Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2003, Az. XII ZR 339/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2160

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:23. Juli 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 1601 ff.; [X.] § 91 Abs. 2 Satz 2 i.d.F. des [X.] vom 23. Juni 1993a)Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines behinderten Kindes auf den [X.] Sozialhilfe kann nicht nur nach der konkretisierten Härteregelung des § 91Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. [X.], sondern auch nach der allgemeinen Härteregelungdes § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. [X.] ausgeschlossen sein.b)Zum Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs.[X.], wenn ein behindertes Kind, für das Hilfe zum Lebensunterhalt gewährtworden ist, von einem Elternteil in dessen Haushalt gepflegt wird.[X.], Urteil vom 23. Juli 2003 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 23. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 13. Zivilsenats- 1. Senat für Familiensachen - des [X.] 27. November 2000 wird zurückgewiesen.Auf die Revision der Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Ko-stenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der [X.] zurückgewiesen worden ist.Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die klagende [X.] macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegange-nem Recht Unterhaltsansprüche des am 12. Juni 1955 geborenen schwerbe-hinderten [X.] D. gegen die Beklagte geltend.[X.] D. ist der [X.] der Beklagten aus deren geschiedener Ehe; [X.] ist verstorben. Bis Anfang März 2000 lebte der [X.] im Haushalt [X.] und wurde von ihr versorgt und gepflegt. Er leidet seit seiner Geburt aneiner Hirnschädigung, die zu einer ausgeprägten körperlichen Behinderung undpsychischen Beeinträchtigung, u.a. einem Schwachsinn mittleren Grades mitgravierender Sprachbehinderung, geführt hat. Er kann allenfalls einige Schrittealleine gehen und benötigt deshalb einen Rollstuhl. Außerdem bedarf er derphysischen Versorgung sowie der Betreuung und Beaufsichtigung und ist auchsonst in allen Lebensbereichen auf die Hilfe anderer angewiesen.Die 1931 geborene Beklagte war bis zum 30. April 1994 erwerbstätig.Seit dem 1. Mai 1995 befindet sie sich im Ruhestand und verfügt über [X.] von monatlich rund 2.700 [X.].Die Klägerin gewährte [X.] D. seit dem 1. Januar 1983 - neben [X.] und Krankenhilfe - Hilfe in besonderen Lebenslagen in unterschiedli-cher Höhe. Sie hat die Beklagte bereits in der Vergangenheit aus übergeleite-tem bzw. übergegangenem Recht auf Unterhaltszahlungen für ihren [X.] [X.] genommen. In den hierüber geführten Rechtsstreiten ist die Beklagteverurteilt worden, für die [X.] vom 1. Januar 1983 bis 31. Dezember 19857.775,03 [X.], für die [X.] vom 1. Januar 1986 bis 28. Juli 1989 8.499,55 [X.], fürdie [X.] vom 2. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1990 4.589,54 [X.] und fürdie [X.] vom 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 1993 11.020 [X.] an die Klägerinzu zahlen.Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin aus übergegangenemRecht Unterhaltsansprüche für die [X.] vom 1. Januar 1994 bis zum30. November 1999 in Höhe von insgesamt 50.021,55 [X.] zuzüglich [X.]. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassungvertreten, ihre Inanspruchnahme sei wegen Vorliegens einer unbilligen Härteausgeschlossen.