Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 2/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3804

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[X.] ZB 2/02vom20. März 2003in der [X.] die Geschmacksmusteranmeldung Nr. 498 12 064.3- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. März 2003 durchden Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und [X.], Prof.[X.], [X.] und [X.]:Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 10. Senats ([X.]) des [X.] vom [X.] wird auf Kosten des Präsidenten des [X.] zurückgewiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.]:[X.] Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 14. Dezember 1998 eingereichtenAnmeldung die Eintragung eines Musters mit der Bezeichnung "[X.]" in das [X.]. Gegenstand der Anmeldung sind acht bauklotz-artige Würfel, die mit einem Drehmechanismus versehen sind und entweder [X.] oder als Würfel angeordnet werden können. Diese Würfel sind teils mitvollständigen Abbildungen von [X.] und der Europaflagge sowie zu-sammensetzbaren Abbildungen von [X.] und -Banknoten und der [X.] versehen, wie nachfolgend beispielhaft [X.] -Das [X.] ([X.]) hat festgestellt,daß Schutz für das angemeldete Muster nicht erlangt worden sei, und hat [X.] versagt. Es hat angenommen, die Veröffentlichung des Musters unddie Verbreitung der Nachbildung würden gegen die öffentliche Ordnung versto-ßen.Im Beschwerdeverfahren ist der Präsident des [X.] dem Verfahren auf eine entsprechende Anheimgabe des [X.] (§ 10a Abs. 1 [X.] i.V. mit § 77 [X.]) beigetreten [X.] beantragt, die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.Das [X.] hat den [X.]uß des [X.] ([X.]) aufgehoben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde begehrt der Präsident [X.] Patent- und Markenamts die Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und die Zurückverweisung der Sache an das [X.].- 5 -I[X.] Das [X.] hat die angemeldeten Muster für eintra-gungsfähig gehalten und ein Schutzhindernis i.S. des § 7 Abs. 2 [X.] fürnicht gegeben erachtet. Dazu hat es ausgeführt:Weder die Veröffentlichung der Muster im Geschmacksmusterblatt nochdie Verbreitung von Nachbildungen verstoße gegen die öffentliche Ordnung.Abzustellen sei nur auf die Muster in ihrer konkret angemeldeten Form.Nur wenn deren Gestaltung gesetz- oder sittenwidrig sei, komme eine Eintra-gungsversagung in Betracht. Die Gefahr einer künftigen ungerechtfertigtenGeltendmachung von [X.] aus einzelnen Musterelementen [X.] einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung nicht begründen. Gegen [X.] und Anbieten eines Gegenstandes mit den in Rede stehendenAbbildungen von Euro-Banknoten, [X.] und der [X.] keine Bedenken.Das im [X.] vorgesehene absolute Schutzhindernis für staatli-che Hoheitszeichen (§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.]) sei kein für Muster entspre-chend geltender Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung. Die Vor-schrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] sei eine eigenständige Regelung, wie [X.] mit § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.] zeige, der die Eintragung einer Markewegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung gesondert regele. [X.] verbiete § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nur die Verwendung staatlicher Ho-heitszeichen in einer Marke, d.h. einer Kennzeichnung, die der [X.] von denjenigen andererUnternehmen diene. Da damit nicht jede Ausnutzung staatlicher Hoheitszeichenfür geschäftliche Zwecke verboten sei, lasse sich das markenrechtliche Verbot- 6 -einer Monopolisierung staatlicher Hoheitszeichen nicht als allgemeiner Rechts-grundsatz auf Muster übertragen.Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung könne nur bei einer ersichtlichmißbräuchlichen gesetzwidrigen Verwendung eines staatlichen Hoheitszei-chens in einem Muster angenommen werden. Bei den hier zu beurteilendengesetzlichen Zahlungsmitteln sei schon zweifelhaft, ob sie überhaupt staatlicheHoheitszeichen seien. Jedenfalls stelle die dekorative Abbildung auf den [X.] keine mißbräuchliche gesetzwidrige Verwendung dar. [X.] für die Wiedergabe der Europa-Flagge in dem angemeldeten Muster.II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. DieBeurteilung des [X.], der Eintragung des angemeldeten Ge-schmacksmusters stehe ein Schutzhindernis nach § 7 Abs. 2 [X.] nichtentgegen, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.1. Nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 [X.] wird der Schutz ge-gen Nachbildung durch die Anmeldung nicht erlangt, wenn die [X.] oder Modells oder die Verbreitung einer Nachbildung gegen dieöffentliche Ordnung verstoßen würde. Das setzt voraus, daß durch das [X.] Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder die tragendenGrundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 72; [X.]/[X.],[X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 15; vgl. auch zu § 2 Nr. 1 [X.]:[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 2 [X.]. 5; Busse/Keuken-schrijver, [X.], 5. Aufl., § 2 [X.]. 13; zu § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.]: [X.], Markenrecht, 3. Aufl., § 8 [X.]. 346; [X.]/[X.], [X.],6. Aufl., § 8 [X.]. 246; a.A. [X.]/[X.], [X.], § 8 [X.]. 