Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. XII ZR 41/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1650

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
XII ZR 41/11
Verkündet am:
7.
November 2012
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja

BGB §§ 133 B, 157 [X.], 535 Abs. 2
a)
Haben die Parteien eines Gewerberaummietvertrags vereinbart, dass bei einer bestimmten prozentualen Veränderung des "[X.] eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes der mittleren Einkommensgruppe in der Bundesrepublik [X.]eutschland" die
Miete zu ändern ist, entsteht durch den Wegfall dieses Index eine Regelungslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsaus-legung geschlossen werden muss (im [X.] an [X.]surteil vom 4.
März 2009 -
XII
ZR
141/07
-
ZMR 2009, 591).
b)
Jedenfalls wenn der der Anpassung zugrunde liegende [X.]raum ab dem 1.
Januar 2000 beginnt, entspricht es dem Interesse der Vertragsparteien, für die automatische Anpassung der Miethöhe auf den allgemeinen Verbraucherpreisin-dex bereits ab dem Basisjahr 2000 abzustellen (im [X.] an [X.]surteil vom 4.
März 2009 -
XII
ZR
141/07
-
ZMR 2009, 591).

BGH, Urteil vom 7. November 2012 -
XII ZR 41/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

[X.]er XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
November 2012 durch den Vorsitzenden
Richter [X.]ose
und
die Richter
Weber-Monecke, [X.]r.
Klinkhammer, Schilling und [X.]r.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
[X.]ie Revision gegen das Urteil des 4.
Zivilsenats des [X.]-Holsteinischen [X.]s in [X.] vom 6.
April
2011
wird auf Kosten der
Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie Klägerin begehrt von der Beklagten [X.] aus ei-nem gewerblichen Mietverhältnis.
[X.]er im Jahre 1985 geschlossene Mietvertrag enthält folgende Wertsiche-rungsklausel:
"Für die ersten drei Mietjahre nach Bezugsfertigkeit ist der in §
2 vereinbarte Mietzins fest vereinbart.
Nach Ablauf dieser [X.] kann sich auf Verlangen einer Seite der Mietzins um 60% der prozentualen Indexveränderung ändern, wenn nach dem dritten Mietjahr der [X.] eines
4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes der mittleren Einkom-mensgruppe in der Bundesrepublik [X.]eutschland (Basis 1980 1
2
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-

=
100) um 10
Prozent oder mehr steigt bzw.
fällt. [X.]ie ersten drei Jahre
(...)
sind indexneutral. [X.] dafür sind die monatlichen Veröffentlichungen des [X.] in [X.]. [X.]ie Mietzinsveränderung gilt ab dem [X.], der dem begründeten Antrag folgt.
Jeweils frühestens drei Jahre nach der Mietzinsänderung kann sich der Mietzins erneut um 60% der prozentualen Indexverände-rung verändern, wenn der genannte Lebenshaltungsindex aber-mals um 10
Prozent oder mehr steigt oder fällt.
Wenn sich entsprechend dieser Regelung der ursprüngliche Miet-zins nach oben oder
unten um mehr als insgesamt 50
Prozent verändert hat, hat bei Ermäßigung der Vermieter, bei Erhöhung der Mieter das Kündigungsrecht jeweils mit einer Frist von einem Jahr."
Aufgrund eines ersten Mieterhöhungsverlangens vom 31.
Juli 2000, das auf
den [X.] für Juni 2000 Bezug nahm, zahlte die [X.] ab Oktober 2000 eine auf 13.005

Zum 1.
Januar 2003 stellte das statistische [X.] die Herausgabe des Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen ein.
Mit Schreiben vom 15.
Mai 2006 verlangte die Klägerin eine weitere Anpassung
der Miete auf der Grundlage des
an die Stelle der Lebenshaltungs-indizes getretenen
Verbraucherpreisindex, Basisjahr 2000. [X.]ieser sei von 99,9
Punkten für Juni 2000
auf einen Indexstand von 109,9
Punkten im April 2006 gestiegen, was einer relativen Steigerung um 10,01
% entspreche.
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4
-

