Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2010, Az. VIII ZB 81/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7157

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Mietrechtstreit auf Räumung und Zahlung rückständiger Miete: Verfahrensunterbrechung in der Insolvenz des Mieters; Folgen der Zulassung einer Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des [X.] vom 15. Oktober 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

[X.]: bis 1.000 €

Gründe

I.

1

Die Beklagten zu 2 und 3 haben im Jahr 2004 vom Kläger ein [X.] zu einer monatlichen Miete von 610 € gemietet. Der (frühere) Beklagte zu 1 ist in dem am 13. März 2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 3 zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

2

Mit Schreiben vom 2. September 2008 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen eines zwei Monatsmieten übersteigenden [X.] fristlos. Die von ihm erhobene Räumungsklage hat der Kläger zunächst gegen den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter sowie gegen die Beklagte zu 2 gerichtet. Letztere hat er darüber hinaus auf Zahlung rückständiger Miete und Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe der Wohnung in Anspruch genommen. Die Klage ist der Beklagten zu 2 am 15. Dezember 2008 zugestellt worden. Kurz zuvor, am 10. Dezember 2008, war auch über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

3

Nach dem Hinweis des Beklagten zu 1, dass er das Mietobjekt nicht in Besitz genommen habe, hat der Kläger die Klage gegen diesen zurückgenommen und die Räumungsklage auf den Beklagten zu 3 erweitert.

4

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17. Juli 2009 die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO festgestellt. Das [X.] hat die Beschwerde des [X.] mit Beschluss des Einzelrichters vom 15. Oktober 2009 zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Feststellung, dass der Rechtsstreit unterbrochen sei.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine unter Verstoß gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden ([X.], 200, 201).

6

Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, denen er - wie hier - grundsätzliche Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. [X.] er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen ([X.]Z aaO, 202 ff.).

7

Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.

8

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nur ein im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits rechtshängiger Prozess gemäß § 240 ZPO unterbrochen werden kann ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 2008 - [X.] 232/08, [X.], 332, [X.]. 9 ff.).

Ball                                 [X.]                                     Dr. Milger

            Dr. Achilles                                      Dr. Fetzer

Meta

VIII ZB 81/09

27.04.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Schwerin, 15. Oktober 2009, Az: 5 T 242/09, Beschluss

§ 240 ZPO, § 574 Abs 3 S 2 ZPO, § 568 S 2 Nr 2 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.04.2010, Az. VIII ZB 81/09 (REWIS RS 2010, 7157)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7157

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZB 81/09 (Bundesgerichtshof)


VIII ZB 51/12 (Bundesgerichtshof)

Rechtsbeschwerdezulassung: Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung des unzuständigen Einzelrichters; Zulassung gegen eine Kostenentscheidung aus materiell-rechtlichen Gründen


VIII ZB 51/12 (Bundesgerichtshof)


VIII ZB 65/10 (Bundesgerichtshof)

Rechtsbeschwerdezulassung durch den Einzelrichter des Landgerichts im Kostenbeschwerdeverfahren gegen eine amtsgerichtliche Kostenentscheidung nach Vergleich mit …


VIII ZB 72/02 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.