112). [X.] 7 -kann bei einer Abbildung gesetzlicher Zahlungsmittel und der Europa-Flaggeauf Gebrauchsgegenständen, wie Würfeln, nicht die Rede sein. Es fehlen be-sondere, einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung erst begründende Um-stände.2. Ein allgemeines Verbot, gesetzliche Zahlungsmittel und die Europa-Flagge auf Produkten abzubilden und diese Produkte zu vertreiben, gibt esnicht. Ein derartiges grundsätzliches Verbot ist, anders als die Rechtsbe-schwerde meint, nicht § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] zu entnehmen, wonach Mar-ken mit staatlichen Hoheitszeichen von der Eintragung als Marke ausgenom-men sind. Schon wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung und wirtschaftli-chen Bedeutung des [X.]es und des [X.]es istdas Verbot des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nicht auf Geschmacksmuster über-tragbar.a) Zu den Hoheitszeichen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] werden [X.] auch gesetzliche Zahlungsmittel gerechnet (vgl. [X.] aaO § 8[X.]. 360; [X.]/[X.] aaO § 8 [X.]. 118; [X.]/[X.] aaO § 8[X.]. 283). Zu den gesetzlichen Zahlungsmitteln zählen die [X.] undEuro-Banknoten (vgl. Art. 2 § 1 und Art. 3, § 14 Abs. 1 des Gesetzes über [X.] währungsrechtlicher Vorschriften infolge der Einführung des [X.], [X.]. I 1999 S. 2402).b) Das Verbot der Eintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke [X.] keinen Rückschluß darauf zu, ein Muster oder Modell mit einem Ho-heitszeichen verstoße stets auch gegen die öffentliche Ordnung i.S. von § 7Abs. 2 [X.].- 8 -§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] schließt die Eintragung staatlicher Hoheitszei-chen als Marke aus. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 lit. [X.], der wiederum Art. 6ter [X.] Rechnung trägt. [X.]. 6ter Abs. 1 [X.] sind die [X.] unter anderem verpflichtet, [X.] ihrer staatlichen Hoheitszeichen als Fabrik- und Handelsmarkenzurückzuweisen, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubthaben. Die Vorschrift bezweckt den Ausschluß der Eintragung und Benutzungstaatlicher Hoheitszeichen, weil ihre Registrierung oder Benutzung als Markedie Rechte eines Staates auf Kontrolle seiner [X.] verletzenund die Öffentlichkeit über die Herkunft der mit solchen Marken gekennzeich-neten Waren täuschen könnte (vgl. [X.], [X.] zum Schutz des gewerblichen Eigentums, [X.]). Dagegen enthält Art. [X.]. 1 [X.] keinen allgemeinen Grundsatz, daß staatliche Hoheitszeichen [X.] gewerblichen Nutzung ausgeschlossen sind. Denn über die markenmäßi-ge Verwendung hinaus sieht Art. 6ter Abs. 9 [X.] nur ein Verbot im Falle einesunbefugten Gebrauchs von Staatswappen im Handel vor, wenn dieser [X.] über den Ursprung der Erzeugnisse geeignet ist (vgl.auch [X.] aaO S. 87). § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] kann daher ebenfallsnicht entnommen werden, staatliche Hoheitszeichen seien generell jeder ge-werblichen Verwertung entzogen.Die grundlegend unterschiedlichen Schutzrichtungen des Markenrechtsund Geschmacksmusterrechts lassen auch keinen Schluß von dem Verbot derEintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6[X.] darauf zu, die Verwendung der Hoheitszeichen in Mustern und [X.] verstoße gegen die öffentliche Ordnung i.S. des § 7 Abs. 2 [X.].- 9 -Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] betrifft die [X.] Hoheitszeichen als Marke. Deren Hauptfunktion besteht in der Ge-währleistung der Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienst-leistungen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.2.2000 - [X.], [X.], 882 =[X.], 1140 - Bücher für eine bessere Welt; [X.]. v. 21.9.2000- I ZB 35/98, [X.], 240, 241 = [X.], 157 - [X.]). [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] wird verhindert, daßStatussymbole des Staates und andere Hoheitszeichen als Hinweis auf ein be-stimmtes Unternehmen registriert werden. Das Verbot einer musterrechtlichgeschützten, ästhetischen Verwendung, wie sie dem [X.]eigen ist, kann daraus nicht abgeleitet werden. Das eingetragene Ge-schmacksmuster dient nicht als Hinweis auf den Inhaber des Modells, sonderngewährt vorrangig ein Schutzrecht für eine ästhetische Gestaltung des [X.] Modells (vgl. [X.], Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378= WRP 1983, 484 - [X.]; [X.]/[X.] aaO Einf. [X.]. 41; [X.]/[X.] aaO Allgemeines [X.]. 26).3. Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend, das Bundespatentge-richt habe keine Feststellungen getroffen, ob nicht die Verbindung zwischenstaatlichen Hoheitszeichen und einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand einenVerstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten begründe. Die [X.] staatlicher Hoheitszeichen, zu denen die gesetzlichen [X.], verstoße auf einem Muster oder Modell regelmäßig gegen die öf-fentliche Ordnung i.S. von § 7 Abs. 2 [X.], weil staatliche Hoheitszei-chen wegen der Aushöhlung ihres ideellen Wertes von jeder gewerblichen [X.] ausgeschlossen sein sollen. Auch diese Rüge greift nicht durch. Das[X.] ist zu Recht davon ausgegangen, daß ohne Hinzutretenweiterer Umstände die Verwendung staatlicher Hoheitszeichen in Mustern und- 10 -Modellen keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zur Folge hat und [X.], den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung erst begründende Umständevorliegend nicht gegeben sind. Im Streitfall ergeben sich aus der Art der staatli-chen Hoheitszeichen, den Schutzgegenständen und ihrer konkreten Gestaltung(dekorative Abbildung gesetzlicher Zahlungsmittel auf Würfeln) keine besonde-ren Umstände, die die Annahme eines Verstoßes gegen die öffentliche Ord-nung rechtfertigen könnten.[X.] Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Präsidenten [X.] Patent- und Markenamts (§ 10a Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V. mit§ 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 [X.]) zurückzuweisen.Ullmann[X.]BornkammBüscherSchaffert

Meta

I ZB 2/02

20.03.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 2/02 (REWIS RS 2003, 3804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3804

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