Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 3 P 4/14 R

3. Senat | REWIS RS 2016, 12668

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Soziale Pflegeversicherung - Leistungen der Verhinderungspflege bei bis zu sechswöchigem Auslandsaufenthalt (hier: Schweiz) - Fahrt- und Unterkunftskosten - stundenweise Verhinderung - Pflegegeldanspruch - Kumulationsverbot - Gemeinschaftsrecht


Leitsatz

Bei einem bis zu sechswöchigen Auslandsaufenthalt können Versicherte auch dort Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch nehmen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden die Urteile des [X.] vom 18. Juli 2014 und des [X.] vom 25. Oktober 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2010 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Aufwendungen der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson für die [X.] vom 3. bis 8. Januar 2009 in Höhe von 279 Euro zu erstatten.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des [X.] in allen Instanzen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 279 Euro, die dem Kläger bei Verhinderung der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege in der [X.] entstanden sind.

2

Der 1995 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger ist pflegebedürftig, bezieht Pflegegeld nach der [X.] und wird von seiner Mutter gepflegt. Während eines Kurzurlaubs der Familie in der [X.] vom 3. bis 8.1.2009 übernahm der mitreisende, in [X.] wohnhafte Großvater des [X.] stundenweise die Pflege, damit seine Mutter Skifahren konnte. Der Kläger beantragte unter Vorlage entsprechender Belege die Erstattung von Fahrt- und Unterkunftskosten des Großvaters in Höhe von 279 Euro. Das Pflegegeld wurde während des Auslandsaufenthalts weitergezahlt.

3

Die Erstattung von Aufwendungen lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, Ersatzpflege komme grundsätzlich nur im Rahmen des über- bzw zwischenstaatlichen Rechts in Betracht, sofern eine solche Leistung nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers vorgesehen sei. Dies sei in der [X.] nicht der Fall. Darüber hinaus bestehe auch dann ein Anspruch auf Ersatzpflege, wenn eine professionelle Pflegeersatzkraft bereits aus [X.] organisiert werde. Für die vom Großvater erbrachte Ersatzpflege könnten Kosten nicht übernommen werden (Bescheide vom [X.] und [X.]). Der Widerspruch des [X.] blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.5.2010).

4

Das [X.] hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 25.10.2011); das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 18.7.2014). Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 39 [X.]B XI seien zwar erfüllt, die Ersatzpflege bei Verhinderung der Pflegeperson sei jedoch während eines Aufenthalts in der [X.] durchgeführt worden, sodass der Leistungsanspruch nach § 34 Abs 1 Nr 1 S 1 [X.]B XI geruht habe. Im Rahmen dieser Vorschrift sei die Verhinderungspflege als Sachleistung einzuordnen, deren Kontrolle im Ausland nicht hinreichend gewährleistet sei. Anderes gelte lediglich dann, wenn ein in [X.] ansässiger Pflegedienst im Ausland in Anspruch genommen werde.

5

Mit der dagegen gerichteten Revision macht der Kläger geltend, den Regelungen des § 34 Abs 1 Nr 1 [X.]B XI sei eine Unterscheidung zwischen Geld- und Sachleistung nicht zu entnehmen. Eine abschließende Klärung des Verhältnisses der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nach §§ 37, 38 [X.]B XI oder zu den Sachleistungen nach § 36 [X.]B XI sei bisher nicht erfolgt. Sowohl die [X.] als auch die [X.] betonten das Recht junger Menschen mit Behinderung auf Teilhabe, Gleichstellung und Chancengleichheit in den Bereichen Familie, Erziehung, Kultur, Freizeit und Erholung. Der zum Zeitpunkt des Familienurlaubs 14-jährige Kläger habe das Recht gehabt, am [X.] teilzunehmen, angemessen und zumutbar in bekanntem familiären Zusammenhang und durch eine bekannte Pflegeperson gefördert und gepflegt zu werden.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2014 und das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. Januar 2010 und 2. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Aufwendungen der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson in Höhe von 279 Euro zu erstatten.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie schließt sich den Ausführungen der Instanzgerichte an, nach denen die Leistungen der Verhinderungspflege unter Berücksichtigung des [X.] Rechts den Sachleistungen zuzurechnen seien, auf die während eines Auslandsaufenthalts nur dann ein Anspruch bestehe, wenn eine professionelle Pflegekraft aus [X.] den Pflegebedürftigen ins Ausland begleite. Für dieses Verständnis spreche auch die Kommentarliteratur sowie ein Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen und der [X.] zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalten vom 13.9.2006.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen für die Fahrt- und Unterkunftskosten der [X.] in Höhe von 279 Euro. Die Voraussetzungen zum Bezug von Leistungen der Verhinderungspflege lagen vor (hierzu 1.), und die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen sind nach Art und Umfang erstattungsfähig (hierzu 2.). Der Urlaubsaufenthalt des [X.] in [X.] führte nicht zum Ruhen des Anspruchs (hierzu 3.).

