Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2006, Az. IV ZR 233/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 127

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am:

20. Dezember 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: nein AVB Hausratversicherung (hier [X.] § 5) Behauptet der Versicherungsnehmer, ein Einbrecher sei durch Aufhebeln einer Log-giatür in die versicherte Wohnung eingedrungen, so gehört es nicht zu den [X.] für das äußere Bild eines [X.], dass der Versicherungs-nehmer darlegt, auf welche Weise der Täter auf die im ersten Stock des Hauses be-legene Loggia gelangt ist.
[X.], Urteil vom 20. Dezember 2006 - [X.]/05 - HansOLG [X.]

LG [X.]

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf, [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2006 für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3. Zi-vilsenats des [X.] in [X.] vom 20. September 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der bei der Beklagten eine Hausratversicherung nach Maßgabe der [X.] unterhält, fordert eine Versicherungsleistung in Höhe von 40.615 • wegen eines behaupteten [X.]. 1 Danach soll mindestens ein unbekannter Täter in der Nacht zum 31. Mai 2003 auf nicht geklärte Weise die im ersten Stock belegene, zur Wohnung des [X.] gehörende Loggia erklommen, dort die zum Schlafzimmer der Wohnung führende Balkontür aufgehebelt und aus der 2 - 3 -

Wohnung 1.700 • Bargeld sowie zahlreiche Gegenstände, darunter einen Laptop mit Drucker, Kameras, Schmuck und 23 Herrenarmbanduhren entwendet haben. Dazu sollen zwei an der Bodenplatte des Schlafzim-merschrankes verschraubte Möbeltresore gewaltsam herausgerissen und mitgenommen worden sein.
Die vom Kläger in den frühen Morgenstunden des 31. Mai 2003 herbeigerufene Polizei fand seine Wohnung durchwühlt und an der [X.] Hebelspuren vor. Inwieweit diese den Schluss darauf zulassen, dass die Balkontür aufgehebelt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig, von den Vorinstanzen aber offen gelassen worden. 3 Die Beklagte hat Versicherungsleistungen unter anderem deshalb verweigert, weil ein bedingungsgemäßer Einbruchdiebstahl nicht erwie-sen, insbesondere nicht geklärt sei, wie der oder die Täter auf die Loggia gelangt seien. Dafür gäbe es keine Tatspuren. 4 Mit der Revision verfolgt der in den Vorinstanzen erfolglose Kläger sein Klagebegehren weiter. 5 Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und [X.] an das Berufungsgericht. 6 - 4 -

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zum Beweise des Versi-cherungsfalles "Einbruchdiebstahl" müsse der Versicherungsnehmer [X.] nur das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung, das heißt ein Mindestmaß von Tatsachen beweisen, die nach der Lebenser-fahrung den Schluss auf einen Einbruchdiebstahl zuließen. Dazu gehöre nicht nur, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vorher am [X.] Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden gewesen seien, sondern müssten auch Einbruchspuren vorhanden sein. Dafür genügten die Hebelspuren an der Balkontür hier nicht. Behaupte der Versiche-rungsnehmer das Eindringen des Einbrechers über eine Balkontür, die nur über die Außenwand eines Hauses erreichbar sei, so setze das äu-ßere Bild eines [X.] weiter voraus, dass der Versiche-rungsnehmer schlüssig darlege, wie der Einbrecher zu der Balkontür ge-langt sei. Diese Darlegung sei dem Kläger nicht gelungen. Er habe nur spekulativ Möglichkeiten der Tatausführung (Einsatz einer Leiter, Erklet-tern von herangeschafften Mülltonnen, "[X.]" zweier Täter) in den Raum gestellt, die es nicht nachvollziehbar machten, wie jemand auf die ca. 3,34 m hoch gelegene Loggia gelangt sei, bei der überdies noch ein 90 cm hohes Geländer zu überwinden gewesen wäre, ohne [X.] Spuren an der weißen Hauswand oder dem ebenfalls weißen Ge-länder zu hinterlassen. Soweit der Kläger einen [X.] und Inaugenscheinnahme des [X.] beantragt habe, ziele das auf ei-nen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Weiterer, erst in der Berufungs-instanz gehaltener Klägervortrag zu in [X.] gelagerten [X.] sei nicht mehr zuzulassen. 7 - 5 -

