Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.02.2013, Az. I R 62/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 8373

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Gegenstand

Rückstellungen für Kostenüberdeckungen eines kommunalen Zweckverbandes - Sachlicher Anwendungsbereich des Passivierungsverbots nach § 5 Abs. 2a EStG 2002


Leitsatz

1. Ist eine sog. Kostenüberdeckung nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften (hier: nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG für die Nutzungsentgelte im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung) in der folgenden Kalkulationsperiode auszugleichen (Rückgabe der Kostenüberdeckung durch entsprechende Preiskalkulation der Folgeperiode), liegt eine rückstellungsfähige ungewisse Verbindlichkeit vor .

2. Das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG 2002 setzt voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen (nicht: auf am Bilanzstichtag vorhandenes Vermögen) des Schuldners bezieht. An einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung des Vermögens des Schuldners bestehen bei einer Rückgabe der Kostenüberdeckung durch entsprechende Preiskalkulation der Folgeperiode keine begründeten Zweifel, wenn der Betrieb, der die zukünftigen Einnahmen und Gewinne erwirtschaftet, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Dauer der Ausgleichsperiode aufrechterhalten und damit die Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung realisiert wird .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für sog. [X.], die im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung innerhalb einer Preiskalkulationsperiode (Streitjahre: 2003 bis 2006) beim Wasserversorger entstanden und in der nächsten [X.] preismindernd zu berücksichtigen sind, einkommensmindernd Rückstellungen gebildet werden dürfen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz im [X.]. Er hat in seinem Verbandsgebiet die Aufgabe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Verbandssatzung). Nach § 4 Abs. 7 der Verbandssatzung erfüllt er seine Aufgaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ohne einen Gewinn anzustreben. § 10 Abs. 2 des [X.] vom 19. Juni 1993/26. August 2004 ([X.]) sieht vor, dass die Kosten bei der [X.] in einem mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden können, der jedoch höchstens fünf Jahre umfassen soll (Satz 1). [X.], die sich am Ende des [X.] ergeben, sind innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen (Satz 2 Halbsatz 1).

3

Der Beschluss der Verbandsversammlung zur Preiskalkulation im Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 datiert vom 18. Dezember 2002. Im Geschäftsverlauf erzielte der Kläger ausweislich von [X.] in den Streitjahren jeweils [X.]. Diese wurden im Beschluss der Preiskalkulation für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2011 "vollständig in die Preiskalkulation eingestellt" und wirkten somit in der Folgeperiode preismindernd (Nr. 8 des Beschlusses der Preiskalkulation).

4

Der Kläger wies in seinen Bilanzen der Streitjahre folgende Zuführungen zu Rückstellungen für [X.] aus:

5
        

31. Dezember 2003:

1.002.800 €

31. Dezember 2004:

  479.300 €

31. Dezember 2005:

1.165.100 €

31. Dezember 2006:

1.172.050 €

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) rechnete die Rückstellungen einkommenserhöhend hinzu und setzte die Körperschaftsteuer der Streitjahre entsprechend fest. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg ([X.] --FG--, Urteil vom 10. August 2011  1 K 1487/07, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 820).

7

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, unter Aufhebung des [X.] die Körperschaftsteuer für die Streitjahre unter Abänderung der angefochtenen [X.] in einer Höhe herabzusetzen, die sich ergibt, wenn die Zuführungen zur Rückstellung für Kostenüberdeckung (inkl. Verzinsung) in 2003 in Höhe von 1.002.800 €, in 2004 in Höhe von 479.300 €, in 2005 in Höhe von 1.165.100 € und in 2006 in Höhe von 1.172.050 € einkommensmindernd angesetzt werden.

8

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine (einkommensmindernde) [X.]erücksichtigung der [X.] nicht erfüllt sind. Allerdings bedarf es zur zeitlichen Zuordnung und zur Höhe des Ansatzes in den Streitjahren weiterer Feststellungen des [X.].