- 4 -Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] - unter Zurückweisung des weitergehendenRechtsmittels - das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und die [X.] der Beklagten nur in Höhe von 38.299,20 [X.] zuzüglich Zinsen aufrechterhalten. Dagegen richten sich die - zugelassenen - Revisionen beider Parteien.Die Klägerin erstrebt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils; [X.] begehrt weiterhin Klageabweisung.Entscheidungsgründe:Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Revision der Beklagtenführt dagegen in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zurAufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache andas Berufungsgericht.1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 1237veröffentlicht ist, hat angenommen, daß der Unterhaltsanspruch des [X.] D.gegen seine Mutter weder dem Grunde noch der Höhe nach im Streit sei. [X.] sich unter Berücksichtigung der von dem Einkommen der [X.] Abzüge und des ihr zu belassenden Selbstbehalts auf die vonder Klägerin errechneten Beträge von monatlich 961,32 [X.] für die [X.] [X.] Januar 1994 bis 30. April 1995, auf monatlich 810,31 [X.] für die [X.] [X.] Mai 1995 bis 31. Dezember 1995 und auf monatlich 610,31 [X.] für die [X.]vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1999. Ein Forderungsübergang auf dieKlägerin, die in der betreffenden [X.] laufend Hilfe zum Lebensunterhalt ge-währt habe, und zwar bis zum 30. November 1994 in geringerer und seit dem- 5 -1. Dezember 1994 in einer den Unterhaltsanspruch jeweils übersteigenden Hö-he, sei jedoch vom Beginn des Ruhestandes der Beklagten am 1. Mai 1995 [X.] noch teilweise erfolgt. Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 [X.] in der seit dem27. Juni 1993 geltenden Fassung sei der gesetzliche Forderungsübergang aus-geschlossen, wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das sei ab 1. Mai1995 zum Teil der Fall. Das bereinigte Einkommen der Beklagten belaufe sichnach Abzug der von der Klägerin anerkannten Belastungen auf [X.] [X.]; über Vermögen verfüge sie nicht. Deshalb lägen - wie [X.] während der [X.] der Erwerbstätigkeit der Beklagten - keine außerge-wöhnlich guten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse vor. Die [X.] ihren [X.] von seiner Geburt an gepflegt und versorgt, wobei sie teilwei-se die Mithilfe von Familienangehörigen bzw. ihr nahestehenden Personen ([X.] ihrer Mutter, später ihres Lebensgefährten) in Anspruch genommen ha-be, weil sie selbst - nachdem ihre Ehe schon bald nach der Geburt des Kindesgeschieden worden sei - eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe, um [X.] für sich und den [X.] sicherzustellen. Dadurch habe sie überlange Jahre eine erhebliche Doppelbelastung auf sich genommen, indem sieneben ihrer Arbeitstätigkeit jede freie Minute dem behinderten Kind [X.] ihr ganzes Leben auf dieses abgestellt habe. Zugleich habe sie der [X.] erspart, die andernfalls für sie und den [X.] [X.] des Lebensbedarfs hätten aufgebracht werden müssen. Im [X.] die erhebliche Betreuungsbedürftigkeit des [X.]es, der in allen [X.] (z.B. Anziehen, Waschen, Essen, Toilettenbesuche) auf fremde Hilfeangewiesen sei und sich infolge der geistigen Behinderung auch nicht alleinebeschäftigen könne, sondern der Überwachung und Beaufsichtigung bedürfe,habe die Beklagte viele Jahre überobligationsmäßig gearbeitet und sich [X.] das Maß ihrer Unterhaltspflicht hinaus um den behinderten [X.] [X.]. Im Verhältnis zu Eltern eines gesunden Kindes habe sie damit vor ihrer- 6 -Verrentung deutlich mehr als zehn Jahre länger Barunterhalt (wenn davon aus-gegangen werde, daß ein Studium mit 27 Jahren abgeschlossen sei) und [X.] länger Betreuungs- und vor allem umfangreiche Pflegeleistungenerbracht. Nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben habe sie die [X.] Betreuung des [X.]es in dem hier maßgeblichen [X.]raum fortgesetzt undnicht ihren Ruhestand genossen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß [X.] die Spannkraft und Belastbarkeit eines Menschen mit zunehmendemAlter nachlasse