[X.]as Landgericht hat der Klage auf Zahlung einer um monatlich 781,10

zzgl. Umsatzsteuer erhöhten Miete
stattgegeben. [X.]as [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie den Stand-punkt vertritt, dass bis Ende 2002 noch der vertraglich vereinbarte [X.] anzuwenden sei und sich bei einer Verkettung mit dem [X.] zum Jahreswechsel 2002/2003 der Indexstand von Juni 2000 bis April 2006 nur um 9,44
% erhöht habe, somit die [X.] nicht vorlägen.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 635 ver-öffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Es bestünde Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, dass
im Wege der ergänzenden Vertragsaus-legung nach Fortfall des vertraglich vereinbarten Lebenshaltungsindex der Ver-braucherpreisindex zur Anwendung komme.
Hierbei sei nach dem hypotheti-schen Parteiwillen anzunehmen, dass der Lebenshaltungsindex nicht so lange wie möglich heranzuziehen sei, sondern die Vertragsparteien die durchgehende Anwendung des Verbraucherpreisindex für die [X.] seit der letzten Mieterhö-hung gewollt hätten.
Nur so sei eine methodisch stimmige, die Preisentwicklung einheitlich widerspiegelnde Betrachtung möglich. Es sei davon auszugehen, dass die vertragschließenden Parteien eine leicht praktikable, in sich schlüssige 6
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Wertsicherungsklausel gewünscht
hätten, die der Kostenentwicklung Rechnung trage. [X.]ies spreche für
eine durchgehende Anwendung des Verbraucherpreis-index für die Frage der Mieterhöhung.

II.
[X.]iese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
1. [X.]as [X.] geht zutreffend davon aus, dass mit der feh-lenden Fortschreibung des Index für die Lebenshaltung eines [X.] eine Regelungslücke entstanden ist, die im Wege ergän-zender Vertragsauslegung geschlossen werden muss.
Entgegen der Auffassung der Revision erstreckt sich die Regelungslücke nicht erst auf
die [X.] nach dem 1.
Januar 2003, ab der
der
Index für die Le-benshaltung eines [X.] nicht mehr berechnet wurde, sondern auf den gesamten der Anpassung zugrunde liegenden [X.]-raum
ab Juni
2000.
[X.]enn die Parteien wollten einen durchgehenden, für den gesamten Betrachtungszeitraum nach einheitlichem Maßstab berechneten In-dex zur Grundlage einer möglichen Mietanpassung machen.
[X.]ies war für den gesamten Betrachtungszeitraum ab dem zuletzt vorangegangenen Anpas-sungsverlangen im Juni 2006 nicht mehr gegeben, weil der durch den Vertrag in Bezug genommene [X.] eines 4-Personen-Arbeit-nehmerhaushalts nicht bis zum Ende des [X.] fortgeführt wurde.
2. Bei der Ausfüllung der Regelungslücke muss eine Regelung gefunden werden, welche die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Inte-9
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-

ressen nach [X.] und Glauben getroffen hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall eines Wegfalls des gewählten Index bedacht hätten.
Wie der [X.] bereits entschieden hat, hätten die Vertragsparteien, wenn sie den Fall bedacht
hätten, dass der von ihnen in Bezug genommene und auf einen bestimmten Haushaltstyp (4-Personen-Arbeitnehmerhaushalt mit mittlerem Einkommen) zugeschnittene Lebenshaltungsindex nicht fortgeschrie-ben wird, wohl aber der für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in [X.]eutschland geltende Index (jetzt: "Verbraucherpreisindex"), redlicher Weise
diesen Index als Maßstab für künftige Anpassungen des Mietzinses vereinbart
([X.]surteil vom 4.
März 2009 -
XII
ZR
141/07
-
ZMR 2009, 591
Rn.
19
mwN).
Auch dagegen erinnert die Revision nichts.
3.
[X.]ie Revision will
jedoch
die Frage, ob die Steigerung des Preisniveaus den im Mietvertrag geforderten Prozentsatz übersteigt, erst ab dem [X.]punkt nach dem Verbraucherpreisindex beurteilen, von dem an der bisherige Index nicht mehr berechnet worden ist (Ende 2002); bis zu diesem [X.]punkt soll sich diese Frage nach dem bisherigen Index beurteilen. [X.]amit dringt sie nicht durch.
a) [X.]as [X.] hat eine ergänzende
Auslegung des [X.] dahin vorgenommen, dass
für die automatische Anpassung der Miete
be-reits ab dem 1.
Januar 2000 auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex abzu-stellen
ist.
[X.]ies kann der [X.] uneingeschränkt überprüfen. [X.]ie von den Parteien vereinbarte [X.] stellt in dieser oder einer ähnlichen sinnentspre-chenden Fassung eine in Mietverträgen nicht seltene und nicht nur im Bezirk des [X.] verwendete Vereinbarung dar. Sie unterliegt deshalb auch als Individualabrede im Interesse einer einheitlichen Handhabung einer vollen inhaltlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. [X.]surteil 13
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-

