Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.10.2023, Az. 8 C 6/22

8. Senat | REWIS RS 2023, 10458

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Gegenstand

Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit einer Annahme an Kindes statt in der ehemaligen DDR nach § 1 VwRehaG


Leitsatz

§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwRehaG ist auf Annahmen an Kindes statt nach DDR-Recht mit der Maßgabe anwendbar, dass an die Stelle der Aufhebung der Maßnahme die Feststellung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit tritt.

Tenor

Das Urteil des [X.] vom 27. Juli 2021 wird geändert, soweit es über den Hauptantrag des [X.] entschieden hat. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 20. September 2019 verpflichtet, gemäß § 1 [X.] festzustellen, dass der Beschluss des [X.] des [X.] über die Annahme des [X.] an Kindes statt vom 14. Juli 1982 rechtsstaatswidrig war, sowie zu bestätigen, dass keine Ausschließungsgründe gemäß § 2 Abs. 2 [X.] vorliegen.

Im Übrigen ist das Urteil des [X.] wirkungslos.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Tatbestand

1

Der 1972 geborene Kläger begehrt seine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen seiner Annahme an Kindes statt nach dem Recht der [X.].

2

Die Ehe seiner Eltern wurde 1975 geschieden. Seine Mutter erhielt das alleinige Erziehungsrecht. Nach ihrem Tod im [X.] beantragte sein Vater die Übertragung des Erziehungsrechts. Er wies auf seinen kurz zuvor gestellten Ausreiseantrag hin. Den Kläger wolle er mitnehmen. Der [X.] des [X.] lehnte die beantragte Übertragung des Erziehungsrechts ab. Das Kollektiv der Bezirksfilialdirektion, seines letzten Arbeitgebers, schätze ein, dass der Vater des [X.] sich seiner Verantwortung gegenüber der [X.] nicht bewusst sei. Er bedürfe selbst der Lenkung und Betreuung, sei keine gefestigte Persönlichkeit und biete nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erziehung seines Kindes. Dagegen erhob der Vater des [X.] Beschwerde. Weder dulde noch wünsche er eine [X.] Erziehung seines [X.]. Im Januar 1977 teilte das [X.] ihm mit, sein Ausreiseantrag sei endgültig abgelehnt worden. Ebenfalls im Januar 1977 lehnte der Rat des [X.] seine Beschwerde gegen die Ablehnung der Übertragung des Erziehungsrechts ab. Die Sicherung der ungestörten Entwicklung des Kindes sei die wichtigste Aufgabe. Das labile und verantwortungslose Verhalten des Vaters des [X.] berechtige zu der Schlussfolgerung, dass die weitere Erziehung und Entwicklung des [X.] nicht gewährleistet seien. Der Wunsch, der Kläger möge keiner [X.]n Erziehung unterzogen werden, lasse zudem auf eine unzureichende Auseinandersetzung mit den [X.] Erziehungs- und Bildungszielen schließen. Im August 1977 wurde der Vater des [X.] vom Bezirksgericht [X.] unter anderem wegen "staatsfeindlicher Hetze im schweren Fall" und versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

3

Ein Aktenvermerk vom 29. November 1977 über einen Telefonanruf des Rates des Bezirkes [X.] (Jugendhilfe) hält fest, das "Ministerium" sei der Ansicht, es sei sauber gearbeitet worden. Es habe die Anweisung erteilt, die Vermittlung des [X.] in eine fremde Familie einzuleiten und abzuschließen, bevor der Vater aus dem Strafvollzug entlassen werde. Im Dezember 1977 wurde der Kläger in eine Pflegefamilie vermittelt. Im Februar 1978 wurde sein Vater aus der Haft in die [X.] entlassen. Die Pflegeeltern beantragten im Januar 1979 die Annahme des [X.] an Kindes statt. Sein leiblicher Vater verweigerte die Einwilligung, die das Kreisgericht D. mit Urteil vom 29. Mai 1981 ersetzte. Mit Beschluss vom 14. Juli 1982 entsprach der Jugendhilfeausschuss [X.] dem Antrag der Pflegeeltern auf Annahme des [X.] an Kindes statt und änderte dessen Familiennamen in den der Adoptiveltern.

