Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. I ZR 200/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3278

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[X.]IM [X.]AME[X.] DES VOLKES URTEIL I ZR 200/03 Verkündet am: 1. Juni 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Juni 2006 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. Schaffert für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] - 9. Zivilsenat in [X.] - vom 31. Juli 2003 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin nimmt die [X.] als Frachtführerin wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. 1 Die Klägerin veräußerte im September 2000 an eine Kundin in [X.]/ [X.] Gewebe, das sie der Käuferin mit insgesamt 187.800,08 DM in Rech-nung stellte. Auf Weisung der Käuferin sollte die Ware direkt an die [X.]2 - 3 - in [X.] geliefert werden, an die das Gewebe weiterveräußert worden war. Zu diesem Zweck beauftragte die Klägerin die [X.] am 6. September 2000 zu festen Kosten mit dem Versand von 99 Kartons Gewebe (Bruttoge-wicht 8.637 kg) von [X.] nach [X.]. Die [X.] übertrug die Beförde-rung des Gutes an die S. R.
AO in [X.] - die Streithelferin der [X.]n -, die ihrerseits die [X.]

mit der Transportdurchführung be- auftragte. Deren Fahrer übernahm die Ware am 8. September 2000 in [X.]. Mit Schreiben vom 19. September 2000 hat die Klägerin gegenüber der [X.] den Verlust des Gutes reklamiert. Die Klägerin hat behauptet, die Ware sei bei der rechtmäßigen Empfän-gerin nicht angekommen. [X.]ach seinem Eintreffen in [X.] am 14. September 2000 sei der Fahrer vor dem dortigen Zollamt von einem Unbekannten, der sich als Repräsentant der [X.]

ausgegeben habe, ange- sprochen worden. Auf Weisung dieser Person sei der Fahrer zu einer Entlade-stelle gefahren, die nicht der im Frachtbrief angegebenen Ablieferungsadresse entsprochen habe. Dort sei [X.] abhanden gekommen. Durch den Verlust der Ware sei ein Schaden in Höhe von 96.020,66 • (= 187.800,08 DM) ent-standen. Die Klägerin macht diesen Schaden nach den Grundsätzen der Dritt-schadensliquidation im eigenen [X.]amen geltend. 3 Die Klägerin hat beantragt, 4 die [X.] zu verurteilen, an sie 96.020,66 • nebst Zinsen zu zahlen. Die [X.] ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, der Fahrer habe die ihm beim Zollamt in [X.] mitgeteilte Entladestelle angefah-ren und die Ware einem Mitarbeiter der Empfängerfirma übergeben. Der Erhalt 5 - 4 - der Sendung sei auf dem [X.] quittiert worden. Wenn sich [X.] mittels gefälschter Dokumente Gewahrsam an der Ware verschafft haben sollten, greife zumindest Art. 17 Abs. 2 CMR zu ihren, der [X.]n, Gunsten ein. 6 Der Klägerin sei auch kein Schaden entstanden, weil davon auszugehen sei, dass die [X.] Käuferin der Ware die Rechnung der Klägerin ausge-glichen habe. Ebenso wenig hätten die Kundin der Klägerin und die Abnehme-rin in [X.] einen Schaden erlitten, so dass dieser auch nicht über die Grundsätze der Drittschadensliquidation geltend gemacht werden könne. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. 7 Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen. 8 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat eine Haftung der [X.]n nach Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR verneint. Dazu hat es ausgeführt: 9 Es könne offen bleiben, ob die Ware bei der [X.] in [X.] an-gekommen sei. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach den Grundsät-zen der Drittschadensliquidation scheitere schon daran, dass die Klägerin für einen auf die [X.] Zwischenhändlerin verlagerten Schaden darlegungs- 10 - 5 - und beweisfällig geblieben sei. Der Hinweis auf deren Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin reiche dafür nicht aus. Die Kundin der Klägerin habe die Ware sofort weiterveräußert. Damit sei davon auszugehen, dass weder der Klägerin selbst noch der [X.]n Käuferin ein Schaden entstanden sei. Für einen etwaigen Schaden der [X.] [X.] habe die Klägerin nichts vorgetragen. I[X.] Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 11 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengü-terverkehr (CMR) auf den Streitfall zur Anwendung kommt. Die [X.] ist Fix-kostenspediteurin i.S. des § 459 HGB und unterliegt daher der Haftung nach der CMR (vgl. [X.], Urt. v. [X.] - I ZR 95/01, [X.] 2005, 311, 312 m.w.[X.].). 12 2. [X.]ach Art. 17 Abs. 1 CMR i.V. mit Art. 3 CMR schuldet der Frachtführer grundsätzlich Schadensersatz für den während seiner Obhutszeit eingetretenen Verlust des Transportgutes. 13 a) In der Revisionsinstanz ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die für die [X.] bestimmte Ware nicht an die rechtmäßige Empfängerin ausgeliefert worden, sondern verloren gegangen ist. Denn das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Warensendung - wie von der Klä-gerin bestritten - bei der [X.]er [X.] angekommen ist. 14 b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Klägerin zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verlustes des [X.] - 6 - guts aktivlegitimiert. Die dem Empfänger gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR zu-kommende Berechtigung zur Geltendmachung des Anspruchs wegen Verlustes der Ware berührt die Anspruchsberechtigung des Versenders nicht. Die [X.] ergibt sich bereits aus seiner Stellung als Vertragspart-ner des Frachtführers ([X.], CMR, Vor Art. 17 Rdn. 13). 3. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch im Rahmen der [X.] die Grundsätze der Liquidation des Scha-dens im Drittinteresse Anwendung finden ([X.] aaO Vor Art. 17 Rdn. 19 f.). 16 4. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des [X.], der Klägerin stehe bei einem Verlust des Transportgutes nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation kein Schadensersatzanspruch gegen die [X.] zu. 17 a) Die Drittschadensliquidation soll verhindern, dass dem Schädiger durch vertragliche Vereinbarungen zwischen seinem Gläubiger und einem [X.], die den Schaden von dem Gläubiger auf den [X.] verlagern, ein unge-rechtfertigter Vorteil entsteht. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gläubiger und dem [X.] sind für den Schädiger grundsätzlich ohne Bedeutung. [X.]ach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation ist der Absender als Vertrags-partner des Frachtführers daher zur Geltendmachung von Schäden Dritter aus dem Verlust des Transportgutes legitimiert, gleichviel ob die Schäden dem [X.] des Absenders oder aber dem Endempfänger erwachsen sind (vgl. [X.], Urt. v. 20.4.1989 - I ZR 154/87, [X.] 1989, 413, 414 = [X.], 1168 m.w.[X.]). 18 - 7 - Der aus dem [X.] Berechtigte kann die Ersatzforderung im ei-genen [X.]amen für Rechnung des wirtschaftlich Geschädigten geltend machen. Die Ersatzleistung an diesen weiterzuleiten ist seine Sache, die den Schädiger grundsätzlich nichts angeht. [X.]ur wenn feststeht, dass der Geschädigte tatsäch-lich nichts von der Ersatzleistung bekommen würde oder er auf die Geltendma-chung seines Ersatzanspruchs verzichtet hat, ist es gerechtfertigt, den [X.] zu versagen ([X.], Urt. v. 4.12.1997 - [X.], [X.]JW 1998, 1864, 1865). 19 Demzufolge steht der Liquidation des Schadens durch die Klägerin nicht entgegen, dass ein Schaden nicht bei der Käuferin der Ware, sondern bei der von dieser bestimmten Endempfängerin der Ware entstanden ist. 20 b) Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint, weil sie zu einem Schaden der [X.] Endempfängerin nichts vorgetragen habe. Diese Beurteilung wird von der Revision mit Erfolg angegrif-fen. 21 Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass der [X.]n Zwischenhändlerin durch einen Verlust des Transportgutes trotz einer Kaufpreiszahlungspflicht gegenüber der Klägerin kein Schaden entstan-den ist, weil diese die Ware sogleich an die [X.]

