Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2017, Az. IX ZR 253/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13913

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:160317UIXZR253.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX [X.]

Verkündet am:

16. März 2017

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 60
a)
Ob der Insolvenzverwalter für eine unternehmerische Fehlentscheidung haftet, ist am Insolvenzzweck der bestmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger unter Berücksichtigung der von den [X.] getroffenen [X.] zu messen.
b)
Der Insolvenzverwalter darf keine Geschäftschance persönlich nutzen, die [X.] der Umstände des jeweiligen Falles dem von ihm verwalteten Schuldnerun-ternehmen zuzuordnen ist.

[X.], Urteil vom 16. März 2017 -
IX [X.] -
OLG Köln

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2017
durch [X.] [X.], die [X.], [X.] [X.], [X.] und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird der die Berufung zurückweisen-de Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] vom 30. November 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist seit
dem 6.
Juni 2011 Verwalter in dem bereits am [X.] eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommunalen Wohnungs-
und Baugesellschaft L.

mbH (Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten, seinen Vorgänger im Amt des Insolvenzverwalters, auf [X.] in Anspruch.

Die Schuldnerin ist
ein kommunales [X.]. Vor der Er-öffnung des Insolvenzverfahrens hatte sie den Wohnblock
W.

30 1
2
-
3
-
in L.

in eine Wohnungseigentumsanlage verwandelt und einige Wohnungen verkauft. Verkauft wurde unter anderem die Wohnung Nr. 24. Der Kaufpreis betrug 70.000 DM. Die Schuldnerin war Verwalterin der [X.] und blieb dies auch nach der Eröffnung des [X.]. Am 28. November 2007 beschloss die Gläubigerversammlung die Liqui-dation der Schuldnerin sowie die bestmögliche Verwertung des [X.].
Der Geschäftsbetrieb sollte vorläufig bis zur Verwertung des [X.] fortgeführt werden.

Im Jahre 2008 wollten die Käufer der Wohnung Nr. 24 ihre Wohnung [X.]. Sie wandten sich an den Geschäftsführer der
Schuldnerin.
Ob sie die Wohnung, wie der Kläger behauptet, zunächst der Schuldnerin oder dem [X.] in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter anboten, ist streitig.
Mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2008 kaufte der Beklagte persönlich die d-nerin in ihrer Eigenschaft als WEG-Verwalterin stimmte er der Veräußerung zu. Als Insolvenzverwalter der Schuldnerin in ihrer Eigenschaft als frühere Eigen-tümerin der Wohnung bewilligte er die Löschung einer Rückauflassungsvormer-kung. Die Wohnung wurde von der Schuldnerin verwaltet und vermietet.

Mit Wirkung zum 1. Dezember 2013 veräußerte der zwischenzeitlich zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger den gesamten Immobilienbestand der Schuldnerin
an die L.

Bauverein Beteiligungs-GmbH & Co KG. Die
Erwerberin
wandte sich an den Beklagten und unterbreitete ihm ein Angebot, nach welchem sie

kaufen wollte. Später bot sie

streit zwischen ihr
und dem Beklagten beendet werden.
Zu einer Einigung kam es nicht. Der Beklagte behielt die Wohnung.
3
4
-
4
-

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger
die
Übertragung der [X.] in Höhe von Kosten der [X.] durch die Insolvenzschuldnerin verlangt, Monate x 20

).
Insoweit hat er die Klage in zweiter Instanz nicht weiter verfolgt. Ebenfalls hilfsweise hat der Kläger Erstattung des [X.] für eine andere Wohnung verlangt, die nicht vermietet worden sei, weil der Beklagte seine ei-