4

Im Mai 1983 wurde die Ehe der Adoptiveltern des [X.] geschieden. Das Erziehungsrecht für ihn wurde seinem Adoptivvater übertragen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe schon in der Vergangenheit erhebliche Erziehungsprobleme bereitet. Zu Beginn des 5. Schuljahres wurde der Kläger wegen Verhaltensauffälligkeiten in eine Parallelklasse versetzt. Ab dem 23. März 1984 war der Kläger wegen Misshandlungen durch den Adoptivvater mit Erziehungsvereinbarung im [X.] untergebracht. Mit Urteil des [X.] vom 10. September 1984 wurde sein Adoptivvater wegen Verletzung seiner Erziehungspflicht in Form der Misshandlung des [X.] zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. In der Folgezeit weigerte er sich, den Kläger in seinen Haushalt aufzunehmen. Mit Beschluss vom 7. November 1984 wurde für den Kläger Heimerziehung angeordnet. Vom 1. September 1986 bis zum 30. August 1988 und vom 18. Mai 1989 bis zum 12. September 1990 war er in verschiedenen Spezialheimen und Jugendwerkhöfen untergebracht.

5

Am 19. Dezember 2014 beantragte der Kläger seine Rehabilitierung nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz wegen seiner Adoption. Sie sei mit tragenden Grundsätzen des Rechtsstaates schlechthin unvereinbar gewesen, habe ihn seiner Wurzeln beraubt und der Gefahr irreparabler psychischer Schäden ausgesetzt. Sie habe der politischen Verfolgung seines leiblichen Vaters gedient. Er sei Opfer dieser politischen Verfolgung. Zudem sei die Adoption auch willkürlich gewesen. Maßstab für eine Adoption habe nach dem Recht der ehemaligen [X.] allein das Kindeswohl sein dürfen. Dieses sei in keiner Weise berücksichtigt worden. Schließlich sei die Annahme an Kindes statt auch unverhältnismäßig gewesen. Ihre Folgen wirkten noch schwer und unzumutbar fort. Noch heute leide er deswegen unter schweren gesundheitlichen Schädigungen; unter anderem an vom Kläger im Einzelnen aufgezählten und ärztlich bescheinigten seelischen Störungen. Ihretwegen sei seine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt.

6

Mit Bescheid vom 20. September 2019 wies der Beklagte den Antrag des [X.] auf Rehabilitierung wegen seiner Annahme an Kindes statt zurück. Einer Rehabilitierung stehe Art. 234 § 13 EGBGB entgegen. Dort sei die gerichtliche Nachprüfung von Annahmen an Kindes statt nach [X.]-Recht abschließend geregelt.

7

Der Kläger hat am 22. Oktober 2019 Klage mit dem Ziel seiner Rehabilitierung gemäß § 1 [X.], hilfsweise gemäß § 1a [X.] erhoben. Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag abgewiesen und nur dem Hilfsantrag stattgegeben. Das verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz sei auch auf Entscheidungen der Behörden der ehemaligen [X.] im Bereich des Familienrechts anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] sei lediglich die Überprüfung von [X.] in Steuersachen und in Verfahren ausgeschlossen, die vermögensrechtliche Ansprüche beträfen. Die in Art. 234 § 1 ff. EGBGB enthaltenen Vorschriften schlössen eine Überprüfung von Eingriffen der Behörden der [X.] in das Erziehungsrecht oder von Annahmen an Kindes statt auf ihre [X.] ebenfalls nicht aus. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nach § 1 VwReha[X.] Zwar habe es sich bei seiner Annahme an Kindes statt um eine hoheitliche Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] gehandelt. Sie habe aber nicht zu einem Eingriff in eines der Rechtsgüter Gesundheit, Vermögen oder Beruf geführt. Der Kläger könne daher nur gemäß § 1a Abs. 1 [X.] die Feststellung beanspruchen, dass seine Annahme an Kindes statt rechtsstaatswidrig gewesen sei.

