Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2001, Az. 3 StR 455/00

3. Strafsenat | REWIS RS 2001, 3532

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/00vom14. Februar 2001in dem [X.] des [X.] hat in der Sitzung vom 14. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.],Richterin am [X.]. [X.],[X.] am [X.]. [X.],[X.],[X.]als beisitzende Richt er,Staatsanwalt in der Verhandlung,Oberstaatsanwalt beim [X.]bei der Verkündung als Vertreter der [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird [X.] des [X.] vom [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere [X.] des [X.].Von Rechts wegenGründe:Mit dem angefochtenen Urteil hat das [X.] es abgelehnt, [X.] gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.]. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Er-folg.1. Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen [X.]swar wegen einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit formalenDenkstörungen die Schuldfähigkeit des Beschuldigten, dessen [X.] sieben Eintragungen aufweist, bei allen 15 [X.] erheblich ver-mindert, seine Schuldunfähigkeit nicht ausschließbar. In diesem Zustand hatder Beschuldigte neben anderen Delikten ein nicht zugelassenes und nichtversichertes Fahrzeug geführt, ohne im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubniszu sein, Unterschlagungen und Diebstähle mit Schadenshöhen von über600 DM (in einem Fall) und von ca. 800 DM (in drei Fällen) sowie zwei räuberi-- 4 -sche Diebstähle begangen. In dem ersten dieser Fälle wurde der [X.] dem Diebstahl geringwertiger Verbrauchsgüter nach Durchqueren [X.] von der [X.] angesprochen und, weil er flüchten wollte, ange-halten. Erst als er diese zur Seite schubste, konnte er sich befreien und mit derentwendeten Ware flüchten. [X.] später entwendete er drei [X.], wurde nach Passieren der Kasse aufgefordert, stehenzubleiben,und schließlich nach Erreichen seines Fahrrads festgehalten. Wieder ver-suchte er sich zu befreien. Schließlich gelang es zwei Personen, den [X.] wieder in das Geschäft zurückzubringen, wo er die Zigaretten zurück-gab.Das [X.] hat die von der Staatsanwaltschaft beantragte [X.] des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt,weil es sich bei allen [X.] um [X.] aus dem Bereich der unterenKriminalität handele, die eine Gefährlichkeitsprognose nicht zuließen. [X.] auch für die beiden Fälle des räuberischen Diebstahls, da sich die ange-wendete Gewalt in Grenzen gehalten und sich nicht gegen Personen gerichtethabe. Da die Unterbringung des Beschuldigten nach § 1906 BGB angeordnetund seine Betreuung mit den Aufgabenbereichen Aufenthaltsbestimmung [X.] beschlossen sei, komme die zusätzliche Unterbringungdes Beschuldigten gemäß § 63 StGB nicht in Betracht.2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht [X.]) Die Annahme des [X.]s, daß der Beschuldigte wegen einerPsychose aus dem schizophrenen Formenkreis bei allen [X.] in seinerSchuldfähigkeit "in jedem Fall" erheblich vermindert und seine [X.] 5 -keit nicht ausschließbar sei, ist mit dem Hinweis "auf das überzeugende Gut-achten der Sachverständigen" nur unzureichend belegt. Es hätte näherer Dar-legung der Persönlichkeitsstörung nach Art, Entstehung, Ausmaß und Wirkun-gen im Urteil bedurft, um ihren möglichen Einfluß auf die Schuldfähigkeit [X.] beurteilen zu können und dem Revisionsgericht unter diesemGesichtspunkt die rechtliche Prüfung zu ermöglichen. Auch fehlen Ausführun-gen dazu, daß die Taten auf diesen Defekt zurückzuführen sind, das heißt mitdiesem in einem kausalen, symptomatischen Zuammenhang stehen ([X.] NStZ 1999, 612, 613; 1999, 128 - jeweils m.w.Nachw.).Solcher Ausführungen hätte es schon deshalb bedurft, weil der Beschuldigtevor dem Auftreten der endogenen Psychose im Januar 1997 mehrfach [X.] geworden ist. Der neue Tatrichter wird sich auch damit auseinandersetzenmüssen, daß der Beschuldigte in dem Zeitraum der Begehung der [X.]wegen - eines im schuldfähigen Zustand begangenen - Diebstahls zu einerGeldstrafe