Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2016, Az. XI ZR 76/14

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10037

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:140616UXIZR76.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI ZR 76/14
Verkündet am:

14. Juni 2016

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.
Juni 2016
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter
Dr.
[X.] und
Maihold
sowie die Richterinnen Dr.
[X.] und Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 22.
Januar 2014 in der [X.] des Beschlusses vom 26.
März 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger machen gegen die beklagte Bank Ansprüche im [X.] mit dem kreditfinanzierten Erwerb einer Wohnung geltend.
Im [X.] 1990 empfahl eine Vermittlerin den Klägern den Erwerb einer Eigentumswohnung in der aus 298 Einheiten bestehenden Studentenapparte-mentanlage O.

. Die Finanzierung sämtlicher Wohneinhei-ten erfolgte durch die Rechtsvorgängerin der [X.] (nachfolgend einheit-1
2
-
3
-
lich: Beklagte). Bei dem [X.] wurde den Klägern unter ande-rem der Verkaufsprospekt vorgelegt, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:
"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Treuhänder mit dem [X.] der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im [X.] die Erwerber bei dem Abschluss des Kauf-
und Werklieferungs-vertrages, der Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen [X.]. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit

47 des Prospekts)
"Der Treuhänder erteilt im Namen des einzelnen Erwerbers dem Finan-zierungsvermittler den Alleinauftrag, [X.] zu banküblichen Bedingungen zu beschaffen, soweit er vom Erwerber hier-

Der Treuhänder beauftragt den Finanzierungsvermittler weiterhin auf-tragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsange-

Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Bera-tung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unter-schriftsreifer Darlehensverträge zu verpflichten." (S.
48 des Prospekts)
"Für die Abwicklung der Kapitalanlage hat der [X.] ein Angebot der [X.] vorliegen. Diese [X.] wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Anleger tätig [X.] übernimmt die abwickelnde Tätigkeit -
4
-
für den Anleger nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom Prospekt-herausgeber gemachten Vorgaben und des mit dem Anleger zu schlie-ßenden [X.]." (S.
50 des Prospekts)
Treuhänderin war die S.

(nachfol-gend: Treuhänderin), die mit der [X.] vor [X.] einen soge-nannten Globalvertrag für End-
und Zwischenfinanzierung (nachfolgend: [X.]) geschlossen hatte. [X.] war laut Prospekt die H.

GmbH (nachfolgend: [X.]). [X.] war die D.

GmbH (nachfolgend: [X.]), die für ihre Tätigkeit

soweit die Anleger wie hier die Kläger den Abschluss eines Fi-nanzierungsvermittlungsvertrags wünschten

eine Provision von 4% des [X.] erhielt.
Zwecks Erwerbs der Wohnung
Nr.
30 boten die Kläger mit notarieller Ur-kunde vom 25.
Oktober 1990 der Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem [X.] nicht verfügte, den Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrags an und erteilten ihr eine ebensolche [X.]. Der Gesamtaufwand sollte 114.232
DM betragen. Die Treuhänderin nahm das Angebot mit notarieller Urkunde vom 19.
November 1990 an.
Zur Finanzierung des [X.] schloss die Treuhänderin [X.] der Kläger am 13./19.
November 1990 mit der [X.] einen [X.] über 114.232
DM. Die Darlehensvaluta wurde auf ein von der Treuhänderin zum Zwecke der Darlehensauszahlung eröffnetes Konto bei der [X.] überwiesen. Am 13.
Dezember 1990 schlossen der Bauträger sowie die Treuhänderin als Vertreterin für die Kläger einen Kaufvertrag über die Wohnung
Nr.
30 zu einem Preis von 85.995
DM ohne Stellplatz. Am 21./28.
August 1991 schloss die Treuhänderin namens der Kläger mit der Be-3
4
5
-
5
-
klagten einen Festdarlehensvertrag mit Kapitallebensversicherung über densel-ben Betrag wie für das [X.].
Im August 1996 leisteten die Kläger zur Darlehensablösung eine Zahlung in Höhe von 114.232
DM an die Beklagte. Mit der im Jahr 2011 erhobenen [X.] begehren die Kläger die Zahlung des [X.] in Höhe von 58.405,89