8

Zur Begründung seiner Revision - mit der er die Rehabilitierung zunächst auch wegen der behördlichen Verhinderung von Kontakten zum leiblichen Vater und der Unterbringung in der Pflegefamilie im Vorfeld der Adoption begehrte - trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zu der durch die Adoption verursachten Gesundheitsschädigung übergangen. Das verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, den Überzeugungsgrundsatz und die [X.]. In der Sache sei das Verwaltungsgericht zutreffend von einer Anwendbarkeit des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes ausgegangen, habe aber das Vorliegen eines Anspruches auf Feststellung der [X.] der Adoption nach § 1 [X.] zu Unrecht verneint.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] vom 27. Juli 2021 im Umfang der Klageabweisung zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20. September 2019 zu verpflichten, gemäß § 1 [X.] festzustellen, dass der Beschluss des Jugendhilfeausschusses [X.] über seine Annahme an Kindes statt vom 14. Juli 1982 rechtsstaatswidrig war, sowie zu bestätigen, dass keine Ausschließungsgründe gemäß § 2 Abs. 2 [X.] vorliegen.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Revision zurückzuweisen.

Er verweist auf seine Argumentation in seinem Bescheid vom 20. September 2019. Darüber hinaus sei fraglich, ob die - unstreitigen - gesundheitlichen Einschränkungen des [X.] mit der Annahme an Kindes statt in der rechtlich erforderlichen Weise in Zusammenhang stünden.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Der in der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des [X.] ist als Präzisierung und nicht als teilweise Rücknahme seines schriftsätzlich angekündigten Antrags zu verstehen. Die ursprünglich genannten weiteren staatlichen Maßnahmen stellen typischerweise mit solchen Adoptionsverfahren verbundene Begleiterscheinungen dar. Die ursprüngliche Antragsformulierung erwähnte sie als solche und nicht als eigenständige, unabhängig von der Adoption geltend gemachte Klagegegenstände.

Die Revision ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Vielmehr steht dem Kläger auf der Grundlage der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, die eine abschließende Sachentscheidung ermöglichen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), der geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung der [X.] seiner Annahme an Kindes statt nach § 1 [X.] zu.

1. Das angefochtene Urteil beruht auf dem gerügten Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs des [X.] auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO).

a) Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, die entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2002 - 8 [X.] 37.01 - [X.] 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 S. 109; Beschluss vom 28. März 2011 - 8 [X.] - [X.] 2011, 131 Rn. 17). Zwar muss es nicht auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten eingehen, die im Laufe des Verfahrens zur Sprache gebracht worden sind. Wenn es aber auf [X.] des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die nach seiner eigenen Rechtsauffassung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt das darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (BVerwG, Urteil vom 20. November 1995 - 4 [X.] 10.95 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 23; Beschluss vom 13. März 2020 - 8 B 1.20 - [X.] 2020, 118 Rn. 7).

Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO räumen den Verfahrensbeteiligten zudem einen Anspruch darauf ein, sich zu allen entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern. Zwar korrespondiert mit diesem [X.] keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Jedoch darf es nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein kundiger Prozessbeteiligter bei gewissenhafter Vorbereitung nach dem bisherigen Prozessverlauf und unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht rechnen musste (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - [X.]E 86, 133 <144 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom 29. Dezember 2016 - 2 B 12.16 - [X.] 230 § 127 BRRG Nr. 64 Rn. 12 und vom 21. August 2023 - 8 B 20.23 - juris Rn. 19). Eine Überraschungsentscheidung, die den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör verletzt, ist daher unter anderem anzunehmen, wenn die Beteiligten im bisherigen Verwaltungsverfahren einhellig von einer bestimmten Sachlage ausgegangen sind und das Gericht erstmals im Urteil eine andere Würdigung des bis dahin unstreitigen Sachverhalts vornimmt ([X.], in: [X.]/von [X.], VwGO, 17. Auflage 2022, § 124 Rn. 42 mit Hinweis auf [X.], Beschluss vom 31. August 2005 - 5 [X.] 580/05 - NJW 2006, 110 <111>).

