Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2020, Az. IV ZB 29/18

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11896

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:120220BIVZB29.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB
29/18
vom
12. Februar 2020
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], den
Richter Felsch, die Richterin [X.],
die
Richter Lehmann und Dr.
Götz

am 12. Februar 2020

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des
17.
Zivilsenats
des Oberlandgerichts [X.] vom 10.
September
2018 wird auf Kosten des [X.] als unzulässig verworfen.

[X.]: 100.000

Gründe:

[X.] Der Kläger
begehrt die Feststellung, dass er Erbe seiner 2013 verstorbenen Mutter ist. Im Wege der Stufenklage beantragt er
zudem die Verurteilung des Beklagten zur Auskunft über den Nachlass
und Her-ausgabe sich hieraus ergebender Nachlassgegenstände.

In der mündlichen Verhandlung am 4.
August 2017 hat das Land-gericht [X.] auf den 15.
September 2017 bestimmt, den es später auf den 20.
Oktober 2017, von dort auf den 1.
Dezember 2017 und sodann auf den 8.
Dezember 2017
verlegt hat. An diesem Tag hat es ausweislich des Protokolls ein klageabweisendes Urteil bestehend aus dem Tenor ohne Gründe verkündet.
Am 8.
Mai 2018 ist das mit Gründen versehene Urteil zur Geschäftsstelle gelangt. Das Empfangsbe-1
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kenntnis des Klägervertreters datiert vom 13.
Mai 2018. Der Kläger hat am 9.
Juni 2018 Berufung eingelegt.

Mit
dem vorliegend angefochtenen Beschluss hat das Berufungs-gericht den Wiedereinsetzungsantrag des [X.] zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen, weil sie zwar die Regelfrist wahre, nicht aber die absolute Berufungsfrist nach §
517 Halbs.
2 ZPO. Diese habe am 8.
Mai 2018 begonnen und sei mit Ablauf des 8.
Juni 2018, einem Freitag, abgelaufen.

Die Zustellung beglaubigter Abschriften des angefochtenen
[X.]es ist am 10.
September 2018 verfügt worden. Am 25.
September 2018 hat die Urkundsbeamtin dem Klägervertreter per Telefax mitgeteilt
([X.] 241), "am 11.09.2018 wurde Ihnen gegen [X.] gem. §
174 Abs.
1 ZPO die beglaubigte Abschrift des Beschlusses vom 10.09.2018 zugeleitet. Das [X.] ist bis heute hier nicht eingegangen. Um dessen Zusendung wird umgehend gebeten."
Auf dem Ausdruck des [X.]s, der das Schreiben an den Rechts-anwalt wiedergibt
(nach [X.] 241),
ist handschriftlich und von der Ur-kundsbeamtin unterzeichnet vermerkt "Beschluss gegen [X.] an [X.] 8.10.18". Darunter ist ein Aufkleber
mit einem Strichcode und der
Num-mer N140000531819 angebracht. Auf der die Zustellung an den Kläger-vertreter am 9.
Oktober 2018 ausweisenden [X.]
finden sich ein gleichartiger
Aufkleber mit derselben Nummer, das Aktenzeichen und die Angabe "Bl.
241".
Unter dem 24.
Oktober 2018
hat
ein anderer Rechtsanwalt angezeigt, er sei amtlicher Vertreter des
Klägervertreters, der angefochtene Beschluss sei ihm am selben Tag zugegangen.

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4
-

I[X.] Die
Rechtsbeschwerde des [X.] ist zwar nach
§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO
statthaft. Sie ist aber verfristet
und deshalb gemäß §
577 Abs.
1 Satz
2 ZPO als unzu-lässig zu verwerfen.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
575 Abs.
1 Satz
1 ZPO bin-nen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses einzulegen. Die Zustellung hat in einem anhängigen Verfahren an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, §
172 Abs.
1 Satz
1 ZPO. Das ist im Streitfall am 9.
Oktober 2018 geschehen, was durch die von dem Zusteller eines Postunternehmens unterzeichne-te [X.]
mit der Beweiskraft gemäß §
182 Abs.
1 Satz
2, §
418 Abs.
1 ZPO nachgewiesen ist. Die Rechtsbeschwerde ist am 26.
November 2018, einem Montag, eingelegt worden, also nach Fristab-lauf.

2. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, die [X.] beweise allenfalls die Zustellung einer Verfügung der Urkundsbeamtin, nicht aber diejenige des in der Urkunde nicht genannten angefochtenen Beschlusses
in beglaubigter Abschrift, greift nicht durch. Zwar trifft der Ausgangspunkt zu, dass sich die Beweiskraft gemäß §
182 Abs.
1 Satz
2, §
418 Abs.
1 ZPO nur auf die in der [X.]
festge-stellten Tatsachen erstreckt (vgl. [X.], Beschluss
vom 11.
Juli 2018

[X.] 138/18, NJW 2018, 2802 Rn.
5). §
182 Abs.
2 ZPO verlangt aber nicht die Bezeichnung des zugestellten Schriftstücks in der [X.]. Zudem
ist die [X.] kein notwendiger (konstituti-ver) Bestandteil der Zustellung, sondern dient nur
deren Nachweis ([X.], Urteil vom 19.
Juli 2007 -
I [X.], NJW-RR 2008, 218 Rn.
26; [X.] vom 11.
Juli 2018 aaO; BT-Drucks.
14/4554 S.
15; [X.]/[X.], ZPO 33.
Aufl. §
166 Rn.
10). Zur Klärung der Frage, wel-5
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-
ches Schriftstück zugestellt wurde, sind daher neben etwaigen Angaben in der [X.] auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Verfügungen des Gerichts,
zu würdigen
(vgl. [X.], [X.] vom 11.
Juli 2018 aaO Rn.
8).