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) hat der Kläger in seinen [X.]ilanzen das [X.]etriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger [X.]uchführung (Go[X.]) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen Go[X.] ergeben sich insbesondere aus den [X.]estimmungen des Ersten Abschnitts des [X.] "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HG[X.]).

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HG[X.] sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die [X.]ildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) entweder --erstens-- das [X.]estehen einer dem [X.]etrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder --zweitens-- die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer --ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen-- Verbindlichkeit (vgl. Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 19/07, [X.]E 222, 494, [X.], 60; vom 27. Januar 2010 I R 103/08, [X.]E 228, 91, [X.], 614, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am [X.]ilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften [X.]s zu beurteilen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, [X.]E 197, 530, [X.] 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (vgl. [X.]-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, [X.]E 172, 456, [X.] 1993, 891, m.w.N.). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher [X.]ezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen [X.]ilanzstichtag erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121; vom 30. Januar 2002 I R 71/00, [X.]E 198, 420, [X.] 2003, 279; vom 30. November 2005 I R 110/04, [X.]E 212, 83, [X.] 2007, 251; [X.]-Urteil vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, [X.]E 220, 117, [X.] 2008, 516; Senatsurteil in [X.]E 228, 91, [X.], 614).

2. Nach diesen Maßgaben hat der Kläger dem Grunde nach zu Recht eine [X.] einkommensmindernd angesetzt.

a) Der Kläger unterfällt nach den vom [X.] festgestellten und in seiner Auslegung nicht streitigen landesrechtlichen Vorgaben mit seiner Preiskalkulation der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Damit ist er gehalten, auf der Grundlage des sog. Kostendeckungsprinzips zu kalkulieren und eine sog. [X.] auszugleichen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.]). Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.], die für wirtschaftliche Unternehmen i.S. von § 97 der Gemeindeordnung für den [X.] vom 18. März 2003 ([X.]) das Erwirtschaften angemessener Gewinne ermöglicht und insoweit eine Ausgleichspflicht einschränkt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]), ist nicht anwendbar. Denn wirtschaftliche Unternehmen in diesem Sinne sind nicht Unternehmen, zu deren [X.]etrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist (s. § 97 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), was wiederum bei der Wasserversorgung zutrifft (§ 57 Abs. 1 Satz 1 des [X.] vom 18. Oktober 2004).

b) § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] begründet allerdings keine Verpflichtung des [X.] gegenüber den Kunden der jeweiligen [X.] auf Herausgabe des der [X.] entsprechenden anteiligen Entgelts. Insoweit ist der Vorinstanz beizupflichten.

aa) Die Revision kann dazu nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass der [X.] ([X.]) zur Erzielung von sog. Mehrerlösen an Netzentgelten bei einer kostenbasierten Entgeltregulierung in der [X.]eziehung zwischen Netzbetreibern und Netznutzern zwischen erstmaligem Genehmigungsantrag und Genehmigung nach Maßgabe des § 23a Abs. 5 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung ([X.]) entschieden hat, dass ein Mehrerlös vom Netzbetreiber nicht behalten werden darf, weil dieser Erlös "rechtsgrundlos" erzielt worden ist ([X.]-[X.]eschlüsse vom 14. August 2008 [X.] 39/07, Versorgungswirtschaft --[X.]-- 2009, 87 [die Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos, s. [X.]eschluss des [X.] vom 21. Dezember 2009  1 [X.]vR 2738/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2010, 373]; sowie vom 14. August 2008 [X.] 27/07, Recht der Energiewirtschaft --RdE-- 2008, 334; s.a. [X.], [X.], 1480, 1543, 1544). Zwar hat der [X.] in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass insoweit eine Verpflichtung des Netzbetreibers besteht, den Mehrerlös (jedenfalls) periodenübergreifend auszugleichen ([X.]-[X.]eschlüsse in [X.] 2009, 87; vom 21. Juli 2009 [X.] 12/08, [X.], 29). Daraus lässt sich aber im Streitfall eine (Außen-)Verpflichtung des [X.] gegenüber den Kunden der jeweiligen Abrechnungsperiode nicht ableiten. Denn ungeachtet der spezifischen Sachumstände der jeweiligen Regelungslage hat der [X.] im Zusammenhang mit der Verpflichtung auf Ausgleichung des [X.] zugleich darauf verwiesen, dass eine (Einzel-)Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Netznutzer ausgeschlossen ist (Hinweisbeschlüsse des [X.] vom 30. März 2011 [X.], [X.], 260, und [X.], juris).