DM) nebst Zinsen. Sie vertreten die [X.], dass

was die Beklagte erkannt und woran sie sogar bewusst mitgewirkt habe

ein Missbrauch der [X.]
durch die Treuhänderin wegen einer Inte-ressenkollision vorliege; insbesondere habe die [X.] zu Gunsten der Kläger keine Finanzierungsvermittlungstätigkeit entfaltet, so dass ihr keine Provision zugestanden habe und die Treuhänderin insoweit pflichtwid-rig einen zu hohen Darlehensbetrag vereinbart habe. Daneben stehe ihnen der geltend gemachte Betrag auch im Wege des Schadensersatzes zu. Dazu ma-chen sie unter anderem geltend, sie seien arglistig über versteckte Innenprovi-sionen und die wahre Rolle der Treuhänderin getäuscht worden. Dies habe die Beklagte, die mit der Treuhänderin institutionalisiert [X.] habe, auch gewusst. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Mit der

vom Senat zugelassenen

Revision erstrebt die Beklagte die Wieder-herstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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7
8
-
6
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Den Klägern stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte [X.] aus [X.] gemäß §
812
Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] zu. Zwar sei der Darlehensvertrag nicht gemäß §
134 [X.] nichtig, obgleich die der Treuhänderin erteilte [X.] gegen das [X.] verstoßen habe.
Das [X.] habe nämlich unangegriffen festgestellt, dass das Origi-nal der notariellen [X.]surkunde bereits bei Abschluss des Zwischenfi-nanzierungsvertrages vorgelegen habe, so dass sich die Beklagte auf den dadurch vermittelten Rechtsschein nach
§§
171
f. [X.] habe verlassen dürfen. Die von der Treuhänderin namens der Kläger abgeschlossenen [X.] seien indes entsprechend §
177
Abs.
1 [X.] unwirksam, weil die Treu-händerin die ihr durch den Rechtsschein vermittelte [X.] missbraucht ha-be und dies der [X.] bekannt gewesen sei. Bei Abschluss des Zwischen-
und des Endfinanzierungsvertrags habe die Treuhänderin zwar im Rahmen ih-res rechtlichen Könnens gehandelt, aber ihr rechtliches Dürfen im Innenverhält-nis überschritten, weil sie die Darlehen in Höhe eines [X.] von 4% des [X.] zur Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision für eine objektiv nicht erforderliche und zwecklose Tätigkeit aufgenommen habe. Voraussetzung für einen zugunsten des Finanzierungsvermittlers entstehenden Anspruch sei das bewusste und zweckgerichtete Herbeiführen oder Fördern der [X.].
Eine nach diesen Grundsätzen vergütungspflichtige Vermittlungsleistung habe die [X.] nicht erbracht. Der Globalvertrag für die Zwischen-
und Endfinanzierung sei bereits vor Abschluss des Finanzierungs-9
10
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-
7
-
vermittlungsvertrags durch die Treuhänderin abgeschlossen gewesen; diesbe-züglich habe die [X.] keine Vermittlungsleistung erbracht. Entsprechendes gelte für die nachfolgend namens der Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge, die ohne Mitwirkung der [X.] durch die Treuhänderin als Vertreterin der Kläger abgeschlossen worden seien. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen habe, dass die Fi-nanzierungsvermittlerin die grundsätzliche Finanzierungsanfrage gestellt habe, könne dies gemäß §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
3 ZPO nicht berücksichtigt werden. Im Ergebnis habe deshalb die Treuhänderin pflichtwidrig einen um 4% des [X.] überhöhten Darlehensvertrag vereinbart. Die Untätigkeit der Fi-nanzierungsvermittlerin sei der [X.] bekannt gewesen; jedenfalls habe sie die Augen davor verschlossen, dass die Kläger durch die Zahlung einer tat-sächlich nicht angefallenen Provision geschädigt worden seien.
Der Darlehensvertrag sei vor diesem Hintergrund gemäß §
139 [X.] ins-gesamt unwirksam. Eine lediglich teilweise Unwirksamkeit in Höhe von 4% des [X.] entspreche nicht dem hypothetischen [X.]willen. Bei einem Hinweis der [X.] auf die nicht geschuldete Provision hätten die Kläger den Geschäftsbesorgungsvertrag wegen [X.] gekündigt und die [X.] widerrufen. Es wäre dann weder zum Abschluss der [X.] noch zum Abschluss des Kaufvertrags gekommen.
Auf den Bereicherungsanspruch müssten sich die Kläger die [X.] nicht anrechnen lassen, weil sie diese nicht empfangen hätten. Eine ihnen zurechenbare Auszahlungsanweisung liege aufgrund des Missbrauchs der [X.] nicht vor. Der Bereicherungsanspruch sei auch weder verjährt noch verwirkt.