1. Nach § 39 Satz 1 [X.] (in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung durch Art 1 [X.] 19 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - [X.] - vom 28.5.2008, [X.], im Folgenden: aF) übernimmt die [X.] die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens vier Wochen je Kalenderjahr, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist. Voraussetzung dafür ist gemäß Satz 2 dieser Vorschrift, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Pflegepersonen iS des [X.] sind nach § 19 [X.] Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen iS des § 14 [X.] in seiner häuslichen Umgebung pflegen.

Der pflegebedürftige Kläger wurde seit mehr als sechs Monaten von seiner Mutter in seiner häuslichen Umgebung gepflegt, bevor sie in der [X.] vom 3. bis 8.1.2009 hieran wegen des Skifahrens stundenweise gehindert war.

Die Verhinderung der Pflegeperson iS des § 39 Satz 1 [X.] ist nicht an eine bestimmte Dauer oder einen bestimmten Grund der Verhinderung gebunden (vgl zB [X.] in [X.]/[X.]/[X.] , LPK-[X.], 4. Aufl 2014, § 39 Rd[X.] 6; [X.] in [X.]/[X.], Stand März 2015, § 39 [X.], Rd[X.] 3). Deshalb kann auch eine nur stundenweise Verhinderung der Pflegeperson den Anspruch auslösen. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen jeder nachgewiesene Pflegeaufwand zu erstatten, der durch den Ausfall der Pflegeperson erforderlich geworden ist ([X.]-3300 § 39 [X.] f). Eine Spezifizierung des [X.] insbesondere im Hinblick auf die täglichen Verrichtungen iS des § 14 Abs 4 [X.] ist nicht notwendig; vielmehr sind auch Aufwendungen zur Beaufsichtigung oder Betreuung erstattungsfähig. Aus diesem Grund werden von den [X.] regelmäßig auch bei nur stundenweiser Verhinderung der Pflegeperson Leistungen nach § 39 [X.] gewährt, ohne dass es einer Überprüfung bedarf, ob in dieser [X.] verrichtungsbezogene Pflegeleistungen durchgeführt wurden (vgl auf [X.] der [X.] - [X.] 1.(1) zu § 39 [X.] des Gemeinsamen Rundschreibens des [X.] der [X.] und der Verbände der [X.] auf Bundesebene zur [X.] Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 15.7.2008; [X.] ff zu § 39 [X.] des entsprechenden Gemeinsamen Rundschreibens zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des [X.] der [X.] und der Verbände der [X.] auf Bundesebene vom 17.4.2013, Stand 18.12.2015). Für Tage, an denen die Ersatzpflege nicht mindestens acht Stunden erbracht wird, erfolgt nach diesem Rundschreiben keine Anrechnung auf die nach Tagen bemessene Höchstbezugsdauer. Nachgewiesene Aufwendungen für die Ersatzpflege werden unter Anrechnung auf den Höchstbetrag erstattet; daneben wird das Pflegegeld ungekürzt weitergezahlt.

Es ist sachgerecht, die zeitlich und der Höhe nach begrenzten Leistungen der Verhinderungspflege auch dann zu gewähren, wenn die Pflegeperson nur weniger als acht Stunden verhindert ist und das Pflegegeld in diesem Fall ungekürzt weitergewährt wird (s dazu auch unten 3. a)). Denn trotz des an solchen Tagen lediglich geringen Anteils an Ersatzpflege liegen die Leistungsvoraussetzungen vor. Der Anspruch auf Verhinderungspflege bietet dem Pflegebedürftigen im Vergleich zum Pflegegeld zusätzliche Leistungen, denen nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei einem vorübergehenden Ausfall der Pflegeperson eine [X.] zukommt (BT-Drucks 11/2237, [X.] zu § 55 SGB V idF des [X.]; BT-Drucks 12/5262, [X.] zu § 35 [X.] idF des [X.]). Sie sollen die durch die Einschaltung einer [X.], eines ambulanten [X.] oder durch einen vorübergehenden Aufenthalt in einem Pflegeheim entstehenden zusätzlichen Aufwendungen ausgleichen und so in erster Linie verhindern, dass der Pflegebedürftige wegen kurzfristiger Verhinderungen seiner Pflegeperson auf Dauer stationäre Pflege in Anspruch nehmen muss (vgl [X.]-2500 § 56 [X.] 2). Solche zusätzlichen Aufwendungen für die [X.] können auch dann entstehen, wenn die Verhinderung der Pflegeperson nur wenige Stunden am Tag beträgt. Zu einem übermäßigen Leistungsbezug kann es nicht kommen, weil die Leistungen der Verhinderungspflege einer zweifachen Beschränkung unterliegen: sie sind auf eine Anspruchshöchstdauer und einen Anspruchshöchstbetrag begrenzt. Bei einer weniger als acht Stunden dauernden Verhinderungspflege liegt zudem eine Begrenzung schon in der Natur der Sache.

2. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Fahrt- und Unterkunftskosten der [X.] waren nach Art und Umfang im Rahmen der Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 Satz 5 [X.] aF erstattungsfähig.

