Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2016, Az. XI ZR 74/14

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10084

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:140616UXIZR74.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

XI
ZR 74/14
Verkündet am:

14. Juni 2016

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.
Juni 2016
durch [X.]
Ellenberger, die Richter
Dr.
Grüneberg
und
Maihold sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt

für Recht erkannt:

Auf die Revision der
[X.]
wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Stuttgart
vom 22.
Januar
2014 in der [X.] des Beschlusses vom 26.
März 2014
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en
streiten über wechselseitige Ansprüche im Zusammenhang mit einem
Darlehensvertrag zum
Erwerb eines
Appartements.
Der Kläger
wurde
im Oktober
1990
von einem
Anlagevermittler gewor-ben, eine 24,86
qm große Eigentumswohnung in einer noch zu errichtenden und aus 298 Einheiten bestehenden
Studentenappartementanlage
in O.

zu erwerben. Die Finanzierung sämtlicher Wohneinheiten erfolgte durch die Beklagte. Gegenstand des Vermittlungsgesprächs war unter anderem der Verkaufsprospekt, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:
1
2
-
3
-
"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Treuhänder mit dem [X.] der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im [X.] vertritt die Erwerber bei
dem Abschluss des Kauf-
und Werklieferungsver-trages, der Finanzierung und beim
Abschluss der sonstigen
vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Ob-jektes in bautechnischer Hinsicht, die Pr
"
(S. 47 des Prospekts)
"Der Treuhänder erteilt im Namen des einzelnen Erwerbers dem Finanzie-rungsvermittler den Alleinauftrag, [X.] zu bank-üblichen Bedingungen zu beschaffen, soweit er vom Erwerber hierzu beauf-

Der Treuhänder beauftragt den [X.] weiterhin auftrags-gemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption vorgesehenen langfris-tigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsangeboten für

Der [X.] ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsrei-fer Darlehensverträge zu verpflichten."
(S. 48 des Prospekts)
"Für die Abwicklung der Kapitalanlage hat der Prospektherausgeber ein [X.] vorliegen. Diese Treuhandgesellschaft wird Treuhandgesellschaft übernimmt
die abwickelnde Tätigkeit für
den Anleger nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom Prospektherausgeber gemach-ten Vorgaben und des mit dem Anleger zu schließenden Geschäftsbesor-gungsvertrages."
(S. 50 des Prospekts)

-
4
-
Treuhänderin war die S.

mbH
(nachfol-gend: Treuhänderin), die mit der Rechtsvorgängerin der [X.] (nachfol-gend einheitlich: Beklagte) vor [X.] für sämtliche Wohneinheiten des Objekts einen sogenannten Globalvertrag für End-
und Zwischenfinanzie-rung (nachfolgend: Globalvertrag) geschlossen
hatte.
[X.] war laut Prospekt die H.

GmbH
(nachfolgend: [X.]). [X.]in war die D.

GmbH (nachfolgend: [X.]), die für ihre Tätigkeit

soweit der Anleger wie hier der Klä-ger den Abschluss eines [X.] wünschte

eine Provision von 4% des [X.] erhielt.
Zwecks
Erwerbs der Wohnung Nr.
5/38
bot
der
Kläger mit notarieller Ur-kunde vom 2.
November 1990
der Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem [X.] nicht verfügte, den Abschluss eines umfassenden [X.] an
und
erteilte ihr eine ebensolche
Vollmacht. Der Gesamtaufwand sollte 122.802
DM betragen. Die Treuhänderin nahm das Angebot mit notarieller Urkunde vom 17.
Dezember 1990 an.

Zur Finanzierung des [X.] schloss
die Treuhänderin [X.] des [X.] am 13./19.
Dezember
1990
mit der [X.] einen Zwi-schenfinanzierungsvertrag
über 122.802
DM. Entsprechend einer Vereinbarung im Darlehensvertrag wurde die Darlehensvaluta auf ein

von der Treuhänderin namens des [X.] eröffnetes

Konto bei der [X.] überwiesen. Am 21.
Dezember
1990
schloss die Treuhänderin namens des [X.] mit der Bau-trägerin als Verkäuferin einen notariellen Kauf-
und Werklieferungsvertrag
über das Appartement Nr.
5/38
nebst Sondernutzungsrecht an dem [X.] Nr.
4/40 zu einem Kaufpreis von 92.445
DM
ab.
Am 21./28.
August 1991
schloss die Treuhänderin namens des [X.] mit
der
[X.] zur Ablösung der Zwischenfinanzierung einen Endfinanzierungsvertrag
über 122.802
DM, der
3
4
5
-
5
-
unter anderem durch eine Grundschuld in Darlehenshöhe
an dem erworbenen Miteigentumsanteil besichert war.