und die Beklagte aufgrund der besonderen psychischen undphysischen Belastungen gesundheitlich angeschlagen gewesen sei. Wenn [X.] die aufopferungsvolle Pflege fortgesetzt habe und zusätzlich denvollen Unterhaltsanspruch erfüllen müsse, werde sie in einem so weit über dasübliche Maß hinausgehenden Umfang belastet, daß dies eine unbillige Härtebedeute. Diese Beurteilung führe zwar nicht dazu, daß für die [X.] ab 1. Mai1995 ein Forderungsübergang überhaupt nicht stattfinde, die Beurteilung seiaber bei der Quote zu berücksichtigen, zu der der Beklagten ein Einsatz ihresEinkommens zuzumuten sei. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte [X.] angemessen, ihr ein Drittel ihres über den angemessenen Eigenbedarf hi-nausgehenden für den Unterhalt des [X.]es einsetzbaren Einkommens zubelassen, so daß ihr eine Entlastung im Ruhestand zuteil werde. Die [X.] deshalb einen Betrag von insgesamt 38.299,20 [X.] aufzubringen, nämlichentsprechend der nicht bestrittenen Auflistung und Berechnung der Klägerin18.854,50 [X.] für die [X.] vom 1. Januar 1994 bis 30. April 1995 und23.444,70 [X.] (35.167,05 [X.] : 3 x 2) für die [X.] vom 1. Mai 1995 bis30. November 1999.Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allenPunkten stand.- 7 -2. a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, [X.] Beklagte ihrem [X.] gegenüber nach den §§ 1601 ff. BGB dem Grundenach unterhaltspflichtig ist, da er aufgrund seiner schweren Behinderung au-ßerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das Maß des zu gewährenden Unter-halts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen; der Unterhaltumfaßt den gesamten Lebensbedarf (§ 1610 BGB).b) Was die Höhe des Unterhaltsanspruchs anbelangt, ist das Berufungs-gericht davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei nicht umstritten, [X.]se mit den von der Klägerin angesetzten Beträgen zugrunde zu legen sei.Das begegnet rechtlichen Bedenken.Die Höhe des Unterhaltsanspruchs und damit dessen konkretes [X.] stellt keine Tatsache dar, die die Parteien im Sinne des § 138 Abs. 3 [X.] stellen könnten. Vielmehr handelt es sich um das Ergebnis einer [X.] obliegenden rechtlichen Prüfung, für die es maßgeblich auf den [X.] Unterhaltsberechtigten einerseits und die Leistungsfähigkeit des [X.] andererseits ankommt. Im Hinblick darauf waren entspre-chende Feststellungen des Berufungsgerichts nicht deshalb entbehrlich, weildie Beklagte dem Vorbringen der Klägerin zu der behaupteten Höhe des [X.] nicht entgegengetreten war.Zu der Leistungsfähigkeit der Beklagten hat die Klägerin vorgetragen, de-ren um die anzuerkennenden Abzüge bereinigtes Einkommen belaufe sich, [X.] für die [X.] vom 1. Januar 1994 bis 30. April 1995, auf 2.561,32 [X.]. [X.] Eigenbedarf der Beklagten sei in dem betreffenden [X.]raumnach der herangezogenen [X.] Tabelle mit 1.600 [X.] anzusetzen, sodaß sie monatliche Unterhaltszahlungen von 961,32 [X.], nach der durchge-- 8 -führten sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung sogar in höherem Umfang,erbringen könne.Zum Unterhaltsbedarf des [X.] D. hat die Klägerin indessen keine An-gaben gemacht. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, der Unterhaltsanspruchbestehe ohne weiteres in Höhe der Leistungsfähigkeit der Beklagten bzw. derzeitweise in etwas geringerem Umfang geleisteten Hilfe zum Lebensunterhalt.Beides ist indessen nicht zwingend der Fall: Die Leistungsfähigkeit des [X.] kann höher sein als der Unterhaltsbedarf des Berechtigten.Auch der nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen errechnete Bedarf, der für diegewährte Hilfe zum Lebensunterhalt maßgebend ist, deckt sich nicht zwangs-läufig mit dem nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten ermittelten Bedarf.Das