Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2013, Az. 5 StR 145/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6420

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5 [X.]/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 23. April
2013
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am
23. April 2013
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 4. Dezember 2012 nach § 349 Abs.
4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Ju-gendschutzkammer des [X.] zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen acht Vergehen der Körperverletzung und Nötigung zum Nachteil der Nebenklägerinnen, seiner Ehefrau und seiner 2003 und 2007 geborenen Töchter, darunter fünf Fälle der gefährlichen Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die Ehefrau hat den Angeklagten am Morgen nach der schwersten, in der Nacht zu ihrem Nachteil begangenen, mit der Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndeten Tat ange-zeigt. Bei dieser presste er sie nach den auf ihren Angaben beruhenden Ur-teilsfeststellungen unter Todesdrohungen bis zur Bewusstlosigkeit auf die Matratze des [X.]. Seitdem lebt sie mit ihren Töchtern getrennt von dem zwei
Wochen später in Untersuchungshaft genommenen Angeklagten. Dessen Revision hat

im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Antrag des [X.]

mit einer Verfahrensrüge, die Ablehnung eines [X.] betreffend, Erfolg.

1. Die Verteidigung hat die Vernehmung der Leiterinnen der von den Töchtern des Angeklagten besuchten Kindertagesstätte beantragt und u.
a. 1
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3
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in ihr Wissen gestellt, die Ehefrau des Angeklagten habe ihnen den nächtli-chen Übergriff geschildert, der sie zur Anzeige veranlasst hatte, und dabei berichtet, der Angeklagte habe ihr unter Tötungsdrohung ein Messer an den Hals gehalten. Das [X.] hat den Antrag nach § 244 Abs. 3
Satz
2
StPO wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt; selbst wenn die Nebenklägerin den Zeuginnen einen teilweise abweichenden Ge-schehensablauf geschildert haben sollte, würde es aufgrund der Qualität ih-rer polizeilichen Aussagen nicht den Schluss ziehen, dass sie insgesamt die Unwahrheit gesagt habe. Im Urteil erwägt das [X.], ob die Ehefrau des Angeklagten vor dem Hintergrund ihres Trennungswunsches versucht gewesen sein könne, durch partiell falsche mehrbelastende Angaben eine härtere Strafe gegen ihn zu erreichen, verwirft dies aber angesichts des [X.] und der [X.] ihrer
Angaben und mangelnder Erkennbarkeit auffälligen Belastungseifers vor dem Hintergrund der Verneinung eines se-xuellen Übergriffs (UA S.
24 f.).

a) Die Behandlung des [X.] erweist sich als fehlerhaft, weil sie die Beweiswürdigung im Urteil inhaltlich in Frage stellt. Wenn das [X.] die Beweisbehauptung einer nachhaltig übertriebenen [X.] dieses gewichtigsten Vergehens durch die für dieses Tatgeschehen ein--gegen--Konstellation) gegenüber [X.] als für die Glaubhaftigkeit der Angaben bedeutungslos erachtete und eine Beweiserhebung zu diesem Punkt und eine ergänzende Befragung der Nebenklägerin hierzu ablehnte, musste es die behaupteten wesentlich wider-sprüchlichen Angaben der Nebenklägerin gegenüber [X.] folglich in der [X.] unterstellen. Dann war es aber unerlässlich, eine solche Auffälligkeit, deren Unerheblichkeit für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ihrer Schilderung des [X.] sich nicht von selbst versteht, im Zusammenhang mit der erwähnten, hiermit zu hinterfragenden Beweis-würdigung ausdrücklich zu erörtern. Solches ist weder in dem den Antrag ablehnenden Beschluss noch im Urteil
ausreichend
geschehen.

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b) In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die Verteidigung ausweislich der Revisionsbegründung im Rahmen eines ande-ren Antrags behauptet hat, eine andere als Zeugin vernommene Kindergärt-nerin habe bekundet, die Ehefrau des Angeklagten habe ihr von einem derar-tigen Messereinsatz berichtet, ohne dass ersichtlich ist, dass das [X.] dieser Erklärung entgegengetreten wäre, und ohne dass eine solche Zeu-genaussage im Urteil gewürdigt worden wäre.

c) Die verfahrensfehlerhafte Behandlung des [X.] führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt. Angesichts des Einflusses der Ehefrau des Angeklagten auf ihre Töchter müsste die Zuverlässigkeit von deren An-gaben für den Fall einer nicht tragfähigen Beweisgrundlage für den schwers-ten Tatvorwurf ebenfalls neu geprüft werden.

2. Bei dieser Sachlage kann der Senat dahinstehen lassen, ob er auch mit dem [X.] die Rüge der Ablehnung eines Hilfsbe-weisantrages für durchgreifend halten würde. Dieser war auf Vernehmung der Schwester des Zeugen R.

zu dessen Beziehungen zu den Neben-klägerinnen auf der Grundlage behaupteten gemeinsamen Wohnens gerich-tet. An der Zulässigkeit der Rüge könnten im Blick auf die mangelhafte An-gabe einer ladungsfähigen Anschrift dieser Zeugin in der Revisionsbegrün-dung Zweifel bestehen. Darüber hinaus lässt die überaus wortreiche, aber wenig strukturierte und fast wie eine Kollage zusammengestellte [X.] nicht ganz eindeutig erkennen, ob die Behandlung dieses [X.] überhaupt gesondert beanstandet werden soll.

Wäre die Rüge zulässig, hätte auch sie indes entsprechend der Auf-fassung des [X.] Erfolg: Die Annahme mangelnder [X.] der ersichtlich nicht im Einklang mit den Zeugenaussagen der Neben-klägerinnen und des Zeugen R.

stehenden Behauptung zu den [X.] ist von den Voraussetzungen
des Senatsurteils vom 10.
Juni
2008

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StR 38/08 (BGHSt 52, 284) nicht gedeckt, da eine spezifi-4
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5
-

sche Befragung der vernommenen Zeugen zu gemeinsamem Wohnen im Gartenhaus der benannten Zeugin nicht belegt
ist; für eine andere tragfähige Ablehnung des [X.] ist nichts ersichtlich.

3. Der Senat weist ferner darauf hin, dass auch die Ablehnung des Beweisantrags auf Vernehmung des Zeugen Mo.

wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit Bedenken begegnet, wenn die Nebenklägerin den Bruch des Lattenrostes des [X.] als Beleg für die Gewalttätigkeit des Angeklagten angeführt hat, dieser aber zuvor schon gebrochen gewesen wäre.

4. Für die neue Verhandlung weist der Senat schließlich darauf hin, dass die Einlassung des Angeklagten durch dessen eigene mündliche [X.] und die Zulassung einer Befragung gegenüber dem bisherigen Pro-zessverhalten (UA S.
7) deutlich mehr Gewicht erlangen könnte (vgl. [X.] in [X.] für [X.], 2009, [X.], 29). Sollte der Angeklagte die Vorwürfe zum Nachteil seiner Töchter weiterhin gänzlich in Abrede stellen, könnte eine Glaubhaftigkeitsbegutachtung angezeigt sein. Die hierzu erho-bene Verfahrensrüge entbehrt indes schon mangels vollständiger Dokumen-tation der Aussagen der Kinder der Zulässigkeit.

[X.]Raum Schneider

Dölp Bellay
8
9

Meta

5 StR 145/13

23.04.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2013, Az. 5 StR 145/13 (REWIS RS 2013, 6420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6420

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