Der
Kläger löste das Darlehen im Jahr 1996 mit einer Zahlung von 123.090,03
DM (= 62.934,93

) ab. Mit der im Jahr 2011
erhobenen Klage be-gehrt
der
Kläger die Erstattung dieses Betrags nebst Rechtshängigkeitszinsen, hilfsweise die Zahlung von 79.787,38

r-tragung des Miteigentumsanteils an der erworbenen Wohnung und des [X.] an dem [X.], höchst hilfsweise die Freistellung von etwaigen Rückforderungen des für ihn zuständigen Finanzamts wegen im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb gewährter Steuervorteile. Er vertritt die Auffassung, dass die beiden Darlehensverträge mangels wirksamer Bevoll-mächtigung der Treuhänderin nicht wirksam zustande gekommen seien und er die Darlehensvaluta nicht
empfangen habe. Insoweit behauptet er, dass der [X.] bei Abschluss der Verträge und bei Kontoeröffnung die Vollmacht nicht in notarieller Ausfertigung vorgelegen habe. Zudem liege ein

der Beklag-ten erkennbarer

Missbrauch der Vollmacht durch die Treuhänderin wegen [X.] vor; insbesondere habe die [X.]in zu seinen Gunsten keinerlei Finanzierungsvermittlungstätigkeit entfaltet, so dass ihr keine Provision zugestanden habe und die Treuhänderin

was die Beklagte gewusst habe

insoweit pflichtwidrig einen zu hohen Darlehensbetrag [X.] habe. Daneben stehe ihm der geltend gemachte Betrag auch im Wege des Schadensersatzes
zu, weil er

wie er behauptet

von dem
Vermittler unter an-derem über die Höhe der vereinnahmten Provisionen, über die wahre Rolle der Treuhänderin und über die Werthaltigkeit der Wohnung arglistig getäuscht [X.] sei. Die Beklagte erhebt
die Einrede der Verjährung.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
Klä-gers
hat das Berufungsgericht der
Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben. 6
7
-
6
-
Mit der -
vom Senat
zugelassenen
-
Revision erstrebt
die Beklagte
die Wieder-herstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im We-sentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte [X.] aus Leistungskondiktion gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] zu. Zu Gunsten der [X.] könne zwar im Hinblick auf die Nichtigkeit der erteil-ten Vollmacht infolge eines Verstoßes gegen das [X.] vom Vorliegen einer Rechtsscheinvollmacht nach §§
171
f. [X.] ausgegangen wer-den. Die von der Treuhänderin namens des [X.] abgeschlossenen [X.] seien indes entsprechend §
177 Abs.
1 [X.] unwirksam, weil die Treuhänderin die ihr durch den Rechtsschein vermittelte Vollmacht missbraucht habe und dies der [X.] bekannt gewesen sei. Bei Abschluss des Zwi-schenfinanzierungs-
und des Endfinanzierungsdarlehens habe die [X.] zwar im Rahmen ihres rechtlichen Könnens gehandelt, aber ihr rechtliches Dürfen im Innenverhältnis überschritten, weil sie die Darlehen in Höhe eines [X.] von 4% des [X.] zur Finanzierung der [X.] für eine objektiv nicht erforderliche und zwecklose Tätig-8
9
10
-
7
-
keit aufgenommen habe. Voraussetzung für einen zugunsten des [X.] entstehenden Anspruch sei das bewusste und zweckgerichtete Herbeiführen oder Fördern der [X.] des künftigen [X.].
Eine nach diesen Grundsätzen vergütungspflichtige Vermittlungsleistung habe die [X.]in nicht erbracht. Der Globalvertrag für die Zwischen-
und Endfinanzierung sei bereits vor Abschluss des [X.] durch die Treuhänderin abgeschlossen gewesen; diesbe-züglich habe die [X.]in keine Vermittlungsleistung erbracht. Entsprechendes gelte für die nachfolgend namens des [X.] abgeschlosse-nen Zwischen-
und Endfinanzierungsverträge, die ohne Mitwirkung der [X.] durch die Treuhänderin als Vertreterin des [X.] abge-schlossen worden seien. Soweit die Beklagte erstmals in der mündlichen Ver-handlung vor dem Berufungsgericht unter Beweisantritt vorgetragen habe, dass die [X.]in die grundsätzliche Finanzierungsanfrage gestellt habe, könne dies gemäß §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 ZPO nicht berücksichtigt werden. Im Ergebnis habe deshalb die Treuhänderin pflichtwidrig einen um 4% des [X.] überhöhten Darlehensvertrag vereinbart. Die Untätigkeit der [X.]in sei der [X.] bekannt gewesen; jedenfalls habe sie die Augen davor verschlossen, dass der Kläger durch die Zahlung [X.] tatsächlich nicht angefallenen Provision geschädigt worden sei.
Der Darlehensvertrag sei vor diesem Hintergrund gemäß §
139 [X.] ins-gesamt unwirksam. Eine lediglich teilweise Unwirksamkeit in Höhe von 4% des [X.] entspreche nicht dem hypothetischen [X.]willen. Bei einem Hinweis der [X.] auf die nicht geschuldete Provision hätte der Kläger den Geschäftsbesorgungsvertrag wegen [X.] gekündigt und die Voll-11
12
-
8
-
macht widerrufen. Es wäre dann weder zum Abschluss der Darlehensverträge noch zum Abschluss des Kaufvertrags gekommen.
Auf den Bereicherungsanspruch müsse sich der Kläger die [X.] nicht anrechnen lassen, weil er diese nicht empfangen habe. Eine ihm zu-rechenbare Auszahlungsanweisung liege aufgrund des Missbrauchs der [X.] nicht vor. Der Bereicherungsanspruch sei auch weder verjährt noch [X.].