), sowie Erstattung des Mindererlöses hinsichtlich des ganzen Wohnungsbestan-des
von 23.mieten x 214

x Faktor 9.2). Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision ver-folgt der Kläger den Anspruch auf Rückauflassung der Eigentumswohnung, er.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nachdem die [X.] am 28. November 2007 die Liquidation des Unternehmens der Schuldnerin beschlossen habe, sei der Beklagte als Verwalter nicht berechtigt gewesen, die 5
6
7
-
5
-
Wohnung zu erwerben. Selbst wenn der Erwerb der Wohnung aber noch von den Befugnissen eines Insolvenzverwalters gedeckt gewesen wäre, lasse sich eine entsprechende Verpflichtung des Beklagten nicht feststellen, der als Ver-walter einen weiten Ermessensspielraum gehabt habe. Der Hinzuerwerb einer weiteren Wohnung sei angesichts des bereits herrschenden Leerstandes ris-kant gewesen. Ein Wettbewerbsverbot für Insolvenzverwalter
gebe es
nicht. Selbst wenn ein derartiges Verbot bestünde, wäre der Beklagte
nicht zum Er-werb der Wohnung für die Masse verpflichtet
gewesen. Nachdem insgesamt drei Wohnungen in der fraglichen Anlage nicht im Eigentum der Schuldnerin gestanden hätten, habe auch nicht die Möglichkeit einer Arrondierung des Wohnungsbestandes bestanden.

Schadensersatz wegen der behaupteten bevorzugten Vermietung der eigenen Wohnung könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen. Der Kläger habe ein entsprechendes Verhalten des Beklagten nicht hinreichend konkret darge-legt. Für die [X.] ab dem 1. November 2011 beruhe der Schaden zudem auf dem eigenen Verhalten des [X.], der die Wohnung
des Beklagten
selbst neu vermietet habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen des [X.] hat sich der Beklagte dadurch, dass er die ihm als Verwalter zu einem äußerst ge-ringen Preis angebotene Wohnung nicht für die Masse erworben hat, nach §
60 [X.] schadensersatzpflichtig gemacht.

8
9
-
6
-

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Ansprüche auf Ersatz eines Schadens, den die Insolvenzgläubiger gemeinschaftlich durch eine Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens vor oder nach der Eröffnung des [X.] erlitten haben, werden während der Dauer des Insolvenzver-fahrens vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Richten sich die Ansprüche gegen den Verwalter, so können sie nur von einem neu bestellten Insolvenz-verwalter geltend gemacht werden (§ 92 [X.]). Um einen solchen Gesamt-schaden handelt es sich hier. Dem Beklagten wird vorgeworfen, die Masse nicht um eine günstig zu erwerbende Eigentumswohnung vermehrt zu haben.

2. Der Beklagte hat sich schon dadurch gemäß § 60 [X.] [X.] gemacht, dass er die ihm angebotene Wohnung nicht für die [X.] erworben hat.

a) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadensersatz ver-pflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach der [X.] obliegen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Zu seinen Pflichten gehört es, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu bewahren und ordnungsgemäß zu verwalten ([X.], Urteil vom 26. Juni 2014

[X.], [X.], 1434 Rn. 11;
vom 16. Juli 2015

IX ZR 127/14, [X.], 1644 Rn. 8;
vom 3. März 2016

IX ZR 119/15, [X.], 617 Rn. 15). Diese Pflicht hat sich am gesetzli-chen Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters auszu-richten, welches
an die handels-
und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforde-rungen
angelehnt ist
(§ 347 Abs. 1 HGB, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 43 Abs. 1 GmbHG), aber den Besonderheiten des [X.] zu tragen hat
([X.], Urteil vom 26. Juni 2014,
aaO Rn.
16). Maßstab aller unternehmerischen Entscheidungen des Insolvenzver-walters
im Rahmen einer Betriebsfortführung
ist der Insolvenzzweck der
best-10
11
12
-
7
-
möglichen
gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 1 [X.]; vgl. [X.] 116, 1,
13) sowie das von den Gläubigern gemeinschaftlich be-schlossene [X.]