wird im vorliegenden Fall auch aus der Entscheidung des [X.] vom25. November 1992 (- [X.] - FamRZ 1993, 417 ff.) deutlich, die [X.] der Klägerin gegen die Beklagte für die [X.] vom [X.] bis 28. Juli 1989 betrifft. Seinerzeit hatte das [X.] im An-schluß an den Vortrag der Klägerin den monatlichen Gesamtbedarf des [X.] in Höhe von 1.910 [X.] festgestellt. Er setzte sich aus dem [X.] volljährigen Kindes von (damals) 750 [X.] monatlich, einem Pflegebedarfvon 960 [X.] monatlich und einem behinderungsbedingten Mehrbedarf von200 [X.] monatlich zusammen. Für den [X.]raum vom 1. September 1987 bis30. Juni 1989 verblieb hiervon nach Abzug des bedarfsdeckend anzurechendenPflegegeldes nach dem Landespflegegeldgesetz von 750 [X.] monatlich unddes Wertes der von der Beklagten persönlich unter Mithilfe ihres Lebenspart-ners erbrachten Pflegeleistungen von monatlich 835 [X.] ein offener Bedarf von325 [X.], während die geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt - für die [X.] vonSeptember 1988 bis Juni 1989 - monatlich 656,81 [X.] betrug. Ausgehend vondieser Entscheidung hat die Klägerin für die Folgezeit jeweils Unterhaltsansprü-che in Höhe des ungedeckten Bedarfs des [X.] D. geltend gemacht, zuletzt- 9 -für Dezember 1993 - wie auch schon zuvor - in Höhe von monatlich 325 [X.].Aus welchen Gründen sich der Unterhaltsanspruch für den darauffolgendenMonat Januar 1994 auf den Betrag der geleisteten Hilfe zum Lebensunterhaltvon 912,90 [X.] belaufen soll, ist dem Vorbringen der insofern darlegungspflich-tigen Klägerin nicht zu entnehmen.Feststellungen zu dem Unterhaltsbedarf des [X.] D. in der hiermaßgeblichen [X.] hat das [X.] demzufolge nicht getroffen. [X.] sind die Unterhaltsansprüche nicht rechtsfehlerfrei ermittelt worden. [X.] Grund kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben,soweit die Verurteilung der Beklagten aufrechterhalten worden ist. In [X.] ein Unterhaltsanspruch des [X.] D. gegen die Beklagte besteht, wirdsich erst beurteilen lassen, nachdem das Berufungsgericht - nach [X.] - die erforderlichen Feststellungen nachgeholt hat.3. Soweit das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten die [X.] hat, hält die Entscheidung indessen der rechtlichen Nachprüfungstand. Die Revision der Klägerin erweist sich deshalb als unbegründet.a) Zutreffend und von der Revision der Beklagten nicht angegriffen istdas Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Übergang des Unterhalts-anspruchs nicht bereits nach § 91 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. [X.] in der Fassungdes Gesetzes zur Umsetzung des [X.] vom23. Juni 1993 ([X.], BGBl. [X.]) ausgeschlossen ist. Nach dieser Bestim-mung liegt eine den Anspruchsübergang ausschließende unbillige Härte in [X.] bei unterhaltspflichtigen Eltern vor, soweit einem Behinderten, einem voneiner Behinderung Bedrohten oder einem Pflegebedürftigen nach [X.] 21. Lebensjahres Eingliederungshilfe für Behinderte oder Hilfe zur [X.] wird. Voraussetzung für die Anwendung dieser im Gesetz [X.] -sierten Härteregelung ist mithin u.a., daß dem behinderten Kind Leistungen derEingliederungshilfe für behinderte Menschen oder Hilfe zur Pflege gewährt [X.]. Ist dies - wie hier bezüglich der von [X.] D. bezogenen Hilfe zur Pflege -der Fall, erfolgt die Freistellung indessen nur wegen dieser Hilfe. Die Härtere-gelung gilt dagegen nicht für die - hier allein in Rede stehende - Hilfe zum Le-bensunterhalt, wie sich aus der Formulierung "... soweit Hilfe zur Pflege gewährtwird" ergibt. Deshalb läßt die Bestimmung von ihrem Wortlaut her ein Absehenvon der Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen nicht schlechthin wegenjeder Art von Sozialhilfeleistungen zu, die einem Pflegebedürftigen gewährtwerden. Da die Freistellung von der Heranziehung [X.] vondem generellen Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 [X.]) [X.] hat, ist es auch nicht zulässig, den Tatbestand des § 91 Abs. 2 Satz 2Halbs. 