Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2023, Az. XII ZB 18/22

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 2265

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Gegenstand

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung eines anwaltlich vertretenen Beteiligten


Leitsatz

Die Vermutung fehlenden Verschuldens, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, entfällt im Falle der Vertretung durch einen Rechtsanwalt nur dann, wenn sich das anwaltliche Mandat auf die Angelegenheit bezieht (Abgrenzung zu Senatsbeschlüssen vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10, FamRZ 2010, 1425 und vom 25. November 2020 - XII ZB 256/20, FamRZ 2021, 444).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 4 wird der Beschluss des 27. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 30. Dezember 2021 aufgehoben.

Dem weiteren Beteiligten zu 4 wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des [X.] vom 17. Mai 2019 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 1.000 €

Gründe

I.

1

Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) begehrt die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer „Totalrevision“ nach § 51 Abs. 1 VersAusglG.

2

Seine am 4. Juli 1979 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Familiengerichts vom 25. September 2007 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt.

3

Während der Ehezeit (1. Juli 1979 bis 31. Dezember 2006) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, außerdem die Ehefrau Anrechte in der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung und der Ehemann Anrechte bei der [X.]. Das Familiengericht führte den Versorgungsausgleich im Wege des [X.] durch, indem es zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der [X.] ein Anrecht der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 252,60 € monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit, begründete.

4

Die frühere Ehefrau heiratete am 23. Juli 2011 den Beteiligten zu 4 und verstarb am 21. Mai 2018. Der Beteiligte zu 4 bezieht aus dem Versorgungsanrecht der früheren Ehefrau eine sogenannte große Witwerrente.

5

Mit Antrag vom 10. Juli 2018 hat der Ehemann eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begehrt. Er beruft sich auf eine wesentliche Änderung des Werts der gesetzlichen Rentenversicherung seiner Ehefrau und erstrebt im Hinblick auf deren Vorversterben eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs. Das Familiengericht hat nach Anhörung der Versorgungsträger, jedoch ohne Hinzuziehung des Beteiligten zu 4 zum Verfahren, durch Beschluss vom 17. Mai 2019 das Urteil vom 25. September 2007 mit Wirkung vom 1. August 2018 dahin abgeändert, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Die Entscheidung enthält die Rechtsbehelfsbelehrung: „Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von einem Monat Beschwerde beim [X.], [Anschrift], eingelegt werden“. Die Entscheidung ist dem Beteiligten zu 4 nicht bekannt gegeben worden.

6

Mit Bescheid vom 4. Februar 2020 setzte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Witwerrente des Beteiligten zu 4 im Hinblick auf die ergangene [X.] zum Versorgungsausgleich neu fest und forderte den Beteiligten zu 4 zur Rückzahlung überzahlter Rentenbeträge auf. Hiergegen legte der Beteiligte zu 4 Widerspruch ein und nahm durch einen Rechtsanwalt im April 2020 Einsicht in die Verwaltungsakte des Versorgungsträgers sowie im Mai 2020 Einsicht in die Gerichtsakte des Abänderungsverfahrens zum Versorgungsausgleich.

7

Am 21. August 2020 hat der Beteiligte zu 4 Beschwerde gegen die familiengerichtliche Entscheidung über die Abänderung des Versorgungsausgleichs eingelegt, die das [X.] als unzulässig verworfen hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4.

II.

8

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

9

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 70 Abs. 1 FamFG uneingeschränkt statthaft.

Zwar hat das Beschwerdegericht in der Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen sei, „weil die Frage der Rechtsmittelfrist in der Entscheidung des [X.] vom 10.06.2021 ([X.]) ausdrücklich offen gelassen worden ist und grundsätzliche Bedeutung hat“. Diese Erwägungen führen indes nicht dazu, dass die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der Entscheidung über die Verwerfung der Beschwerde und nicht auch hinsichtlich der Versagung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugelassen worden wäre.

Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung des Senats, dass sich auch bei - wie hier - uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Rechtsmittelzulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen hinreichend klar hervorgeht, dass das Beschwerdegericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Rechtsmittelverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsbeschluss vom 18. August 2021 - [X.] 359/19 - FamRZ 2021, 1955 Rn. 14 [X.]).

Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es hier an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde. Aus der Begründung lässt sich eine Beschränkung nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, zumal sich aus den Umständen der vom [X.] angenommenen Verfristung des Rechtsmittels gleichzeitig Anknüpfungspunkte für die Prüfung eines diesbezüglich fehlenden Verschuldens und somit von [X.] ergeben.

2. Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Gemäß § 63 Abs. 1 und 3 Satz 1 FamFG sei die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat ab der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an den Beteiligten einzulegen.