II.
Das Berufungsurteil
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Mit
der ge-gebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch des
[X.] auf Rückzahlung von 62.934,94

812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.]
nicht bejahen
dürfen.
1. Mit Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner tatbestandlichen Feststellungen angenommen hat, die [X.]in habe für den Kläger keine Finanzierungsvermittlungs-leistungen erbracht.
Diese Feststellung beruht

was die Revision zu Recht rügt

auf einem entscheidungserheblichen Verstoß gegen §
286 ZPO, indem das Berufungsgericht den beweisbewehrten Vortrag der [X.] übergangen hat, die [X.]in habe die Finanzierungsanfrage gestellt und die Verhandlungen geführt, die in der Vereinbarung der generellen Finanzie-rungszusage gemündet hätten. Die Übergehung dieses Vortrags findet im [X.] keine Stütze.
a) Die Beklagte hat in der mündlichen Berufungsverhandlung am 20. No-vember 2013 und in dem anschließenden

nicht nachgelassenen

Schriftsatz 13
14
15
16
-
9
-
vom 4.
Dezember 2013 unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Finanzie-rungsvermittlerin die Finanzierungsanfrage bei ihr gestellt und die [X.] geführt habe, die in der Vereinbarung der generellen Finanzierungszusage geendet
hätten.
b) Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dieses [X.] zu Unrecht nach §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO nicht zugelassen. Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Vorbringens der [X.] zwar auf §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 ZPO gestützt. Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, kann aber offen
bleiben. Denn nach §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2 Buchst.
b, §
557 Abs.
3 Satz
2 ZPO genügt für eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge die

hier erfolgte

Darlegung der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben. Das Berufungsgericht hätte das neue Vorbringen jedenfalls nach §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO zulassen müssen.
Das [X.] ist nicht daran gehindert, das Vorliegen dieser Fallgruppe zu prüfen.
aa) Nach §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO sind neue Angriffs-
und Vertei-digungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob ein neues Angriffs-
oder [X.] schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können. Denn diese Bestimmung soll verhindern, dass Prozessparteien gezwungen werden, in der ersten Instanz vorsorglich auch solche Angriffs-
und Verteidigungsmittel vorzu-tragen, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich sind (vgl. [X.], Urteile vom 30.
Juni 2006

V
ZR 148/05, [X.], 1827 Rn.
16 und vom 21.
Dezember 2011

VIII
ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn.
18
mwN). Allerdings findet die genannte Vorschrift nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstin-17
18
-
10
-
stanzlichen Sachvortrag der [X.] beeinflusst hat und daher, ohne dass [X.] ein Verfahrensfehler gegeben wäre, ([X.] dafür geworden ist, dass sich [X.]vorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile
vom 19.
Februar 2004

III
ZR 147/03, [X.], 2213,
2215, vom 30.
Juni 2006

V
ZR 148/05, aaO Rn.
17 und vom 21.
Dezember 2011

VIII
ZR 166/11, aaO Rn.
19 mwN).

