Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2014, Az. VII ZR 276/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5038

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR
276/13
Verkündet am:

5. Juni 2014

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 633 Abs. 1
Zur Darlegung von Mängeln eines Werks, das die Lieferung und Installation von Software zum Gegenstand hat.

[X.], Urteil vom 5. Juni 2014 -
VII ZR 276/13 -
OLG Celle

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5.
Juni
2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kniffka
und die Richter
Dr. [X.], [X.], Dr.
Kartzke und Prof.
Dr.
Jurgeleit
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 12. September 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihrer Leasinggeberin die Rückabwicklung eines auf die Installation von Software und deren Integration in die Arbeitsabläufe der Klägerin gerichteten Vertrages mit der [X.].
Die Klägerin handelt mit Möbeln
und Möbelzubehör. Sie bietet
ihre Wa-ren auch über verschiedene Online-Shops an. Die [X.] ist ein EDV-Handels-
und Softwareentwicklungsunternehmen, welches sich auf den Einbau und die kundenspezifische
Anpassung des Warenwirtschaftssystems "B." spe-zialisiert hat. Die Parteien einigten sich im Juni 2008 über das "Installation-
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Einrichtungsvolumen `First Step`". Damit verpflichtete sich die [X.],
gegen Zahlung von netto 22.141

." zu installieren und einzurichten, insbeson-dere eine Anbindung
ihrer Software an
von der Klägerin genutzte Online-Shops herbeizuführen.
Zur Finanzierung des Vertrages bediente sich die Klägerin eines Lea-singunternehmens, das Vertragspartner der [X.] wurde, die Leistungen der [X.] der Klägerin zur Nutzung überließ und
später
-
alle Rechte aus dem Vertrag auf die Klägerin übertrug.
Die [X.] lieferte ihre Software am 8. August 2008 an die Klägerin und erstellte am 11.
August
2008 die an die Leasinggeberin adressierte Rech-nung über netto 22.141

8.
August 2008 mit, sie habe die Leistungen der [X.] "fabrikneu, [X.], ordnungsgemäß, funktionsfähig und der Beschreibung im Vertrag gemäß, sowie

allen getroffenen Vereinbarungen entsprechend übernommen". Zu diesem Zeitpunkt war die von der [X.] gelieferte Software nicht bzw. nicht vollständig funktionstüchtig, was den Parteien bekannt war. Unter dem 14.
August 2008 übersandte die Leasinggeberin der [X.] einen
Scheck über die Rechnungssumme, den die [X.] einlöste.
In der Folgezeit stritten die Parteien darüber, ob die [X.] ihren Pflichten vollständig nachgekommen war, insbesondere die Schnittstellen zu den Online-Portalen funktionierten. Mit Schreiben
vom 7.
August 2009 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die [X.] auf Rückabwicklung des Vertrages, d.h. auf Zahlung von 26.347,79

um
Zug gegen Rückgabe der implementierten
Software in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage
nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen zur 3
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Frage des Bestehens eines Mangels
abgewiesen. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Kla-gebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an einen anderen Senat des [X.].

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 634 Nr. 3, §§ 323, 346 BGB zu, da die Klägerin ihrer Darlegungslast hinsichtlich eines Mangels nicht nachge-kommen sei.
Für das Vorliegen eines Mangels sei die Klägerin darlegungs-
und be-weispflichtig, da die Leasinggeberin die Leistung der [X.] abgenommen habe. Die Klägerin sei im Verhältnis zur Leasinggeberin verpflichtet gewesen, die Leistung der [X.] ordnungsgemäß zu überprüfen. Diese Pflicht habe sie verletzt, indem sie trotz der nicht vollständigen Funktionstauglichkeit der Software der Leasinggeberin die Ordnungsgemäßheit der Leistung mitgeteilt habe. Da die Leasinggeberin sich das Verhalten der Klägerin zurechnen lassen 7
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müsse, sei in der Zahlung des Preises in
Verbindung mit der uneingeschränk-ten Übernahmebestätigung der Klägerin die Abnahmeerklärung zu sehen.
Auf dieser Grundlage habe die Klägerin im Einzelnen vortragen müssen, was zwischen den Parteien hinsichtlich der zu erbringenden Software [X.] worden sei und welche vereinbarte Funktion nicht habe durchgeführt wer-den können. Änderungswünsche während des Gebrauchs der Software hätten
kenntlich gemacht werden
müssen. Dem sei die Klägerin nicht nachgekommen. Es fehle an der Darlegung des [X.], einer Abgrenzung zu Anpas-sungsarbeiten und zu den Auswirkungen des Providerwechsels.