Die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege übernimmt die [X.] für längstens vier Wochen je Kalenderjahr (§ 39 Satz 1 [X.] aF; heute für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr, § 39 Abs 1 Satz 1 [X.]) und begrenzt auf einen bestimmten Höchstbetrag je Kalenderjahr. Dieser entspricht dem Wert der Pflegesätze, die Pflegebedürftige der [X.] als Sachleistung von der [X.] erhalten können (§ 36 Abs 3 [X.] 3 [X.]); das waren im Kalenderjahr 2009 1470 Euro (§ 39 Satz 3 [X.] aF; heute sind das nach § 39 Abs 1 Satz 3 [X.] 1612 Euro). Die Kostenerstattung ist auf diesen Höchstbetrag begrenzt, wenn die Ersatzpflege durch Pflegepersonen sichergestellt wird, die mit dem Pflegebedürftigen nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind und nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben. Andernfalls, dh bei einer Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, werden nach § 39 Satz 4 [X.] aF Aufwendungen begrenzt auf den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs 1 [X.] übernommen, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig ausgeübt; in diesen Fällen findet der [X.] nach Satz 3 aF Anwendung (entsprechende Regelung heute in § 39 Abs 2 Satz 1 [X.]). "Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes für eine Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, können von der [X.] auf Nachweis notwendige Aufwendungen, die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind, übernommen werden" (§ 39 Satz 5 [X.] aF; heute in § 39 Abs 2 Satz 2 [X.]). Die Aufwendungen der [X.] nach den Sätzen 4 und 5 dürfen zusammen den in Satz 3 genannten Betrag nicht übersteigen (§ 39 Satz 6 [X.] aF; heute entsprechend in § 39 Abs 2 Satz 3 [X.]).

a) Die Ersatzpflege wurde vom Großvater des [X.] und damit von einer Pflegeperson erbracht, die mit dem Pflegebedürftigen im zweiten Grad verwandt ist. Deshalb können für die von der [X.] erbrachten Pflegeleistungen Aufwendungen in Höhe des Pflegegeldes nach § 37 Abs 1 [X.] geltend gemacht werden, und die [X.] kann die notwendigen Aufwendungen übernehmen, die der [X.] im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind. Letzteres umfasst ua Fahrt- und Unterkunftskosten (vgl zB [X.] in jurisPK-[X.] 2014, § 39 Rd[X.] 36; [X.] in LPK-[X.], (aaO), § 39 Rd[X.] 20), wie sie vom Kläger geltend gemacht werden.

b) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger für die Ersatzpflege durch seinen Großvater keine Leistungen der Verhinderungspflege in Höhe des Pflegegeldes bezogen oder geltend gemacht hat. Trotz des Wortlauts der Regelung des § 39 Satz 5 [X.] aF: "Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes" setzt die Erstattung von Mehraufwendungen keine tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen der Verhinderungspflege in Höhe des Pflegegeldes voraus. Der Gesetzgeber hat durch diese Formulierung lediglich deutlich gemacht, dass die Mehraufwendungen nach § 39 Satz 5 [X.] aF ausschließlich als Annexleistung zum Verhinderungspflegegeld in Höhe des Pflegegeldes nach § 39 Satz 4 [X.] aF gewährt werden können. [X.] sich hingegen die zu erstattenden Aufwendungen für die Ersatzpflege nach § 39 Satz 3 [X.] aF auf den Wert der Pflegesachleistung für Pflegebedürftige der [X.] belaufen, weil die [X.] nicht in dem beschriebenen [X.] zum Pflegebedürftigen steht, können Mehraufwendungen nicht erstattet werden. Auch die Mehraufwendungen unterliegen aber nach § 39 Satz 6 [X.] aF zusammen mit dem Verhinderungspflegegeld in Höhe des Pflegegeldes der [X.] nach § 39 Satz 3 [X.] aF, dh einer Begrenzung auf den Wert der Pflegesachleistung für Pflegebedürftige der [X.]. Die Erstattung von Mehraufwendungen zu versagen, nur weil der Pflegebedürftige für die von der [X.] erbrachte Pflegeleistung keine Kostenerstattung verlangt, widerspricht der [X.]. Die gesamte Vorschrift gewährt lediglich [X.], dh die Kosten sind dem versicherten Pflegebedürftigen in der Regel bereits tatsächlich entstanden, bevor sie von der [X.] erstattet werden. Die Formulierung in § 39 Satz 5 [X.] aF: "Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes" bezieht sich daher allein auf die Rechtsposition, die es dem Versicherten grundsätzlich in einem zeitlich und der Höhe nach begrenzten Rahmen erlaubt, entsprechende Aufwendungen im berechtigten Vertrauen auf die Erstattung durch die [X.] zu tätigen. Das Verhinderungspflegegeld muss aber nicht bereits in Höhe des Pflegegeldes bezogen worden sein. Vielmehr kann der Anspruch bis zum Höchstbetrag in einem Kalenderjahr beispielsweise auch in mehreren Teilbeträgen geltend gemacht werden. Es würde dem Sinn der Vorschrift nicht gerecht werden, wenn die Mehraufwendungen § 39 Satz 5 [X.] aF nur oder erst dann geltend gemacht werden könnten, wenn im buchstäblichen Sinn der Formulierung die "Leistung in Höhe des Pflegegeldes" bezogen wird.

