Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.09.2019, Az. 5 P 5/18

5. Senat | REWIS RS 2019, 3574

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Gegenstand

Mitbestimmungspflichtigkeit einer Umsetzung trotz Befristung


Leitsatz

Die Mitbestimmung des Personalrats bei Umsetzungen mit Dienstortwechsel ist nach der geltenden Gesetzesfassung des § 76 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BPersVG nicht auf "dauerhafte" bzw. "auf Dauer angelegte" Umsetzungen beschränkt (Änderung der bisherigen Rechtsprechung).

Gründe

I

1

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die [X.]igkeit der befristeten Umsetzung eines Polizeihauptkommissars der Bundespolizei.

2

Mit Verfügung vom 16. September 2016 übertrug der Beteiligte (Präsident der [X.]) Polizeihauptkommissar S., der seit Anfang Mai 2010 eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] bei der [X.] innehatte, für den [X.]raum vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2018 den Dienstposten eines [X.] in der [X.] [X.] Bis dahin war der Beamte mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte eines stellvertretenden [X.] bei der [X.] [X.] beauftragt. Die neue Dienststelle ist vom Wohnort des Beamten 90 Kilometer entfernt. Der neue wie auch der vorangegangene Dienstposten sind mit den Besoldungsgruppen [X.] bis [X.]g BBesO bewertet.

3

Mit Schreiben vom 20. September 2016 begehrte der Antragsteller (Gesamtpersonalrat bei der [X.]) die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit. Denn eine derartige Übertragung liege auch vor, wenn ein Dienstposten, der - wie hier - aufgrund einer sogenannten gebündelten Bewertung mehreren Besoldungsgruppen zugeordnet sei, einem Beamten übertragen werde, der ein Statusamt der niedrigeren Besoldungsgruppe innehabe. Der Beteiligte trat dem entgegen.

4

Daraufhin hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet, mit dem er die Feststellung begehrt hat, dass die vorübergehende Umsetzung von Polizeihauptkommissar S. zur [X.] [X.] seinem Mitbestimmungsrecht unterliege. Zur Begründung hat er sich ausschließlich darauf gestützt, er habe unter dem Gesichtspunkt der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit mitzubestimmen.

5

Das Verwaltungsgericht hat das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit verneint und den Feststellungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat den erstinstanzlichen Beschluss geändert und die beantragte Feststellung getroffen. Der Antrag sei in der Fassung, die sich auf den konkreten Fall beziehe, zulässig. Der Vollzug der noch andauernden Maßnahme lasse nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, denn als Folge einer festgestellten Verletzung seines Mitbestimmungsrechts könne es der Dienststellenleitung verwehrt sein, die Maßnahme aufrechtzuerhalten. Der konkrete Feststellungsantrag sei auch begründet. Der Beteiligte habe nicht nur - im Gegensatz zur Auffassung des [X.] - das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit, sondern auch dessen Mitbestimmungsrecht bei Umsetzungen nach § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] verletzt. Die Verletzung des letztgenannten Mitbestimmungsrechts scheitere insbesondere nicht daran, dass die unter dem 16. September 2016 verfügte Umsetzung auf zwei Jahre befristet sei. Das in der Literatur geforderte Merkmal der Dauerhaftigkeit des [X.] sei trotz der Befristung erfüllt. Jede Zuteilung eines neuen Dienstpostens sei implizit oder explizit befristet. Mit dem Merkmal der Dauerhaftigkeit sollten lediglich Verwendungen auf anderen Dienstposten zur kurzfristigen Aushilfe etwa bei hohem Geschäftsanteil oder Erkrankung des Sachbearbeiters ausgeschlossen werden, bei denen die Rückkehr auf den angestammten Dienstposten intendiert sei. Eine zweijährige anderweitige Verwendung gehe zeitlich über das hinaus, was im Falle der Abordnung die [X.] gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 5 [X.] auslöse. Auch der Schutzzweck des Mitbestimmungstatbestandes bei Umsetzungen, der die Nachteile eines weiten Weges zwischen Dienstort und Wohnung zum Gegenstand habe, spreche für ein Mitbestimmungsrecht in den Fällen einer von vornherein befristeten Umsetzung.

7

Der Beteiligte hat nach der Entscheidung des [X.] mit Verfügungen vom 6. Juli 2018 und 5. Februar 2019 die ursprünglich gesetzte Frist zuletzt bis zum 31. Januar 2021 verlängert.