II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Auffassung des [X.], die Klägerin habe einen Mangel nicht hinreichend vorgetra-gen, ist von [X.] beeinflusst.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Vertrag
der Parteien als Werkvertrag einzuordnen ist. Gegenstand des Vertrages war die Anpassung der Software der [X.] an die Bedürfnisse der Klägerin und die Schaffung von Schnittstellen zu den Online-Shops. Damit schuldete die [X.] die Herbeiführung des vertraglich vereinbarten Erfolgs als Ergebnis einer in-dividuellen Tätigkeit für die Klägerin (vgl. [X.], Urteil vom 25. März 2010

VII
ZR 224/08, [X.], 2200 Rn. 14).
Die Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs war nicht, wie die Revisi-onserwiderung meint, von nur untergeordneter Bedeutung, so dass es sich nicht um einen Kaufvertrag (vgl. §§ 433, 434 Abs. 2 Satz 1 BGB) handelt. Das folgt aus dem Vertragsinhalt und wird auch durch den
Umstand
bestätigt, dass 11
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die [X.] Anfang August 2008 mit den Arbeiten begann und frühestens [X.] September 2008, d.h. nach fast zwei Monaten, ein Online-Shop freigeschal-tet werden konnte.
2. Das Berufungsgericht hat aber
die Anforderungen an die schlüssige Darlegung eines Mangels nach Abnahme der Werkleistung überspannt.
a) Der
Besteller genügt seiner Darlegungslast, wenn er Mangelerschei-nungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet, genau bezeichnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinung muss der Besteller nicht vortragen. Ob die Ursachen der Mangelerscheinung tatsächlich in einer ver-tragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Unternehmers zu suchen sind, ist Gegenstand des Beweises und nicht des
Sachvortrags ([X.], Urteil vom 17.
Januar 2002
VII ZR 488/00, BauR
2002, 784, 785
=
NZBau 2002, 335 m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen entspricht der Sachvortrag der Klägerin. Die Klägerin hat von Beginn des Rechtsstreits an vorgetragen, die [X.] sei ver-pflichtet gewesen, die Schnittstellen zu den Online-Portalen herzustellen und diese Schnittstellen hätten nicht funktioniert, d.h. ein automatischer [X.] habe nicht stattgefunden. Diese Probleme beruhten nicht auf eigen-mächtigen Änderungen des von der [X.] installierten [X.]. Dieses sei vielmehr durchgehend nicht funktionsfähig gewesen.
Wenn das Berufungsgericht auf dieser Grundlage ausführt, die Klägerin habe bereits nicht dargelegt, was Inhalt des ursprünglichen Vertrages gewesen
sei, ist das nicht nachvollziehbar. Soweit das Berufungsgericht Vermutungen darüber anstellt, ob der Vortrag der Klägerin zu Eingriffen in das installierte Sys-tem zutreffend ist, vermischt es in unzulässiger Weise die Darlegungs-
und Be-weisebene.
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3. Die Klageabweisung des [X.] wegen fehlender Darle-gung eines Mangels kann daher keinen Bestand haben. Da das Berufungsge-richt keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des von der Klägerin [X.] gemachten Rückabwicklungsanspruchs getroffen hat, ist das Berufungsur-teil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Senat hat insoweit von der Mög-lichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an einen anderen Senat des Berufungs-gerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass die Auffassung des [X.], mit der vorbehaltlosen Zahlung der Rechnung in Verbindung mit der Übernahmeerklärung der Klägerin
vom 8.
August 2008 habe die Leasinggeberin das Werk der [X.] abgenom-men, von [X.] beeinflusst ist.
Abnahme im Sinne von § 640 Abs. 1 Satz 1 BGB bedeutet die körperli-che Entgegennahme des Werks durch den Besteller verbunden mit dessen [X.] als im Wesentlichen vertragsgerecht ([X.], Urteil vom 25.
März 1993
[X.], NJW 1993, 1972, 1974). Die Billigung des Werks
kann ausdrücklich erfolgen, indem der Besteller dem Unternehmer das [X.] mit der Werkleistung mitteilt.

Nach den bisherigen Feststellungen kann weder von einer ausdrückli-chen noch von einer konkludenten Abnahme des Werkes der [X.] [X.] werden. Denn zum Zeitpunkt der Übernahmeerklärung war das Werk nicht bzw. nicht vollständig funktionstüchtig, weil insbesondere Schnittstellen zu den Onlineportalen noch funktionsfähig hergestellt werden mussten. Angesichts der Bedeutung dieser Schnittstellen konnte die [X.] nicht davon ausgehen, dass in dem Verhalten der Klägerin oder der Leasinggeberin eine Billigung ihres 19
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Werks als im Wesentlichen vertragsgerecht zu sehen war. Vielmehr hatte unter diesen Umständen die Übernahmeerklärung der Klägerin allein den Zweck, die körperliche Übergabe der Software im einwandfreien Zustand zu dokumentie-ren.
Ob die Klägerin, wie das Berufungsgericht meint, mit der [X.] gegen ihre Pflichten gegenüber der Leasinggeberin verstoßen hat, kann dahinstehen. Ein solcher Verstoß gegen Pflichten aus dem Leasingvertrag, [X.] für die Frage, ob eine Abnahme im Rahmen des Werkvertrags konkludent erklärt wurde, bedeutungslos.

Kniffka
[X.]
[X.]

Kartzke

Jurgeleit
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2012 -
1 O 71/10 -

OLG Celle, Entscheidung vom 12.09.2013 -
5 [X.]/12 -

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Meta

VII ZR 276/13

05.06.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2014, Az. VII ZR 276/13 (REWIS RS 2014, 5038)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5038

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 276/13

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