c) Die vom Kläger geltend gemachten Fahrt- und Unterkunftskosten in Höhe von 279 Euro sind notwendige Aufwendungen, die dem Großvater als [X.] im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind (§ 39 Satz 5 [X.] aF). Als solche kommen nur Aufwendungen in Betracht, die vornehmlich der Durchführung der Ersatzpflege dienen. Demgegenüber ist der Anspruch zu versagen, wenn die geltend gemachten Kosten überwiegend der [X.] selbst zur Teilnahme an einem gemeinsamen Familienurlaub dienen und unter dem Anschein der Übernahme von Leistungen der Verhinderungspflege eine Urlaubsfinanzierung für die [X.] beabsichtigt ist. Das liegt insbesondere bei Angehörigen nahe, die dem Pflegebedürftigen die Leistungen der Verhinderungspflege aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflichten ohnehin in einem gewissen Rahmen schulden, wie beispielsweise die Eltern minderjähriger Pflegebedürftiger. Für eine solche missbräuchliche Gestaltung liegen hier jedoch keine Anhaltspunkte vor.

d) Die Übernahme von Mehraufwendungen im Rahmen der Verhinderungspflege steht nach § 39 Satz 5 [X.] aF bis zum Erreichen des Höchstbetrages von im Kalenderjahr 2009 1470 Euro im Ermessen der [X.]. Die Beklagte war dennoch nicht zur Neubescheidung zu verurteilen (§ 131 Abs 3 [X.]), weil ihr kein Ermessensspielraum mehr verblieb. Die Ermessensreduzierung auf null ist in erster Linie den Umständen geschuldet, dass die Beklagte solche Kosten regelmäßig übernimmt und damit insoweit eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten ist, und dass der Kläger für die Fahrt- und Unterkunftskosten nur einen verhältnismäßig geringen Betrag geltend macht. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger im Jahr 2009 bereits vor den für die [X.] vom 3. bis 8.1.2009 geltend gemachten Fahrt- und Unterkunftskosten in Höhe von 279 Euro Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch genommen hat, sodass die Höchstbetragsgrenze bei weitem nicht erreicht ist. Die Beklagte hat die Kostenübernahme hier lediglich wegen des Auslandsaufenthalts in [X.] abgelehnt. Die Sache war deshalb zur [X.] spruchreif (vgl hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 131 Rd[X.] 12 ff).

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen führte der Urlaubsaufenthalt des [X.] in [X.] nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Leistungen der Verhinderungspflege. Das ergibt die Auslegung der nationalen Regelungen des § 34 Abs 1 [X.] 1 [X.] (hierzu a) im Lichte der Rechtsprechung des [X.] (hierzu b).

a) Nach § 34 Abs 1 [X.] 1 Satz 1 [X.] (idF des Art 1 [X.] 12 lit a) des [X.] zur Änderung des [X.] <1. [X.]-ÄndG> vom 14.6.1996, [X.]) ruht der Anspruch auf Leistungen, solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Von diesem Grundsatz sehen die Sätze 2 und 3 der Vorschrift jeweils eine Ausnahme vor: Nach § 34 Abs 1 [X.] 1 Satz 2 [X.] ist bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr das Pflegegeld nach § 37 oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 weiter zu gewähren. Nach Satz 3 gilt dies für Pflegesachleistungen nur, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthalts begleitet.

Der lediglich sechs Tage währende Auslandsaufenthalt des [X.] führte daher nicht zum Ruhen seines Anspruchs auf Pflegegeld nach § 37 [X.]. Das Gleiche gilt auch für die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 Satz 4 [X.] aF einschließlich des dazu gehörigen [X.] bezüglich der Mehraufwendungen nach § 39 Satz 5 [X.] aF.

aa) Das Verhinderungspflegegeld nach § 39 [X.] ersetzt für die [X.] der Verhinderung der Pflegeperson grundsätzlich das Pflegegeld. Dies gilt sowohl für den Anspruch nach § 39 Satz 3 [X.] aF in Höhe der Pflegesachleistung nach der [X.], als auch für den hier relevanten Anspruch nach § 39 Satz 4 und 5 [X.] aF in Höhe des Pflegegeldes zuzüglich der Mehraufwendungen. Die Ersatzpflege ist darauf gerichtet, den Ausfall der selbstbeschafften nicht erwerbsmäßigen Pflegeperson zu kompensieren (vgl hierzu [X.], in ders [X.], 4. Aufl 2015, § 39 Rd[X.] 13). Deshalb schließt ein Anspruch auf Verhinderungspflege in der Regel einen Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 Abs 1 [X.] für denselben [X.]raum aus (hierzu [X.]-2500 § 56 [X.] 2). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] grundsätzlich fest (vgl hierzu kritisch [X.] in [X.], Stand März 2016, § 39 [X.] Rd[X.] 20), auch wenn das Kumulationsverbot beider Zahlungsansprüche für Pflegeleistungen im Falle einer Ersatzpflege von weniger als acht Stunden keine Anwendung findet. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt nach § 37 Abs 1 Satz 2 [X.] voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Werden wegen einer mindestens achtstündigen Verhinderung der Pflegeperson Leistungen einer "notwendigen" Ersatzpflege geltend gemacht, gibt der Pflegebedürftige damit zu erkennen, dass seine Pflege ohne die Ersatzpflege nicht sichergestellt ist. Daher scheidet ein Anspruch auf Pflegegeld in diesen Fällen grundsätzlich aus und die Pflege wird mit den Leistungen der Verhinderungspflege sichergestellt ([X.]-2500 § 56 [X.] 2; sinngemäß ebenso [X.]-2600 § 3 [X.] 5). An Tagen, an denen allerdings die Pflege ganz überwiegend noch von der regelmäßig tätigen Pflegeperson und nur für wenige Stunden von der [X.] erbracht wird, wird die Pflege durch das Zusammenspiel der üblichen Pflege und der Ersatzpflege sichergestellt, sodass in diesem Ausnahmefall auch eine Kumulation der Leistungen gerechtfertigt ist. Trotz des an diesen Tagen geringen Anteils an Ersatzpflege können auch für deren Organisation zusätzliche Aufwendungen entstehen, und die gedeckelten Leistungen der Verhinderungspflege lassen einen übermäßigen Leistungsbezug nicht zu. Die von den [X.] insoweit in Bezug genommene [X.] ist dabei sachgerecht.