8

Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Ablehnungsantrag weiter. Er rügt eine Verletzung des § 76 Abs. 1 Nr. 3 und [X.]. 2 [X.].

9

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des [X.] beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat dem konkreten Feststellungsantrag des Antragstellers zu Recht stattgegeben.

1. Das in der [X.] weiterverfolgte Feststellungsbegehren ist zulässig.

Es ist gemäß der vom Antragsteller bei der Antragstellung in der ersten und zweiten Instanz gewählten und vom Oberverwaltungsgericht im stattgebenden Tenor aufgegriffenen Formulierung auf die Feststellung gerichtet, dass die mit Bescheid vom 16. September 2016 verfügte vorübergehende Umsetzung von Polizeihauptkommissar S. zur [X.] [X.] dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliegt. Der Sache nach handelt es sich dabei um einen konkreten Feststellungsantrag. Für diesen Antrag besteht weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis für ein konkretes Feststellungsbegehren ist zu bejahen, wenn im [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung ein schützenswertes Interesse des Personalrats an der Klärung des Streitfalls durch eine gerichtliche Sachentscheidung gegeben ist. Ein derartiges Interesse ist anzuerkennen, solange sich die für die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens anlassgebende Maßnahme nicht erledigt hat. Eine Erledigung ist zu verneinen, solange die streitige Maßnahme noch rechtswirksam ist, also nicht jegliche die personalvertretungsrechtliche Stellung des Personalrats berührende Wirkung verloren hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. November 2002 - 6 P 2.02 - [X.] 251.4 § 100 HmbPersVG Nr. 2 S. 3, vom 9. Juli 2007 - 6 P 9.06 - [X.] 250 § 46 [X.] Nr. 30 Rn. 13, vom 5. Oktober 2011 - 6 P 7.10 - juris Rn. 10 und vom 29. Februar 2012 - 6 P 2.11 - [X.] 251.95 § 52 [X.] Nr. 1 Rn. 12; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2002 - 1 ABR 35/01 - [X.]E 101, 232 <234 f.>) und es rechtlich und tatsächlich möglich ist, sie zu ändern oder für die Zukunft rückgängig zu machen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. August 2007 - 6 P 7.06 - [X.] 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 Rn. 10 und vom 2. Februar 2009 - 6 P 2.08 - [X.] 251.2 § 85 [X.] Nr. 16 Rn. 11). So verhält es sich hier.

Zwar endet die Wirksamkeit einer personalvertretungsrechtlichen Maßnahme grundsätzlich mit dem Ablauf der [X.], für die sie verfügt worden ist. Denn jede auflösende Befristung bewirkt ohne weiteren Rechtsakt die Beendigung der Maßnahme mit Beginn des festgesetzten [X.] (vgl. bezüglich der Annahme der Erledigung einer befristeten Umsetzung infolge der Beendigung der Befristung z.B. [X.], Beschluss vom 16. September 2003 - [X.] - [X.] 2003, 263 und [X.], Beschluss vom 14. Januar 2009 - 1 B 1286/08 - juris). Hier endet - wovon auch die Verfahrensbeteiligten zu Recht ausgehen - die Wirksamkeit der anlassgebenden Maßnahme vom 16. September 2016 zwar unter dem Gesichtspunkt der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung zu dem ursprünglich als Endtermin festgelegten 30. September 2018.

Nach § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] ist eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle nur dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie mit einem Wechsel des [X.] verbunden ist. Demzufolge tritt eine Erledigung der anlassgebenden Maßnahme unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung nicht ein, solange der mit der Maßnahme verbundene [X.] - wie hier - wirksam bleibt. Durch die Verfügung des Beteiligten vom 6. Juli 2018 wurde das mit der anlassgebenden Verfügung für die Zuweisung des Dienstpostens eines [X.] bei der [X.] [X.] auf den 30. September 2018 festgelegte Fristende vor dessen Eintritt auf den 30. September 2019 hinausgeschoben. Durch weitere Verfügung vom 5. Februar 2019 wurde zwar die vorgenannte Aufgabenübertragung (rückwirkend) zum 31. Januar 2019 beendet. Die getroffene Zuordnung von Polizeihauptkommissar S. zum Dienstort [X.] wurde aber beibehalten und bis zum 31. Januar 2021 verlängert. Somit wirkt jedenfalls der mit anlassgebendem Bescheid vom 16. September 2016 verfügte [X.] fort und kann für die Zukunft noch rückgängig gemacht werden.