Abwicklung des Unternehmens, Veräußerung oder Insolvenzplan

als Mittel der Zweckerreichung (Uhlenbruck
in Festschrift für K.
[X.], 2009, S. 1603, 1617 f; vgl. auch [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.], 2009, § 60 Rn. 37; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., § 60 Rn.
29a; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1 Rn. 20, 44
ff; [X.]/[X.]/Nicht, [X.], 321, 328).

b) Die Pflicht zur ordnungsgemäßen
Bewahrung und
Verwaltung der [X.] ist vielfach nicht schon
dann erfüllt, wenn
es dem Verwalter [X.], den
Bestand der Masse zu erhalten. Wie der [X.] bereits entschieden hat, kann der Insolvenzverwalter gehalten sein, bis zur endgültigen Verteilung der Masse nicht benötigte Gelder nicht nur zu sichern, sondern auch zinsgüns-tig anzulegen ([X.], Urteil vom 26. Juni 2014, aaO Rn. 15). Dabei ging es nicht nur und nicht in erster Linie um den Schutz der Masse vor einem inflationsbe-dingten Wertverlust.
Dieser Gesichtspunkt wird in der Entscheidung nicht [X.] erwähnt. Den Urteilsgründen zufolge sind nicht benötigte Gelder schon deshalb festzulegen, weil sie nicht benötigt werden, aber Zinsen tragen könn-ten.
Zur
Masseverwaltungspflicht
gehört danach auch ein allgemeines Wert-mehrungsgebot ([X.], EWiR 2014, 563, 564). Das gilt auch und gerade im Rahmen einer Betriebsfortführung, wenn auch unter Berücksichtigung der
besonderen Bedingungen eines Insolvenzverfahrens
(vgl. dazu BT-Drucks. 12/2443, [X.]; [X.], Urteil vom 26. Juni 2014

[X.], [X.], 1434 Rn. 16; [X.], 321 Rn. 60; HmbKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., §
60 Rn. 9),
der Orientierung allen Handelns des Insolvenzverwalters am Insol-venzzweck der bestmöglichen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung (§
1 [X.]; vgl. [X.] 116, 1, 13) und der maßgeblichen Entscheidungen der [X.]
-
8
-
solvenzgläubiger
(§§ 157, 158 [X.])
über die Zukunft des schuldnerischen Un-ternehmens.

c) Welche Pflichten den Insolvenzverwalter im Einzelfall treffen, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls ab. Der vorliegende Fall wird auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Klägervorbringens von folgenden Besonderheiten
geprägt:

Dem Beklagten
ist eine Wohnung angeboten worden, die einen Wert von 45

nur einen geringen Bruchteil dieses Wertes
kos-ten sollte

; nach eigener Darstellung des Beklagten sollte die Wohnung sogar [X.] zu

werden.

Die Wohnung lag in einer Eigentumsanlage, in welcher der Insolvenz-schuldnerin bis auf drei Wohnungen sämtliche Wohnungen gehörten.

Die Insolvenzschuldnerin war zugleich die Verwalterin der [X.]. Sie konnte auch die angebotene Wohnung verwalten, was schon daraus folgt, dass sie sie tatsächlich verwaltet hat, nachdem der Beklagte persönlich sie erworben hatte.

Die Gläubigerversammlung hatte die Liquidierung des schuldnerischen Unternehmens beschlossen; bis zum Verkauf der Wohnungen sollte [X.] jedoch weiter betrieben werden und ist weiter betrieben worden.

14
-
9
-

Die Wohnung konnte nach Lage und Zustand vermietet werden, was [X.] folgt, dass sie

vermietet worden
ist, nachdem der Beklagte persönlich sie erworben hatte.

Der Wohnungsbestand der Schuldnerin sollte insgesamt veräußert wer-den und ist entsprechend veräußert worden.