vom 4.
März 2009 -
XII
ZR
141/07
-
ZMR 2009, 591
Rn.
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und
BGHZ 122, 256, 260).
b) [X.]ie ergänzende Auslegung
des Mietvertrags durch den [X.] führt [X.] zu keinem anderen als dem vom [X.] gefundenen Ergebnis.
aa) Zwar erscheint vordergründig die Annahme plausibel, die Vertrags-parteien hätten bei Kenntnis des notwendigen Indexwechsels die Fortdauer des bisherigen Index bis zum längst
möglichen [X.]punkt, hier also bis zu dessen endgültigem Wegfall zum Jahresende 2002 vereinbart mit der Folge, dass für die notwendige Umrechnung nicht auf das Verhältnis der im [X.]punkt der Ein-führung des neuen Index (1.
Januar 2000) maßgebenden Werte abzustellen wäre, sondern auf das Verhältnis der im [X.]punkt des endgültigen Wegfalls des bisherigen Index (31.
[X.]ezember 2002) maßgebenden Werte. Eine solche An-nahme beruhte jedoch auf einem Missverständnis der statistischen Grundlagen.
(1) [X.]ie Parteien haben die Möglichkeit eines
Mietänderungsverlangens an den
[X.] eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes der mittleren Einkommensgruppe in der Bundesrepublik [X.]eutschland (Basis 1980 =
100)
gebunden.
[X.]ieser Index bezeichnet die Preisentwicklung eines im Jahre 1980 anhand der damaligen [X.] ermittelten [X.] und [X.]s für einen durchschnittlichen 4-Personen-Ar-beitnehmerhaushalt der mittleren Einkommensgruppe.
[X.]) Bei der Berechnung der Teuerungsraten
geht man von einem "Wa-renkorb"
aus, welcher sämtliche Waren und [X.]ienstleistungen enthält, die für die Konsumwelt in [X.]eutschland relevant sind. [X.]er [X.] wird laufend [X.], damit immer diejenigen Gütervarianten in die Preisbeobachtung eingehen, welche von den Konsumenten aktuell häufig gekauft werden. [X.]ie Auswahl von konkreten Produkten für die Preisbeobachtung erfolgt in Form von repräsentati-17
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-
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ven Stichproben. In der Regel werden zunächst repräsentative Städte,
dort dann repräsentative Geschäfte und darin die am häufigsten verkauften [X.] ausgewählt. Ein einmal für die Preisbeobachtung ausgewählter Artikel wird dann gegen eine anderen ausgetauscht, wenn er nicht mehr oder nur noch we-nig verkauft wird.
Im nächsten Schritt werden die Güter des [X.]s in rund 700
Gü-terarten
eingeteilt. Für die Berechnung der gesamten Teuerungsrate wird die durchschnittliche Preisentwicklung für eine Güterart jeweils mit dem
Ausgaben-anteil gewichtet, den
die privaten Haushalte im [X.]urchschnitt für diese Güterart ausgeben. [X.]as Ergebnis ist ein gewichteter Mittelwert für die Preisentwicklung in [X.]eutschland. [X.]ie Gewichtungsinformationen sind im so genannten Wägungs-schema
enthalten. Im Gegensatz zum [X.] wird das [X.] für den Verbraucherpreisindex nur etwa alle fünf Jahre aktualisiert, um inner-halb des [X.] die reine Preisentwicklung, unbeeinflusst von Änderungen der Ausgabengewichte, darstellen zu können
(Quelle: Statistisches [X.], www.destatis.de, Zahlen &
Fakten / Gesamtwirtschaft
&
Umwelt / Preise / Verbraucherpreisindizes / [X.] und [X.], Stand: 7.
November 2012).