bb) Eine (Außen-)Verpflichtung des [X.] gegenüber den Kunden der jeweiligen [X.] folgt auch nicht auf gebührenrechtlicher Grundlage aus dem Umstand, dass in der jeweiligen [X.] tatsächlich eine [X.] erzielt wurde. Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip (§ 10 Abs. 1 Satz 1 [X.]), das ein [X.]sverbot für solche Unternehmen statuiert, die nicht als wirtschaftliches Unternehmen i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] qualifiziert sind (s.a. § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]), ist dann nicht verletzt, wenn die [X.] auf einer Abweichung des tatsächlichen Geschäftsablaufs von der der Preisfindung zugrunde liegenden Prognose beruht (z.[X.]. Urteil des [X.] --[X.]VerwG--vom 8. Dezember 1961 VII C 2.61, [X.]VerwGE 13, 214; [X.] --VGH-- [X.], Urteil vom 3. März 1993  4 [X.] 92.1878, [X.] --NVwZ-RR-- 1994, 290; s.a. [X.]/Wiesemann in [X.], [X.], Teil III/§ 6 Rz 25, 104, 254; [X.] in [X.] [X.], Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 15 Rz 42; [X.], [X.] Abgabenrecht, 1997, Rz 57; [X.], Kommunaljurist --KommJur-- 2008, 370, 371). Denn [X.]en entstehen, wenn im tatsächlichen [X.]etriebsverlauf die Kosten geringer und/oder die prognostizierten Erlöse (z.[X.]. infolge erhöhter Absatzmengen) höher sind als die in der [X.] dafür angesetzten [X.]eträge ([X.], [X.] --[X.]-- 2007, 167, 169). Die [X.] "als solche" ist daher, was mittelbar auch aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] folgt, kein ausreichender Grund, den [X.]eschluss der Preiskalkulation (insoweit) als rechtswidrig anzusehen.

c) Es bestand aber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des [X.] kraft öffentlichen Rechts aus der verbindlichen Anweisung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.], die [X.] "auszugleichen".

aa) Nach der [X.]-Rechtsprechung setzt die [X.]ildung einer Rückstellung für eine aufgrund öffentlich-rechtlicher [X.]estimmungen begründete Verpflichtung voraus, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (z.[X.]. Senatsurteil in [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121; [X.]-Urteile vom 25. März 2004 IV R 35/02, [X.]E 206, 25, [X.] 2006, 644; vom 8. September 2011 IV R 5/09, [X.]E 235, 241, [X.] 2012, 122, jeweils m.w.N.). Die Verpflichtung muss auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zeitraums abzielen (z.[X.]. Senatsurteil in [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121; [X.]lümich/[X.]uciek, § 5 EStG Rz 793c). Diese Voraussetzungen werden im Regelfall bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung vorliegen. Einer solchen Umsetzung bedarf es allerdings nicht, wenn ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl vorliegt (Senatsurteil in [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121). Zudem ist nach der Rechtsprechung für die Rückstellbarkeit einer sich aus öffentlichem Recht ergebenden Verpflichtung erforderlich, dass an ihre Verletzung Sanktionen geknüpft sind, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann (Senatsurteil in [X.]E 196, 216, [X.] 2003, 121).

bb) Im Streitfall war die Verbindlichkeit des [X.] nach diesen Maßgaben hinreichend konkretisiert und zugleich mit einer auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielenden Verpflichtung verbunden.