"entweder gegen Vorkasse, per Akkreditiv oder zumindest mit der Vorgabe CIP [X.] oder [X.] vergleichbaren kaufvertraglichen Regelung" weiterveräußert hat mit der Folge, dass der [X.]n Käuferin kein Schaden entstanden sei. Damit ist der Schaden auf die [X.] Endabnehmerin verlagert worden. Bei diesem Sachverhalt durfte das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die [X.] nach den Grundsätzen der [X.] nicht an der fehlenden Darlegung eines etwaigen Schadens der [X.] 22 - 8 - [X.] seitens der Klägerin scheitern lassen. Der Schaden der [X.] Endabnehmerin ergibt sich bei dieser Gestaltung des Sachverhalts zwangsläu-fig. 23 c) Die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation wäre nur dann ausgeschlossen, wenn entweder der letztlich Geschädigte auf die Gel-tendmachung des Schadens verzichtet hätte oder die Geltendmachung [X.] nicht seinem Willen entspräche. Das Vorliegen eines solchen Ausnahme-falls ist nicht vom Gläubiger auszuräumen, sondern vom Schädiger zu bewei-sen (vgl. [X.] [X.]JW 1998, 1864, 1865). Feststellungen dazu sind bislang nicht getroffen worden. 5. Das angefochtene Urteil kann danach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten werden. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, weil es insbesondere zu der vom Berufungsgericht offen gelassenen Frage, ob die Warensendung bei der [X.]er [X.] angekommen ist, an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen fehlt. [X.] gilt für die von der Klägerin behauptete Schadenshöhe, die von der [X.] auch in der Berufungsinstanz bestritten worden ist. 24 - 9 - II[X.] Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 25 [X.] [X.]

[X.]Schaffert Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 11.09.2002 - 12 O 163/01 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 31.07.2003 - 9 U 165/02 -

Meta

I ZR 200/03

01.06.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. I ZR 200/03 (REWIS RS 2006, 3278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3278

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9 U 165/02

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