12
13
-
8
-
II.
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der [X.] Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung von 58.405,89

812
Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] nicht bejahen dürfen.
1. Mit Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner tatbestandlichen Feststellungen angenommen hat, die [X.] habe für die Kläger keine Finanzierungsvermittlungs-leistungen erbracht. Diese Feststellung beruht

was die Revision zu Recht rügt

auf einem entscheidungserheblichen Verstoß gegen §
286 ZPO, da das Berufungsgericht den beweisbewehrten Vortrag der [X.] übergangen hat, die [X.] habe die Finanzierungsanfrage gestellt und die Verhandlungen geführt, die in der Vereinbarung der generellen [X.] gemündet hätten. Die Übergehung dieses Vortrags findet im Prozess-recht keine
Stütze.
a) Die Beklagte hat in der mündlichen Berufungsverhandlung am 20.
November 2013 und in dem anschließenden

nicht nachgelassenen

Schriftsatz vom 4.
Dezember 2013 unter Beweisantritt vorgetragen, dass die [X.] die Finanzierungsanfrage bei ihr gestellt und die [X.] geführt habe, die in der Vereinbarung der generellen Finanzie-rungszusage geendet hätten.
b) Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dieses [X.] zu Unrecht nach §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
1 ZPO nicht zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Vorbringens der [X.] zwar auf §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
3 ZPO gestützt. Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, kann aber offen
bleiben. Denn nach §
551
Abs.
3 14
15
16
17
-
9
-
Satz
1
Nr.
2
Buchst.
b, §
557
Abs.
3 Satz
2 ZPO genügt für eine ordnungsge-mäße Verfahrensrüge die

hier erfolgte

Darlegung der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben. Das Berufungsgericht hätte das neue Vorbringen jedenfalls nach §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
1 ZPO zulassen müssen. Das Revisionsgericht ist nicht daran gehindert, das Vorliegen dieser Fallgruppe zu prüfen.
aa) Nach §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
1 ZPO sind neue Angriffs-
und Vertei-digungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie
einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob ein neues Angriffs-
oder [X.] schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können. Denn diese Bestimmung soll verhindern, dass Prozessparteien gezwungen werden, in der ersten Instanz vorsorglich auch solche Angriffs-
und Verteidigungsmittel vorzu-tragen, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich sind (vgl. [X.], Urteile vom 30.
Juni 2006

V
ZR
148/05, [X.], 1827 Rn.
16 und vom 21.
Dezember 2011

VIII
ZR
166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn.
18 mwN). Allerdings findet die genannte Vorschrift nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstin-stanzlichen Sachvortrag der [X.] beeinflusst hat und daher, ohne dass [X.] ein Verfahrensfehler gegeben wäre, ([X.] dafür geworden ist, dass sich [X.]vorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 19.
Februar 2004

III
ZR
147/03, [X.], 2213, 2215, vom 30.
Juni 2006

V
ZR
148/05, aaO Rn.
17 und vom 21.
Dezember 2011

VIII
ZR
166/11, aaO Rn.
19 mwN).
[X.]) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das [X.] hat den von den Klägern geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus §
812
Abs.
1 18
19
-
10
-
Satz
1 Fall
1 [X.] nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob sich die Beklagte trotz der Nichtigkeit der [X.] wegen eines Verstoßes gegen das [X.] auf die Rechtsscheinhaftung nach §§
171
f. [X.] berufen kann, weil ihr