Dieses lediglich den Ausnahmefall einer weniger als acht Stunden dauernden Verhinderungspflege betreffende Nebeneinander von Pflegegeld und Leistungen der Verhinderungspflege spricht aber nicht gegen das grundsätzliche Kumulationsverbot bei länger währender Verhinderungspflege. Das Gesetz selbst verwendet den Begriff der "Ersatzpflege" und betont damit die Surrogatsfunktion der Verhinderungspflege. Schließlich entspricht die Höhe der Leistungen der Verhinderungspflege bei einer Pflege durch nicht erwerbsmäßig Pflegende, die in dem beschriebenen [X.] zum Pflegebedürftigen stehen, im Hinblick auf die erbrachte Pflegeleistung der Höhe des Pflegegeldes; zusätzlich können Mehraufwendungen für die Ersatzpflege geltend gemacht werden, die den durch die [X.] entstehenden zusätzlichen Aufwendungen bei vorübergehendem Ausfall der Pflegeperson gerecht werden sollen. Letztlich hat der Gesetzgeber mit der zum 30.10.2012 eingeführten Regelung, während einer Verhinderungspflege die Hälfte des Pflegegeldes für bis zu vier Wochen je Kalenderjahr weiter zu gewähren (§ 37 Abs 2 Satz 2 [X.] idF durch das [X.] - PNG - vom 23.10.2012, [X.] 2246), den Ausschluss des gleichzeitigen Bezugs beider Leistungen dem Grundsatz nach bestätigt. Denn diese Fortzahlung dient - anders als das Pflegegeld und das Verhinderungspflegegeld - nicht unmittelbar der Sicherstellung der Pflege, sondern nach der Gesetzesbegründung der Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen dem Pflegebedürftigen und der ihn pflegenden Person über die kurzzeitige Unterbrechung hinaus (BT-Drucks 17/9369, [X.]). Zudem ist der Gesetzgeber in der Begründung ausdrücklich von einer Fortsetzung der Praxis der [X.] ausgegangen, bei einer lediglich stundenweisen Verhinderungspflege das Pflegegeld in vollem Umfang weiter zu gewähren (BT-Drucks 17/9369, [X.]).

Wenn es aufgrund dieser Surrogatsfunktion und zum Schutz vor ungerechtfertigten Doppelleistungen einerseits geboten ist, im Falle der Verhinderung der Pflegeperson grundsätzlich kein Pflegegeld, sondern ausschließlich die Leistungen der Verhinderungspflege zu gewähren, muss andererseits aber diese Surrogatsfunktion auch im Falle eines Auslandsaufenthalts berücksichtigt werden. Bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt des Pflegebedürftigen von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr ist es ungeachtet des Wortlauts des § 34 Abs 1 [X.] 1 Satz 2 [X.], der ausdrücklich nur das Pflegegeld nach § 37 [X.] sowie das anteilige Pflegegeld nach § 38 [X.] erfasst, nicht gerechtfertigt, wegen Verhinderung der Pflegeperson das Pflegegeld zu versagen und zusätzlich auch die dieses ersetzenden Leistungen der Verhinderungspflege auszuschließen.

bb) Ein Ausschluss der Leistungen der Verhinderungspflege für kurzzeitige Auslandsaufenthalte entspricht nicht dem Regelungszweck des § 34 Abs 1 [X.] 1 [X.].