bb) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das [X.] hat den vom Kläger geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Fall
1 [X.] nur unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob sich die Beklagte trotz der Nichtigkeit der Vollmacht wegen eines Verstoßes gegen das [X.] auf die Rechtsscheinhaftung nach §§
171
f. [X.] berufen kann, weil ihr

was das [X.] angenommen hat

zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vorgelegen hat. Die Frage eines Vollmachtsmissbrauchs ist dagegen vom [X.] nicht er-örtert worden. Dafür bestand auch kein Anlass, weil der Kläger die Umstände
der Finanzierungsvermittlung erstinstanzlich nur im Zusammenhang mit dem von ihm erhobenen Vorwurf einer Interessenkollision der Treuhänderin ange-sprochen hat
und zudem die Frage eines Vollmachtsmissbrauchs im Zusam-menhang mit der Finanzierungsvermittlung bis dahin in der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rolle gespielt hat. Aufgrund dessen gab es auch für die Beklagte keinen Grund, zur Frage eines (evidenten) Vollmachtsmissbrauchs durch die Treuhänderin bei Abschluss des Darlehensvertrags näher vorzutra-gen.
Vielmehr hat erstmals das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt in der mündlichen Verhandlung am 20.
November 2013 aufgeworfen, so dass der diesbezügliche umgehende Vortrag der [X.] nach §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 ZPO hätte zugelassen werden müssen.

19
-
11
-
2. Die Revision beanstandet des
Weiteren mit Erfolg, dass das
Beru-fungsgericht auf der Grundlage seiner

fehlerhaften

tatbestandlichen Feststel-lungen angenommen
hat, der zwischen den [X.]en geschlossene Darlehens-vertrag sei wegen eines von der Treuhänderin
begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht gemäß §
177 [X.] analog unwirksam.
Entgegen der Auffas-sung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines offensichtlichen Vollmachtsmissbrauchs nicht vor.
a)
Nach ständiger
Rechtsprechung des [X.] hat grund-sätzlich
der Vertretene das Risiko eines

hier unterstellten

Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen
(vgl. [X.], Urteile vom 29.
Juni 1999

XI
ZR 277/98, [X.], 1617, 1618, vom 1.
Juni 2010

XI
ZR 389/09, [X.], 1218 Rn.
29 und vom 9.
Mai 2014

V
ZR 305/12, [X.], 1964 Rn.
18). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertre-tungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (vgl. Senatsurteile vom 29.
Juni
1999

XI
ZR 277/98, [X.], 1617, 1618 und vom 1.
Juni 2010

XI
ZR 389/09, [X.], 1218 Rn.
29).
Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem

hier nicht gegebe-nen

Fall, dass
der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 [X.]; vgl. nur [X.], Urteile vom 17.
Mai 1988

VI
ZR 233/87, [X.], 1380, 1381, vom 14.
Juni 2000

VIII
ZR 218/99, [X.], 2313, 2314
und vom 28.
Januar 2014

II
ZR 371/12, [X.], 628 Rn.
10). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel be-20
21
22
-
12
-
stehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem [X.] vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente vo-raussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. [X.], Urteile vom 25.
Oktober 1994

XI
ZR 239/93, [X.]Z 127, 239, 241, vom 29.
Juni 1999

XI
ZR 277/98, [X.], 1617, 1618, vom 1.
Februar 2012

VIII
ZR 307/10, [X.], 2020 Rn.
21 und vom 9.
Mai 2014

V
ZR 305/12, [X.], 1964 Rn.
18, jeweils mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des [X.] bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil vom 29.
Juni 1999

XI
ZR 277/98, aaO).
b)
An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Fest-stellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Um-stände außer Betracht gelassen wurden. Ist das

wie hier

der Fall, kann das Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts ein

wie hier

abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 29.
Juni 1999

XI
ZR 277/98, [X.], 1617, 1618 mwN).

aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe sich [X.] müssen, dass die im Prospekt genannte [X.]in ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts richten sich Art und Umfang der Tätigkeiten der [X.]in nicht nach dem Fondsprospekt
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
Februar 2011

II
ZR 263/09, [X.]Z 188, 233 Rn.
41; Senatsbeschluss vom 19.
Juni 2007

XI
ZR 375/06, juris), sondern nach dem [X.], mit dem sich das 23
24
-
13
-
Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiier-ten Vortrag des [X.].
bb) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsver-mittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich ent-gegen der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Treuhänderin mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht allein daraus abgeleitet, dass die Treuhänderin für den Kläger überhaupt einen [X.] abgeschlossen hat, der die Finanzierung [X.] Vermittlungsprovision in Höhe von 4% des [X.] nach sich zog. Bei dem Abschluss des Kreditvertrags
handelte
es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie ins-besondere die Kosten der Finanzierungsvermittlung in Höhe von 4% des [X.], ein.
Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann [X.], wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem [X.] zum Nachteil des Kapitalanlegers

hier des [X.]

ab-weicht
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 27.
Juni 2008

V
ZR 83/07, [X.], 1703 Rn.
13). Den Abschluss des [X.] und die Finan-zierung des [X.] hat der Kläger
aber ausdrücklich gewünscht und damit die Treuhänderin
bevollmächtigt.