was das [X.] angenommen hat

zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Ausfertigung der notariellen [X.]surkunde vorgelegen hat. Die Frage eines [X.]smissbrauchs ist dagegen vom [X.] nicht er-örtert worden. Dafür bestand auch kein Anlass, weil die Kläger die Umstände der Finanzierungsvermittlung erstinstanzlich nur im Zusammenhang mit dem von ihnen erhobenen Vorwurf einer Interessenkollision der Treuhänderin ange-sprochen haben und zudem die Frage eines [X.]smissbrauchs im Zu-sammenhang mit der Finanzierungsvermittlung bis dahin in der [X.] Rechtsprechung keine Rolle gespielt hat. Aufgrund dessen gab es auch für die Beklagte keinen Grund, zur Frage eines (evidenten) [X.]smiss-brauchs durch die Treuhänderin bei Abschluss des Darlehensvertrags näher vorzutragen. Vielmehr hat erstmals das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung vom 20.
November 2013 aufgeworfen, sodass der diesbezügliche umgehende Vortrag der [X.] nach §
531
Abs.
2 Satz
1
Nr.
1 ZPO hätte zugelassen werden müssen.
2. Die Revision beanstandet des Weiteren mit Erfolg, dass das [X.] auf der Grundlage seiner

fehlerhaften

tatbestandlichen Feststel-lungen angenommen hat, der zwischen den [X.]en geschlossene Darlehens-vertrag sei wegen eines von der Treuhänderin begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht gemäß §
177 [X.] analog unwirksam. Entgegen der [X.] des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines offensichtlichen [X.]smissbrauchs nicht vor.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hat grund-sätzlich der Vertretene das Risiko eines

hier unterstellten

Missbrauchs der 20
21
-
11
-
Vertretungsmacht zu tragen (vgl. [X.], Urteile vom 29.
Juni 1999

XI
ZR
277/98, [X.], 1617, 1618, vom 1.
Juni 2010

XI
ZR
389/09, [X.], 1218 Rn.
29 und vom 9.
Mai 2014

V
ZR
305/12, [X.], 1964 Rn.
18). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertre-tungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (Senatsurteile vom 29.
Juni 1999

XI
ZR
277/98, [X.], 1617, 1618 und vom 1.
Juni 2010

XI
ZR
389/09, [X.], 1218 Rn.
29).
Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem

hier nicht gegebe-nen

Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten
und ist nichtig (§
138 [X.]; vgl. nur [X.], Urteile vom 17.
Mai 1988

VI
ZR
233/87, [X.], 1380, 1381, vom 14.
Juni 2000

VIII
ZR
218/99, [X.], 2313, 2314 und vom 28.
Januar 2014

II
ZR
371/12, [X.], 628 Rn.
10). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel be-stehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem [X.] vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente vo-raussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. [X.], Urteile vom 25.
Oktober 1994

XI
ZR
239/93, [X.]Z
127, 239, 241, vom 29.
Juni 1999

XI
ZR
277/98, [X.], 1617, 1618, vom 1.
Februar 2012

VIII
ZR
307/10, [X.], 2020 Rn.
21 und vom 9.
Mai 2014

V
ZR
305/12, [X.], 1964 Rn.
18, jeweils mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des [X.] bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil vom 29.
Juni 1999

XI
ZR
277/98, aaO).
22
-
12
-
b) An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Fest-stellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Begriff der objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände au-ßer Betracht gelassen wurden. Ist das

wie hier

der Fall, kann das Revisions-gericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen des [X.]s ein

wie hier

abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben (vgl. da-zu Senatsurteil vom 29.
Juni 1999

XI
ZR
277/98, [X.], 1617, 1618 mwN).
aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe sich [X.] müssen, dass die im Prospekt genannte [X.] ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts richten sich Art und Umfang der Tätigkeiten der [X.] nicht nach dem Fondsprospekt (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Februar 2011

II
ZR
263/09, [X.]Z
188, 233 Rn.
41; Senatsbeschluss vom 19.
Juni 2007

XI
ZR
375/06, juris), sondern nach dem [X.], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an substantiiertem Vortrag der Kläger.
[X.]) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsver-mittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich ent-gegen der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Treuhänderin mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der [X.] missbraucht hat.
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht allein daraus abgeleitet, dass die Treuhänderin für die Kläger überhaupt einen 23
24
25
26
-
13
-
[X.] abgeschlossen hat, der die Finanzierung [X.] in Höhe von 4% des [X.] nach sich zog. Bei dem Abschluss des Kreditvertrags handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie ins-besondere die Kosten der Finanzierungsvermittlung in Höhe von 4% des [X.], ein.
Ein [X.]smissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann [X.], wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem [X.] zum Nachteil des Kapitalanlegers