§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] verpflichtet den Kläger, [X.]en, die sich am Ende einer [X.] ergeben haben, innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen. Insoweit ergibt sich je nach dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Ergebnis der jeweiligen Abrechnungsjahre eine durch dieses Ergebnis veranlasste Ausgleichspflicht (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006), der sich der Kläger als Körperschaft öffentlichen Rechts mit einem entsprechenden [X.]eschluss fügen muss. Da ein [X.]eschluss für die Folgeperiode, der die Rückgabe der Überdeckungen nicht vorsieht, rechtswidrig wäre (z.[X.]. [X.]VerwG-Urteil in [X.]VerwGE 13, 214; Urteil des VGH [X.] in NVwZ-RR 1994, 290), kann sich der Kläger dieser Verpflichtung nicht entziehen (so im Ergebnis auch [X.], [X.], 370, 373; [X.], [X.] 2007, 167, 169; Pfützenreuter, E[X.] 2012, 821, 822). Es liegt damit entgegen der Ansicht des [X.] nicht nur eine bloß kalkulatorische Anweisung vor, die [X.] auszugleichen. Vielmehr ist mit der Revision insbesondere auf Klagemöglichkeiten einzelner Abnehmer gegen eine der Vorgabe des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] nicht entsprechende Kalkulation der Folgeperiode hinzuweisen, darüber hinaus auf die aufsichtsbehördliche Kontrolle der (Folge-)Kalkulation und die bei einem Verstoß in Aussicht stehenden Sanktionen der Aufsichtsbehörde, nicht zuletzt auch eine (subsidiäre) Amtshaftung der für die Mitglieder des [X.] handelnden Amtsträger (s.a. [X.], ebenda; [X.], ebenda). Diese Sachumstände belegen zugleich, dass der Kläger nicht damit rechnen kann, aus seiner Ausgleichsverpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden.

d) Der [X.] steht nicht entgegen, dass infolge einer Verrechnung der [X.] in der Preiskalkulation der nachfolgenden Periode in jener nicht der Aufwand des [X.] erhöht, sondern seine Einnahmen vermindert werden. Denn die Verbindlichkeitsrückstellung soll, wie der Senat in seinem Urteil vom 29. November 2000 I R 87/99 ([X.]E 194, 57, [X.] 2002, 655) entschieden hat, im Interesse eines periodengerechten Gewinnausweises gewährleisten, dass am [X.]ilanzstichtag verursachte potentiell gewinnmindernde Faktoren in der [X.]ilanz berücksichtigt werden. Dabei kann es für die Rückstellungsfähigkeit keinen Unterschied machen, ob die spätere Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit zu einer Erhöhung des Aufwands oder zu einer Verminderung der Einnahmen führt. In beiden Fällen ist am [X.]ilanzstichtag von einer Minderung des Ergebnisses auszugehen, so dass es im Hinblick auf dieses Tatbestandsmerkmal sachgerecht ist, in beiden Fällen die Frage nach der Zulässigkeit einer Rückstellung übereinstimmend zu beantworten. Daran ist festzuhalten (s.a. [X.], D[X.] 2011, 1543, 1547; a.[X.], [X.] und [X.]ilanzen 2011, 106).

e) Die Ausgleichsverpflichtung des [X.] ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht als Gegenstand einer Verrechnungsverpflichtung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (als sog. schwebendes Geschäft i.S. des § 5 Abs. 4a EStG 2002, s. [X.]undesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. November 2011, [X.]St[X.]l I 2011, 1111) zu qualifizieren und damit wegen fehlenden Erfüllungsrückstands ausgeschlossen (a.A. wohl [X.], Erlass vom 7. Mai 2012 VI 304-S 2137-230, juris). Auch wenn, wie das [X.] vorträgt, die Verrechnung voraussichtlich überwiegend "Alt-Kunden" zugutekommt, ist die Ausgleichsverpflichtung nicht in das konkrete Schuldverhältnis, das der Wasserversorgung mit dem einzelnen Kunden zugrunde liegt, einbezogen. Der Ausgleich im Rahmen der Preiskalkulation der Folgeperiode erfolgt unabhängig von einem Fortbestand des Schuldverhältnisses und begünstigt alle Abnehmer der Folgeperiode, unabhängig davon, inwieweit sie durch Entgeltzahlungen der Vorperiode zu der [X.] wirtschaftlich beigetragen haben. Im Übrigen begründet die Ausgleichsverpflichtung kein eigenständiges schwebendes Geschäft (s. insoweit [X.], [X.] --DStR-- 2010, 127, 130).

