Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. 4 StR 487/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 11436

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:120516U4STR487.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
4
StR
487/15

vom
12. Mai 2016
in der Strafsache
gegen

wegen Brandstiftung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai
2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende
[X.]in
am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,

[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

[X.]in am [X.]

als Vertreterin
des
[X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

der Angeklagte in Person

in der Verhandlung ,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 28.
April 2015 mit den zu-gehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstre-ckung der Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt [X.] ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung

auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft

an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen.
4.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Brandstiftung, versuchten Betrugs und falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hierge-gen wenden sich der Angeklagte und

zu seinen Ungunsten

die Staatsan-waltschaft mit ihren Revisionen. Der Angeklagte erhebt zwei Verfahrensrügen und macht mit der ausgeführten Sachrüge Rechtsfehler in der Beweiswürdi-gung geltend. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrem vom Generalbun-desanwalt vertretenen Rechtsmittel, dass der Angeklagte nicht auch wegen versuchter Brandstiftung und Sachbeschädigung verurteilt worden ist. Im [X.]
-
4
-
blick auf die Sachbeschädigung hat die Generalstaatsanwaltschaft [X.] das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im [X.] bejaht. Außerdem wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Strafbemes-sung und die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung. Das Rechtsmittel des
Angeklagten bleibt erfolglos. Die Revision der Staatsanwalt-schaft hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
Das [X.] hat die folgenden Feststellungen und Wertungen ge-troffen:
1.
Am frühen
Morgen des 23.
Oktober 2013 brachte der Angeklagte in den Innenraum des seiner Mutter L.

K.

gehörenden Pkw der
Marke [X.], [X.], den er am Vorabend im
Doppelcarport auf seinem Anwesen in Ka.

entzündete diesen mit einer offenen Flamme. Ihm war dabei bewusst, dass das Feuer den Wagen seiner Mutter zerstören würde. Auch vermochte er nicht aus-zuschließen, dass der Brand von dem Fahrzeug auf seinen Carport und von dort auf die unmittelbar angebaute Garage der Familie T.

und deren
davor abgestellten Pkw übergreifen konnte. Er hoffte zwar, dass alles gut gehen würde, nahm aber auch diese Folgen billigend in Kauf. Nach der Tat wollte der Angeklagte den Tatverdacht gezielt auf seine frühere Ehefrau S.

K.

lenken, um sich auf diese Weise einen Vorteil in dem mit ihr ausgetrage-
nen Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind zu verschaffen.
Als der Angeklagte gerade im Begriff war, die hintere rechte Tür wieder zu schließen, kam es im Innenraum des Pkw zu einer Verpuffung, durch die 2
3
4
-
5
-

vollständig ins Schloss gefallene hintere rechte Tür deformiert wurden. Zugleich entstand eine Stichflamme, die die Sitzflächen, Fußräume und Auskleidung des Pkw entzündete. Innerhalb weniger Minuten entwickelte sich ein Vollbrand, der sich schnell auf den Doppelcarport des Angeklagten ausbreitete. Der durch die Verpuffung und die Stichflamme überraschte Angeklagte erlitt eine flächige Versengung der [X.]. Die von der Zeugin T.

verständigte Feuer-
wehr konnte einen Übergriff des [X.] auf die angebaute Garage der Familie T.

verhindern und den Brand zügig löschen. Den Pkw der Familie
T.

hatte der Zeuge T.

bereits zuvor beiseite gefahren.
Der Pkw der L.