hier der Kläger

ab-weicht (vgl. dazu
[X.], Urteil vom 27.
Juni 2008

V
ZR
83/07, [X.], 1703 Rn.
13). Den Abschluss des [X.] und die Finan-zierung des [X.] haben die Kläger aber ausdrücklich gewünscht und die Treuhänderin entsprechend bevollmächtigt.
Ob der Abschluss des [X.] erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte als finanzierende Bank nicht zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen [X.], dass der [X.] bereits abgeschlossen worden war. Davon abgesehen war ihr

auch im Fall einer vom Berufungsgericht ange-nommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts

eine Prüfung der Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrags gar nicht möglich, weil hierfür ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände

wie etwa steuerliche Gründe

maßgeblich gewesen sein könnten.
(2) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines [X.]smissbrauchs nicht damit begründen, der [X.] habe sich bei 27
28
29
-
14
-
Abschluss des Darlehensvertrags aufdrängen müssen, dass die Finanzierungs-vermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. [X.] von der Frage, ob die Treuhänderin durch die Finanzierung einer

unterstellt

nicht geschuldeten Provision in Höhe von 4% der gesamten [X.] die ihr erteilte [X.] überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzie-rungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.
(a) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziel-len Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die [X.] für den [X.] herbeizuführen ([X.], Urteil vom 2.
Juni 1976

IV
ZR
101/75, [X.], 1118, 1119, Beschluss vom 17.
April 1997

III
ZR
182/96, NJW-RR 1997, 884 und Urteil vom 4.
Juni 2009

III
ZR
82/08, [X.], 1801 Rn.
8). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. [X.], Urteile vom 18.
September 1985

IVa
ZR
139/83, [X.], 1422, 1423, vom 10.
Oktober 1990

IV
ZR
280/89, [X.], 78, vom 6.
Februar 1991

IV
ZR
265/89, [X.], 818, 819, vom 6.
März 1991

IV
ZR
53/90, [X.], 1129, 1131 und vom 3.
Juli 2014

III
ZR
530/13, [X.], 1920 Rn.
14). Um die Provision zu verdienen reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des [X.] zumindest mitur-sächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächli-che Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die [X.] des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war ([X.], Urteile vom 21.
Mai 1971 -
IV
ZR
52/70, [X.], 1098, 1100 und vom 21.
September 1973

IV
ZR
89/72, [X.], 257, 258).
30
-
15
-
(b) Vor diesem Hintergrund musste sich der [X.] das Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der [X.]

anders als das Berufungsgericht meint

nicht deshalb aufdrängen, weil der Globalvertrag mit der [X.] von der Treuhänderin und nicht von der [X.] abgeschlossen und die konkret auf die Kläger bezogene Finanzierungsanfrage nicht von dieser, sondern von der Treuhänderin gestellt worden ist und letztere auch deren Selbstauskunft und die sonstigen Bonitäts-unterlagen übermittelt hat.
Das Berufungsgericht verkennt, dass Vermittlungsleistungen nicht höchstpersönlich erbracht werden müssen. Nach der Konzeption des [X.] sollten die Anleger

wie auch vorliegend geschehen

allein die Treu-händerin mit dem Abschluss von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich, wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen Konditionen für die Zwischen-
und Endfinanzierung ver-handelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die Bonitäts-unterlagen
zugeleitet werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Treu-händerin dabei mit Wissen und im Einverständnis der [X.] als deren Erfüllungsgehilfin agiert.
(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es unerheblich, dass der Globalvertrag für die Zwischen-
und Endfinanzierung bereits vor [X.] des [X.] durch die Treuhänderin abge-schlossen worden war. Wie oben ausgeführt kann nach der Rechtsprechung des [X.] ein Makler-
oder Vermittlervertrag auch noch nach er-folgter Maklerleistung abgeschlossen und dadurch eine bereits erbrachte Nachweis-
oder Vermittlungsleistung provisionspflichtig werden.

31
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-
16
-
cc) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder von den Klägern behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher [X.]smissbrauch durch die Treuhänderin nicht angenommen werden.

III.
Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§
562
Abs.
1 ZPO). Da die Sache mangels Feststellungen zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen (§
563
Abs.
1 Satz
1 ZPO).

Ellenberger

[X.]

Maihold

[X.]

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.01.2013 -
6 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.01.2014 -
9 [X.] -

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35

Meta

XI ZR 76/14

14.06.2016

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2016, Az. XI ZR 76/14 (REWIS RS 2016, 10037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10037

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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