f) Dem einkommensmindernden Ansatz der [X.] steht § 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht entgegen. Zwar sind nach dieser Regelung für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist aber der Normzweck der einschränkenden Regelung im Streitfall nicht erfüllt, da der Kläger infolge der [X.] einer aktuellen wirtschaftlichen [X.]elastung seines Vermögens ausgesetzt ist.

aa) Schon vor der Einführung des Abs. 2a in § 5 EStG 1997 durch das Gesetz zur [X.]ereinigung von steuerlichen Vorschriften vom 22. Dezember 1999 ([X.]G[X.]l I 1999, 2601, [X.]St[X.]l I 2000, 13) ging die Rechtsprechung im Einklang mit dem Handelsrecht davon aus, dass bestimmte gewinnabhängige Verpflichtungen vor Erzielung des Gewinns, aus dem sie zu bedienen sind, noch keine wirtschaftliche Last darstellen und demgemäß nicht zu passivieren sind, weil sie nicht aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden müssen (s. die Nachweise im Senatsurteil vom 30. November 2011 I R 100/10, [X.]E 235, 476, [X.] 2012, 332). Anlass für die gesetzliche Regelung waren dabei [X.]-Urteile, nach denen der Grundsatz, dass gewinn- oder erlösabhängige Verbindlichkeiten nicht zu passivieren sind, nur greifen sollte, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von der [X.] abhänge, nicht dagegen, wenn die Abhängigkeit nur von einzelnen Geschäften bestehe (s. die Nachweise im Senatsurteil in [X.]E 235, 476, [X.] 2012, 332). § 5 Abs. 2a EStG sollte auch für diese Verbindlichkeiten ein Passivierungsverbot festschreiben ([X.]TDrucks 14/2070, S. 17). Ein Passivierungsverbot kommt seitdem allgemein in [X.]etracht, wenn sich der Rückforderungsanspruch des Gläubigers nur auf künftiges, nicht aber auf vorhandenes Vermögen des Schuldners am [X.]ilanzstichtag erstreckt ([X.]TDrucks 14/2070, S. 18).

bb) Die aus § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] abzuleitende Pflicht, eine [X.] innerhalb der folgenden fünf Jahre durch eine zukünftig wirkende Gebührenermäßigung auszugleichen, wird vom Regelungswortlaut des § 5 Abs. 2a EStG 2002 erfasst. Der Wortlaut belässt nicht die Möglichkeit, den sachlichen Anwendungsbereich der Norm auf den in der Entwurfsbegründung angeführten Fall einer vorherigen Vermögenszuwendung durch den Gläubiger (bedingt rückzahlbare Vermögenszuwendung, s. [X.]TDrucks 14/2070, S. 18) zu beschränken (gl.A. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 5 EStG Rz 1770; [X.]lümich/[X.]uciek, § 5 EStG Rz 758b; a.A. wohl [X.] in: [X.][X.], EStG, § 5 Rz Ca 17).

