Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2015, Az. IV ZR 150/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 12958

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 150/14
vom

8. [X.]pril
2015

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am 8. [X.]pril
2015

beschlossen:

[X.]uf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das
Urteil
des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 27.
März 2014 zugelassen, soweit das Berufungsgericht die Klage in Höhe von 346.621,01

zuzüglich Zinsen abgewiesen hat.

Das
vorbezeichnete Urteil
wird gemäß §
544 [X.]bs.
7 ZPO im Umfang der Zulassung der Revision sowie im Kosten-punkt aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 346.621,01

Gründe:

[X.] Der Kläger nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter über den Nachlass der am 9.
Oktober 2006 verstorbenen Erblasserin (der Mutter des [X.]) auf Feststellung seiner Pflichtteilsforderung zur [X.] in [X.]nspruch.
Mit notariellem Erbvertrag vom 28.
Juni 2000
ent-erbte die Erblasserin den Kläger, setzte Erben ein und ordnete [X.]
-
3
-

mentsvollstreckung an
([X.]). In einem von dem vormaligen [X.] in [X.]uftrag gegebenen Gutachten vom 13.
[X.]pril 2007 ermittelte
der Sachverständige Z.

den Verkehrswert des unter ande-rem in den Nachlass fallenden
Grundstücks
[X.]

D.

39 in [X.] im [X.] der Erblasserin mit 2
Mio.

([X.]nl. [X.]). [X.]m 28.
Oktober 2009 veräußerte der Testamentsvollstrecker das Grundstück für
1.310.000

atte der Sachverständige Dr. G.

zu-vor in einem Gutachten zum Stichtag 28. Oktober 2009 für den Käufer ermittelt
([X.]). In zwei weiteren Gutachten war der Verkehrswert zum Zeitpunkt der Veräußerung durch den Sachverständigen V.

im [X.]uftrag des Beklagten mit 2.100.000

[X.]nl. [X.] 22a) sowie durch den Sachverständigen B.

in einem vom Beklagten gegen die Erwerber des Grundstücks geführten Rechtsstreit mit 1.380.000

[X.]nl. [X.]) er-mittelt worden.

Mit Beschluss vom 6.
Mai 2010 wurde das Nachlassinsolvenzver-fahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger meldete Forderungen in Höhe von 9.885.571,51

z-tabelle an, die der Beklagte zunächst in vollem Umfang bestritt. Der Klä-ger hat im Laufe des Rechtsstreits beantragt, die von ihm angemeldeten Forderungen zur Tabelle festzustellen. Das [X.] hat den [X.] mit Teilanerkenntnis-
und Teilurteil vom 21.
[X.]ugust 2012, berichtigt durch Beschluss vom 15. Oktober 2012,
verurteilt, die vom Kläger ange-meldete Forderung in einer Gesamthöhe von 9.113.099,65

festzustellen. [X.]uf die Berufung des Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, die von dem Kläger angemeldete Forderung in einer Gesamthöhe von 8.457.569,19

Tabelle festzustellen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des [X.]
-
4
-

gers, mit der dieser seinen in Höhe von 346.621,01

Pflichtteilsanspruch nebst Zinsen hieraus weiter verfolgt.

I[X.] [X.]uf die Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision zuzulas-sen, soweit das Berufungsgericht die Klage zuzüglich Zinsen abgewiesen hat, das angefochtene Urteil im Umfang der Zulassung der Revision aufzuheben,
und der Rechtsstreit gemäß §
544 [X.]bs.
7 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zu-lassung der Revision folgt aus einem entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen den [X.]nspruch des [X.] auf rechtliches Gehör nach [X.]rt.
103 [X.]bs.
1 GG, weil es keinen Beweis über den Wert des Grundstücks [X.]

D.

39 in B.

und der Kunstgegenstände der Erb-lasserin im Zeitpunkt des Erbfalls durch Einholung eines Sachverständi-gengutachtens erhoben hat.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst von den Grundsät-zen der Wertbemessung ausgegangen. Gemäß §
2311 [X.]bs.
1 Satz
1 BGB werden bei der Berechnung des Pflichtteils der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des [X.] zugrunde gelegt. Der [X.] ist wirtschaftlich so zu stellen, als sei der Nachlass beim Tod des Erblassers in Geld umgesetzt worden (Senatsbeschluss vom 25.
November 2010
IV ZR 124/09, [X.] 2011, 29 Rn.
5; Senatsurteile
vom 14.
Oktober 1992
IV ZR 211/91, NJW-RR 1993, 131 unter [X.] a; vom 13. März 1991

[X.], NJW-RR 1991, 900).
[X.]bzustellen ist auf den so genannten gemeinen Wert, der dem Verkaufswert im Zeit-punkt des [X.] entspricht. Da derartige Schätzungen mit Unsicher-heiten verbunden sind, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass sich die Bewertung von [X.], die bald nach dem Erbfall veräußert worden sind, von außergewöhnlichen Ver-3
4
-
5
-

hältnissen abgesehen, grundsätzlich an dem tatsächlich erzielten [X.] orientieren muss
(Senatsbeschluss vom 25.
November 2010 aaO; Senatsurteile
vom 14.
Oktober 1992 aaO unter [X.] b; vom 13. März 1991 aaO; [X.]/[X.], BGB (2015)
§ 2311 Rn. 102).