K.

brannte vollständig aus. Das Fahr-
zeug hatte einen Wiederbeschaffungswert von 1.600
Euro und einen Restwert von 150
Euro. Der Carport des Angeklagten wurde erheblich beschädigt. An der Garage der Familie T.

kam es zu [X.] und hitzebedingten Be-
tonabplatzungen an der rechten Wand. Zudem schmolzen Teile der Bitumen-verkleidung im Bereich der [X.]. Am Fahrzeug der Eheleute T.

zer-
schmolz infolge der feuerbedingten Hitzeentwicklung das vordere rechte Blink-licht. An dem neben dem Doppelcarport stehenden Wohnhaus des Angeklagten wurde das im Erdgeschoss befindliche linke Fenster durch die brandbedingte Hitzeentwicklung an der [X.] und am Rahmen deformiert. Die Jalousie schmolz

g-und leicht verbogen. Beide Fenster wiesen, ebenso wie die neben ihnen befind-liche Nebeneingangstür, leichte thermische Risse in den Scheiben auf.
Bei seiner polizeilichen Einvernahme am 23.
Oktober 2013 gab der An-geklagte bewusst wahrheitswidrig an, in den letzten Monaten wiederholt Anrufe 5
6
-
6
-
seiner von ihm im März 2012 geschiedenen früheren Ehefrau S.

K.

erhalten zu haben. Diese
habe ihn dabei
beleidigt und damit gedroht,
dass bei ihm alles in Flammen aufgehen werde. Drei dieser Anrufe könnten von den Zeugen Kr.

und N.

bestätigt werden. Damit wollte der Ange-

n-sie

e-ren Ermittlungen konnte der Verdacht gegen sie entkräftet werden.
Am 28.
Oktober 2013 erstatte
der Angeklagte gegenüber dem [X.]

, bei dem er eine Wohngebäude-
und
Hausratversicherung unterhielt, eine Schadensanzeige. Dabei verschwieg er, dass er das Feuer selbst gelegt hatte, denn ihm war bewusst, dass er als Brandstifter keinen Anspruch auf Ersatz seiner Schäden hatte. Bei alledem ging er davon aus, dass die Versicherung aufgrund seines Verhaltens irrtümlich da-von ausgehen würde, dass er berechtigte Ansprüche gegen sie habe. Gegen-über der Gebäudeversicherung machte der Angeklagte für die Wiederherstel-lung des Carports 27.000
Euro und die Schäden an seinem Haus weitere 3.200
Euro geltend. Von der Hausratversicherung forderte der Angeklagte für im Carport und in dem Pkw verbrannte Gegenstände Wertersatz in Höhe von 8.000
Euro. Zur Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es aufgrund des vorliegenden Strafverfahrens nicht.
2.
Das [X.] hat die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des An-geklagten
als Brandstiftung gemäß §
306 Abs.
1 Nr.
4 StGB gewertet. In Bezug auf die Garage und den Pkw der Familie T.

hat es die Annahme einer
(vollendeten) Brandstiftung mit der Erwägung verneint, dass es nach den [X.] nicht zu einer teilweisen Zerstörung im Sinne des §
306 Abs.
1 StGB gekommen sei. Für eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung nach §
303 7
8
-
7
-
StGB fehle der nach §
303c StGB erforderliche Strafantrag. Auch habe die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung insoweit nicht bejaht. Eine fahrlässige Brandstiftung am eigenen Wohnhaus gemäß §
306d [X.]. §
306a StGB liege nicht vor, weil es nicht zu einer teilwei-sen Zerstörung des Wohnhauses gekommen sei. Bei seiner polizeilichen [X.] am 23.
Oktober 2013 habe sich der Angeklagte der falschen Verdächti-gung gemäß §
164 Abs.
1 StGB schuldig gemacht. Die Schadensmeldungen erfüllten die Voraussetzungen eines versuchten Betrugs gemäß §
263 Abs.
1, §§
22, 23 Abs.
1 StGB, weil der Angeklagte dabei vorgetäuscht habe, dass es icherungsfall der Wohn-
und Hausrat

II.
Entgegen der Auffassung des Angeklagten wird die unter II.
3 der Ur-teilsgründe abgeurteilte Tat (Betrug zum Nachteil der Versicherung) in der un-verändert zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 27.
No-vember 2014 hinreichend klar umgrenzt.
Denn im Anklagesatz (§
201 Abs.
1 Satz
1 StPO)
sind sowohl die am 23.
Oktober 2013 erfolgte Brandlegung, als auch die spätere Geltendmachung von Schäden gegenüber dem [X.]

