Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2004, Az. II ZR 5/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4218

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:8. März 2004BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:jaBGHZ:neinBGHR: ja[X.] §§ 743 Abs. 2, 745 Abs. 2, 745 Abs. 3Der Miteigentümer eines Grundstücks kann den/die anderen Miteigentümer [X.] einer Baulast in Anspruch nehmen, wenn die Bewilligung der [X.] notwendig ist, um ihm eine bestimmungsgemäße Nutzung des [X.] Grundstücks zu ermöglichen, die Grenze des § 745 Abs. 3 [X.] bleibt und die angestrebte Regelung nach billigem Ermessen dem [X.] aller Teilhaber entspricht (Bestätigung des [X.].Urt. v. 3. [X.], [X.], 821, 822 und 823).BGH, Urteil vom 8. März 2004 - [X.]/02 -OLG [X.] [X.] -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 8. März 2004 durch [X.] h.c. Röhrichtund [X.] erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.]s [X.] vom 30. November 2001 auf-gehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Parteien sind Miteigentümer einer Wegparzelle (Flurstück 175), diegemeinsam mit dem östlich angrenzenden, im Eigentum der [X.] [X.]stehenden Grundstück den "B.weg" in [X.] bildet. Zwischen 1950und 1960 befestigten und asphaltierten die Beklagten diese Wegparzelle, dieseither als Zugang und Zufahrt zu ihren nördlich des Weges gelegenen [X.] dient. Ob über das [X.]sgrundstück auch die [X.] und Abwasserentsorgung der Anwesen der Beklagten verläuft, ist zwischen- 3 -den Parteien umstritten. Der südwestliche Randbereich des im Gemein-schaftseigentum stehenden Teils des [X.] besteht aus einer bewachse-nen Böschung. Das im Süden angrenzende, unbebaute Grundstück der [X.] (Flurstück), welches zum B.weg hin stark abfällt, bildete früher miteinem noch weiter südlich gelegenen Grundstück (Flurstück) eine [X.] wurde insgesamt über die [X.]" erschlossen. Nach der [X.] in zwei Grundstücke und dem Verkauf des südlichen Grundstücks [X.] der Klägerin verbliebene Teil (Flurstück) nicht mehr über einen unmit-telbaren Zugang zur [X.]". Im Vorbescheid vom 3. März 1999wies die [X.] [X.] die Klägerin darauf hin, daß eine öffentlich-rechtlichgesicherte Zufahrt zum öffentlichen Teil des [X.] nachzuweisen sei.Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten die Abgabe derzur Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Baulast gegenüber der [X.] [X.]erforderlichen Erklärungen in bezug auf Zugang und Zufahrt zu ihremGrundstück über das gemeinschaftliche Eigentum sowie die Duldung der [X.], Wartung und Nutzung von Bewässerungsleitungen. Das [X.] hat - wie schon zuvor das [X.] - die Klage abgewiesen. [X.] sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie ihr Klageziel weiterver-folgt.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückver-weisung der Sache an das [X.].I. Das Berufungsgericht meint, einer Einräumung des begehrten [X.] bedürfe es nicht, weil der notwendige Anschluß auch von Süden- 4 -über das Gebiet "[X.]" vorgenommen werden könne und die bestim-mungsgemäße Nutzung des klägerischen Grundstücks insofern [X.]. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch darauf, daß ihr auf dem [X.] ein Geh- und Fahrrecht eingeräumt werde. Zum einen seinicht nachgewiesen, daß eine bestimmungsgemäße Nutzung ihres Grund-stücks eine solche Zuwegung voraussetze; denkbar sei auch eine Erschließungvon Süden mittels eines Notwegrechts. Zum anderen stehe der von der [X.] begehrten Nutzung die Regelung des § 745 Abs. 3 [X.] entgegen, weildurch eine solche Nutzung das gemeinsame Eigentum in seiner Gestalt undseiner Zweckbestimmung einschneidend verändert würde.Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. [X.] stellt rechtsfehlerhaft darauf ab, ob die bestimmungsgemäßeNutzung des Grundstücks der Klägerin gewährleistet ist, und nimmt ohne aus-reichende Tatsachengrundlage an, die von der Klägerin verlangte Nutzung [X.] überschreite die Grenzen des § 745 Abs. 3 [X.].II. Im Ausgangspunkt zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechungdes [X.]ats geht das Berufungsgericht davon aus, daß der gegen die übrigenMiteigentümer geltend gemachte Anspruch gemäß §§ 743 Abs. 2, 745 Abs. [X.] dann besteht, wenn ohne die Bewilligung einer Baulast eine bestim-mungsgemäße Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch die kla-gende Teilhaberin nicht gewährleistet werden kann, die Grenze des § 745Abs. 3 [X.] gewahrt bleibt und die angestrebte Regelung nach billigem Ermes-sen dem Interesse aller Teilhaber entspricht (vgl. [X.].Urt. v. 3. Dezember 1990- II [X.], [X.], 821, 822 und 823). Anders als die Revisionserwide-rung annimmt, steht der Beschluß der Beklagten vom 5. März 2000 der Anwen-dung dieser Grundsätze nicht entgegen. Der Beschluß enthält nur die- 5 -- ablehnende - Entscheidung der Beklagten über die Bitte der Klägerin um Be-willigung einer Baulast, nicht aber eine Entscheidung der [X.] über die Verwaltung und Benutzung des [X.]seigentumsnach § 745 Abs. 1 Satz 1 [X.].1. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Einräumung einer Baulasthinsichtlich der Duldung der Verlegung, Nutzung und Wartung von [X.] jedoch mit fehlerhafter Begründung verneint. Bei dem Anspruchaus §§ 743 Abs. 2, 745 Abs. 2 [X.] geht es darum, ob die [X.] ist, um den bestimmungsgemäßen Mitgebrauch der im [X.] durch die Klägerin als Miteigentümerinzu ermöglichen (vgl. [X.]at aaO 823 m.w.N.). Daher scheitert der Anspruchentgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht daran, daß eine [X.] der Leitungen auch anderweitig möglich wäre. Soweit es unter [X.] das Schreiben des [X.] meint, die [X.][X.] verlange in bezug auf die [X.] die Eintragung einerBaulast nicht, übersieht es, daß die Frage der Wasserversorgung von der [X.] bislang ausdrücklich nicht geprüft worden ist. Aus § 4 Abs. 1 Nr. 2BauO NW, auf den in dem genannten Schreiben verwiesen wird, folgt [X.], daß auch die Versorgung mit Trink- und Löschwasser sichergestellt seinmuß, was durch Eintragung einer entsprechenden Baulast nach § 83 BauO NWgeschehen kann.2. Rechtsfehlerhaft begründet ist auch die Ablehnung des Anspruchs [X.] einer Zugangs- und Zufahrtsbaulast.a) Verfehlt ist bereits der Ansatz, wonach die Notwendigkeit einer Zufahrtüber die Wegparzelle (Flurstück) für die bauliche Nutzbarkeit des [X.] -stücks nicht näher dargetan sei, ein Zugang vielmehr auch über die südlichgelegene Parzelle möglich und mittels eines Notwegrechts durchsetzbarsein könnte. Wie bereits oben unter 1. ausgeführt wurde, kommt es nicht auf diebestimmungsgemäße Nutzung des [X.]s, sondern diejenige [X.] an. Zudem geht es nicht an, die Klägerin als Mitei-gentümerin der Wegparzelle auf die Inanspruchnahme eines Notwegrechts zuverweisen, welches seinerseits gerade das Fehlen einer Verbindung zu einemöffentlichen Weg voraussetzt. Hinzu kommt schließlich, daß sich die [X.] einer Baulastbewilligung schon aus der entsprechenden [X.] ergibt. Angesichts dessen wäre es der Klägerin nicht zuzumu-ten, sich auf die mangels Beibringung der Baulastbewilligung zu erwartendeAblehnung ihres Antrags einzulassen und diese Entscheidung verwaltungsge-richtlich anzufechten (vgl. [X.]at aaO 823 m.w.[X.]) Die bisher getroffenen tatrichterlichen Feststellungen rechtfertigenentgegen der Ansicht des Berufungsgerichts noch nicht den Schluß, die von derKlägerin begehrte Zufahrt- und Zugangsmöglichkeit und deren öffentlich-rechtliche Sicherung führten zu einer die Grenzen des § 745 Abs. 3 [X.] über-schreitenden wesentlichen Änderung des [X.]seigentums. Eine we-sentliche Änderung im Sinne des § 745 Abs. 3 Satz 1 [X.] liegt nur dann vor,wenn durch die begehrte Maßnahme die Zweckbestimmung oder die Gestaltdes [X.]seigentums einschneidend verändert würde ([X.]at aaO 823;vgl. auch [X.]