2 [X.] umfassend auf Fälle der Gewährung von Hilfe zum Lebensun-terhalt auszudehnen; das ist vielmehr Sache des Gesetzgebers ([X.]. 42, 309, 310 = NJW 1993, 150, 151; [X.], 529, 531 f.; [X.][X.] 16. Aufl. § 91 [X.]. 93; [X.]/Schelter/[X.] [X.] § [X.]. 139; [X.] in [X.] [X.] § 91 [X.]. 44; [X.]/Zink [X.] [X.] 91 [X.]. 84; vgl. auch [X.] in LPK-[X.] 6. Aufl. § 91 [X.]. 44).b) Das Berufungsgericht hat allerdings angenommen, für die [X.] seitdem Eintritt der Beklagten in den Ruhestand führe die allgemeine Härterege-lung des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. [X.] nur zu einem teilweisen An-spruchsübergang auf die Klägerin. Diese Auffassung begegnet aus [X.] keinen Bedenken zum Nachteil der Klägerin.aa) Entgegen der Ansicht der Revision der Klägerin kann für Eltern be-hinderter Kinder nicht nur eine der allgemeinen Härteregelung vorgehende be-sondere Härte i.S. des § 91 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. [X.] vorliegen. [X.] auch im Rahmen der Inanspruchnahme von Eltern behinderter Kinder [X.] der Übergang des Unterhaltsanspruchs wegen der allgemeinen [X.] ausgeschlossen sein (BVerwG FEVS Bd. 42, 309, 310 f.; Bd. 49 aaO531 f.; [X.] aaO § 91 [X.]. 93; [X.]/Schelter/[X.] aaO § [X.]. 139; [X.] [X.] § 13 [X.]. 57; [X.] Die He-ranziehung [X.] bei langjähriger pflegebedürftiger [X.] 88; [X.] Der Rückgriff gegen Angehörige von Sozialhilfeempfängern S. 110f.; [X.]/[X.] Unterhaltsrecht 8. Aufl. [X.]. 1757; [X.] FamRZ1997, 53; vgl. auch [X.]/Zink aaO § 91 [X.]. 84; [X.] aaO § 91 [X.]. 41;a.A. [X.] aaO § 91 [X.]. 44). Das kommt auch in der zum 1. Januar 2002in [X.] getretenen Neufassung des § 91 Abs. 2 [X.] durch das [X.] vom19. Juni 2001 ([X.] 1046) zum Ausdruck, ohne daß insofern eine [X.] Änderung erfolgt ist. Seitdem findet sich die allgemeine Härteregelung inAbs. 2 Satz 2, während die konkretisierte Härteregelung in Abs. 2 Satz 5 ange-siedelt ist.bb) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. [X.] in der Fassung des [X.]bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 [X.] in der seit dem 1. Januar 2002 geltendenFassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerli-chem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen, wenn dies eine unbilligeHärte bedeuten würde. Das genannte [X.] stellt einen unbe-stimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durchdas Revisionsgericht unterliegt (BVerwGE 41, 26, 30 für den Begriff der beson-deren Härte; [X.] aaO § 91 [X.]. 89; [X.]/Schelter/[X.] [X.]. 130).Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegtden sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zei-ten im Rahmen des Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz [X.] der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als- 12 -Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hin-sicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder inderjenigen des [X.] vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklauselist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben auch dieallgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe, insbesondere der Grundsatz der [X.] Hilfe (§ 7 [X.]). Darüber hinaus ist auf die Belange und die [X.] in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen undpersönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die [X.] an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem [X.] Belange vernachlässigt würden. Nach der in Rechtsprechung und Schrift-tum vertretenen Auffassung kann eine Härte insbesondere dann angenommenwerden, wenn der Grundsatz der familiengerechten Hilfe ein Absehen von [X.] geboten erscheinen läßt, z.B. weil hierdurch das weitere Verblei-ben des [X.] im Familienverband gefährdet erscheint, wenn [X.] in Anbetracht der [X.] und wirtschaftlichen Lage des [X.] zu einer unbilligen Härte führen würde, vor allem mit Rücksichtauf Schwere und Dauer des Bedarfs, oder wenn der Unterhaltspflichtige [X.] der Sozialhilfe den Hilfeempfänger über das Maß seiner Unterhalts-verpflichtung hinaus betreut und gepflegt hat (BVerwGE 41 aaO 28; 58 [X.], 211 ff.; [X.] aaO § 91 [X.]