Für im Verfahren übergangene Beteiligte beginne eine Rechtsmittelfrist von einem Monat ab Kenntnisnahme von der Entscheidung zu laufen. Liege dem Beteiligten die Entscheidung in Schriftform vor und habe er von deren Inhalt Kenntnis, könne von ihm verlangt werden, dass er zur Wahrung seiner Rechte ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlege. Ihm eine längere als die einmonatige Rechtsmittelfrist zuzubilligen sei auch im Hinblick auf das Interesse der übrigen Verfahrensbeteiligten an Rechtssicherheit nicht geboten.

Der Beschwerdeführer habe die Beschwerde nicht binnen Monatsfrist ab tatsächlicher Kenntnisnahme von dem Beschluss eingelegt. Er habe durch die Akteneinsichten spätestens seit Mitte Mai 2020 Kenntnis vom Inhalt der Entscheidung des Familiengerichts gehabt, wobei er sich die Kenntnis seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen müsse.

Dem Beschwerdeführer sei auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er die Frist zur Einlegung der Beschwerde nicht ohne ihm [X.] Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten versäumt habe. Dieser sei gehalten gewesen, für seinen Mandanten den sichersten Weg zu wählen und die Beschwerde binnen eines Monats nach Kenntniserlangung von dem Beschluss einzulegen.

3. Die Ausführungen des [X.]s halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist das [X.] allerdings von der Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 4 ausgegangen. Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung der Rechte des Beteiligten zu 4 durch den Beschluss des Familiengerichts liegt darin, dass die [X.] zu Lasten des Stammrechts wirkt, aus dem der Beteiligte zu 4 eine Hinterbliebenenversorgung bezieht, indem sie den Zuschlag an Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) entfallen lässt.

Als [X.] hätte der Beteiligte zu 4 gemäß §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 219 Nr. 4 FamFG zum Abänderungsverfahren hinzugezogen werden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2022 - [X.] 318/22 - FamRZ 2023, 358 Rn. 15) und ihm steht wegen unmittelbarer Betroffenheit die Beschwerde gegen die [X.] zu.

b) Gemäß § 63 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). An den Beteiligten zu 4 ist die Entscheidung indessen nicht bekannt gegeben worden, weshalb eine Frist nach dieser Vorschrift nicht zu laufen begann.

c) Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses (§ 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG). In Bezug darauf hat das [X.] allerdings zutreffend erkannt, dass die Frist für einen im Verfahren übergangenen Beteiligten nicht vor der Bekanntgabe der Entscheidung an ihn oder einer anderweitigen Kenntnisnahme zu laufen beginnt (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2017 - [X.] 405/16 - FamRZ 2017, 727 Rn. 7 ff. [X.]). Eine Rechtsmittelfrist konnte daher frühestens zu laufen beginnen, als der Beteiligte zu 4 von dem Abänderungsbeschluss im Wege der Akteneinsicht durch seinen Rechtsanwalt Kenntnis erlangte.

d) Wie das [X.] weiter zutreffend ausgeführt hat, ist die Frage, welche Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt, nachdem ein Beteiligter ohne Bekanntgabewillen des Gerichts von einer rechtsmittelfähigen Entscheidung Kenntnis erlangt hat, bisher nicht höchstrichterlich entschieden (vgl. [X.], 147 = FamRZ 2021, 1357 Rn. 38). Die Frage kann allerdings auch im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn die Wahrung einer Frist muss nicht abschließend geklärt werden, wenn jedenfalls die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen (vgl. [X.] Beschlüsse vom 27. Februar 2002 - [X.] - NJW-RR 2002, 1070 und vom 6. März 2007 - [X.] 102/06 - juris Rn. 3). So liegt der Fall hier, da der Beteiligte zu 4 eine etwa vor dem Eingang seines Rechtsmittels abgelaufene Beschwerdefrist jedenfalls nicht verschuldet versäumt hat.

e) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung von Rechtsbehelfsfristen in Familiensachen kommt nach § 17 Abs. 1 FamFG in Betracht, wenn der Verfahrensbeteiligte die Frist ohne sein Verschulden versäumt hat.

aa) Bei einem rechtsunkundigen Beteiligten kann ein Verschulden insbesondere dann entfallen, wenn ihm keine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden ist. Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird deswegen ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

Im vorliegenden Fall war die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft, weil darin schon nicht die nach § 39 Satz 1 FamFG erforderlichen Angaben über die bei der Einlegung des Rechtsbehelfs einzuhaltende Frist enthalten waren. Denn die Belehrung, dass gegen die Entscheidung innerhalb von einem Monat Beschwerde eingelegt werden kann, lässt nicht ausreichend erkennen, wann diese Frist beginnt. Ein rechtsunkundiger Leser könnte eine so gefasste Belehrung dahin auffassen, dass die Frist bereits am Tag des angegebenen [X.] beginnt, und bei dem Beteiligten zu 4 im Zeitpunkt seiner ersten Kenntnisnahme von dem Beschluss die falsche Vorstellung ausgelöst haben, alle Rechtsbehelfsfristen seien bereits abgelaufen.

