Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2011, Az. 4 StR 340/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 4404

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 340/11

vom
26. Juli
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Anstiftung zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der
Beschwerdeführerin
am 26. Juli
2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. März 2011

a)
im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte der Anstiftung zum versuchten gefährli-chen Eingriff in den Straßenverkehr und zu einer tat-einheitlich begangenen versuchten
Körperverletzung schuldig ist,

b)
im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Anstiftung zu einem gefährli-chen Eingriff in den Straßenverkehr und zu einer tateinheitlich begangenen ver-suchten Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die 1
-
3
-
hiergegen eingelegte Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem tenorierten Umfang Erfolg.

1. Die getroffenen Feststellungen ergeben nicht, dass die Angeklagte der Anstiftung zu einem vollendeten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 26 StGB schuldig ist.

a) Das [X.] hat sich rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass die Angeklagte am 21. September 2008 entweder den rechtskräftig [X.] Mitangeklagten [X.]

, den Zeugen D.

oder beide gemeinsam dazu veranlasste, an dem Pkw ihres [X.] einen Bremsschlauch anzuschneiden. Dadurch wurde die Wirkung des Bremssystems bei scharfen Bremsungen um bis zu 50 % vermindert. Außerdem kam es zu einer Verlängerung des [X.]. Die Angeklagte und
der auf ihre Aufforderung hin handelnde Haupttäter wollten auf diese Weise erreichen, dass der Vater der Angeklagten bei seiner nächsten Autofahrt einen Verkehrsunfall erleidet und sich dabei [X.] zuzieht. Dass die Angeklagte eine Tötung ihres [X.] anstrebte oder zumindest billigend in Kauf nahm, vermochte das [X.] nicht festzustel-len.

Am 22. September 2008 verließ der Vater der Angeklagten mit dem Fahrzeug den Innenhof seines [X.] und fuhr in eine öffentliche Straße ein, auf der die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h be-schränkt war. Als er hinter parkenden Fahrzeugen anhalten wollte, um Gegen-verkehr passieren zu lassen, bemerkte er bei der Betätigung des [X.] zunächst keine Bremswirkung. Er bremste deshalb stärker und zog die [X.] an. Sein Fahrzeug kam daraufhin zum Stillstand, ohne dass andere 2
3
4
-
4
-
Fahrzeuge berührt wurden. Anschließend fuhr er vorsichtig zurück zu seinem Wohnanwesen und veranlasste eine fachkundige Überprüfung, bei der die Be-schädigung des Bremsschlauches entdeckt wurde. Weitere Feststellungen hat das [X.] nicht zu treffen vermocht.

b) Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §
315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in den [X.]. 1 bis 3 genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des [X.] herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen
oder fremder Sachen von besonderem Wert verdichtet hat (Senatsurteil vom 4.
Dezember 2002

4 [X.], [X.], 119, 122; Senatsbeschluss vom 13. Juni 2006
-
4 [X.], [X.], 34,
35; [X.]/[X.] § 315b Rn. 5). Die Feststellungen des [X.] belegen nicht, dass es durch die in
dem Anschneiden des Bremsschlauches liegende Fahrzeugbeschädigung (§
315b Abs. 1 Nr. 1 StGB) zu einer

über eine abstrakte Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs hinausreichenden

konkreten Gefährdung ei-nes der in § 315b Abs. 1 StGB bezeichneten [X.] gekommen ist.

Die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache ist erst dann konkret gefährdet, wenn durch die Tathandlung ein so hohes Verletzungs-oder Schädi-gungsrisiko begründet worden ist, dass es nur noch vom Zufall abhängt, ob es zu einer Rechtsgutsverletzung kommt. Kritische Verkehrssituationen erfüllen diese Voraussetzungen im Allgemeinen nur, wenn sie sich aus der Perspektive -urteil
vom 30. März
1995

4 StR 725/94, [X.], 3131; [X.]/[X.] 5
6
-
5
-
§
315b Rn. 16). Aus den landgerichtlichen Feststellungen ergibt sich dazu nur, dass der Vater der Angeklagten bei der Betätigung des [X.] zwar an-fänglich keine Bremswirkung verspürte, dann aber
sein Fahrzeug doch noch mit der eigenen Bremsanlage rechtzeitig zum Stehen brachte. Dass es dabei zu einer hochriskanten,
praktisch nicht mehr beherrschbaren Verkehrssituation -den weiteren Feststellungen, noch dem Gesamtzusammenhang des Urteils entnommen werden.

Die bloße Inbetriebnahme eines Fahrzeuges, dessen Bremsanlage be-schädigt worden ist, reicht für die Annahme einer konkreten Gefahr nicht aus. Das dadurch begründete besondere Unfallrisiko stellt sich nur als eine

wenn auch möglicherweise erhebliche

Steigerung des allgemeinen Unfallrisikos dar, ohne die darin liegende abstrakte Gefahr bereits im Sinne von § 315b StGB zu konkretisieren (Senatsurteil
vom 30. März 1995

4 StR 725/94, [X.], 3131).

c) Da nicht erwartet werden kann, dass noch zusätzliche Feststellungen getroffen werden können, hat der Senat den Schuldspruch wie aus dem Tenor ersichtlich geändert.
Die Voraussetzungen für einen versuchten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß §
315b Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2, Abs.
3, §
23 Abs.
1, §
22 StGB liegen vor. Sowohl die Angeklagte als auch der von ihr ange-stiftete Haupttäter haben mit dem für eine Versuchsstrafbarkeit erforderlichen [X.] gehandelt (vgl. [X.]/[X.], §
315b Rn. 20).
7
8
-
6
-

-
7
-
2. Der Strafausspruch ist
trotz der maßvollen Strafbemessung aufzuhe-ben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das [X.] einen ande-ren Strafrahmen gewählt und eine mildere Strafe verhängt hätte.

3. Die weiter
gehende Revision ist offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs.
2 StPO).

4. Der Senat verweist die Sache entsprechend § 354
Abs. 3
StPO an [X.] des [X.] zurück, weil der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und der die Zuständigkeit des Schwurgerichts begrün-dende Tatvorwurf der Anstiftung zum versuchten Mord weggefallen ist ([X.], Beschluss vom 15.
März 2011 -
5 [X.], BeckRS 2011, 06760; vgl. Urteil vom 7. September 1994

2 [X.], NJW 1994, 3304, 3305, insoweit in [X.]St 40, 251
nicht abgedruckt).

[X.] Roggenbuck Mutzbauer

Bender Quentin

9
10
11

Meta

4 StR 340/11

26.07.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2011, Az. 4 StR 340/11 (REWIS RS 2011, 4404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4404

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 340/11 (Bundesgerichtshof)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Voraussetzungen der Vollendung des Delikts


4 StR 188/15 (Bundesgerichtshof)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte: Notwendige Urteilsfeststellungen bei Zufahren auf eine …


4 StR 188/15 (Bundesgerichtshof)


4 StR 25/06 (Bundesgerichtshof)


4 StR 505/18 (Bundesgerichtshof)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Feststellung eines drohenden bedeutenden Sachschadens sowie einer Leibes- oder Lebensgefährdung; …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 340/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.