Der grundsätzliche Leistungsausschluss nach § 34 Abs 1 [X.] 1 Satz 1 [X.] ist vor allem den mangelnden Umsetzungs- und Kontrollmöglichkeiten der Leistungsträger im Ausland geschuldet (vgl [X.] in LPK-[X.], (aaO), § 34 Rd[X.] 6 sowie allgemein schon für die [X.] vor Einführung der Pflegeversicherung [X.], 280, 284 = [X.] [X.] 13 zu § 1302 RVO). Das Territorialitätsprinzip wird demgegenüber nicht berührt. Als völkerrechtlicher Grundsatz basiert das Territorialitätsprinzip auf den grundsätzlich auf das eigene Staatsgebiet beschränkten hoheitlichen Wirkungsmöglichkeiten eines Staates ([X.], 280, 285 = [X.] [X.] 13 zu § 1302 RVO; [X.] 35, 70, 72 ff = [X.] [X.] 36 zu § 539 RVO; [X.] 53, 150, 152 f = [X.] 2200 § 222 [X.] 1; vgl [X.], [X.] 1981, 967 mwN). Allerdings verbietet dieses allgemeine Prinzip nicht die Regelung jeglicher Sachverhalte mit Auslandsberührung, soweit damit nicht die Ausübung von Staatsgewalt im Ausland verbunden ist. Deshalb begrenzt der völkerrechtliche Territorialitätsgrundsatz weder den Versicherungsschutz der gesetzlichen Sozialversicherung auf das Inland, noch verbietet er den Transfer von Leistungen ins Ausland, soweit dadurch die Interessen des ausländischen Staates nicht berührt werden ([X.] 27, 129, 132 = [X.] [X.] 15 zu § 381 RVO; [X.] 31, 228, 290 = [X.] [X.] 24 zu § 381 RVO; [X.] 40, 57, 59 = [X.] 2200 § 539 RVO [X.] 8; [X.] 53, 150, 152 f = [X.] 2200 § 222 [X.] 1). [X.] wird das Territorialitätsprinzip für das Sozialgesetzbuch in § 30 SGB I. Danach gelten die Vorschriften des [X.] - und damit auch die des [X.] - für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Sie gelten für diese Personen also auch, wenn sie sich vorübergehend im Ausland aufhalten. Deshalb wird ein rechtswirksam begründeter Versicherungsschutz nicht durch einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt beendet oder unterbrochen. Vielmehr gilt auch für [X.]en eines vorübergehenden Auslandsaufenthalts der Grundsatz, dass derjenige, welcher in der Sozialversicherung versichert ist, im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung ein Recht auf die entsprechenden Versicherungsleistungen hat (§ 4 Abs 2 SGB I).

Deshalb hat der Gesetzgeber in § 34 Abs 1 [X.] 1 Satz 2 und 3 [X.] für vorübergehende Auslandsaufenthalte von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr die Weitergewährung von Pflegegeld und Pflegesachleistung angeordnet; für die Pflegesachleistung allerdings nur unter der Einschränkung, dass die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthalts begleitet. Deutlich wird daran der Wille des Gesetzgebers, die Leistungen bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten von wenigen Wochen nur wegen der Schwierigkeiten der Gewährung der Sachleistung im Ausland einzuschränken. Denn die Pflegesachleistung wird nach § 36 Abs 1 Satz 3, 4 [X.] als häusliche Pflegehilfe durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder mit der [X.] einen entsprechenden Versorgungsvertrag abgeschlossen haben oder von der [X.] oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die [X.] einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Da solche Pflegekräfte im Ausland in der Regel nicht zur Verfügung stehen, kann die [X.] die Pflegesachleistung im Ausland nur erbringen, wenn die in [X.] tätige Pflegekraft den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthalts begleitet. Bei lediglich kurzen Auslandsaufenthalten ist der Grund für das Ruhen des [X.] daher in erster Linie diese fehlende praktische Umsetzbarkeit.

Die Leistungen der Verhinderungspflege können ohne Einschränkung der Qualitätskontrolle und ohne [X.] im Ausland in gleicher Weise in Anspruch genommen werden, wie in [X.]. Leistungen der Verhinderungspflege werden grundsätzlich nur bei Verhinderung einer Pflegeperson iS des § 19 Satz 1 [X.] gewährt. Bei Verhinderung von im Rahmen des § 36 [X.] tätigen Pflegekräften hat die [X.] für die Erbringung der Sachleistung durch andere Pflegekräfte zu sorgen (vgl zB [X.] in [X.]/[X.], Stand März 2015, § 39 [X.] Rd[X.] 3; [X.] in LPK-[X.], (aaO), § 39 Rd[X.] 5). Die Leistungen der Verhinderungspflege ersetzen daher grundsätzlich nur das Pflegegeld, keine Pflegesachleistungen. Die Verhinderungspflege kann auch unter keinem sonstigen Gesichtspunkt dem Begriff der Pflegesachleistung zugeordnet werden, der für das [X.] Pflegeversicherungsrecht in § 36 [X.] gesetzlich definiert ist. Die Verhinderungspflege ist vielmehr in allen Varianten jeweils als Kostenerstattungsanspruch konzipiert, dh der Versicherte verschafft sich die Leistung selbst und stellt der [X.] die Aufwendungen in Rechnung.

