Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.03.2020, Az. 4 StR 673/19

4. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1667

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Gegenstand

Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr: Schnellbremsung wegen eines auf den Gleisen befindlichen Menschen


Tenor

Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des [X.] vom 23. August 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des [X.] merkt der Senat an:

Die rechtliche Bewertung der Tat II. Fall 1 der Urteilsgründe als versuchter gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr gemäß § 315 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist nicht zu beanstanden.

1. Nach den Feststellungen betrat der Beschuldigte im Hauptbahnhof von M.  vom [X.] aus das Gleisbett der Gleise 3 und 4, um auf diesem Weg den Bahnsteig 3 und den dort gerade mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h einfahrenden Personenzug zu erreichen. Der Angeklagte nahm dabei billigend in Kauf, dass sich Personen in dem sich nähernden Zug aufgrund der notwendigen Bremsung verletzen könnten. Der Lokführer des Zuges gab aufgrund des im Gleisbett befindlichen Beschuldigten einen Achtungspfiff ab und führte bei einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h eine Schnellbremsung mit Sandung bis zum [X.] durch. Ob sich bei der Bremsung Personen im Zug verletzten, konnte nicht festgestellt werden.

2. Unter einem Hindernisbereiten im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Juli 1954 ‒ 4 StR 329/54, [X.]St 6, 219, 224; vom 14. Januar 1959 ‒ 4 StR 464/58, [X.]St 13, 66, 69; zu § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB vgl. [X.], Urteil vom 31. August 1995 ‒ 4 StR 283/95, [X.]St 41, 231, 234). [X.] erfasst werden auch solche Einwirkungen, die erst durch die psychisch vermittelte Reaktion des Fahrzeugführers zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs führen, etwa weil sie Brems- oder Ausweichvorgänge mit den damit verbundenen Gefahren zur Folge haben. Daher handelt es sich bei einem auf den Gleisen befindlichen Menschen um ein Hindernis im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB (vgl. [X.], [X.], 387; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 315 Rn. 35; Pegel in [X.], 3. Aufl., § 315 Rn. 43 mwN; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 30. Aufl., § 315 Rn. 11; [X.] in Satzger/Schluckebier/[X.], StGB, 4. Aufl., § 315 Rn. 10; zu § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB vgl. [X.], Urteil vom 31. August 1995 ‒ 4 StR 283/95, aaO, S. 235; Beschluss vom 13. Juni 2006 ‒ 4 [X.], [X.], 34, 35).

Ob ein Hindernisbereiten schon dann vorliegt, wenn die das Gleisbett querende Person die von dem Schienenfahrzeug genutzten Gleise noch nicht erreicht hat, kann dahinstehen (vgl. zum Streitstand [X.], aaO, Rn. 35a und Pegel, aaO, Rn. 43 jeweils mwN). In dieser Konstellation ist jedenfalls ‒ wie vom [X.] angenommen ‒ ein ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff gemäß § 315 Abs. 1 Nr. 4 StGB gegeben (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 1959 ‒ 4 StR 464/58, aaO).

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Ri[X.] [X.] ist erkrankt
und daher gehindert zu
unterschreiben.

                                   

Sost-Scheible

        

Bender     

        

Rommel     

        

Meta

4 StR 673/19

24.03.2020

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wiesbaden, 23. August 2019, Az: 4410 Js 12880/19 - 6 KLs

§ 315 Abs 1 Nr 2 StGB, § 315 Abs 1 Nr 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.03.2020, Az. 4 StR 673/19 (REWIS RS 2020, 1667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1667

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