verurteilt worden [X.]) Die Wertung der [X.], daß es sich bei den bisherigen Delik-ten nicht um "erhebliche" Straftaten im Sinne des § 63 StGB handelt, ist revisi-onsrechtlich nicht nachvollziehbar. Die Grenze für die Anwendbarkeit der [X.] der Unterbringung ist dann überschritten, wenn es sich um Taten handelt,die der mittleren Kriminalität zuzurechen sind (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 63 Rdn. 12 m.w.Nachw.). Sie wird nicht erreicht in [X.]n(vgl. zur Abgrenzung BGHSt 27, 246, 248; [X.], 178; BGHR StGB§ 62 Verhältnismäßigkeit 2; § 63 Gefährlichkeit 16, 17, 20, 22). Mit dieser fürdie Einstufung der Delikte des Beschuldigten als erheblich erforderlichen Ab-grenzung hat sich die [X.] nicht näher auseinandergesetzt. [X.] getroffenen Feststellungen ist eine Einordnung in den hier [X.] - insbesondere den beiden räuberischen Diebstählen - nicht mög-lich. Denn es fehlen Ausführungen dazu, wie die vom Beschuldigten [X.] Gewalt konkret aussah. Die Formulierungen "zur Seite schubsen" und"sich zu befreien versuchen" sagen nichts über die tatsächlich stattgefundenenTätlichkeiten des Beschuldigten (Schläge, kräftiges Rempeln des Beschuldig-ten; Abwehr- bzw. Festhaltemaßnahmen der Betroffenen unter Aufbietung vonmehr als nur unerheblicher Kraft), deren Auswirkungen auf die Betroffenen(mehr als nur geringfügige körperliche und/oder psychische Beeinträchtigung)und ihr für die Allgemeinheit wahrnehmbares Erscheinungsbild (als beunruhi-gend, bedrohlich oder eher harmlos, nur belästigend wirkend) aus. [X.] ist die Feststellung, daß sich die Gewalt des Beschuldigten in beidenFällen nicht gegen Personen richtete.Der neue Tatrichter wird die Sachverhalte deshalb näher aufklären müs-sen. Auch wenn nach dann neu getroffenen Feststellungen die angewendeteGewalt nicht besonders ausgeprägt und der Wert der erbeuteten [X.] ist, und wenn weiter die vom Tatgericht vorzunehmende Gesamt-würdigung in den Fällen des räuberischen Diebstahls zu einer Bewertung alsminder schwere Fälle führen würde, stünde dies einer Einstufung als erhebli-che Straftaten im Sinne des § 63 StGB nicht entgegen, wenn die Gesamtschaualler wesentlichen Umstände ergibt, daß die Taten den Rechtsfrieden erheblichstören (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 22). Dabei wird der neue [X.] nur auf die von dem Beschuldigten begangenen Vermögensdelikte [X.], sondern auch die möglichen schwerwiegenden Auswirkungen zu [X.] haben, die das Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem nicht zugelasse-nen und nicht versicherten Fahrzeug durch einen möglicherweise [X.] nach sich ziehen [X.] -3. Die [X.] hat eine Unterbringung des Beschuldigten gemäߧ 63 StGB auch deshalb abgelehnt, weil bereits eine Unterbringung nach§ 1906 BGB und eine Betreuung für den Beschuldigten mit den [X.] angeordnet wurde.Dabei übersieht das [X.], daß im Falle der Gefährlichkeit des [X.] fürdie Allgemeinheit die Notwendigkeit einer Unterbringung nach § 63 StGB nichtdurch minder einschneidende Mittel außerhalb des Bereichs der strafrechtli-chen Maßregeln aufgehoben wird, weil bei den freiheitsentziehenden Maßre-geln der Sicherung das Subsidiaritätsprinzip nur für die Frage der [X.] Vollstreckung, nicht aber für die Frage ihrer Anordnung gilt (vgl. [X.] BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 28 m.w.Nachw.; vgl. auch [X.], 313, 316; [X.], 470, 471; NStZ-RR 1998, 205).Kutzer [X.] [X.] [X.] Becker

Meta

3 StR 455/00

14.02.2001

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2001, Az. 3 StR 455/00 (REWIS RS 2001, 3532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3532

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 Ws 518/14 (Oberlandesgericht Hamm)


3 StR 450/08 (Bundesgerichtshof)


3 StR 372/14 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Anforderungen an die zu treffende Gefährlichkeitsprognose; Erfordernis der nachvollziehbaren Darstellung …


3 StR 372/14 (Bundesgerichtshof)


1 StR 493/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.