Die Maßgeblichkeit des [X.] ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Veräußerungserlös über dem Schätzwert des Gutachters liegt. Der Senat hat bereits mehrfach ausdrücklich klarge-stellt, dass der tatsächlich erzielte
Preis ein wesentlicher [X.]nhaltspunkt für die Schätzung des Verkehrswerts gemäß §
287 ZPO auch dann ist, wenn er niedriger ausfällt als anhand allgemeiner Erfahrungswerte zu erwarten gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 25.
November 2010 aaO
Rn. 6; Senatsurteil vom 14.
Oktober 1992 aaO). Ein [X.]bstellen auf den tatsächlichen Veräußerungserlös ist grundsätzlich auch dann noch zu-lässig, wenn
wie hier

zwischen Erbfall und Veräußerungszeitpunkt ein Zeitraum von drei Jahren liegt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.
November 2010 aaO Rn.
10).

2.
Unter Verstoß gegen den [X.]nspruch des [X.] auf rechtliches Gehör gemäß [X.]rt.
103 [X.]bs.
1 GG hat das Berufungsgericht allerdings übersehen, dass eine Bindung an den tatsächlich erzielten Verkaufspreis dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn der darlegungs-
und beweis-pflichtige Pflichtteilsberechtigte Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, nach welchen der Verkaufserlös nicht dem tatsächlichen Ver-kehrswert im Zeitpunkt des [X.] entspricht. Dem [X.] kann es nicht verwehrt werden nachzuweisen, dass der erzielte Veräußerungserlös nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht (vgl. Senatsbeschluss vom 25.
November 2010 aaO
Rn.
7, 12; [X.]/[X.] aaO
Rn.
105). Hier hat der Kläger unter Beweisantritt vorgetra-gen, dass sich der Wert des streitgegenständlichen Grundstücks im Zeit-5
6
-
6
-

punkt des [X.] auf 2
Mio.

etwa Schriftsatz vom 14. Juli 2011
S. 13
f.).
Dazu hat der Kläger ergänzend Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Z.

vom 13.
[X.]pril 2007, der den Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin auf 2
Mio.

,
sowie
auf das vom Beklagten eingeholte [X.] des Sachverständigen V.

vom 19.
März 2011, der für den Tag der Veräußerung des Grundstücks am 28.
Oktober 2009 den Verkehrs-wert mit 2,1
Mio.

Diesem Beweisantritt des [X.] musste das Berufungsgericht nachgehen und durfte sich nicht damit begnügen, dass der vom Käufer des Grundstücks eingeschaltete Gutachter Dr. G.

den Verkehrswert für den Zeitpunkt des Verkaufs am 28.
Oktober 2009 auf 1,31
Mio.

so-wie der Sachverständige B.

in einem von dem Beklagten gegen die Erwerberin geführten Rechtsstreit ebenfalls zum Veräußerungsstichtag einen Wert von 1,38
Mio.

h-reren sich widersprechenden Gutachten den Streit der Parteien nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvoll-ziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt ([X.] vom 12.
Januar 2011
IV ZR 190/08, [X.], 552 Rn.
5; vom 18.
Mai 2009
IV ZR 57/08, [X.], 975 Rn.
7). Entgegen der [X.]uffassung des Berufungsgerichts
kommt es nicht darauf an, ob
bei [X.] zweier Gutachten mit einem geringeren Wert nicht davon [X.] werden könne, dass es sich bei dem vom Testamentsvollstrecker erzielten Kaufpreis nicht um einen solchen gehandelt habe, der im [X.] Verkehr als zu niedrig bemessen anzusehen wäre. [X.] für die Wertbemessung nach §
2311 [X.]bs.
1 Satz
1 BGB ist der ob-jektive Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des [X.]. Dieser kann sich zwar grundsätzlich an dem erzielten Verkaufspreis orientieren. Legt der 7
-
7
-

Pflichtteilsberechtigte aber

wie hier der Kläger

mit Substanz dar, dass der tatsächliche Wert im Zeitpunkt des [X.] nicht dem des
erzielten
Verkaufspreises entspricht, so muss der Tatrichter dem nachgehen, so-weit es sich nicht um bloße Behauptungen "ins Blaue hinein" handelt. Davon kann hier angesichts der vom Kläger vorgelegten Sachverständi-gengutachten sowie der vom Berufungsgericht selbst für "höchst unge-wöhnlich" erachteten Umstände der Ermittlung des Kaufpreises des Grundstücks nicht ausgegangen werden.

3. [X.]us denselben Gründen muss das Berufungsgericht
auch dem Vortrag des [X.] nachgehen, der Wert eines Teils der Kunstgegen-stände habe bei 3.500

und nicht lediglich bei den vom Beklagten ange-.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
LG [X.],
Entscheidung vom 21.08.2012 -
9 [X.]/07 -

KG [X.], Entscheidung vom 27.03.2014 -
1 U 32/12 -

8

Meta

IV ZR 150/14

08.04.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2015, Az. IV ZR 150/14 (REWIS RS 2015, 12958)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12958

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 150/14 (Bundesgerichtshof)

Pflichtteilsrechtliche Bewertung eines Nachlassgrundstücks; mehrere sich widersprechende Gutachten


IV ZR 124/09 (Bundesgerichtshof)

Pflichtteilsrecht: Bewertung von nach dem Erbfall veräußerten Nachlassgegenständen; Darlegungs- und Beweislast


IV ZR 124/09 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 328/20 (Bundesgerichtshof)

Pflichtteilsrecht: Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten bei Veräußerung des Nachlassgegenstands durch den Erben


IV ZR 138/14 (Bundesgerichtshof)

Pflichtteilsanspruch: Bemessung des Werts der nachlassgegenständlichen Miteigentumshälfte an einem Hausgrundstück


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 150/14

IV ZR 124/09

IV ZR 190/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.