Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2017, Az. XI ZR 432/16

11. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1646

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Altvertrag über ein Verbraucherdarlehen: Deutlichkeit der grundsätzlich entbehrlichen Belehrung über die Widerrufsfolgen


Leitsatz

Zur Deutlichkeit einer bei Verbraucherdarlehensverträgen grundsätzlich entbehrlichen Belehrung über die Widerrufsfolgen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des [X.] vom 18. Juli 2016 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 19. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

2

Die Parteien schlossen im April 2010 einen Darlehensvertrag über 200.000 €. Die Beklagte belehrte die Klägerin über ihr Widerrufsrecht wie folgt:

Abbildung

3

Das Darlehen diente der Finanzierung einer Immobilie, die die Klägerin 2014 veräußerte. Aus diesem Anlass einigte sie sich mit der Beklagten auf eine vorzeitige Ablösung des Darlehens. Die Beklagte verlangte und die Klägerin entrichtete eine "Vorfälligkeitsentschädigung" in Höhe von 23.726,59 €. Die Klägerin widerrief ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

4

Die auf Rückzahlung der "Vorfälligkeitsentschädigung" nebst [X.] gerichtete Klage hat das [X.] abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht ([X.], Urteil vom 18. Juli 2016 - 31 U 284/15, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne die Beklagte erfolgreich auf Zahlung in Anspruch nehmen, weil die Beklagte die Klägerin fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht unterrichtet habe. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Klägerin habe durch die Erklärung des Widerrufs nicht gegen [X.] und Glauben verstoßen.

II.

7

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Beklagte habe die Klägerin gemäß § 355 Abs. 2 BGB in der nach Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 EGBGB hier noch maßgeblichen, bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) unrichtig über das ihr nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Klägerin ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung im Jahr 2014 noch habe widerrufen können.

8

1. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Senatsurteil vom 14. März 2017 ([X.], [X.], 849 Rn. 23) entschieden hat, macht der Verwender einer Widerrufsbelehrung mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote: "Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB [aF] einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann" im [X.] an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" hinreichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt. Seine Belehrung über die Länge der Widerrufsfrist genügt mithin den gesetzlichen Anforderungen. Das gilt hier entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts auch mit Rücksicht auf das gestalterische Deutlichkeitsgebot.

9

2. Dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot genügen entgegen der Rechtsauffassung der Revisionserwiderung weiter die bei [X.] grundsätzlich entbehrlichen Angaben der Beklagten unter der Überschrift "Widerrufsfolgen" (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.], 906 Rn. 48).

3. Ausreichend deutlich waren schließlich die Ausführungen unter der Überschrift "[X.]": Zwar ist weder festgestellt noch ersichtlich, es habe ein verbundener Vertrag vorgelegen. Die Beklagte durfte aber dann, wenn die Belehrung in diesem Punkt für sich zutraf (Senatsurteil vom 23. Juni 2009 - [X.], [X.], 1497 Rn. 17), entsprechende Hinweise in die Widerrufsbelehrung aufnehmen (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.], 906 Rn. 49).

III.

Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), weist der Senat die Berufung der Klägerin zurück.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Maihold

      

Menges     

      

Derstadt     

      

Meta

XI ZR 432/16

28.11.2017

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 18. Juli 2016, Az: I-31 U 284/15

§ 355 Abs 2 BGB vom 02.12.2004, § 495 BGB vom 29.07.2009

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.11.2017, Az. XI ZR 432/16 (REWIS RS 2017, 1646)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 218 WM2018,50 REWIS RS 2017, 1646


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XI ZR 432/16

Bundesgerichtshof, XI ZR 432/16, 28.11.2017.


Az. 31 U 284/15

Oberlandesgericht Hamm, 31 U 284/15, 18.07.2016.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZR 432/16 (Bundesgerichtshof)


XI ZR 46/18 (Bundesgerichtshof)

Verbraucherdarlehensvertrag: Anforderungen an die Widerrufsbelehrung für den Fall des Widerrufs bei bereits erhaltener Leistung


XI ZR 555/16 (Bundesgerichtshof)

Verbraucherkreditvertrag: Verjährung des Widerrufsrechts


XI ZR 520/16 (Bundesgerichtshof)

Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags im Altfall: Mehrere Darlehensnehmer als Mitgläubiger bereicherungsrechtlicher Ansprüche wegen nach dem Widerruf …


XI ZR 381/16 (Bundesgerichtshof)

Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags: Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung bei einem Präsenzgeschäft


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.