(3) Beginnend mit
der Festlegung des [X.]s für ein neues Basisjahr wird der Index für die Folgezeit
nur noch auf der Grundlage
der neu festgestellten [X.]
und des daran angepassten
neuen
[X.]s berechnet. In der Statistik der Lebenshaltungskosten und der Verbraucherpreise wird damit dem im [X.]ablauf sich ändernden [X.] der privaten Haushalte Rechnung getragen. Somit ist der auf dem neuen Basisjahr beruhende Index anders zusammengesetzt als der vorherige und ein unmittelbarer Vergleich der Indizes, die auf unterschiedlichen Basisjah-ren beruhen,
nicht möglich. Bereits publizierte Indexwerte früherer Basisjahre 21
22
-
9
-

werden ab Januar
des neuen [X.] unter Verwendung des aktualisierten [X.]s neu berechnet.
[X.]ie nachfolgend veröffentlichten Lebenshal-tungskostenindizes spiegeln daher nicht nur eine reine Preissteigerung, son-dern auch die geänderten [X.].
Zwar werden die auf ein neues Basisjahr bezogenen Indexreihen in der Regel erst zwei bis drei Jahre später veröffentlicht. So wurde der
Verbraucher-preisindex mit dem Basisjahr
2000 erst im Februar 2003 und der Verbraucher-preisindex mit dem Basisjahr 2005 erst im
Januar 2008 veröffentlicht.
Auch trifft es zu, dass in der Zwischenzeit bis zur Veröffentlichung der neuen Indexreihen noch Indizes auf der Grundlage des zuletzt gültigen [X.] und veröffentlicht werden. [X.]iese stellen jedoch nur eine Behelfslösung dar, bis das neue [X.] ermittelt ist. [X.]ie so ermittelten Indexwerte verlie-ren rückwirkend ihre Gültigkeit, sobald die nach dem neuen [X.] berechneten
Indexreihen veröffentlicht sind. [X.]enn mit der Veröffentlichung der neuen Indexreihen gilt das [X.] des neuen [X.]
rückwir-kend von dessen Beginn an; die in der Zwischenzeit veröffentlichten Werte ver-lieren, da sie auf einem überholten
[X.] beruhen,
ihre statistische Berechtigung.
bb)
Aus dem Vorstehenden
folgt, dass der von den Parteien mit der [X.] [X.] herangezogene [X.] mit dem Basisjahr 1980
als solcher bereits seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr ermit-telt
ist. [X.]enn in den Jahren 1985, 1991, 1995, 2000 und 2005 wurde das jeweils maßgebliche [X.]
anhand der geänderten
Verbrauchsgewohnhei-ten umbasiert. Bereits seit der
Einführung des [X.]
1985 wurde die Preissteigerung nach dem in 1980 festgelegten [X.], auf das die Parteien in ihrem Mietvertrag Bezug genommen haben, nicht mehr berechnet.
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-

Vor diesem Hintergrund muss
die von den Parteien getroffene Vereinba-rung dahin umgedeutet werden, dass mit der [X.] nicht der
Lebens-haltungskostenindex nach dem fixen [X.] und Basisjahr 1980 in Bezug genommen ist, sondern der [X.] nach dem [X.] gültigen
Basisjahr.
Sind die Indexreihen für ein neues Basisjahr [X.], haben allein sie
Gültigkeit
für die [X.], während die früher veröf-fentlichten Indexreihen auf einem statistisch überholten
[X.] beru-hen
und allein deshalb nicht länger herangezogen werden können.
cc)
Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung
muss außerdem
für den [X.]punkt des Übergangs vom früheren [X.] zum heutigen Verbraucherpreisindex eine Regelung gefunden werden, welche die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben getroffen hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall eines Wegfalls des gewählten Index bedacht hätten. [X.]abei ist zu beachten, dass die in den Jahren 2000 bis 2002
zunächst noch fortgeschriebenen Lebenshal-tungskostenindizes
nach dem für das Basisjahr 1995 ermittelte [X.] bereits kein zutreffendes Abbild der [X.] in den Jahren 2000 bis 2002
mehr darstellten. Sie
wären bei einer -
der Parteierwartung ent-sprechenden
-
Fortschreibung des [X.] mit einem neu-en Basisjahr 2000 nachträglich ungültig geworden, weil sie auf einem statistisch überholten [X.] beruhten.
Allein die Tatsache, dass der Lebens-haltungskostenindex
als solcher
tatsächlich nicht umbasiert, sondern durch den Verbraucherpreisindex ersetzt
wurde, macht diese
statistische Ungenauigkeit nicht wett.
Auf eine
fortdauernde Wirkung der noch für die Jahre
2000 bis 2002
er-mittelten Lebenshaltungskostenindizes auf das Mietverhältnis hätten sich die Parteien jedoch
redlicher Weise
nur dann geeinigt, wenn feststünde,
dass das 25
26
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-
11
-