Danach handelte es sich um ein Geschäft, welches die
Masse ohne son-derlichen Aufwand und ohne großes Risiko erheblich vermehrt
hätte. Auch un-ter Anlegung eines großzügigen Maßstabes an unternehmerische Entscheidun-gen des Insolvenzverwalters, der in einer für das Unternehmen schwierigen Lage eine von vielen, teils unbeherrschbaren Faktoren abhängige [X.] zu treffen hat,
und des ihm zukommenden weiten [X.]
(vgl. etwa [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., § 60 Rn. 14;
HmbKomm-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 60 Rn. 29 f, 33;
MünchKomm-[X.]/[X.]/
[X.], 3. Aufl., § 60 Rn. 29a; [X.]/[X.]/Nicht, [X.], 321, 328),
ist die Entscheidung des Beklagten, die Wohnung zu dem von ihm gezahlten Preis nicht für die Masse zu erwerben,
mit
einer ordentlichen
und gewissenhaf-ten
Insolvenzverwaltung nicht zu vereinbaren.

3. Ein weiterer zum Schadensersatz nach § 60 [X.] verpflichtender [X.] gegen die Pflichten eines ordentlich und gewissenhaft handelnden [X.]s
liegt darin, dass der Beklagte eigennützig, ohne Berücksichti-gung der Interessen der Insolvenz-
und Massegläubiger und derjenigen der In-solvenzschuldnerin, ein vorteilhaftes Geschäft an sich gezogen hat, welches im engen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin stand und daher dieser zuzuordnen war.

15
16
-
10
-

a) Das Berufungsgericht hat gemeint, den Insolvenzverwalter treffe im Verhältnis zum Insolvenzschuldner kein Wettbewerbsverbot, weil die [X.] ein solches nicht vorsehe. Daran ist richtig, dass
die entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nicht unbesehen auf den Insolvenzverwal-ter angewandt werden können. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist das gesetzliche Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters zwar an
die handels-
und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen (§
347 Abs. 1 HGB, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 34 Abs. 1 Satz 1 [X.], §
43 Abs. 1 GmbHG) angelehnt (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Jedoch sind die [X.] zu beachten, die sich aus den Aufgaben des Insolvenzverwalters und aus den Umständen ergeben,
unter denen er seine Tätigkeit ausübt.

b) Die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft dürfen gemäß §
88 Abs. 1 Satz 1 AktG ohne Einwilligung des Aufsichtsrats weder ein Han-delsgewerbe betreiben noch im Geschäftszweig der [X.] gemäß § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG dürfen sie
ohne Einwilligung auch nicht Mitglied des Vorstands oder [X.] oder persönlich haftender [X.]er einer anderen Handelsgesell-schaft sein.
In diesen Regelungen drückt sich die verantwortliche Rechtsstel-lung des Vorstands als Leiter der [X.] aus, die es erfordert, dass ein Vorstandsmitglied der [X.] grundsätzlich seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat
([X.]/[X.], 4. Aufl., § 88 Rn. 1). Für den Insolvenzverwalter gilt dies so nicht. In aller Regel ist ein Insolvenzverwal-ter in mehr als einem Insolvenzverfahren bestellt. Er widmet regelmäßig nicht seine ganze Arbeitskraft nur einem Insolvenzverfahren.

Im [X.]srecht gibt es aber auch Wettbewerbsverbote, die unab-hängig von einem im Grundsatz ausschließlichen Einsatz der Arbeitskraft für 17
18
19
-
11
-
die [X.] gelten. So darf der [X.]er einer offenen Handelsge-sellschaft ohne Einwilligung der anderen [X.]er weder in dem Handels-zweig der [X.] Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender
[X.]er teilnehmen (§ 112 Abs. 1 HGB).
Gleiches gilt für den persönlich haftenden [X.]er einer Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 HGB). In diesen Fällen folgt das Wettbe-werbsverbot aus der
Treuepflicht
des [X.]ers ([X.], Urteil vom 5. [X.]

