die [X.] zu umfahren, sich [X.] im öffentlichen Verkehrsraum bewegte. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
3.
Die Aufhebung der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr
zieht die Aufhebung
der festgesetzten Gesamtstrafe und des [X.]s nach sich.
Mutzbauer
Roggenbuck
Franke

Quentin
Reiter
8

Meta

4 StR 527/12

30.01.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2013, Az. 4 StR 527/12 (REWIS RS 2013, 8543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8543

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4 StR 527/12

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