Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. 6 StR 34/20

6. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11715

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:070420B6STR34.20.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

6
StR 34/20

vom
7. April 2020
in der Strafsache
gegen

wegen Geldwäsche u.a.

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2
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Der 6. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin gemäß § 349 Abs. 2 und 4,
analog §
354 Abs. 1 StPO am 7. April 2020 beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. September 2019
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass in den Fällen II.1, 9, 11 und 16 die tateinheitliche Verurteilung wegen Begünsti-gung entfällt,
b)
im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen.

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3
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Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Begünstigung in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit leichtfertiger Geldwäsche, zu einer [X.] von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Be-währung ausgesetzt und gegen die Angeklagte als Gesamtschuldnerin die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des [X.] eröffnete die Angeklagte in der [X.] von September 2018 bis März 2019 auf Geheiß des Mitangeklagten T.

vier Girokonten. Auf diesen gingen die von dem Mitangeklagten durch ein, die er abhob bzw. durch die Angeklagte abheben ließ, soweit die Guthaben nicht zuvor von der Staatsanwaltschaft gepfändet worden waren. Wenngleich der Mitangeklagte die Eröffnung der Konten von der Angeklagten unter einem Vorwand verlangt hatte, nahm sie billigend in
Kauf, dass die Konten der [X.] von aus Straftaten stammenden Erträgen dienen sollten.
2. Die Verfahrensrüge bleibt aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 27. Februar 2020 genannten Gründen ohne Erfolg.
3. Jedoch ist das Urteil auf die Sachrüge hin teilweise aufzuheben.
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a) In den die Angeklagte betreffenden Fällen kann die Verurteilung we-gen Begünstigung aus sachlich-rechtlichen Gründen nicht bestehen bleiben. Hierzu hat der [X.] ausgeführt:

der Beweisaufnahme ist das [X.] zu der Überzeugung gelangt, dass die Angeklagte (lediglich) billigend in Kauf nahm, dem Mitangeklagten T.

durch die fortdauernde Kontogewährung die Vorteile aus den Taten zu si-chern. Erkannt habe die Angeklagte
dies

so das [X.] ausdrücklich

letztlich nicht, was sich damit erklären lasse, [X.] dem Angeklagten T.

(ihre) Augen mehr oder min-der bewusst davor verschlossen hatte ([X.], vorletzter Ab-satz).
Damit jedoch ist der subjektive Tatbestand der Begünstigung nicht erfüllt. Schon das Wissens-Element des bedingten [X.] erscheint nach [X.], vorletzter Absatz fraglich. [X.] kommt es indes nicht an, denn entgegen der Rechtsauf-fassung des [X.] und der Revisionsbegründung ([X.], zweiter Absatz) muss der [X.] gemäß § 257 Abs. 1, 2.

teile der Tat gegen ein Entziehen zugunsten des Verletzten [X.] sonst Berechtigten zu sichern.
Hierunter ist nach herrschender Meinung der zielgerichtete [X.] (dolus directus 1. Grades) zu verstehen. Das bedeutet, dem Täter muss es darauf ankommen, im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzmäßigen, durch die Vortat [X.] Zustandes zu verhindern oder zu erschweren ([X.]St
4, 107, 108).
Allein das Bewusstsein der Angeklagten und die billigende [X.] als notwendige Konsequenz icht hierfür nicht aus (vgl. [X.], Beschluss vom 01.09.1999

1 [X.], NStZ

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Dem schließt sich der [X.] an. Da hiernach die Voraussetzungen der Begünstigung in den genannten Fällen nicht vorliegen und dazu
ergänzende Feststellungen im Fall der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache nicht zu erwarten sind, ändert der [X.] den Schuldspruch insoweit entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (vgl. [X.], Urteil vom 2. Oktober 1963

3 StR 34/63, [X.], 210, 212; [X.], 8. Aufl., § 354 Rn. 15).
b) Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Begünstigung zieht die Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich, weil die [X.] die Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 257 StGB entnommen hat und der [X.] nicht ausschließen kann, dass das [X.] bei Anwen-dung des milderen Strafrahmens von § 261 Abs. 5 StGB niedrigere Strafen festgesetzt hätte.
c) Keinen Bestand hat schließlich die Einziehungsentscheidung. Die Wertersatzeinziehung kommt im Grundsatz nach § 74 Abs. 1, § 74c Abs. 1, § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB in Betracht. Denn die Angeklagte war trotz einer mit dem Mitangeklagten getroffenen Abrede darüber, wem die Guthaben zustehen, im Verhältnis zur Bank alleinige Inhaberin der Guthabenforderungen (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Mai 2009

1 Ws 169/09, [X.], 279, 280).
Dazu hat der [X.] ausgeführt:

Wertersatzeinziehung gem. § 74c StGB eine Entscheidung, die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt. Für die Anord-nung gilt zudem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach § 74f StGB (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 74 Rn. 22 mwN).
Eine solche Ermessensentscheidung hat das [X.] nicht getroffen.
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Im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls, ins-besondere die signifikante intellektuelle Unterlegenheit der [X.], das Fehlen jeglicher Lesekompetenz ([X.]) und die Tatsache, dass die leseunkundige Angeklagte aufgrund ih-rer intellektuellen Fähigkeiten und emotionalen Abhängigkeit den dominierenden Forderungen des Mitangeklagten wenig entgegen zu setzen hatte und schlicht seinem Willen gehorchte, sowie den Umstand, dass sie selbst keinen finanziellen Vorteil aus den Taten erlangt hat ([X.] erster Absatz), kann nicht im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden, dass die Kammer, wäre sie sich ihres Ermessens [X.] gewesen, dieselbe Einziehungsentscheidung getroffen

Dem schließt sich der [X.] ebenfalls an.
Sander

Schneider

Feilcke

Tiemann

Fritsche

Vorinstanz:
[X.], [X.], [X.] -
3101 Js 36453/18 111 KLs 9/19
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Meta

6 StR 34/20

07.04.2020

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2020, Az. 6 StR 34/20 (REWIS RS 2020, 11715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11715

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