aufgeführt. Damit hat die Staatsan-
waltschaft ohne weiteres den Willen zum Ausdruck gebracht, beide Gescheh-nisse zur Aburteilung zu bringen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Mai 1998

2
StR
76/98, [X.], 206
f.). Der Umstand, dass dabei das genaue Datum der Schadensmeldung nicht benannt wird, ist unschädlich, denn der Verfahrensge-genstand wird durch die Benennung der jeweiligen Versicherungen, der geltend gemachten Summen und des Schadensfalles in sachlicher Hinsicht zuverlässig bezeichnet (vgl. [X.], Beschluss vom 1.
Juni 2011

2
StR
459/10, Rn.
2 mwN).
9
-
8
-
III.
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
1.
Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a)
Die [X.], das [X.] habe es unterlassen, Akten aus Sorge-rechts-
und Ehestreitigkeiten sowie Akten aus früheren Ermittlungsverfahren beizuziehen und dadurch seine Aufklärungspflicht verletzt, ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] nicht zulässig erhoben.
b)
Soweit die Revision geltend macht, das [X.] habe unter [X.] gegen §
244 Abs.
2 StPO nicht aufgeklärt, warum der [X.] in der Hauptverhandlung davon ausgegangen sei, dass die Zündquelle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die linke Hintertür [X.] wurde, während er dies in seinem vorbereitenden Gutachten nur vermu-tet habe, fehlt es ebenfalls an einem den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO genügenden Sachvortrag. Die Entscheidung über Verfahrensrü-gen, die auf Unterschiede zwischen einem vorbereitenden und dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten gestützt sind, erfordert regelmäßig einen inhaltlichen Vergleich zwischen den beiden Gutachten. Nur so ist [X.] feststellbar, ob beide Gutachten auf identischer tatsächlicher Grundlage erstattet sind oder ob sich die Differenzen aus unterschiedlichen tatsächlichen Grundlagen ohne weiteres von selbst erklären. Während sich jedoch die Grund-lagen des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens regelmäßig aus den Urteilsgründen ergeben, ist dies hinsichtlich einer durch den weiteren Verfah-rensablauf überholten Grundlage eines früheren Gutachtens nicht notwendig der Fall. Der [X.] hat daher regelmäßig jedenfalls den wesentlichen 10
11
12
13
-
9
-
Kern des ursprünglichen Gutachtens vorzutragen (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
August 2012

1
StR
389/12, [X.], 98, 99 mwN)
und kann sich nicht

wie hier

darauf beschränken, die abweichende Passage zu zitieren.
2.
Die von der Revision im Rahmen der Sachrüge vorgebrachten Angriffe gegen die Beweiswürdigung zeigen keinen Rechtsfehler auf (zum revisionsge-richtlichen Prüfungsmaßstab vgl. [X.], Urteil vom 27.
Oktober 2015

3
StR 199/15, juris Rn.
16; Urteil vom 5.
Dezember 2013

4
StR
371/13, [X.], 87 mwN). Die Einwände der Revision erschöpfen sich darin, festgestellte Beweisanzeichen anders zu gewichten und ihre eigene Beurteilung an die Stel-le der Wertung des Tatrichters zu setzen. Dem Urteil ist auch hinreichend deut-lich zu entnehmen, dass das [X.] die erforderliche Gesamtwürdigung aller Indizien vorgenommen hat. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
a)
Soweit die Revision ausführt, das [X.] habe nicht geprüft, ob das [X.], dass der Angeklagte des Öfteren mit [X.] bedroht wurde, mit der These, der Angeklagte sei unschuldig, in Übereinstim-mung gebracht werden könne, vermag sie keine revisionsrechtlich relevante Lücke in der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die Revision verkennt, dass das [X.]