Im Streitfall ist in der [X.] in dem Textfeld "1.2 Ggf. weitere Kennz."
vermerkt "Bl.
241". Das verweist auf die Verfügung der Urkundsbeamtin vom 25.
September 2018, in welcher der Prozessbe-vollmächtigte des [X.] zur Rücksendung des [X.]ses betreffend die beglaubigte Abschrift des Beschlusses aufgefordert wird. Am 8.
Oktober 2018 (dem Vortag der Zustellung) hat die Urkundsbeamtin auf dem [X.] dieser Verfügung (ohne [X.] hinter [X.] 241) vermerkt
"Beschluss gegen [X.] an [X.]". Darunter ist ein Auf-kleber mit derselben Nummer angebracht, die sich auf einem [X.] Aufkleber auf der [X.] findet. Aus dem Zusam-menhang der Verfügungen vom 25.
September und 8.
Oktober 2018, der Angabe der [X.] in der [X.] sowie
den Aufklebern auf der Verfügung vom 8.
Oktober 2018 und der [X.] ergibt sich zur Überzeugung des [X.]s hinreichend deutlich, dass dem Prozessbevollmächtigten des [X.] am 9.
Oktober 2018 eine beglau-bigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses
zugestellt worden ist.

3. Ohne Erfolg bleibt der Einwand der
Rechtsbeschwerde, es liege keine [X.] im Sinne von §
182 ZPO mit der Beweiswir-kung des §
418 ZPO vor, weil nicht ersichtlich sei, dass das mit der Zu-stellung beauftragte Unternehmen nach §
33 Abs.
1 [X.] beliehen sei. Der [X.] hat zwar die Einhaltung der Frist des §
575 Abs.
1 Satz
1 ZPO und damit
auch den Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen [X.]es von Amts wegen zu prüfen

577 Abs.
1 Satz
1 ZPO). [X.] wegen bedeutet aber nicht Amtsermittlung der Tatsachen 8
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-
und Erforschung der Wahrheit wie beim Untersuchungsgrundsatz ([X.], 338, 346
f., 348). Die Prüfung von Amts wegen beschränkt sich vielmehr auf den dem Gericht vorliegenden oder offenkundigen Prozess-stoff ([X.], Urteile
vom 20.
Januar 1989 -
V [X.], NJW 1989, 2064 [juris Rn.
17]; vom 11.
Februar 1982 -
III ZR 39/81, NJW 1982, 1467 [ju-ris Rn.
15]; vom 5.
November 1975 -
VIII ZR 73/75, NJW 1976, 149 [juris Rn.
9]; [X.]/Rauscher,
5.
Aufl. [X.]. Rn.
350; [X.] in [X.], ZPO 23.
Aufl. [X.]. Rn.
257). Hieraus ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Berufungsgericht entgegen §
168 Abs.
1 Satz
2 ZPO einen nicht nach §
33 Abs.
1 [X.] beliehenen Unternehmer mit der Ausführung der Zustellung beauftragt haben könnte. Näheres trägt der Kläger nicht vor. Erleichterungen seiner Darlegungslast, wie sie bei gerichtsinternen Vorgängen geboten sein können (vgl. [X.], [X.] vom 8.
Oktober 2013

VIII
ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn.
10, 13
f.
m.w.N.), kommen nicht in Betracht, da das Postunternehmen in der [X.] benannt
wird und damit auch dem Kläger bekannt
ist.

4. Der Wirksamkeit der gemäß §
172 Abs.
1 Satz
1 ZPO zu Recht an den Prozessbevollmächtigten gerichteten
Zustellung am 9.
Oktober 2018 steht nicht entgegen, dass sich später ein anderer Rechtsanwalt als gemäß §
53 [X.] bestellter amtlicher Vertreter zur Akte gemeldet und erklärt hat, der angefochtene Beschluss sei ihm am 24.
Oktober 2018 zugegangen. Auf den Zugang bei dem Vertreter kommt es nicht an. Die Bestellung zum amtlichen Vertreter verleiht dem Vertreter die im [X.] erforderliche
Vertretungsmacht nach außen, schränkt aber nicht die Rechtsposition des Vertretenen aufgrund seiner Mandatierung durch die [X.] und Bestellung zum Prozessbevollmächtigten ein (vgl. [X.], Urteile vom 9.
Dezember 1974 -
III ZR 134/72, NJW 1975, 542 [ju-ris Rn.
19
f.]; vom 5.
Oktober 1970 -
III ZR 8/68, VerwRspr
1971, 509, 10
-
7
-
510
f.; [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht 3.
Aufl. §
53 [X.] Rn.
49; [X.] in [X.], [X.] 10.
Aufl. §
53 Rn.
81
f.).

5. Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur [X.]egung der Rechtsbeschwerde ist
zu Recht
nicht beantragt. [X.] sind nicht
ersichtlich.

[X.] Felsch [X.]

Lehmann

Dr. Götz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.12.2017 -
7 O 983/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.09.2018 -
17 U 858/18 -

11

Meta

IV ZB 29/18

12.02.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2020, Az. IV ZB 29/18 (REWIS RS 2020, 11896)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11896

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XII ZB 138/18

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