Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2006, Az. 4 StR 25/06

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 4682

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[X.] vom 7. März 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 7. März 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2005 mit den [X.] aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit versuchtem gefährli[X.] Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachli[X.] Rechts gestützten Revision. 1 Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verurteilung wegen versuchten Mordes hält rechtlicher Prüfung nicht stand. 2 1. Nach den Feststellungen wollte sich der Angeklagte nicht damit abfin-den, dass sich seine Ehefrau [X.] zugewandt hatte und sich von ihm trennen wollte. Um in das neue Leben seiner Ehefrau einzugreifen und sie für ihr undankbares Verhalten zu sanktionieren, entschloss er sich, deren 3 - 3 - Fahrzeug in einen fahruntüchtigen Zustand zu versetzen. Er drehte, für die [X.] nicht erkennbar, eine Kreuzschlitzschraube in die Lauffläche des linken Vorderreifens ihres [X.] und durchtrennte den zur linken [X.] führenden Bremsschlauch fast vollständig, so dass die Bremsflüssigkeit auslief. Die Bremswirkung der Bremsanlage wurde hierdurch um etwa die [X.] herabgesetzt. Als seine Ehefrau mit ihrem Fahrzeug losfuhr, bemerkte sie zwar schon nach wenigen Metern Fahrt auf ebener Strecke, ein "klackerndes" Geräusch. Gleichwohl fuhr sie im zweiten Gang weiter und bog in eine Straße mit erheblichem Gefälle ein. Als sie auf der [X.] die Fußbremse ihres Fahrzeugs betätigte, trat keine Bremswirkung ein. Sie zog daraufhin instinktiv die Handbremse und brachte das Fahrzeug zum Stehen. 2. Die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes, auf der die [X.]e Verurteilung wegen versuchten [X.] beruht, begegnet [X.] rechtli[X.] Bedenken. 4 Das [X.] hat das Vorliegen eines bedingten Tötungsvorsatzes aus der objektiven Gefährlichkeit des Vorgehens des Angeklagten gefolgert. Er habe gewusst, dass seine Manipulation zu einer erhebli[X.] Beeinträchtigung der Bremswirkung führen und seine Ehefrau mit dem beschädigten Fahrzeug die [X.], in die mehrere [X.] einmünden, befahren würde. Mit der sich hieraus ergebenden Gefahr eines folgenschweren, möglicherweise tödli[X.] Unfallhergangs habe er sich abgefunden. 5 Das [X.] geht zwar zutreffend davon aus, dass das Vorgehen des Angeklagten in hohem Maße gefährlich war und die Möglichkeit eines [X.] in Folge eines Bremsversagens nahe lag. Ein Rechtssatz des [X.], dass ein Täter, der wie der Angeklagte vorgeht, deshalb zugleich grund-6 - 4 - sätzlich auch mit tödli[X.] Folgen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer rech-net und diese billigt, besteht gleichwohl nicht. Diese Frage kann nicht allgemein, sondern nur nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles beurteilt wer-den. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Das [X.] hat in seine Wertung insbesondere nicht alle nahe liegenden objek-tiven und subjektiven Umstände einbezogen, die die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes in Frage stellen könnten (vgl. BGH [X.] 1999, 464 m.w.N.). Es hätte zur Beurteilung der Frage, ob objektiv eine Lebensgefahr für die Nebenklägerin oder andere Verkehrsteilnehmer durch das Vorgehen des Ange-klagten entstanden war, Feststellungen dazu treffen müssen, mit wel[X.] Kolli-sionsgeschwindigkeiten bei einem Unfall in Folge eines Bremsversagens zu rechnen war. Nach den getroffenen Feststellungen liegt nämlich nahe, dass die bis zur Einmündung in eine Bundesstraße etwa 500 m lange, in einem Wohn-gebiet gelegene [X.] in Anbetracht mehrerer zuvor von rechts ein-mündenden [X.] nur mit verhaltenem Tempo in einem niedrigen Gang befahren werden konnte. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass im Falle eines Unfalls auf der [X.] nur mit geringen Aufprallgeschwindig-keiten zu rechnen war und deshalb tödliche Unfallfolgen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer eher unwahrscheinlich waren. Dass der Angeklagte damit rechnete, seine Ehefrau werde die Fußbremse erstmals kurz vor der Einmün-dung in die zeitweise stark befahrene Bundesstraße betätigen, ergeben die Ur-teilsgründe nicht. Darüber hinaus hat sich das [X.] nur unzurei[X.]d damit auseinandergesetzt, ob der Angeklagte mit unfallvermeidenden [X.] der Nebenklägerin rechnen konnte und gerechnet hat. Soweit es insoweit darauf abgestellt hat, die im Falle eines Versagens der Fußbremse nahe lie-gende Betätigung der Handbremse - wie tatsächlich geschehen - sei eine für den Angeklagten nicht vorhersehbare Reaktion der Nebenklägerin gewesen, 7 - 5 - stellt dies lediglich eine Vermutung zu Lasten des Angeklagten dar, die nicht mit Tatsa[X.] belegt ist. Schließlich kommt hinzu, dass das [X.] aus sub-jektiven Gründen das Vorliegen der Voraussetzungen des Verbre[X.]statbe-standes des § 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 a) StGB verneint hat. Die dieser Wertung zu Grunde liegenden Erwägungen hätten dargelegt und auch bei der Prüfung des Tötungsvorsatzes erörtert werden müssen. Die Feststel-lung, der Angeklagte habe nicht in der Absicht gehandelt, einen Unglücksfall herbeizuführen, ist nämlich nicht ohne weiteres vereinbar mit der Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe gerade durch die Herbeiführung eines [X.] versucht, seine Ehefrau oder andere Verkehrsteilnehmer bedingt vorsätzlich zu töten. 3. Der nur den Schuldspruch wegen versuchten Mordes betreffende Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt, auch soweit der Ange-klagte - rechtsfehlerfrei - des [X.] verwirklichten versuchten gefährli- 8 - 6 - [X.] Eingriffs in den Straßenverkehr für schuldig befunden worden ist (BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Tepperwien Maatz Kuckein [X.] Sost-Scheible

Meta

4 StR 25/06

07.03.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2006, Az. 4 StR 25/06 (REWIS RS 2006, 4682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4682

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