gestützt auf die Angaben der
früheren Ehefrau
und die [X.] der Telefonverbindungsdaten

zu der Überzeugung gelangt ist, dass es diese Anrufe nicht gab. Dass die [X.] dabei den Aussagen der Zeugen Kr.

und N.

keinen Beweiswert beigemessen hat, liegt im Rahmen
tatrichterlicher Beweiswürdigung. Die an die Zurückweisung der Aussagen ge-knüpfte Folgerung, dass sich der Angeklagte beider Zeugen bedient habe, um die vermeintlichen Drohanrufe von ihnen bekunden zu lassen, ist ein möglicher Schluss und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Februar 2015

4
StR
420/14, [X.], 148 mwN).
14
15
-
10
-
b)
Die auf die Ausführungen des Brandsachverständigen gestützte An-nahme
der [X.], das Haupthaar des Angeklagten sei durch die Stich-flamme versengt worden, als er noch unmittelbar neben dem Fahrzeug stand und gerade im Begriff war, die Tür zu schließen, beruht ebenfalls auf möglichen Schlüssen, die das Revisionsgericht hinzunehmen hat. Gleiches gilt, soweit das [X.]
das Fehlen von weiteren Verletzungen beim Angeklagten für er-klärbar hält und annimmt, dass der Täter zur Brandlegung mit dem [X.] die hintere Tür der Beifahrerseite öffnete. Davon, dass der [X.] die einzigen Fahrzeugschlüssel besaß, hat sich die [X.]
rechtsfehlerfrei überzeugt.
c)
Der von der Revision geltend gemachte Widerspruch zwischen der Feststellung, der Angeklagte sei im Zeitpunkt der Verpuffung gerade im Begriff gewesen, die hintere rechte Tür wieder zu verschließen und der festgestellten Druckwirkung liegt nicht vor. Der Auffassung der Revision, die [X.] habe mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass die Tür noch un-verschlossen gewesen sei, steht die weitere Feststellung entgegen, dass die

nicht wieder vollständig ins

d)
Der Umstand, dass die [X.] von der Revision für möglich ge-haltene nachträgliche Veränderungen am ausgebrannten Fahrzeug, etwa durch Polizeibeamte oder Feuerwehrleute, nicht erwogen hat, lässt keinen Rechtsfeh-ler erkennen. Hierbei handelt es sich nicht um einen naheliegenden und des-halb ohne weiteres zu erörternden Geschehensverlauf (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Februar 2010

3
StR
564/09, [X.], 183). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf Aktenbestandteile Bezug nimmt, fehlt es an der
erforderlichen Verfahrensrüge.
16
17
18
-
11
-
3.
Die weiter gehende Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§
349 Abs.
2 StPO).
IV.
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt, soweit sie zu Ungunsten des Angeklagten eingelegt worden ist, zu einer Aufhebung der Entscheidung über die Bewährung. Im Übrigen zeigt sie keinen den Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§
301 StPO) Rechtsfehler auf.
1.
Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a)
Das [X.] hat zu Recht davon abgesehen, den Angeklagten neben vollendeter Brandstiftung (§
306 Abs.
1 Nr.
4 StGB) auch wegen einer hierzu in Tateinheit (§
52 Abs.
1 StGB) stehenden versuchten Brandstiftung gemäß §
306 Abs.
1 Nr.
1 und 4, §§
23 Abs.
1, 22 StGB zu verurteilen, obgleich er bei dem erfolgreichen Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch damit [X.] und billigend in Kauf genommen hat, dass das von ihm gelegte Feuer auf die Garage der Eheleute T.