b) Das Verwaltungsgericht hat den Vortrag des [X.], durch die Annahme an Kindes statt gesundheitlich geschädigt worden zu sein, bei der Entscheidungsfindung erkennbar nicht erwogen. Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, seine Annahme an Kindes statt habe zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt, und für die Einzelheiten auf seinen Rehabilitierungsantrag und dessen Anlagen verwiesen. Dort wird ausgeführt, die familiäre Entwurzelung des [X.] und seine Vernachlässigung und Misshandlung in der Adoptivfamilie, insbesondere durch den Adoptivvater, hätten zu erheblichen, durch die beigefügten medizinischen Unterlagen belegten gesundheitlichen Schädigungen geführt, die heute noch schwer und unzumutbar fortwirkten. Auf dieses Klagevorbringen und die dazu vorgelegten Beweismittel gehen die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils nicht ein, obwohl der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. März 2020 das Vorbringen zu Misshandlungen in der Adoptivfamilie bestätigte. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht eine gesundheitliche Schädigung des [X.] durch die Annahme an Kindes statt ohne Begründung verneint, obwohl der entsprechende Vortrag einen nach seiner Rechtsauffassung für die Entscheidung ausschlaggebenden rechtlichen Gesichtspunkt betraf. Anders als der angegriffene Bescheid hat das Verwaltungsgericht eine Rehabilitierung gemäß § 1 [X.] nämlich nicht schon unter Berufung auf Art. 234 § 13 EG[X.] abgelehnt.

Der Kläger musste zudem ohne vorherigen gerichtlichen Hinweis nicht damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht eine Schädigung des Rechtsguts Gesundheit durch seine Annahme an Kindes statt verneinen würde. Er hatte im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren seine Gesundheitsbeeinträchtigungen substantiiert und unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vorgetragen und behauptet, diese Gesundheitsschäden seien durch die Annahme an Kindes statt verursacht worden. Der Beklagte ist beidem in der Vorinstanz nicht entgegengetreten. In seinem Anhörungsschreiben vom 11. Januar 2019 hat er zudem ausgeführt, es sei bedauerlich, dass dem Kläger bei den Adoptiveltern die von ihm geschilderte Behandlung zuteilgeworden sei. Der Kläger musste danach ohne richterlichen Hinweis nicht damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht das Vorliegen der behaupteten Gesundheitsbeeinträchtigungen oder die Ursächlichkeit der Annahme an Kindes statt für diese verneinen würde.

c) Das angegriffene Urteil beruht auf den genannten Gehörsverletzungen (§ 138 Nr. 3 VwGO).

Ob darüber hinaus wegen des Übergehens der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung auch der - ebenfalls gerügte - Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vorliegt, lässt sich wegen der mehrdeutigen Formulierung des Subsumtionssatzes im angegriffenen Urteil nicht feststellen, ist aber wegen der Gehörsverletzung auch nicht entscheidungserheblich. Sollte die Urteilserwägung darauf zielen, schon das Vorliegen einer fortdauernden schweren gesundheitlichen Schädigung zu verneinen, läge angesichts der zu den Akten gereichten ärztlichen Bescheinigung schwerer, fortdauernder psychischer Gesundheitsschäden ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz wegen selektiver Verwertung des Prozessstoffs und aktenwidriger Feststellungen vor. Falls die Urteilserwägung dagegen nur die Ursächlichkeit der Adoption für den Gesundheitsschaden verneinen sollte, läge ihr - neben der Gehörsverletzung - eine materiell-rechtlich unzutreffende Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 5 Satz 1 [X.] zugrunde. Nach diesen Vorschriften ist eine Gesundheitsschädigung als Folge der rechtsstaatswidrigen Maßnahme nicht erst zu bejahen, wenn deren Ursächlichkeit für die Schädigung nachgewiesen ist, sondern schon, wenn ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich ist. Dies ergab sich hier jedenfalls aus den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zur Misshandlung des [X.] in der Adoptivfamilie (dazu näher unter Rn. 4).

Von Ausführungen zu der weiteren Rüge einer Verletzung der [X.] (§ 86 Abs. 1 VwGO) wird nach § 144 Abs. 7 Satz 1 VwGO abgesehen.