diesen
noch zugrundeliegende [X.]
aus dem Basisjahr 1995
dem fiktiven
[X.] eines auf das
Basisjahr 2000 fortgeschriebenen [X.] für 4-Personenhaushalte näher käme
als das [X.] des neu eingeführten Verbraucherpreisindex mit dem Basisjahr 2000.
[X.]iese Feststellung kann jedoch
schon deshalb
nicht getroffen werden, weil das [X.]
für die Lebenshaltung eines [X.]
im Jahre 2000 nicht nachträglich ermittelbar ist. Hinge-gen
spiegelt
der Verbraucherpreisindex seit seiner Einführung die aktuelleren [X.] wider, wenngleich nicht nach einzelnen Haushaltsty-pen
differenziert.
Entscheidend kommt hinzu,
dass mit der Einführung des [X.] auch methodische
Weiterentwicklungen eingeflossen
sind. Nach der vom Ober-landesgericht eingeholten Auskunft des statistischen [X.]es wurde die Erfassungspraxis bei Pauschalreisen, Ferienwohnungen, Flügen u.Ä. geändert. In der Vergangenheit konnte es vorkommen, dass bei ungünstiger Lage der Wochentage Reisen während der [X.] nicht in den [X.]ezem-berindex eingingen. Nach der nunmehr modifizierten Erhebungspraxis wird si-chergestellt, dass die [X.] und [X.] immer im [X.]ezemberindex abgebildet werden. [X.]ies verändert die [X.] der Preis-entwicklung ab dem [X.] und damit auch die monatlichen Veränderungs-raten, insbesondere für [X.]ezember und Januar.
Legt man für die [X.] ab 2000 einheitlich das neue Basisjahr zugrunde, werden die
methodischen Änderungen nicht ergebnisrelevant. [X.]emgegenüber
würde eine selbst vorgenommene [X.], zum Beispiel zum Jahreswechsel 2002/2003, dazu führen können, dass die methodischen Unterschiede der miteinander verknüpften Preisindizes das Gesamtergebnis verfälschen.

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-
12
-

[X.]iese Verfälschung wird daran deutlich, dass sich bei einer Verkettung der Preisindizes zum Jahreswechsel 2002/2003 nur eine Steigerung von 9,4
% errechnet anstelle der tatsächlichen Steigerung von 10
%. Ohne die Verfäl-schung müsste
sich nämlich auch bei einer Verkettung zum Jahreswechsel 2002/2003 eine Steigerungsrate von 10
% ergeben. [X.]enn der neu eingeführte Verbraucherpreisindex entspricht inhaltlich dem früheren "Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in [X.]eutschland"
(vgl. [X.], [X.] Juni 2005, Fachserie 17/Reihe
7, abgedruckt [X.], 1406). Jener
hatte im Juni 2000
einen Punktestand von 106,9
und im [X.]ezem-ber 2002 einen Punktestand von 110,8, hat also von Juni 2000
bis Ende 2002
eine prozentuale Steigerung um insgesamt 3,6
% erfahren. [X.]er mit dem Miet-vertrag in Bezug genommene "Preisindex für die Lebenshaltung von 4-Per-sonen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen"
hatte im Juni 2000
einen Punktestand von 106,6
% und im [X.]ezember 2002 ei-nen Punktstand von 110,4
%,
erfuhr
also von Juni 2000 bis Ende 2002
eben-falls eine prozentuale Steigerung um 3,6
%. Nach den zuletzt gültigen
[X.]ta für die Lebenshaltungsindizes (Basisjahr
1995)
hatte sich somit eine
gleich hohe
Steigerungsrate
des [X.] für
4-Personen-Arbeitnehmerhaushalte wie
für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte ergeben, der
jetzt dem Verbraucherpreisindex entspricht. [X.]araus folgt, dass die unterschiedlichen Rechenergebnisse bei einer Verkettung zum Jahreswechsel 2002/2003 anstatt
einheitlicher
Berechnung nach dem Basisjahr 2000 nicht auf unterschiedliche [X.]ta und Warenkörbe der beiden
Indizes, sondern allein oder ganz überwiegend auf die vom [X.] für Sta-tistik aufgezeigte Ergebnisverfälschung aufgrund
geänderter Methodik zurück-zuführen sind.
dd) Hätten die Parteien dieses bedacht, hätten sie sich redlicher Weise
bereits ab Einführung des neuen Verbraucherpreisindex auf die Geltung
des 29
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-
13
-