und deren Pkw übergreifen konnte.
aa)
§
52 Abs.
1 StGB erfasst zwar auch den Fall, dass dasselbe Strafge-setz durch eine Handlung mehrfach verletzt wird (sog. gleichartige Idealkonkur-renz). Ob eine mehrere taugliche Tatobjekte beeinträchtigende Handlung zu einer mehrmaligen oder lediglich zu einer in ihrem Gewicht gesteigerten einma-ligen Gesetzesverletzung geführt hat, hängt aber von dem
in Rede stehenden Tatbestand ab. Stellt dieser auf die Verletzung von Gesamtheiten ab
und wer-19
20
21
22
23
-
12
-
den keine höchstpersönlichen Rechtsgüter geschützt, so führt eine
handlungs-einheitliche Beeinträchtigung mehrerer Tatobjekte selbst dann nicht zu einer mehrfachen Verwirklichung des Tatbestands, wenn verschiedene Rechtsguts-träger
geschädigt worden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2003

1
StR
474/02; [X.]R StGB §
306 Konkurrenzen
1; Beschluss vom 10.
Fe-bruar 2009

3
StR
3/09, [X.], 278, 279 [nur ein Diebstahl bei [X.] mehrerer Sachen verschiedener Eigentümer
im Zuge einer Tataus-führung]; Beschluss vom 14.
März 1969

2
StR
64/69, [X.]St 22, 350, 351; [X.]/[X.] in:
[X.]/[X.], StGB,
29.
Aufl.,
§
52
Rn.
24; von [X.] in: MünchKommStGB,
2.
Aufl., §
52 Rn.
105, Puppe in: NK-StGB,
3.
Aufl., §
52 Rn.
22; Rissing-van Saan
in: [X.] Kommentar zum
StGB, 12.
Aufl.,
2007, §
52 Rn.
37; [X.], Strafrecht Allgemeiner Teil, 2.
Aufl.,
32.
Abschnitt,
Rn.
16
ff.;
Jescheck, [X.] 67 [1955], 541, 547). So verhält es sich auch bei der Brandstiftung nach §
306 Abs.
1 StGB
(vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2003

1
StR
474/02; [X.]R StGB §
306 Konkurrenzen
1; Wolf in: [X.] Kommentar zum StGB, 12.
Aufl., §
306 Rn.
51), die als

i-, dem auch ein Element der
Gemeingefähr-lichkeit
anhaftet
(vgl. [X.], Beschluss
vom 21.
November 2000

1
StR
438/00, [X.], 196, 197 mwN; weiterführend: [X.], [X.], 1998, S.
382
f.) keine
höchstpersönlichen
Rechtsgüter
schützt.
bb)
Danach
hat sich der Angeklagte durch das Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch mit Rücksicht auf das gleichzeitig für möglich gehaltene Übergreifen des Feuers auf die Garage und den Pkw der Eheleute T.

nur einer (vollendeten) Brandstiftung gemäß §
306
Abs.
1 StGB schuldig [X.]. Dass hierbei mit der Garage auch ein Tatobjekt betroffen war, das §
306 Abs.
1 Nr.
1 StGB (Gebäude) unterfällt, ändert daran nichts. Unter den hier ge-gebenen Umständen liegt jedenfalls kein Fall vor, in dem das Unrecht der Tat 24
-
13
-
nur als mehrfache Gesetzesverletzung erschöpfend gekennzeichnet werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2003

1
StR
474/02; [X.]R StGB §
306 Konkurrenzen
1).
Ohne Bedeutung ist auch, dass die Brandstiftung inso-weit im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Wird ein zum Schutzgut gehö-rendes Tatobjekt beschädigt und die Schädigung weiterer Objekte nur versucht, ist der Tatbestand ebenfalls nur einmal verwirklicht
(vgl. [X.], Beschluss vom 10.
August 2011

2
StR
272/11, zitiert nach juris; Beschluss
vom 10.
Februar 2009

3
StR
3/09, [X.], 278, 279 [nur ein Diebstahl bei Wegnahme mehrerer Sachen und versuchter Wegnahme weiterer Sachen]; siehe auch [X.], Beschluss vom 10.
Mai 2011

4
StR
659/10, [X.]R StGB §
306 Abs.
1 Konkurrenzen
3 [Tateinheit bei Brandstiftung gemäß §
306 Abs.
1 StGB und versuchter schwerer Brandstiftung gemäß §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB]).
b)
Im Hinblick auf die brandbedingten Schäden an der Garage und dem Pkw der Eheleute T.