2. Das angefochtene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

a) Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht schon wegen der Gehörsverletzung ausgeschlossen. Zwar sperrt ein solcher absoluter Revisionsgrund regelmäßig die Annahme einer Richtigkeit aus anderen Gründen (vgl. Eichberger, in: [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 144 VwGO Rn. 53 ff.). Bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs sind hiervon jedoch Ausnahmen anerkannt, unter anderem dann, wenn die Versagung rechtlichen Gehörs nur einzelne tatsächliche Feststellungen betrifft, auf die es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ankommt, oder wenn lediglich nicht hinreichend Gelegenheit bestand, zu Rechtsfragen Stellung zu nehmen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 2. September 1999 - 2 [X.] 22.98 - BVerwGE 109, 283 <285>, vom 31. Juli 2002 - 8 [X.] 37.01 - juris Rn. 39 und vom 27. Januar 2011 - 7 [X.] 3.10 - NVwZ 2011, 696 Rn. 12; Eichberger, in: [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 144 VwGO Rn. 59, jeweils m. w. N.). Eine solche Ausnahme wäre hier nur gegeben, wenn die Klage bereits mangels Anwendbarkeit des § 1 [X.] oder mangels [X.] der zu [X.] Maßnahme abzuweisen wäre. Beides ist jedoch nicht der Fall.

b) § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist auf Annahmen an Kindes statt nach [X.] mit der Maßgabe anwendbar, dass an die Stelle der in der Vorschrift vorgesehenen Aufhebung der Maßnahme die Feststellung ihrer [X.] tritt. Ihrem Wortlaut nach ist die Vorschrift auf alle hoheitlichen Maßnahmen einer [X.] behördlichen Stelle zur Regelung eines Einzelfalles im Beitrittsgebiet aus der [X.] vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 anwendbar, die zu einer gesundheitlichen Schädigung, einem Eingriff in Vermögenswerte oder einer beruflichen Benachteiligung geführt haben. Behördliche Stelle in diesem Sinn waren auch die [X.] der ehemaligen [X.]. Deren [X.] waren hoheitliche Maßnahmen, die nicht unter die Bereichsausnahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] fallen. Diese betreffen lediglich Verwaltungsentscheidungen in Steuersachen und Maßnahmen, die vom [X.] oder vom Entschädigungsgesetz erfasst werden. Auch Sinn und Zweck des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes sprechen gegen einen Ausschluss von [X.] aus dem Anwendungsbereich der Norm. Das Gesetz knüpft an Art. 19 Satz 2 EV an, wonach Verwaltungsakte der ehemaligen [X.] aufgehoben werden können, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder Regelungen des [X.] unvereinbar sind. Von dieser Möglichkeit wollte der Gesetzgeber ohne weitere als die von ihm normierten Einschränkungen des sachlichen Anwendungsbereichs Gebrauch machen (vgl. [X.]. 12/4994 S. 22 f.).

Der Anwendbarkeit des § 1 [X.] auf [X.] der [X.] der ehemaligen [X.] stehen auch die im [X.] und im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen familienrechtlichen Vorschriften zur Überleitung nach dem Recht der [X.] verfügter Adoptionen (Art. 234 § 13 EG[X.] i. V. m. §§ 1759 ff. [X.]) nicht entgegen. Sie regeln zwar die Aufhebung solcher Adoptionen abschließend, schließen jedoch eine Rehabilitierung in sonstiger Weise nicht aus. Dem Wortlaut nach bestimmt Art. 234 § 13 Abs. 3 bis 6 EG[X.] nur die Voraussetzungen, unter denen ein vor Wirksamwerden des Beitritts in der [X.] begründetes Annahmeverhältnis aufgehoben werden kann. Zur Frage der Wiedergutmachung der Folgen rechtsstaatswidriger Adoptionen verhält er sich nicht. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt, dass die Vertragsparteien des [X.] und später der Bundesgesetzgeber mit ihr lediglich spezielle Regelungen zur Wirksamkeit und zur Aufhebung von Annahmen an Kindes statt, die im Beitrittsgebiet vor Wirksamwerden des Beitritts begründet worden waren, treffen wollten (vgl. [X.]. 11/7817 S. 46, [X.]. 12/1106 S. 5 f.). Die [X.] sollten auf fristgerechten Antrag die Wiederherstellung der Ursprungsfamilie ermöglichen, sofern die Adoption ohne wirksame Einwilligung der leiblichen Eltern verfügt worden war. Im Übrigen sollte der Bestand der Adoptivfamilie geschützt werden. Dabei wurde bewusst nicht danach differenziert, ob die Adoptionsentscheidung auf politische Einflussnahme zurückzuführen war ([X.]. 12/1106 S. 5). Eine abschließende Regelung war danach nur insoweit beabsichtigt, als es um den Fortbestand oder die Aufhebung nach [X.] vorgenommener Adoptionen ging. Soweit die gemäß Art. 17 EV erlassenen Vorschriften andere Formen der Rehabilitierung für rechtsstaatswidrige Adoptionen vorsehen, bleiben sie anwendbar.