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das [X.] die Anforderungen an die Darlegung des äußeren Bildes ei-nes [X.] überspannt hat. 8 1. Dem Versicherungsnehmer einer Sachversicherung werden von der Rechtsprechung aus dem Leistungsversprechen des Versicherers abgeleitete Erleichterungen für den Beweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherter Sachen zugebilligt (vgl. dazu [X.]Z 79, 54, 59 f.; 123, 217, 220; 130, 1, 3 f.; [X.], Urteil vom 14. Juni 1995 - [X.] - [X.], 956 unter 2), von denen auch das Berufungsge-richt im Ansatz zutreffend ausgeht. Sie beruhen auf der Überlegung, dass es wegen des für eine Entwendung typischen Bemühens des [X.], seine Tat unbeobachtet und unter Zurücklassung möglichst weniger Tatspuren zu begehen, oft nicht möglich ist, im Nachhinein den Tatver-lauf konkret festzustellen. Da sich der Versicherungsnehmer gerade auch für solche Fälle mangelnder Aufklärung schützen will, kann nicht angenommen werden, der Versicherungsschutz solle schon dann nicht eintreten, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der Lage ist, den [X.] der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und zu beweisen. [X.] sind die Beweiserleichterungen als eine dem Vertrage innewohnen-de, materiellrechtliche Verschiebung des [X.] zugunsten des Versicherungsnehmers zu verstehen ([X.], Urteil vom 5. Oktober 1983 - [X.] - [X.], 29 unter [X.]). Ohne sie wäre der Wert [X.] Sachversicherung, soweit sie das Diebstahlsrisiko abdeckt, in Frage gestellt. Der Versicherungsnehmer bliebe oft schutzlos, obwohl er sich durch den Abschluss der Versicherung gerade auch für Fälle schützen wollte, in denen die Umstände der Entwendung nicht umfassend [X.] werden können ([X.]Z 79 aaO). 9 - 6 -

Der Versicherungsnehmer genügt seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinrei-chender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen (vgl. [X.]surteil vom 14. Juni 1995 aaO; [X.]Z 130 aaO). Zu dem [X.] an Tatsachen, die das äußere Bild eines [X.] ausmachen, gehört neben der Unauffindbarkeit der zuvor am [X.], als gestohlen gemeldeten Sachen, dass - abgesehen von [X.] - Einbruchspuren vorhanden sind ([X.] vom 14. Juni 1995 aaO). 10 2. Solche Tatsachen hat der Kläger hier behauptet und unter [X.] gestellt. 11 Ist eine ordnungsgemäß verschlossene Wohnung durchwühlt, sind Spuren für das gewaltsame Herausreißen ursprünglich an einem [X.] verschraubter Möbeltresore vorhanden, befinden sich au-ßen an einer Balkontür Hebelspuren und fehlen zahlreiche zuvor in der Wohnung vorhandene Gegenstände, so lassen diese Umstände in ihrer Gesamtschau mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf ei-nen Einbruchdiebstahl zu, ergeben mithin das äußere Bild einer solchen Tat. 12 Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken betreffen nicht mehr das äußere Bild des [X.], sondern Details des [X.], die der Kläger nicht darlegen musste, weil er sich in-soweit in der für [X.] typischen Beweisnot befindet und 13 - 7 -

deshalb durch die dargestellten Beweiserleichterungen geschützt werden soll. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die Frage, wie es Tätern gelingen konnte, einen Tatort mit umfangreicher Beute (zahlreichen Fel-len und Pelzen) trotz hohen Entdeckungsrisikos unbemerkt und spurlos zu verlassen, nicht mehr die für das äußere Bild eines Einbruchdieb-stahls maßgeblichen Mindesttatsachen, sondern darüber hinausgehende Einzelheiten der Tatausführung berührt ([X.]surteil vom 14. Juni 1995 aaO). Für die vom Berufungsgericht umfangreich erörterte Frage, wie [X.] hier zur Balkontür der im Obergeschoss gelegenen Loggia gelangen konnten, ohne Spuren zu hinterlassen, gilt nichts anderes. Das [X.], das dem Kläger anlastet, er habe - anstatt den Gesche-hensablauf schlüssig darzulegen - spekulativ mehrere Möglichkeiten des Aufstiegs auf die Loggia in den Raum gestellt, verkennt, dass gerade darin die für [X.] typische Beweisnot des Versicherungsneh-mers ihren Ausdruck findet und der Kläger deshalb für die Darlegung des äußeren Bildes eines [X.] zu dieser Frage nichts vorzu-tragen brauchte. Anders wäre es allenfalls dann, wenn sich ein Aufstieg auf die Loggia völlig ausschließen ließe. Dafür ist aber nichts ersichtlich. - 8 -

3. Die Bedenken des Berufungsgerichts könnten deshalb erst für eine Vortäuschung des Versicherungsfalls bedeutsam werden. [X.], für die insoweit die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig wäre, müssten dann mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf eine Vortäu-schung des Einbruchs schließen lassen. Schon weil das Berufungsge-richt dies nicht genügend auseinander gehalten hat, muss die Sache neu verhandelt werden. 14 Terno [X.] Dr. Kessal-Wulf [X.] [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 24.02.2005 - 6 O 1359/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 20.09.2005 - 3 U 19/05 -

Meta

IV ZR 233/05

20.12.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2006, Az. IV ZR 233/05 (REWIS RS 2006, 127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 127

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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