II ZR 242/82, [X.]Z 89, 162,
165; [X.]/[X.]/[X.], HGB,
37.
Aufl., § 112 Rn. 1).

c) Das gemäß § 88 Abs. 1 AktG den Vorstand einer Aktiengesellschaft treffende Verbot, im Geschäftszweig der [X.] für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen, gilt für den geschäftsführenden [X.] einer Personengesellschaft
([X.], Urteil vom 23. September 1985

[X.], NJW 1986, 584, 585), einer
Erwerbs-BGB-[X.] ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2012

[X.], [X.], 320 Rn. 20 f) und den [X.] einer
[X.] mit beschränkter Haftung
([X.], Urteil vom 26.
Oktober 1964

[X.], [X.], 1320, 1321; vom 8. Mai 1967

[X.], [X.], 679, 680)
ebenfalls. Der Geschäftsführer oder geschäfts-führende [X.]er muss in allen Angelegenheiten, die das Interesse der [X.] berühren, deren Wohl und nicht seinen eigenen Nutzen oder den Vorteil anderer im Blick haben. Bei der Übertragung der Geschäftsführungsbe-fugnis dürfen die (anderen) [X.]er darauf vertrauen, der [X.] oder geschäftsführende [X.]er werde getreu seinem Versprechen seine Tätigkeit dem [X.]szweck widmen und sich uneigennützig für das gemeinsame Ziel einsetzen;
dieser darf sich deshalb bei der Geschäftsführung nur vom [X.]sinteresse leiten lassen und muss seine eigenen Interes-sen hintansetzen ([X.], Urteil vom 23. September 1985, aaO). Aus dieser 20
-
12
-
Treuepflicht des Geschäftsführers
wird hergeleitet, dass es ihm ohne ausdrück-liche Erlaubnis nicht gestattet ist, im Geschäftszweig der [X.] Geschäf-te für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug be-reits von der [X.] abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf ei-gene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Der Geschäftsführer darf Geschäftschancen nicht für sich, sondern nur für die [X.] ausnutzen und hat ihr, wenn er hiergegen verstößt, einen dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Er darf keine Geschäfte an sich ziehen, die in den Geschäftsbereich der [X.] fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2012, aaO Rn. 21 mwN; sog. Geschäftschancenlehre).

d) Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf einen Insolvenzverwalter [X.], der
das Unternehmen des Insolvenzschuldners fortführt. Er ist
zwar nicht vom Schuldner oder

wenn es sich beim Insolvenzschuldner um eine [X.] handelt

von den [X.]ern beauftragt worden. Mit seiner Be-stellung zum Insolvenzverwalter hat er jedoch eine Rechtsmacht erhalten, die nicht hinter derjenigen eines Geschäftsleiters zurückbleibt. Gemäß § 80 Abs. 1 [X.] ist er berechtigt, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwal-ten und über es zu verfügen. Diese Rechtsmacht ist zweckgebunden. Das In-solvenzverfahren dient den Interessen der Gläubiger und des [X.], nicht den Erwerbsinteressen des Insolvenzverwalters
([X.] 113, 1, 13
f
zu § 56 [X.]).
Entsprechend hat der Verwalter die ihm übertragenen [X.] Befugnisse ausschließlich zur Verfolgung des [X.] zu nutzen.
Bietet sich ihm die Möglichkeit, ein für die Masse vorteilhaftes Geschäft zu schließen, ist ihm jedenfalls dann verboten, das Geschäft an sich zu ziehen, wenn die Geschäftschance in den Geschäftsbereich des Schuldnerunterneh-mens fällt und diesem zugeordnet ist.
21
-
13
-

e) Unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen eine Geschäftschance
der Masse in der Weise zugeordnet ist, dass der Verwalter sie persönlich nicht mehr wahrnehmen darf, ist eine Frage des Einzelfalls.
Nach der Rechtspre-chung des [X.] zur gesellschaftsrechtlichen Geschäftschancen-lehre liegt eine Geschäftschance der [X.] vor, wenn diese den Vertrag bereits
geschlossen oder jedenfalls soweit vorbereitet hat, dass der endgültige Vertragsschluss nur noch eine Formsache ist. Gleiches gilt, wenn der Ge-schäftsleiter namens der [X.] in Vertragsverhandlungen eingetreten ist ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2012