. 86 ff.; [X.]/Schelter/[X.] [X.]. 131 f.; [X.] aaO § 91 [X.]. 41 f.; [X.] aaO § 91 [X.]. 41 f.;[X.] [X.] 1993, 261, 266 f.).cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Beurteilung [X.] aus den hierzu im einzelnen angeführten Erwägungen kei-nen rechtlichen Bedenken zum Nachteil der Klägerin. Dabei ist insbesonderevon Bedeutung, daß die Beklagte ihren [X.] vor dem Eintritt der [X.] 1983 über das Maß ihrer - durch ihre eingeschränkte Leistungsfähigkeitbegrenzten - Unterhaltspflicht hinaus bereits viele Jahre betreut und [X.] -hat, ihren physisch anstrengenden und psychisch belastenden Einsatz zugun-sten des [X.]es in der Folgezeit fortgesetzt und diesem damit die [X.] erhalten hat. Gleichzeitig ist sie einer vollschichtigen [X.] nachgegangen und mußte aus ihren Einkünften in der Vergan-genheit bereits Sozialhilfeleistungen in Höhe von knapp 32.000 [X.] erstatten,so daß sie angesichts ihrer allenfalls durchschnittlichen [X.] keine Rücklagen für ihr Alter bilden konnte. Deshalb würde auch nach [X.] des [X.] eine unbillige Härte vorliegen, wenn die Beklagte sogar fürdie [X.] nach dem Eintritt in den Ruhestand von der Klägerin noch in voller Hö-he der Unterhaltsansprüche zur Zahlung herangezogen werden könnte. Inso-fern stellt der Eintritt in den Ruhestand, wie das Berufungsgericht zu Recht an-genommen hat, einen Umstand dar, der bei Berücksichtigung der gesamtenLebensumstände - nicht nur in seiner Auswirkung auf die wirtschaftlichen [X.] - Bedeutung verdient (vgl. BVerwGE 56, 220, 227).Auch die Höhe, in der ein Anspruchsübergang verneint worden ist, er-scheint, soweit sie sich zulasten der Klägerin auswirkt, rechtsbedenkenfrei.Unter Berücksichtigung aller den vorliegenden Fall kennzeichnenden [X.] es vielmehr unbillig, wenn die Beklagte für die [X.] ab 1. Mai 1995 von denangeblichen Unterhaltsansprüchen von insgesamt 35.167,05 [X.] mehr als [X.] 23.444,70 [X.] aufzubringen hätte. Dies würde - die Berechtigung dergeltend gemachten Unterhaltsansprüche unterstellt - ohnehin nur dazu führen,daß ihr für die [X.] von Mai bis Dezember 1995 ein monatliches Einkommenvon rund 1.870 [X.] und danach von 2.000 [X.] monatlich verbliebe.Die Revision der Klägerin ist deshalb unbegründet, ohne daß es daraufankommt, ob die Unterhaltsansprüche in der behaupteten oder - was danebenallein in Betracht kommt - in geringerer Höhe bestehen.- 14 -4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:a) Wie die Revision der Beklagten zu Recht ausgeführt hat, [X.], die ihr über 21 Jahre altes behindertes Kind in ein Heim gegeben haben,nach der bis zum 31. Dezember 2001 bestehenden Rechtslage gemäß § 91Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 [X.] grundsätzlich (etwas anderes kann bei guten odersehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern gelten, vgl. BVerwGE 56aaO 223 f.) nicht mit einer finanziellen Inanspruchnahme - auch nicht wegender geleisteten Hilfe zum Lebensunterhalt - zu rechnen, weil die in einem Heimgewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen (in Form der Hilfe zur Pflege) auchden in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt einschließlich der einmaligenLeistungen umfaßt (§ 27 Abs. 3 [X.]). Das