Dementsprechend verdrängt die Spezialregelung des Art. 234 § 13 EG[X.] nicht die verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsvorschriften schlechthin, sondern - nur - die Ermächtigung zur Aufhebung rechtsstaatswidriger [X.] nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die dadurch in der Rechtsfolgenanordnung entstehende, planwidrige Lücke ist durch entsprechende Anwendung der Rechtsfolgenanordnung zu füllen, die § 1 Abs. 4 Satz 2 [X.] für andere Fälle rechtlichen Ausschlusses einer Aufhebung [X.] hoheitlicher Maßnahmen trifft. An die Stelle ihrer Aufhebung tritt die Feststellung ihrer [X.], allerdings nach § 1 [X.] und nicht nach § 1a [X.]. Für Fälle tatsächlicher Unmöglichkeit der Aufhebung - nämlich bei rechtsstaatswidrigen Realakten - enthält § 1 Abs. 5 Satz 2 [X.] eine parallele Regelung.

Gegen ein Verständnis des Art. 234 § 13 EG[X.] als abschließende Regelung auch aller Ansprüche auf Rehabilitierung wegen rechtsstaatswidriger Annahmen an Kindes statt spricht schließlich Art. 3 Abs. 1 GG. Für den mit einem solchen weiten Verständnis notwendig einhergehenden Ausschluss der von rechtsstaatswidrigen Annahmen an Kindes statt Betroffenen von den mit einer Rehabilitierung nach § 1 [X.] verbundenen [X.] sind keine sachlichen Gründe erkennbar. Danach steht den Personen, die im Beitrittsgebiet von Annahmen an Kindes statt nach dem Recht der [X.] betroffen waren, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rehabilitierung nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz zu.

c) Die Annahme des [X.] an Kindes statt war mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Diese Voraussetzung erfüllen Maßnahmen, die in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit verstoßen haben und die der politischen Verfolgung gedient oder Willkürakte im Einzelfall dargestellt haben (§ 1 Abs. 2 [X.]).

Die Annahme des [X.] an Kindes statt stellt sich als Willkürakt im Einzelfall dar. Ein solcher ist anzunehmen, wenn der Adressat einer staatlichen Maßnahme bewusst gegenüber vergleichbaren Personen diskriminiert wurde ([X.]. 12/4994 S. 25). Willkürlich sind danach Maßnahmen, die von der Tendenz und Absicht getragen sind, ihre Adressaten bewusst zu benachteiligen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2001 - 3 [X.] 39.00 - [X.] 428.6 § 1 [X.] Nr. 3 S. 9). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Kläger wurde gegenüber vergleichbaren Personen dadurch diskriminiert, dass die Entscheidung über seine Annahme an Kindes statt nicht - wie nach dem Familienrecht der [X.] geboten - am Kindeswohl orientiert, sondern zu seinem Nachteil zu politischen Zwecken missbraucht wurde. Sie diente dazu, ihn seinem Vater zu entziehen, seine Ausreise gemeinsam mit seinem Vater zu verhindern und eine dessen Wünschen widersprechende sozialistische Erziehung in einer linientreuen Familie zu gewährleisten. Dieses Vorgehen war von der Absicht getragen, nicht nur den Vater des [X.], sondern auch diesen selbst bewusst zu benachteiligen. Wie sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen zur politischen Instrumentalisierung des Adoptionsverfahrens und insbesondere aus dem Aktenvermerk vom 29. November 1977 ergibt, war die Jugendhilfebehörde auf Anweisung des Ministeriums bestrebt, die Vermittlung des [X.] in die Pflegefamilie und dessen Adoption in Kenntnis des Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen zu beschleunigen. Das Ersetzen der Einwilligung des [X.] war bereits 1977 geplant, obwohl laut Aktenvermerken die Adoptionsvoraussetzungen auch 1978/79 noch nicht vorlagen. Die vorzeitige Vermittlung in die Pflegefamilie und das Drängen des Ministeriums, eine Namensänderung des [X.] schon vor der Adoption herbeizuführen, bezweckte einen sofortigen Abbruch der Familienbindung und sollte den Kläger und seinen Vater daran hindern, einander rechtzeitig wiederzufinden und die Adoption zu vereiteln. Die darin liegende gezielte und bewusste Benachteiligung des [X.] gegenüber anderen Halbwaisen lag in der Absicht der handelnden Stellen.

