Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.12.2010, Az. V R 60/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 483

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Gegenstand

Anforderungen an Antrag auf Wiedereinsetzung


Leitsatz

NV: Beruft sich ein Rechtsmittelführer auf die fristgerechte Absendung des beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstückes durch seinen Prozessbevollmächtigten, sind innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO alle Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die rechtzeitige Absendung oder Aufgabe des fristwahrenden Schriftsatzes zur Post ergibt, wobei nicht nur die Versendungsart, sondern auch angegeben werden muss, wer den Schriftsatz, wann und in welchen Briefkasten eingeworfen hat .

Tatbestand

1

I. Gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) legte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) [[[X.].].] durch ihren [[[X.].].] fristgerecht Revision ein. Die Frist für die [X.]egründung der Revision lief am 31. März 2010 ab; die Revisionsbegründung ging beim [[[X.].].] ([[[X.].].]) am 1. April ein. Mit Schreiben vom 9. April 2010 wies die Geschäftsstelle des erkennenden Senats auf den verspäteten Eingang hin.

2

Mit Schriftsatz vom 15. April 2010 beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und stützte dies darauf, dass die Sekretariatsleiterin der Prozessbevollmächtigten, Frau [[[X.].].], den [X.]rief, der das Schreiben mit der Revisionsbegründung enthielt, am Montag, den 29. März 2010, "in die Mittagspost" gegeben habe, "damit der [X.]rief am gleichen Tag noch der [[X.].] zugeführt wurde". Der [[X.].]ausgang ergebe sich aus der Kopie des Fristenbuches.

3

Mit Schriftsatz vom 20. August 2010 trug die Klägerin weiter vor, dass die Prozessbevollmächtigte in die "Organisationsstrukturen" eines Verbandes mit 500 Mitarbeitern eingebunden sei. Der "Geschäftsprozess [[X.].]ausgang" sei aufgrund des seit Jahren ohne [X.]eanstandungen funktionierenden routinemäßigen Arbeitsablaufes "nicht dokumentiert bzw. nicht mit Arbeitsanweisungen belegt". Die Ausgangspost werde "in einem [[X.].]rundgang von dem Mitarbeiter der [[X.].]stelle ab ca. 13.30 Uhr eingesammelt und dann ab 14.15 Uhr in der [[X.].]stelle bearbeitet". Ausgehende [X.]riefe würden dort mit einer verbandseigenen Frankiermaschine frankiert und gegen 15.30 Uhr "zur Abholung durch einen Abholdienst" (Firma [[X.].]) "an einer verabredeten Stelle in der Tiefgarage" des [[X.].] "deponiert". Der Abholdienst liefere "die gegen 16.30 Uhr abgeholte [[X.].] bis 20.00 Uhr (Annahmeschluss für Großkunden)" in ein [[X.].]verteilzentrum ein. Die Mitarbeiter der [[X.].]stelle Herr W und [[X.].] hätten bestätigt, dass es sich bei der Firma [[X.].] um einen "außergewöhnlich zuverlässigen, pünktlichen und korrekten Abholdienst" handele. Entsprechend dem üblichen "Prozedere" sei auch am 29. März 2010 verfahren worden. Dies ergebe sich auch aus den Versicherungen an Eides Statt, die Frau W und die [X.] und [X.] am 13., 18. und 20. August 2010 abgegeben hätten.

4

Der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt), wendet sich gegen die Wiedereinsetzung.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Revision war wegen Versäumung der Begründungsfrist durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

6

1. Die Klägerin hat die Revision verspätet begründet. Die Frist zur Begründung der Revision endete am 31. März 2010 (§ 120 Abs. 2 FGO). Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin weder die Revision begründet noch einen Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gestellt.

7

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist ist der Klägerin nicht zu gewähren.

8

a) Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO ist der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die den Antrag begründenden Tatsachen müssen innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Nur die Glaubhaftmachung kann noch während des Verfahrens erfolgen (z.B. BFH-Urteile vom 13. Dezember 2001 [X.]/01, [X.] 2002, 533; vom 5. November 1998 [X.]/97, [X.] 1999, 512; vom 12. August 1996 VIII R 66/95, [X.] 1997, 137).

9

Beruft sich ein Rechtsmittelführer auf die fristgerechte Absendung des beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstückes durch seinen Prozessbevollmächtigten, sind innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO alle Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die rechtzeitige Absendung bzw. Aufgabe des fristwahrenden Schriftsatzes zur Post ergibt, wobei nicht nur die Versendungsart, sondern auch angegeben werden muss, wer den Schriftsatz wann und in welchen Briefkasten eingeworfen hat (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.] in [X.] 2002, 533; vom 28. November 2003 [X.], [X.] 2004, 524; vom 29. April 2004 [X.], nicht veröffentlicht).

b) Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO lediglich vorgetragen, dass die Sekretariatsleiterin des Prozessbevollmächtigten, Frau [X.], den Brief, der das Schreiben mit der Revisionsbegründung enthielt, am Montag, den 29. März 2010, "in die [X.]" gegeben habe. Wie der Brief aus der "[X.]" in das [X.] für Großkunden gelangt ist, hat die Klägerin erst nach Fristablauf und damit verspätet dargelegt.

Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht --wie erforderlich-- zur Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumnis das hierfür notwendige Fristenkontrollbuch vorgelegt (vgl. hierzu [X.] vom 22. September 2005 [X.]-138/04, [X.] 2006, 559).

Meta

V R 60/09

10.12.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 6. Oktober 2009, Az: 15 K 1318/05 U, Urteil

§ 56 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.12.2010, Az. V R 60/09 (REWIS RS 2010, 483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 483


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V S 10/11

Bundesfinanzhof, V S 10/11, 20.05.2011.


Az. V R 60/09

Bundesfinanzhof, V R 60/09, 10.12.2010.


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