Berufungsgericht, das diesen Ge-sichtspunkt ebenfalls gesehen hat, ist der Auffassung, der Umstand, daß [X.] einer Heimunterbringung ihres Kindes gegenüber Eltern, die ihr Kind zuHause pflegen, kostenmäßig privilegiert würden, rechtfertige es nicht, die [X.] des § 91 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. [X.] auf die Gewährung der Hilfezum Lebensunterhalt zu erstrecken; dies sei Aufgabe des Gesetzgebers. Es istindessen fraglich, ob die unterschiedliche Behandlung der Pflege im Heim undderjenigen zu Hause einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält. Das [X.] hat dies bejaht und ausgeführt, ein Verstoß gegen [X.], den allgemeinen Gleichheitssatz oder das [X.] in der gesetzlichen Regelung nicht gesehen werden; die je nach Haus-oder Heimpflege unterschiedlichen Ergebnisse beruhten auf der [X.] in § 27 Abs. 3 [X.], den in der Einrichtung gewährten Le-bensunterhalt der Hilfe in besonderen Lebenslagen zuzuordnen ([X.]. 49 aaO S. 532). Im Schrifttum ist diese Regelung, die auch dem [X.] Vorrangs der offenen Hilfe (§ 3 a [X.]) widerspricht, teilweise als unbe-friedigend empfunden, teilweise als ohne durch sachliche Differenzierungskrite-rien gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung beurteilt worden (vgl. [X.] 15 -ler/Zink aaO § 91 [X.]. 79; [X.] aaO S. 110; [X.]ler NDV 2001, 318, 319;[X.] aaO § 91 [X.]. 43; vgl. auch [X.] aaO S. 88 f.). Die Frage der [X.] der Regelung kann allerdings im vorliegenden Fall offenbleiben, weil nicht festgestellt worden ist, ob [X.] D. Hilfegewährung in einerder in § 27 Abs. 3 [X.] genannten Einrichtungen hätte beanspruchen [X.] im übrigen offen ist, in welcher Höhe Unterhaltsansprüche bestehen undinwieweit die Beklagte unter Berücksichtigung der folgenden Ausführungenüberhaupt noch in Anspruch genommen werden kann.b) Soweit bei häuslicher Pflege die konkretisierte Härteregelung [X.], kann im Einzelfall der Übergang des Unterhaltsanspruchs wegen derallgemeinen Härteregelung des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. [X.] ausge-schlossen sein (BVerwG [X.] aaO S. 531). Wie das [X.] verkannt hat, unterliegt es den sich wandelnden Anschauungen in der [X.], was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist. [X.] dem Gesichtspunkt Bedeutung zukommen, daß [X.] D. nach dem [X.] Januar 2003 in [X.] getretenen Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsi-cherung im Alter und bei Erwerbsminderung ([X.], 1335) Anspruch [X.] der Grundsicherung haben dürfte, ohne daß [X.] die Beklagte zu berücksichtigen wären (§§ 1 Nr. 2, 2 Abs. 1, 3 GSiG).Diesem Umstand könnte eventuell ein sich schon länger abzeichnender Wandelder gesellschaftlichen Anschauung zugrunde liegen.Darüber hinaus wird zu erwägen sein, ob dem Grundsatz der [X.] Hilfe (§ 7 [X.]) und dem Vorrang der offenen Hilfe (§ 3 a [X.]) [X.] des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. [X.] nicht weitergehende Bedeu-tung beizumessen ist, weil auf eine solche Weise vermieden werden kann, daßder Hilfeempfänger seine vertraute Umgebung verläßt und sich - falls möglich -für eine Heimpflege entscheidet. Letztlich erscheint es auch zweifelhaft, ob die- 16 -in der langjährigen aufwendigen und kräftezehrenden Pflege des [X.] D. lie-genden Leistungen der Beklagten in ausreichendem Umfang berücksichtigtworden sind. Insoweit wird erneut zu prüfen sein, ob nicht zum einen schon fürdie [X.] vor der Verrentung und zum anderen in weiterem Umfang von einerunbilligen Härte des [X.] auszugehen ist.HahneSprick[X.][X.]Ahlt

Meta

XII ZR 339/00

23.07.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2003, Az. XII ZR 339/00 (REWIS RS 2003, 2160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2160

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