Jedoch liegt nach den konkreten Umständen des Streitfalls gleichwohl eine die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG 2002 ausschließende [X.]elastung des gegenwärtigen Vermögens vor. Die (für den Kläger) unausweichliche Pflicht zur Gebührenermäßigung in der folgenden [X.] ist ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine bloße Modalität der Erfüllung der unbedingt und uneingeschränkt bestehenden Schuld (so im Ergebnis [X.]., [X.] 2012, 22, 23 f.; [X.], [X.], 127, 130; Pfützenreuter, E[X.] 2012, 821). Denn der [X.]etrieb, der die zukünftigen Einnahmen/Gewinne erwirtschaftet (hier: die Tätigkeit als Unternehmen der Wasserversorgung), wird aus der Sicht des [X.]ilanzstichtags mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Dauer der [X.] aufrechterhalten (s. insoweit auch [X.]-Urteil vom 20. September 1995 [X.], [X.]E 178, 434, [X.] 1997, 320, zu 2.c der Gründe), wodurch die Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung realisiert wird. Somit bestehen an einer aktuellen wirtschaftlichen [X.]elastung des Vermögens des [X.] als Schuldner, die auch ein gedachter Erwerber bei einer Kaufpreisbemessung berücksichtigt hätte (s. insoweit allgemein [X.]-Urteil vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, [X.]E 187, 418, [X.] 2000, 139), keine begründeten Zweifel.

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es fehlen entscheidungserhebliche Feststellungen, die im zweiten Rechtszug vom [X.] nachzuholen sind.

a) Ob die Verpflichtung des [X.] nur zum Abschluss der Preiskalkulationsperiode (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006) zu berücksichtigen ist, oder --wie es der Kläger begehrt-- auf der Grundlage der [X.] mit den entsprechenden Teilbeträgen in den einzelnen Streitjahren, kann im hier anhängigen Revisionsverfahren nicht entschieden werden. Denn die Auslegung des dem Landesrecht entnommenen [X.]egriffs der "[X.]" ist dem erkennenden Senat verwehrt. Insoweit handelt es sich um [X.] (s. § 118 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) Landesrecht. Vom [X.] ist insoweit aufzuklären und festzustellen, ob eine [X.] i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] erst mit dem Ablauf der betreffenden [X.] (hier: zum 31. Dezember 2006) und auf der Grundlage einer entsprechenden Gesamtabrechnung (unter Ausgleich von jahresbezogenen Überschüssen und Fehlbeträgen) festgestellt werden kann (s.a. [X.], [X.], 370, 373), oder ob die in den jeweiligen Abrechnungsperioden (Streitjahre 2003 bis 2006) als Folge der konkreten Geschäftstätigkeit des [X.] in diesen Jahren tatsächlich erzielten Überdeckungen als Teilbeträge der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit später entstehenden Verpflichtung (und damit als Rückstellungen) bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind (so im Ergebnis [X.]., [X.] 2012, 22 f.).

b) Darüber hinaus kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden, ob der Ansatz der Rückstellung der Höhe nach mit den dem Revisionsantrag zugrunde liegenden Werten ("inkl. Verzinsung") zu erfolgen hat. Denn das [X.] hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu [X.] keine Ermittlungen zur Höhe der in den einzelnen Streitjahren erwirtschafteten Teilkostenüberdeckungen bzw. der (Gesamt-) [X.] getroffen; es hat auch nicht ermittelt, ob die [X.] nach dem einschlägigen landesspezifischen Gebührenrecht verzinslich ist (so [X.], [X.], 370, 375; [X.]., [X.] 2012, 22, 24), was mit [X.]lick auf eine etwaige Abzinsung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 [X.]uchst. e i.V.m. Nr. 3 Satz 2 EStG 2002) entscheidungserheblich ist.

Meta

I R 62/11

06.02.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 10. August 2011, Az: 1 K 1487/07, Urteil

§ 5 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 5 Abs 2a EStG 2002, § 249 Abs 1 S 1 HGB, § 10 Abs 2 S 2 Halbs 1 KAG SN, § 5 Abs 4a EStG 2002, § 8 Abs 1 KStG 2002, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, KStG VZ 2005, KStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.02.2013, Az. I R 62/11 (REWIS RS 2013, 8373)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8373

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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