2. Soweit das konkrete Feststellungsbegehren des Antragstellers zulässig ist, ist es auch begründet.

Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die in Rede stehende [X.] des Beteiligten nach § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] der Zustimmung des Antragstellers bedurfte. Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Beamten bei Umsetzung innerhalb der Dienststelle, wenn sie mit einem Wechsel des [X.] verbunden ist (das Einzugsgebiet im Sinne des [X.] gehört zum Dienstort). Die Maßnahme vom 16. September 2016 stellt eine Umsetzung im Sinne des § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] dar (a). Sie erfüllt auch - worüber zwischen den Beteiligten zu Recht Einigkeit besteht - die für das Mitbestimmungsrecht bei Umsetzungen erforderliche räumliche Voraussetzung. Eine zeitliche Mindestregelung, insbesondere das Erfordernis einer "dauerhaften" bzw. "auf Dauer angelegten" Umsetzung ist der Vorschrift nicht zu entnehmen (b).

a) Die mit Verfügung vom 16. September 2016 erfolgte Zuweisung des Dienstpostens eines [X.] bei der [X.] [X.] an Polizeihauptkommissar S. ist eine Umsetzung im Sinne des § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.].

Verwendet der Gesetzgeber des [X.] Begriffe aus dem Dienstrecht, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - BVerwGE 153, 254 Rn. 22 und vom 27. März 2018 - 5 P 2.17 - BVerwGE 161, 313 Rn. 11). Das gilt sowohl bei gesetzlich definierten Begriffen des Dienstrechts als auch bei solchen, deren Sinngehalt - wie der Begriff der Umsetzung - lediglich auf eine gefestigte Rechtsprechung zurückgeht. Infolgedessen liegt nach der ständigen personalvertretungsrechtlichen Rechtsprechung des [X.] eine Umsetzung im Sinne des § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] vor, wenn dem Beamten innerhalb der Dienststelle ein neuer Dienstposten (konkret-funktionelles Amt) übertragen wird oder wenn der Dienstposten durch wesentliche Änderungen im Aufgabenbereich eine neue, andere Prägung erhält (vgl. etwa Beschlüsse vom 22. Juli 2003 - 6 P 3.03 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 30 S. 44, vom 30. März 2009 - 6 PB 29.08 - [X.] 250 § 75 [X.] Nr. 107 Rn. 28 und vom 16. April 2012 - 6 P 1.11 - BVerwGE 143, 6 Rn. 47, jeweils m.w.N.). Das statusrechtliche Amt des Beamten und die Zuordnung dieses Amtes zu einer bestimmten Behörde ([X.]) bleiben bei einer Umsetzung unberührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55> sowie Beschluss vom 16. Juni 2000 - 6 P 6.99 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 26 S. 12 m.w.N.). Die - hier allein in Betracht zu ziehende - erste Alternative der Übertragung eines neuen Dienstpostens innerhalb der Dienststelle setzt einen Wechsel des Dienstpostens bzw. Arbeitsplatzes voraus. Der Beamte muss von seinem bisherigen Dienstposten abberufen und es muss ihm ein neuer Dienstposten zugewiesen werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 1996 - 6 P 8.95 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 24 S. 3 und vom 16. Juni 2000 - 6 P 6.99 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 26 S. 12; s.a. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 76 [X.] Rn. 45). Unter Dienststelle ist dabei - im Einklang mit dem allgemeinen dienstrechtlichen Behördenbegriff - die mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattete organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln zu verstehen, die dazu berufen ist, öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Ob diese Merkmale erfüllt sind, ist anhand der Aussagen in den einschlägigen organisationsrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 11. November 2009 - 6 PB 25.09 - [X.] 251.92 § 67 [X.] Nr. 2 Rn. 6 f. und vom 19. März 2012 - 6 P 6.11 - [X.] 251.2 § 86 [X.] Nr. 7 Rn. 10 ff.; s.a. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. 2019, § 76 Rn. 39 und 49). Mit Rücksicht auf diese rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Tatsachenfeststellungen zutreffend angenommen, dass der durch die Verfügung des Beteiligten vom 16. September 2016 betroffene Beamte im dienst- und damit auch im personalvertretungsrechtlichen Sinne umgesetzt wurde.