kommt

entgegen der Auffassung der Staatsan-
waltschaft

auch nach der zwischenzeitlich erfolgten Bejahung des besonde-ren öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (§
303c StGB) durch die Ge-neralstaatsanwaltschaft [X.] eine tateinheitliche Verurteilung des Angeklag-ten
wegen Sachbeschädigung gemäß §
303 StGB nicht in Betracht.
Grundsätzlich geht die vollendete Brandstiftung gemäß §
306 Abs.
1 StGB einer durch dieselbe Handlung verwirklichten Sachbeschädigung nach §
303 StGB als das speziellere Gesetz vor ([X.] in: SSW-StGB,
2.
Aufl.,
§
306 Rn.
22 mwN). Das gilt auch hier, denn die in Bezug auf die Garage und den Pkw der Eheleute T.

verursachten Schäden sind Bestandteile des
durch die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des Angeklagten ausgelösten Rechtsgutsangriffs, der einheitlich als vollendete Brandstiftung gemäß §
306 Abs.
1 StGB zu bewerten ist.
25
26
-
14
-
Die Frage,
ob die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse nach §
303c StGB noch in der Revisionsinstanz bejahen konnte, nachdem das Tatgericht seine Entscheidung, den Angeklagten nicht nach §
303 StGB zu ver-urteilen, auf das Fehlen eines Strafantrags und die unterbliebene Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses im ersten Rechtszug gestützt hatte, kann daher offenbleiben (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Januar
1975

3
StR
312/74, Rn.
2 zitiert nach juris; Urteil vom 3.
Juni 1964

2
StR
208/64, [X.]St 19, 377, 379).
c)
Schließlich ist der Angeklagte in Bezug auf die an seinem
Wohnhaus entstandenen Schäden auch zu Recht nicht wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäß §
306d Abs.
1 [X.]. §
306a Abs.
1 Nr.
1 StGB verurteilt worden. Inso-

306 Abs.
1 StGB, denn die festgestellten Beschädigungen an den Fenstern und der Tür im Erdgeschoss haben ersichtlich nicht dazu geführt, dass einzelne wesentliche Teile des Hauses, die seiner tatbestandlich geschützten Zweckbestimmung (Wohnen als Mittelpunkt menschlichen Lebens) entsprechen, unbrauchbar ge-worden sind oder seine tatbestandlich geschützte Zweckbestimmung brandbe-dingt aufgehoben worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Januar 2014

1
StR
628/13, NJW 2014, 1123, Rn.
10; Urteil vom 12.
September 2002

4
StR
165/02, [X.]St 48, 14, 20).
2.
Auch der Strafausspruch enthält keinen den Angeklagten begünsti-genden
Rechtsfehler.
a)
Die Strafbemessung ([X.], konkrete Strafzumessung und Bestimmung der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines
Rechtsfehlers eingreifen darf
(st. Rspr.;
vgl.
[X.], Urteil vom 16.
April 2015

3
StR
638/14, [X.], 27
28
29
30
-
15
-
540; Urteil vom 7.
November 2007

1
StR
164/07, [X.], 343, 344 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände
darzulegen (§
267 Abs.
3 Satz
1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher [X.] anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzel-falls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.;
vgl. [X.], Urteil vom 2.
August 2012

3
StR
132/12, [X.], 336 mwN).
b)
Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab halten sowohl die [X.], die konkrete Strafzumessung in Bezug auf die [X.] und die Bestimmung der Gesamtstrafe revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
Das [X.] hat die Strafe für die Brandlegung dem durch §
306 Abs.
2 StGB (minder
schwerer Fall) vorgegebenen Strafrahmen entnommen. Dabei hat es den zutreffenden Maßstab (vgl. [X.], Urteil vom 19.
März 1975