aktuelleren [X.]s ab dem Basisjahr 2000 geeinigt, anstelle der weiteren Mietentwicklung ein statistisch überholtes
[X.] zugrunde
zu
legen
und weitere Verfälschungen durch einen Methodenwechsel
in Kauf zu nehmen.
ee) Aus den Entscheidungen
des [X.] vom 12.
Oktober 2007 (V
ZR
283/06
-
NJW-RR 2008, 251) und vom 31.
Oktober 2008 (V
ZR
71/08
-
NJW 2009, 679) ergibt sich
für den vorliegenden Fall
nichts Ge-genteiliges. Zwar geht der [X.] in diesen Entscheidungen für die Anpassung einer Kaufpreisrente bzw. eines Erbbauzinses von einer Heranzie-hung des Verbraucherpreisindex anstelle des ursprünglich als Anpassungs-maßstab vereinbarten [X.] erst ab dem 1.
Januar 2003 aus, da erst ab diesem [X.]punkt der vertraglich ursprünglich vereinbarte Maß-stab nicht mehr zur Verfügung stehe. [X.]ie den Entscheidungen zugrunde lie-genden Sachverhalte sind jedoch mit dem vorliegend zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. In den vom V.
Zivilsenat entschiedenen Fällen war die vo-rangegangene
Leistungsanpassung vor dem Basisjahr 2000 des neu eingeführ-ten Verbraucherpreisindex
erfolgt, während hier die letzte Leistungsanpassung und damit der gesamte Betrachtungszeitraum der Preisentwicklung in die [X.] nach Einführung des neuen Index fällt.
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht die prozentuale Preissteigerung auch bereits ab Juni 2000 und nicht erst ab Oktober 2000 zugrundegelegt.
Zwar enthält der Vertrag keine eindeutige Bestimmung darüber, ob als Bezugsmonat des weiteren Mietpreisänderungsverlangens der im vorherigen [X.] genannte Indexmonat oder der Monat des Wirksamwerdens der vorhe-rigen Mieterhöhung zu wählen ist. Jedoch ist der im vorherigen [X.] genannte Indexmonat nicht nur für die Berechtigung zur Mietpreisände-rung, sondern auch
für die Bemessung des neuen Mietpreises
maßgeblich. [X.]as 31
32
-
14
-

lässt
es als sachgerecht erscheinen und entspricht redlicher
Weise dem Partei-willen, die weitere prozentuale Indexentwicklung von
dieser Bezugsgröße aus zu bemessen.
5. In dem
zugrunde zu legenden [X.]raum beträgt die Preissteigerung nach der Formel 109,9 / 99,9 x
100 -
100 exakt 10,0
%. Entgegen der Annahme des [X.] kann eine zweite Nachkommastelle (10,01
%) nicht [X.] werden, da die zugrundeliegenden Indizes bereits auf eine Nach-kommastelle gerundet sind. [X.]as Ausweisen der Veränderungsrate mit mehre-ren Nachkommastellen stellte eine Scheingenauigkeit dar, die statistisch nicht gegeben ist.
33
-
15
-

Nach den
Vertragsbestimmungen
genügt es jedoch,
wenn die [X.] Steigerungsrate genau 10
% beträgt.
[X.]aher ist das Mieterhöhungsverlangen vom 15.
Mai 2006 begründet.

[X.]ose
Weber-Monecke
Klinkhammer

Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.05.2010 -
10
O
228/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.04.2011
-
4
U
60/10 -

34

Meta

XII ZR 41/11

07.11.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2012, Az. XII ZR 41/11 (REWIS RS 2012, 1650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1650

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 41/11

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