Mit dieser Verfügung wurde dem Beamten ein neues konkret-funktionelles Amt innerhalb der [X.] als der für die Bestimmung des Rechtscharakters der Maßnahme maßgeblichen Dienststelle zugewiesen. Im Übrigen verblieb der Beamte in der Besoldungsgruppe [X.] und seine Beschäftigungsbehörde blieb weiterhin die [X.] Allein diese verfügt über die für eine Dienststelle im Sinne des genannten Mitbestimmungstatbestandes erforderliche organisatorische Selbstständigkeit (vgl. § 57 Abs. 1 des [X.] vom 19. Oktober 1994 , zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 5. Mai 2017 ). Die in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich liegenden [X.]en [X.] und [X.] sind ihr als rechtlich unselbstständige organisatorische Untergliederungen nachgeordnet (vgl. [X.], Beschluss vom 30. März 2010 - [X.]/10 - NVwZ 2010, 919 Rn. 8 ff.). Durch die Aufhebung der Beauftragung mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte eines stellvertretenden [X.] bei der [X.] [X.] und der Übertragung der Tätigkeit des [X.] bei der [X.] [X.] hatte der Beamte dem Wesen der Umsetzung entsprechend seine bisherige Tätigkeit (vollumfänglich) aufzugeben und eine neue Tätigkeit zu übernehmen. Das unterscheidet die Umsetzung von sonstigen Änderungen des [X.] wie eine funktionale Beauftragung, deren Vorliegen der Beteiligte auch im Rechtsbeschwerdeverfahren weiterhin geltend gemacht hat.

b) Das danach zu bejahende Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] entfällt nicht deshalb, weil die Umsetzung mit dem Bescheid vom 16. September 2016 auf eine Dauer von zwei Jahren befristet worden ist. Die Mitbestimmung des Personalrats bei Umsetzungen mit [X.] ist nicht auf "dauerhafte" bzw. "auf Dauer angelegte" Umsetzungen beschränkt. Soweit dies in der früheren Rechtsprechung des [X.] anders beurteilt worden ist (vgl. Beschluss vom 10. Oktober 1991 - 6 P 23.90 - [X.] 250 § 76 [X.] Nr. 22 S. 20 f.), folgt der Senat dem aus den nachstehenden Gründen nicht.

aa) Ein vom Dienstrecht abweichendes engeres Begriffsverständnis kann nicht auf den Gesetzeswortlaut gestützt werden. Der Wortlaut des § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] lässt vielmehr bereits eine deutliche Tendenz gegen eine derartige Einschränkung seines Anwendungsbereichs erkennen.

Für den Begriff der Umsetzung im Sinne dieser Vorschrift ist - wie dargelegt - grundsätzlich auf die dienstrechtliche Definition des Begriffes abzustellen, die keine irgendwie gearteten zeitlichen Vorgaben beinhaltet. Nach dem dienstrechtlichen Fachsprachgebrauch stellt jede Übertragung eines neuen Dienstpostens innerhalb der Dienststelle, unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer, eine Umsetzung dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1977 - 6 C 154.73 - [X.] 232 § 26 [X.] Nr. 18 S. 13 und Beschluss vom 21. Juni 2012 - 2 [X.] - [X.] 2012, 206). Etwas anderes kann für den Bereich des [X.] nur dann angenommen werden, wenn der personalvertretungsrechtliche Gesetzgeber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er von dem dienstrechtlichen Fachsprachgebrauch abweichen will (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 2015 - 5 P 13.14 - BVerwGE 153, 254 Rn. 22 und vom 27. März 2018 - 5 P 2.17 - BVerwGE 161, 313 Rn. 11). [X.] klare Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Umsetzung im [X.] gegenüber dem dienstrechtlichen Sprachgebrauch einengend auszulegen ist und nur "dauerhafte" bzw. "auf Dauer angelegte" [X.]n erfassen soll, bestehen nicht.

bb) Für eine Abweichung vom dienstrechtlichen Begriffsinhalt ergeben sich keine Hinweise aus der Systematik des Gesetzes.