Im Rahmen der Verhinderungspflege wird der in der [X.] oft schwierigen Organisation einer kurzfristigen Ersatzpflege durch erleichterte Bedingungen und höhere Leistungen Rechnung getragen. Kosten in Höhe des Wertes der Pflegesätze, die Pflegebedürftige der [X.] als Sachleistung von der [X.] erhalten, können im Rahmen der Verhinderungspflege auch dann geltend gemacht werden, wenn die Ersatzpflege von nicht zugelassenen Leistungserbringern durchgeführt wird. Zudem sind im Rahmen der gelockerten Spezifizierung der Ersatzpflege nicht nur verrichtungsbezogene Pflegeleistungen, sondern auch Aufwendungen zur Beaufsichtigung und Betreuung erstattungsfähig (vgl [X.]-3300 § 39 [X.] f). Die Qualitätssicherung der Verhinderungspflege ist im Ausland keinen Einschränkungen ausgesetzt. Dies erschließt sich ohne Weiteres bei einer Ersatzpflege durch nicht erwerbmäßig tätige Angehörige des Pflegebedürftigen, gilt aber in gleicher Weise auch für andere Ersatzpflegekräfte. Denn Qualitätskontrollen der [X.] sind aufgrund der kurzen Dauer auch im Inland nur beschränkt möglich und gesetzlich nicht vorgesehen. Mit diesen gelockerten Anforderungen kann die Verhinderungspflege uneingeschränkt auch im Ausland umgesetzt werden.

Ein Grund, Leistungen der Verhinderungspflege bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr zum Ruhen zu bringen, ist insgesamt nicht ersichtlich. Die [X.] übernehmen im [X.] an ein Urteil des [X.] vom 11.5.2007 (L 4 P 2828/06 - Juris) bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten von bis zu sechs Wochen bereits die Kosten der Verhinderungspflege für den Fall, dass eine aus [X.] heraus organisierte, professionelle Pflegekraft den Pflegebedürftigen ins Ausland begleitet (vgl auf [X.] der [X.] - [X.] 1.(1) zu § 34 [X.] des Gemeinsamen Rundschreibens des [X.] der [X.] und der Verbände der [X.] auf Bundesebene zur [X.] Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 15.7.2008; [X.] zu § 34 [X.] des entsprechenden Gemeinsamen Rundschreibens zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des [X.] der [X.] und der Verbände der [X.] auf Bundesebene vom 17.4.2013, Stand 18.12.2015). Dann ist es aber nicht gerechtfertigt, Erstattungsansprüche aus anderen Formen der Verhinderungspflege bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten zum Ruhen zu bringen.

Das gilt auch für die als Annexleistung nach § 39 Satz 5 [X.] aF zu erstattenden notwendigen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Ersatzpflege entstanden sind. Es ist zwar möglich, dass insbesondere die in diesem Rahmen zu erstattenden Fahrt- oder Unterkunftskosten dem Grunde oder der Höhe nach gerade wegen des Aufenthalts im Ausland entstanden sind und in [X.] nicht oder nicht in dieser Höhe angefallen wären. Zu einer übermäßigen oder unverhältnismäßigen Inanspruchnahme dieser Leistung kann es jedoch aufgrund der [X.] und dem der [X.] eingeräumten Ermessen nicht kommen. Es ist Aufgabe der [X.] nicht nur unverhältnismäßig überhöhten Kostenerstattungsbegehren, sondern auch etwaigen missbräuchlichen Gestaltungen im Rahmen von Ermessenserwägungen Rechnung zu tragen.

b) Bei dieser Auslegung des [X.]n Rechts lässt sich der [X.] auch von der Rechtsprechung des [X.] zu Art 19 und 22 der Verordnung ([X.]) 1408/71 (jetzt: Verordnung <[X.]> [X.] 883/2004) und Art 49 [X.] (jetzt: Art 56 AEUV) leiten.

Das Gemeinschaftsrecht hat auf dem Gebiet der [X.] Sicherheit die Aufgabe, die unterschiedlichen nationalen Gesundheitssysteme zu koordinieren. Unionsbürger sollen bei Ausübung ihrer Freizügigkeitsrechte keine Nachteile aufgrund der unterschiedlichen nationalen Systeme der [X.] Sicherheit erleiden, die sie von der Geltendmachung der Freizügigkeit abhalten könnten. Allerdings dürfen die nationalen Systeme der [X.] Sicherheit formelle und materielle Unterschiede aufweisen, da Art 42 [X.] als Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung ([X.]) 1408/71 lediglich eine Koordinierung, nicht eine Harmonisierung der nationalen Sozialsysteme vorsieht (vgl [X.] Urteil vom 16.7.2009 - [X.]/07 - von [X.] - [X.] 4-6050 Art 19 [X.] 3 Rd[X.] 84).