2
StR
53/75, [X.]St 26, 97; [X.], StGB,
63.
Aufl.,
§
46 Rn.
85 mwN) ange-legt und mit dem geringen wirtschaftlichen Wert des zerstörten Fahrzeugs und dem
Umstand, dass der Angeklagte selbst dessen alleiniger Nutzer war, ge-wichtige Milderungsgründe angeführt. Da die [X.] ausdrücklich auf das gesamte Tatbild abgestellt und auch strafschärfende Gesichtspunkte (vollstän-dige Zerstörung des Pkw) erwogen hat, ist auch die Vornahme der gebotenen Gesamtabwägung noch hinreichend belegt. Soweit die Staatsanwaltschaft [X.] abhebt, dass das [X.] das Tatmotiv des Angeklagten (Ermög-lichung einer Falschbezichtigung seiner früheren Ehefrau) nicht ausdrücklich als erschwerenden Umstand benannt hat, zeigt sie

auch mit Rücksicht auf die Tatsache, dass eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägun-31
32
-
16
-
gen weder vorgeschrieben noch möglich ist

keinen durchgreifenden Rechts-fehler auf. Angesichts der ausführlichen Darstellung des
Tatmotivs bei den Feststellungen zur Sache und im Rahmen der Beweiswürdigung
sowie der tat-mehrheitlichen Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß §
164 Abs.
1 StGB ist nicht zu besorgen, dass der Tatrichter dessen Bedeutung bei der [X.] nicht bedacht haben könnte.
3.
Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung war hin-gegen aufzuheben, weil die Begründung dem Revisionsgericht die Nachprüfung nicht ermöglicht, ob das [X.] zu Recht vom Vorliegen besonderer Um-stände im Sinne des §
56 Abs.
2 StGB
ausgegangen ist.
Nicht anders als
die Strafzumessung
ist auch die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätz-lich Sache des Tatrichters (st. Rspr.;
vgl. nur [X.], Urteil vom 26.
April 2007

4
StR
557/06, [X.], 232, 233; Urteil vom 23.
Februar 2001

1
StR 519/00, [X.], 366, 367). Wird eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt, müssen die Urteilsgründe in einer der revisionsrechtlichen Überprüfung zugäng-lichen Weise die dafür maßgebenden Gründe angeben (§
267 Abs.
3 Satz
4 StPO). Dabei reichen formelhafte Wendungen oder die Wiederholung des [X.] nicht aus (vgl. [X.] in: [X.], StPO,
26.
Aufl.,
§
267 Rn.
110 mwN).
Das [X.] hat zur Begründung seiner Bewährungsentscheidung lediglich ausgeführt, dass es nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Persön-lichkeit des Angeklagten die Erwartung hegt, dass dieser sich bereits die Verur-teilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dem hat es noch angefügt, 33
34
35
-
17
-
dass der Angeklagte nicht vorbestraft und erstmals zu einer Freiheitsstrafe ver-urteilt worden sei. Damit hat die [X.] im Wesentlichen nur
den Wortlaut des §
56 Abs.
1 Satz
1 StPO (positive Kriminalprognose) wiedergegeben. [X.] besonderen Umstände vorliegen, die nach §
56 Abs.
2 Satz
1 StPO die Strafaussetzung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren rechtfertigen, hat es nicht mitgeteilt. Hierzu bestand umso mehr Anlass, als bei einer Freiheits-strafe von zwei Jahren diese besonderen Umstände gewichtig sein müssen (vgl. [X.], Urteil vom 27.
August 1986

3
StR
265/86, [X.], 21; weitere Nachweise bei [X.], StGB,
63.
Aufl.,
§
56 Rn.
24).
Über die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung muss daher erneut tatrichterlich verhandelt werden.
Sost-Scheible
[X.]
Mutzbauer
Ri[X.] [X.] ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb gehindert zu unterschreiben.

Sost-Scheible
Quentin

36

Meta

4 StR 487/15

12.05.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2016, Az. 4 StR 487/15 (REWIS RS 2016, 11436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11436

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

4 StR 78/16

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