Wegen ihrer Willkürlichkeit verstieß die Annahme des [X.] an Kindes statt auch gegen das Prinzip der Gerechtigkeit.

Danach kann dahinstehen, ob in Fällen wie dem vorliegenden, in dem das Kind eines Ausreisewilligen durch Adoption an der Begleitung eines ausreisewilligen Elternteils gehindert wird, auch von einer politischen Verfolgung des Kindes auszugehen ist.

3. Der Senat kann gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden. Die Gehörsverletzung des [X.], auf der die vorinstanzliche Entscheidung beruht, steht dem nicht entgegen. Unter den Voraussetzungen, unter denen dennoch ausnahmsweise eine Richtigkeit aus anderen Gründen nach § 144 Abs. 4 VwGO angenommen werden darf (dazu oben Rn. 24), zwingt sie auch nicht zur Zurückverweisung, wenn der vom Betroffenen geltend gemachte Anspruch sich aus sonstigen, von der Gehörsverletzung nicht berührten Tatsachenfeststellungen ergibt (Eichberger, in: [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 144 VwGO Rn. 76). In diesem Fall unterläuft die Sachentscheidung nicht die von § 138 Abs. 1 Nr. 3 VwGO bezweckte Sanktionswirkung. Zugleich entspricht es der [X.], die unabhängig vom Verfahrensfehler zu treffende Entscheidung nicht durch Zurückverweisung hinauszuzögern.

Hier ergibt sich bei zutreffender Auslegung des Schädigungs- und Kausalitätserfordernisses gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 3 Abs. 5 Satz 1 [X.], dass die rechtsstaatswidrige Adoption des [X.] bei diesem zu gesundheitlichen Schäden geführt hat, die noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. Insoweit genügt es nach gefestigter Rechtsprechung, wenn der Anspruchsteller seine Verletzung in einem der drei in § 1 Abs. 1 [X.] genannten Rechtsgüter sowie die gegenwärtigen Nachteile, deren Ausgleich er erstrebt, und die Mitursächlichkeit der rechtsstaatswidrigen hoheitlichen Maßnahme, derentwegen er rehabilitiert werden möchte, für die behaupteten Verletzungen und die Nachteile dartut und so weit wie möglich und zumutbar glaubhaft macht (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 3 [X.] 1.03 - [X.] 428.6 § 1 [X.] Nr. 8 S. 27). Die behaupteten gegenwärtigen Beeinträchtigungen müssen - ihre Erweislichkeit unterstellt - schwer und unzumutbar sein und als unmittelbare Folge der zu [X.] Maßnahme in Betracht kommen. Letzteres ist anzunehmen, wenn die Beeinträchtigung nach der allgemeinen Lebenserfahrung als typische Folge der Maßnahme erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 3 [X.] 1.03 - [X.] 428.6 § 1 [X.] Nr. 8 S. 27; [X.]. 12/4994 S. 22).

a) Dass der Kläger glaubhaft vorgetragen hat, durch die erzwungene Adoption unter Abbruch seiner Beziehungen zur Herkunftsfamilie entwurzelt und vom Adoptivvater misshandelt worden zu sein, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanz und wird durch die von ihr beigezogenen und in das Verfahren eingeführten Akten des [X.] sowie die strafgerichtliche Verurteilung des Adoptivvaters belegt.