Vor diesem Hintergrund hängt die Exportfähigkeit einer Leistung der [X.] Sicherheit nach Art 19 und 22 Verordnung ([X.]) 1408/71 von der Unterscheidung zwischen Sach- und Geldleistung ab. Sachleistungen können nur in solchen Ländern erbracht werden, deren nationales Recht der [X.] Sicherheit ebenfalls Sachleistungen vorsieht, weil der zuständige Versicherungsträger dann auf die so genannte Sachleistungsaushilfe zurückgreifen kann. Ohne diese Sachleistungsaushilfe können lediglich Geldleistungen exportiert werden. Mit diesem System wird der Mitgliedstaat, in dem sich der Versicherte aufhält, davor geschützt, Sachleistungen erbringen zu müssen, obwohl er kein entsprechendes (aufwendiges) Sachleistungssystem für seine eigenen Bürger geschaffen hat. Bei Geldleistungen besteht kein derartiges Schutzbedürfnis. Ein Geldtransfer vom zuständigen Träger an den bei ihm Versicherten in den Mitgliedstaat, in dem sich der Versicherte aufhält, berührt die Interessen dieses Mitgliedstaates nicht (vgl zum Ganzen Bassen, NZ[X.]010, 479, 480). In Übereinstimmung mit dem völkerrechtlichen Territorialitätsgrundsatz steht der Weitergewährung von Geldleistungen bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt somit auch [X.] nicht entgegen; die Regelungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers ist insoweit nicht eingeschränkt.

Zur Gewährung der Leistungen der Verhinderungspflege ist die Schaffung eines aufwändigen Sachleistungssystems nicht erforderlich. Die Ersatzpflege kann ohne Einschränkungen sowohl von Angehörigen als auch von jeder anderen erwerbsmäßig oder nicht erwerbsmäßig pflegenden Person erbracht werden. Als zeitlich und der Höhe nach begrenztes Surrogat für das Pflegegeld zeigt sich vielmehr die Nähe zum Pflegegeld, dessen Ruhen nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.] 3-3300 § 34 [X.] 2 - [X.]; zuletzt [X.] Urteil vom 12.7.2012 - [X.]/10 - Juris) bei länger dauernden Aufenthalten in einem Mitgliedstaat nicht mit den Regelungen aus Art 19 Abs 1 Buchstabe b, 25 Abs 1 Buchstabe b und 28 Abs 1 Buchstabe b Verordnung ([X.]) 1408/71 vereinbar ist. Ob die hierfür vom [X.] aufgeführten Kriterien im Einzelnen auch beim Verhinderungspflegegeld erfüllt sind, kann dahinstehen. Denn hier geht es nicht um die Auslegung europäischen Rechts, sondern um nationales Recht, das die Interessen anderer [X.] nicht berührt.

Bezüglich der hier geltend gemachten Fahrt- und Unterkunftskosten, die nach § 39 Satz 5 [X.] aF in der vorliegenden Konstellation als Annex zu den Leistungen der Verhinderungspflege gehören, wird die vorliegende Auslegung durch die Rechtsprechung des [X.] gestützt. In der Rechtssache [X.] ([X.] Urteil vom 16.5.2006 - [X.]/04 - Juris) hat der [X.] zu den mit einer genehmigten Krankenhausbehandlung im Ausland verbundenen Reisekosten und Kosten einer etwaigen Unterbringung ausgeführt, die Übernahme solcher Nebenkosten könne nach Art 49 [X.] insoweit verlangt werden, als die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats eine entsprechende Kostenübernahmepflicht vorsähen. Die sich aus den Art 49 [X.] und 22 Verordnung ([X.]) 1408/71 ergebenden Anforderungen dienten dem Bemühen um einen Ausgleich zwischen dem Ziel der Freizügigkeit der Patienten einerseits und den nationalen Zwängen der Planung der verfügbaren Kapazitäten des Leistungsangebots sowie im Hinblick auf die Gesundheitskosten und das finanzielle Gleichgewicht der Systeme der [X.] Sicherheit andererseits. Dies verdeutlicht den hohen Wert der Freizügigkeit, die möglichst uneingeschränkt zu gewährleisten ist, soweit dem nationale Zwänge nicht entgegenstehen. Auch dieser Rechtsgedanke ist auf die nach [X.]m Recht exportierbaren Leistungen der Verhinderungspflege bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt übertragbar.

4. [X.] beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 3 P 4/14 R

20.04.2016

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: P

vorgehend SG Reutlingen, 25. Oktober 2011, Az: S 14 P 2001/10, Urteil

§ 39 Abs 1 S 1 SGB 11, § 39 Abs 1 S 3 SGB 11, § 39 Abs 2 S 1 SGB 11, § 39 Abs 2 S 2 SGB 11, § 39 Abs 2 S 3 SGB 11, § 39 S 1 SGB 11 vom 14.06.1996, § 39 S 3 SGB 11 vom 28.05.2008, § 39 S 4 SGB 11 vom 28.05.2008, § 39 S 5 SGB 11 vom 28.05.2008, § 39 S 6 SGB 11 vom 14.06.1996, § 38 SGB 11, § 37 Abs 1 SGB 11, § 37 Abs 2 SGB 11 vom 23.10.2012, § 36 SGB 11, § 34 Abs 1 Nr 1 S 2 SGB 11 vom 14.06.1996, § 34 Abs 1 Nr 1 S 3 SGB 11 vom 14.06.1996, § 14 Abs 4 SGB 11, § 30 Abs 1 SGB 1, Art 56 AEUV, Art 59 EG, Art 19 EWGV 1408/71, Art 22 EWGV 1408/71

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 3 P 4/14 R (REWIS RS 2016, 12668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12668

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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