(1) Ein entsprechender Wille des personalvertretungsrechtlichen Gesetzgebers kann nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit aus dem binnensystematischen Nebeneinander der [X.] und 2 des § 76 Abs. 1 Nr. 4 [X.] hergeleitet werden. Der Umstand, dass die Versetzung zu einer anderen Dienststelle und die Umsetzung innerhalb der Dienststelle in § 76 Abs. 1 Nr. 4 [X.] als je eigenständige Mitbestimmungstatbestände nebeneinandergestellt werden und Erstere nach der gesetzlichen Definition (vgl. § 28 Abs. 1 [X.]) eine auf Dauer angelegte Maßnahme ist, legt nicht den Schluss nahe, dass die Mitbestimmung des Personalrats bei Umsetzungen ebenso wie bei Versetzungen an die Dauerhaftigkeit der Maßnahme geknüpft sein soll. Der Gesetzgeber hat damit vielmehr allein die personalvertretungsrechtliche Wertung zum Ausdruck gebracht, dass er den kollektivrechtlichen Schutzbedarf bei einer Umsetzung mit [X.] ähnlich gewichtet wie bei einer Versetzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2012 - 6 P 1.11 - BVerwGE 143, 6 Rn. 50).

(2) Der systematische Vergleich von § 76 Abs. 1 Nr. 4 [X.] und § 76 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 5a [X.] spricht in gewichtiger Weise gegen das vom Dienstrecht abweichende Begriffsverständnis, dass die Mitbestimmung nur bei "dauerhaften" oder "auf Dauer angelegten" Umsetzungen gegeben ist. Denn Abordnungen und Zuweisungen nach § 29 [X.] sind nach dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl in § 76 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 5a [X.] jeweils mitbestimmungspflichtig, wenn sie für eine Dauer von mehr als drei Monaten angeordnet werden. Hieraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit gesehen hat, für personelle Einzelmaßnahmen eine zeitliche Grenze festzulegen, ab der diese sich als personalvertretungsrechtlich relevant erweisen und der Mitbestimmung des Personalrats zu unterwerfen sind. Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen einer zeitlichen Regelung in § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] als "beredtes Schweigen" dahingehend zu qualifizieren, dass mit einem [X.] verbundene Umsetzungen innerhalb der Dienststelle unabhängig von ihrer Geltungsdauer der Mitbestimmung des Personalrats bedürfen.

cc) Gegenteiliges lässt sich schließlich nicht aus dem Zweck des § 76 Abs. 1 [X.]. 2 [X.] ableiten.

Die Mitbestimmung bei personellen Maßnahmen wie Versetzung, Abordnung und Umsetzung dient nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] sowohl dem Schutz der Interessen des von der Maßnahme unmittelbar in seinem privaten und dienstlichen Bereich betroffenen Beschäftigten als auch dem Schutz der Interessen der in der abgebenden und der aufnehmenden Dienststelle Beschäftigten (vgl. etwa Beschlüsse vom 27. September 1993 - 6 P 4.93 - BVerwGE 94, 178 <182>, vom 16. Juni 2000 - 6 P 6.99 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 26 S. 14, vom 28. Mai 2002 - 6 P 9.01 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 27 S. 21, vom 22. Juli 2003 - 6 P 3.03 - [X.] 251.7 § 72 [X.] Nr. 30 S. 48 und vom 15. November 2006 - 6 P 1.06 - BVerwGE 127, 142 Rn. 29). Weder der individuelle noch der kollektive Schutzzweck legen mit der erforderlichen Deutlichkeit nahe, nicht "dauerhafte" oder nicht "auf Dauer angelegte" Umsetzungen von der Mitbestimmung auszunehmen. Das Ausmaß und das Gewicht der Interessenbetroffenheit hängen nicht notwendig und allein von der Dauer der Umsetzung ab. Eine Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls welche zeitliche Grenze für die [X.]igkeit einer Umsetzung gelten soll, ist nicht bereits durch die allgemeinen Zwecksetzungen vorgegeben, sondern ist dem Gesetzgeber und der Ausübung seiner Gestaltungsfreiheit vorbehalten.

Meta

5 P 5/18

16.09.2019

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 6. März 2018, Az: OVG 62 PV 5.17

§ 76 Abs 1 Nr 4 BPersVG, § 4 BPersVG, § 5 BPersVG, § 5a BPersVG, § 28 Abs 1 BBG 2009, § 29 BBG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.09.2019, Az. 5 P 5/18 (REWIS RS 2019, 3574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3574

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