b) Zu seinen Gesundheitsschäden hat der Kläger vorgetragen, er leide derzeit an innerer Unruhe, Schlafstörungen, Aggressionsanfällen, Zwangsgedanken, Angstzuständen, wiederkehrenden traumatischen Erinnerungen und Verfolgungsangst. Wegen einer Alkoholkrankheit, einer [X.]annabiserkrankung und einer derzeit schweren depressiven Störung sei er mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehindert anerkannt. Die vorinstanzliche Gehörsverletzung hindert den Senat nicht, diesen Vortrag zu berücksichtigen. Sollte das angegriffene Urteil schon das Vorliegen von Gesundheitsschäden - und nicht nur die Ursächlichkeit der Adoption - verneint haben, läge eine offensichtlich aktenwidrige Feststellung vor. Solche Feststellungen entfalten keine Bindungswirkung nach § 137 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1988 - 9 [X.] 54.87 - BVerwGE 79, 291 <LS 3 und 297 f.>). Der Widerspruch zum Akteninhalt ergibt sich hier aus der in das Verfahren eingeführten ärztlichen Bescheinigung des langjährigen, fortdauernden Bestehens der vorgetragenen psychischen Erkrankungen des [X.]. Der Widerspruch liegt offen zutage, ohne dass es dazu einer Interpretation oder Würdigung des Attests bedürfte.

c) Die von ihm behaupteten und glaubhaft gemachten gegenwärtigen Nachteile sind - ihre Erweislichkeit unterstellt - schwer und unzumutbar. Das Tatbestandsmerkmal soll die nachträgliche Überprüfung von [X.] von vornherein ausschließen (vgl. [X.]. 12/4994 S. 27). Von einem solchen Bagatellfall kann hier angesichts des Umfangs und der Schwere der geltend gemachten gegenwärtigen Nachteile nicht die Rede sein.

d) Der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, die geltend gemachten Gesundheitsschäden seien auf die rechtsstaatswidrige Adoption zurückzuführen. Diese gegenwärtigen Nachteile kommen als unmittelbare Folge seiner Annahme an Kindes statt in Betracht. Sie stellen sich nach der Lebenserfahrung als typische Folge der familiären Entwurzelung im Kleinkindalter und der Misshandlungen in der Adoptivfamilie dar. Anknüpfungspunkt der vorzunehmenden Kausalitätsprüfung ist der konkrete Rechtsakt, dessentwegen Rehabilitierung begehrt wird, einschließlich seines Vollzugs. Ob auch das Verwaltungsverfahren vor der Annahme des [X.] an Kindes statt bei der Kausalitätsprüfung zu berücksichtigen ist, kann hier dahinstehen, da jedenfalls die vorgetragenen Misshandlungen erst nach der Adoption geschehen sind. Die aus sachfremden Motiven verfügte Adoption des [X.] gegen den Willen seines leiblichen [X.] und die damit einhergehende Zerstörung der familiären Verbindung erhöhte nach der allgemeinen Lebenserfahrung das Risiko, dass der Kläger schwere psychische Erkrankungen entwickeln würde, erheblich.

e) Anhaltspunkte für das Vorliegen von [X.] nach § 2 Abs. 2 [X.], die den vom Kläger angestrebten Folgeansprüchen entgegenstehen könnten, hat die Vorinstanz nicht festgestellt. Den in dem angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Akten - insbesondere den Akten über die Heimunterbringung des bei Wirksamwerden des Beitritts gerade volljährig gewordenen [X.] - lassen sich solche Anhaltspunkte ebenfalls nicht entnehmen.

3. Dies führt zur Änderung des angefochtenen Urteils und zur Verpflichtung des Beklagten, entsprechend dem Hauptantrag des [X.] die [X.] seiner Annahme an Kindes statt nach § 1 [X.] festzustellen. Die vorinstanzliche stattgebende Entscheidung zum Hilfsantrag nach § 1a [X.] ist für wirkungslos zu erklären. Mit dem Erfolg des [X.] ist die innerprozessuale Bedingung für die Entscheidung über den Hilfsantrag entfallen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

8 C 6/22

19.10.2023

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Halle (Saale), 27. Juli 2021, Az: 1 A 200/19, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19.10.2023, Az. 8 C 6/22 (REWIS RS 2023, 10458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10458

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