[X.], [X.], 320 Rn. 26) oder wenn ihm ein vorteilhaftes Angebot nur mit Rücksicht auf seine Stellung unter-breitet worden ist. Erfasst sind schließlich auch Geschäftschancen, die im Zu-sammenhang mit der Geschäftstätigkeit
der [X.]
stehen
(vgl. Fleischer, [X.] 2003, 985, 986
f
mwN).
Das gilt für den Insolvenzverwalter, der das Un-ternehmen des Schuldners fortführt, in gleicher Weise.

f) Der Erwerb der Wohnung Nr. 24 gehörte zum Geschäftsfeld des [X.].
Die Wohnung ist dem Geschäftsführer der Schuldne-rin angeboten worden, welcher für die Insolvenzverwaltung tätig war.
Es gab bereits einen Vertragsentwurf, der den Beklagten in seiner Eigenschaft als In-solvenzverwalter als Käufer auswies. Die Wohnung wäre an ihn verkauft [X.], wenn er das Geschäft nicht persönlich an sich gezogen hätte.
Da das Schuldnerunternehmen bis zur Veräußerung des Wohnungsbestandes fortge-führt werden sollte, stand der Liquidationsbeschluss der
Gläubigerversammlung dem Ankauf nicht entgegen.

22
23
-
14
-
III.

Das
angefochtene Urteil kann deshalb
keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der [X.] weist auf folgenden
rechtlichen Gesichtspunkt hin:
Nach [X.] des Beklagten war ein Erwerb für die Masse aus tatsächlichen Grün-den nicht möglich, weil
die Verkäufer nicht an die Insolvenzschuldnerin verkau-fen wollten. In der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers
der Schuldnerin heißt es dazu, die Verkäufer hätten dies mit der Insolvenz der Schuldnerin begründet.
Von einem Geschäftsführer, dem sich eine Geschäfts-chance für die [X.] bietet, wird grundsätzlich erwartet, alles Erdenkliche zu tun, um diese für die [X.] zu nutzen ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2012

II ZR
159/10, [X.], 320 Rn. 31 mwN). Das gilt auch für den [X.]. Es wäre Aufgabe des Beklagten gewesen, etwaige Fehlvorstel-lungen der Verkäufer hinsichtlich der Befugnisse und wirtschaftlichen Möglich-

24
25
-
15
-
keiten eines Insolvenzverwalters zu korrigieren und unbegründete Bedenken
auszuräumen.

Kayser
Lohmann
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.06.2015 -
13 O 361/14 -

OLG Köln, Entscheidung vom 30.11.2015 -
2 U 77/15 -

Meta

IX ZR 253/15

16.03.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2017, Az. IX ZR 253/15 (REWIS RS 2017, 13913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13913

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 253/15 (Bundesgerichtshof)

Haftung des Insolvenzverwalters für eine unternehmerische Fehlentscheidung; persönliche Nutzung einer Geschäftschance


2 U 77/15 (Oberlandesgericht Köln)


IX ZR 238/17 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 238/17 (Bundesgerichtshof)

Eigenverwaltung: Haftung des vertretungsberechtigten Geschäftsleiters


IX ZR 125/17 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverfahren: Entscheidungsspielraum des Insolvenzverwalters; Einwirkungsmöglichkeiten der Gläubigerversammlung; Schadensersatz bei Masseunzulänglichkeit; Protokollierungspflicht der Beschlüsse der Gläubigerversammlung)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 253/15

IX ZR 162/13

IX ZR 127/14

IX ZR 119/15

II ZR 159/10

2 U 77/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.