bb) Wenn der Beteiligte allerdings in der Sache anwaltlich vertreten ist, ist der Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet und verhindert eine Wiedereinsetzung. Denn wegen der vorhandenen Kenntnisse des Rechtsanwalts ist ihm gegenüber ein vollständiger und zutreffender Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen des zulässigen Rechtsmittels ausreichend. Daraus folgt, dass eine Wiedereinsetzung in denjenigen Fällen ausgeschlossen ist, in denen der Beteiligte wegen der durch seinen Rechtsanwalt vermittelten Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf. Auf diese Weise wird vor allem der geringeren Schutzbedürftigkeit anwaltlich vertretener Beteiligter Rechnung getragen (Senatsbeschluss vom 23. Juni 2010 - [X.] 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 12, 15; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. November 2020 - [X.] 256/20 - FamRZ 2021, 444 Rn. 7).

cc) Nach den vorstehenden Grundsätzen scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch im vorliegenden Fall nicht aus. Denn der Beteiligte zu 4 war in der Vorinstanz nicht beteiligt worden und nicht anwaltlich vertreten. Zwar hat ein Rechtsanwalt für ihn die Verwaltungsakte des Versorgungsträgers und die Gerichtsakte des Abänderungsverfahrens eingesehen und dabei Kenntnis von dem ergangenen Beschluss erlangt. Diese Einsichtnahmen erfolgten aber nicht im Rahmen einer Rechtsvertretung im familiengerichtlichen Abänderungsverfahren, sondern ausdrücklich im Rahmen einer Rechtsvertretung im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren gegen den vom Versorgungsträger abgeänderten Rentenbescheid.

Die die Vermutungswirkung des § 17 Abs. 2 FamFG widerlegende Zurechnung anwaltlicher Kenntnisse über einen zulässigen Rechtsbehelf setzt indessen ein darauf bezogenes Mandatsverhältnis voraus. Ein solches besteht, wenn der Rechtsanwalt den Beteiligten im familiengerichtlichen Ausgangsverfahren vertreten hat. Gegenstand dieses Mandats ist es nämlich auch, den Mandanten zutreffend über die formellen Voraussetzungen eines gegebenen Rechtsbehelfs zu belehren (Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - [X.] 592/11 - FamRZ 2012, 1287 Rn. 8).

Anders liegt der Fall jedoch, wenn der Rechtsanwalt - wie hier - ausdrücklich in Wahrnehmung eines sozialversicherungsrechtlichen Mandats Akteneinsicht in die familiengerichtliche Gerichtsakte nimmt und hierbei Kenntnis von einer familiengerichtlichen Entscheidung erlangt. Denn das Mandat für das sozialrechtliche Widerspruchsverfahren umfasst nicht die Überprüfung von Rechtsbehelfsmöglichkeiten in familienrechtlichen Rechtsangelegenheiten, mögen diese auch einen sachlichen Bezug zu dem Widerspruchsverfahren aufweisen. Ohne ausdrückliche [X.] insoweit handelt sich um einen vom bestehenden Mandat nicht erfassten Gegenstand. Daher ist in einem solchen Fall nicht durch bestehende anwaltliche Vertretung die Vermutung widerlegt, dass der [X.] kausal für den Rechtsirrtum des Beteiligten geworden ist.

Eine Anwaltsvollmacht wegen der Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat der Beteiligte zu 4 indessen erst am 20. August 2020 erteilt, weshalb ihm frühestens ab diesem Zeitpunkt die Rechtskenntnisse des Anwalts auch insoweit zuzurechnen sind.

dd) Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 4 FamFG, wonach nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden kann, ist hier nicht überschritten, da die Frist zur Einlegung der Beschwerde jedenfalls nicht vor der Kenntnisnahme von dem Beschluss frühestens im April 2020 begann.

Die Wiedereinsetzung kann auch ohne ausdrücklichen Antrag gewährt werden, da die versäumte Rechtshandlung innerhalb der für eine Wiedereinsetzung bestehenden Antragsfrist nachgeholt worden ist (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG).

4. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Dem Beteiligten zu 4 ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und das Verfahren ist an das [X.] zur Entscheidung in der Sache zurückzuverweisen.

Die Zurückverweisung gibt dem [X.] auch Gelegenheit, die - mit dem Beteiligten zu 4 nicht notwendigerweise identischen - Erben der verstorbenen Ehefrau zu ermitteln, um diese als Antragsgegner des Verfahrens hinzuzuziehen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2022 - [X.] 318/22 - FamRZ 2023, 358 Rn. 13 ff.).

Guhling     

  

Klinkhammer     

  

Günter

  

Nedden-Boeger     

  

Pernice     

  

Meta

XII ZB 18/22

01.03.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Köln, 30. Dezember 2021, Az: II-27 UF 167/20

§ 17 Abs 1 FamFG, § 17 Abs 2 FamFG, § 39 S 1 FamFG, § 233 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2023, Az. XII ZB 18/22 (REWIS RS 2023, 2265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2265

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