25
26
27
-
14
-
Ob der Abschluss des [X.] erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte
als finanzierende Bank nicht zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen [X.], dass der [X.] bereits abgeschlossen worden war. Davon abgesehen war ihr

auch im Fall einer vom Berufungsgericht ange-nommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts

eine Prüfung der Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrags gar nicht möglich, weil hierfür ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände

wie etwa steuerliche Gründe

maßgeblich gewesen sein könnten.
(2) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der [X.] habe sich bei Abschluss des Darlehensvertrags aufdrängen müssen, dass die Finanzierungs-vermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. [X.] von der Frage, ob die Treuhänderin durch die Finanzierung einer

unterstellt

nicht geschuldeten Provision in Höhe von 4% der gesamten [X.] die ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzie-rungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.
(a) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziel-len Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die [X.] für den [X.] herbeizuführen ([X.], Urteil
vom 2.
Juni 1976

IV
ZR 101/75, [X.], 1118, 1119, Beschluss vom 17.
April 1997

III
ZR 182/96, NJW-RR 1997, 884 und Urteil
vom 4.
Juni 2009

III
ZR 82/08, [X.], 1801 Rn.
8). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. [X.], Urteile vom 18.
September 1985

IVa
ZR 139/83, [X.], 1422, 1423, 28
29
30
-
15
-
vom 10.
Oktober 1990

IV
ZR 280/89, [X.], 78, vom 6.
Februar 1991

IV
ZR 265/89, [X.], 818, 819, vom 6.
März 1991

IV
ZR 53/90, [X.], 1129, 1131 und vom 3.
Juli 2014

III
ZR 530/13, [X.], 1920 Rn.
14). Um die Provision zu verdienen reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des [X.] zumindest mitur-sächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächli-che Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die [X.] des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war ([X.], Urteile
vom 21.
Mai 1971

IV
ZR 52/70, [X.], 1098, 1100 und
vom 21.
September 1973

IV
ZR 89/72, [X.], 257, 258).
(b) Vor diesem Hintergrund musste sich der [X.] das Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der [X.]in

anders als das Berufungsgericht meint

nicht deshalb aufdrängen, weil der Globalvertrag mit der [X.] von der Treuhänderin und nicht von der [X.] abgeschlossen und die konkret auf den Kläger bezogene Finanzierungsanfrage nicht von dieser, sondern von der Treuhänderin gestellt worden ist und letztere auch dessen Selbstauskunft und die sonstigen [X.] übermittelt hat.
Das Berufungsgericht verkennt, dass Vermittlungsleistungen nicht höchstpersönlich erbracht werden
müssen. Nach der Konzeption des [X.] sollten die Anleger

wie auch vorliegend geschehen

allein die Treu-händerin mit dem Abschluss von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich, wenn die finanzierende Bank auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen Konditionen für die Zwischen-
und Endfinanzierung ver-handelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die [X.] zugeleitet werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Treu-31
32
-
16
-
händerin dabei mit Wissen und im Einverständnis der [X.]in als deren Erfüllungsgehilfin agiert.
(c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es unerheblich, dass der Globalvertrag für die Zwischen-
und Endfinanzierung bereits vor [X.] des [X.] durch die Treuhänderin abge-schlossen worden war. Das Berufungsgericht hat dabei verkannt, dass

wie oben ausgeführt

nach der Rechtsprechung des [X.] ein Mak-ler-
oder Vermittlervertrag auch noch nach erfolgter Maklerleistung abgeschlos-sen und dadurch eine bereits erbrachte Nachweis-
oder Vermittlungsleistung provisionspflichtig werden kann.
cc) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder vom Klä-ger behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die Treuhänderin nicht angenommen werden.

33
34
-
17
-
III.
Das angefochtene Urteil ist
daher aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache
mangels Feststellungen zur Vorlage einer notariellen Ausfertigung der Vollmachtsurkunde bzw. zu den Schadensersatzansprüchen
nicht zur End-entscheidung reif ist, ist
sie zur weiteren
Sachaufklärung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).

Ellenberger
Grüneberg
Maihold

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2013 -
12 O 128/11 -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.01.2014 -
9 [X.] -

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XI ZR 74/14

14.06.2016

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2016, Az. XI ZR 74/14 (REWIS RS 2016, 10084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10084

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