/[X.], [X.] (2002) § 745 Rdn. 11; MünchKomm/[X.], [X.] 4. Aufl. §§ 744, 745 Rdn. 25). Daß die hier notwendigen Än-derungen von solch erheblichem Gewicht wären, daß man sie als einschnei-dend und damit im Rahmen des § 745 Abs. 2, 3 [X.] als nicht einforderbar [X.] müßte, ist nicht zu [X.] 7 -Die Zweckbestimmung des als Verkehrsfläche genutzten Weges würdesich im Ergebnis lediglich dahin ändern, daß dieser nunmehr auch für einenweiteren Miteigentümer als Erschließung zu dessen im Süden des Weges gele-genen Grundstück diente. Daß hierin - etwa durch das zu erwartende, geringfü-gig höhere Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende stärkere Bela-stung des Weges, der allerdings auch bislang schon von der Klägerin befahrenwerden darf - eine erhebliche Veränderung der wirtschaftlichen [X.] [X.]seigentums liegt, kann nicht angenommen werden. Es istauch zu berücksichtigen, daß der Weg bisher offenbar nur deshalb allein vonden nördlichen Anliegern als Zufahrt zu ihren Grundstücken genutzt wird, [X.] die übrigen Miteigentümer ein entsprechender Bedarf nicht bestand. Diederzeit auf die Erschließung der [X.] beschränkte Nutzungberuht weder auf einem der Beschaffenheit des [X.]seigentums [X.] Umstand noch auf einer bewußten Regelung aller Teilhaber odereinem Verzicht der übrigen Miteigentümer. Ferner ist unstreitig, daß der vor-handene Grünstreifen im Westen bereits jetzt an zwei Stellen durchbrochenwird, um einzelnen Miteigentümern dort gleichfalls als Verkehrs- bzw. Abstell-fläche zu dienen.In welchem Ausmaß sich die äußere Gestalt der Wegparzelle durch dieSchaffung einer Zufahrt zum [X.] verändern würde, ist anhand derbisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht hinreichend deutlich. Zur [X.] wäre - wie von den Parteien im Laufe des Verfahrens mehrfach erfolglosangeregt und beantragt - eine Augenscheinseinnahme vor Ort vorzunehmenund erforderlichenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen.III. Da dem [X.]at danach eine Entscheidung in der Sache selbst nichtmöglich ist, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Be-- 8 -rufungsgericht zurückzuverweisen, damit die nach den obigen Ausführungennotwendigen Feststellungen nachgeholt werden. Bei der Zurückverweisung hatder [X.]at von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.[X.] Gebrauch ge-macht.Nach tatrichterlicher Klärung der aufgeworfenen Fragen sind gegebe-nenfalls die wechselseitigen Interessen der Parteien im Rahmen einer Gesamt-abwägung einander gegenüberzustellen (vgl. [X.]at aaO 824). Dabei wäre zu-gunsten der Klägerin insbesondere zu berücksichtigen, daß nach den [X.] die Bebaubarkeit ihres Grundstücks und damit eine erheblicheWertsteigerung ihres Eigentums von der Schaffung einer Zugangs- und Zu-fahrtsmöglichkeit über den [X.] und deren öffentlich-rechtlicherSicherung abhängt. Zudem fiele ins Gewicht, daß die beklagten Miteigentümereine vergleichbare Nutzung bereits seit Jahrzehnten in Anspruch nehmen. [X.] wäre in die Abwägung der Umstand einzubeziehen, daß die Klägerin [X.] nach der Vorschrift des § 748 [X.] mit derKostentragungspflicht hinsichtlich der Erhaltung, Verwaltung und Nutzung [X.] belastet ist, ohne hierfür einen demjenigen der [X.] vergleichbaren Vorteil zu erhalten.Auf der anderen Seite werden neben der im Verhältnis zu den Beklagtengeringfügigeren Beteiligung der Klägerin am [X.]seigentum vor [X.] für die Schaffung und Erhaltung der Zufahrt zum [X.] entste-henden, grundsätzlich von der [X.] zu tragenden Kosten zu beachtensein. In diesem Zusammenhang wird allerdings auch die von der Klägerin im- 9 -Laufe des Verfahrens gegebene Zusage Berücksichtigung finden müssen, [X.] von diesbezüglichen Kosten freizustellen.RöhrichtGoetteKurzwelly[X.]Gehrlein

Meta

II ZR 5/02

08.03.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2004, Az. II ZR 5/02 (REWIS RS 2004, 4218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4218

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