Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.08.2012, Az. III R 40/10

3. Senat | REWIS RS 2012, 3514

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Gegenstand

Veranlagungswahlrecht von Ehegatten und Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten


Leitsatz

NV: Die (nachträgliche) Wahl der getrennten Veranlagung ist nicht bereits dann rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO, wenn dies bei dem einen Ehegatten zur Erstattung von einbehaltener Lohnsteuer führt, während sich bei dem anderen Ehegatten nach Anrechnung von Vorauszahlungen ergebende Zahllasten nicht mehr beigetrieben werden können.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) begehrt für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1991 (Streitjahre) die Durchführung von getrennten Veranlagungen.

2

Ursprünglich wurden die Klägerin und ihr im Februar 1996 verstorbener [X.]hemann ([X.]) in den Streitjahren zur [X.]inkommensteuer [X.]. [X.] war in dieser [X.] als … selbständig, die Klägerin [X.] tätig. Beide [X.]hegatten erzielten zudem [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung.

3

Die [X.]inkommensteuerbescheide 1988 bis 1991 wurden bestandskräftig, ergingen jedoch wegen der Höhe der Freistellung des [X.]xistenzminimums eines Kindes vorläufig nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]). Die festgesetzte [X.]inkommensteuer wurde durch anzurechnende Lohn- und Kapitalertragsteuern sowie die von [X.] geleisteten Voraus- und Abschlusszahlungen getilgt.

4

Über den Nachlass des [X.] wurde im Mai 1996 das Konkursverfahren eröffnet und im November 2004 aufgehoben. Vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) angemeldete Steuerforderungen aus späteren [X.] wurden nur teilweise befriedigt.

5

Im Februar 2001 ergingen für die Jahre 1988 bis 1991 nach § 165 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 53 des [X.]inkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung ([X.]StG) geänderte [X.]inkommensteuerbescheide, die jeweils zu einer kleinen [X.]rstattung führten.

6

Die Klägerin legte [X.]inspruch gegen die [X.] ein und beantragte die Durchführung von getrennten Veranlagungen. Für die Jahre 1988 und 1989 ergäbe sich nach den vom [X.] durchgeführten Probeberechnungen zur [X.]inkommensteuer in diesem Fall bei ihr nach Anrechnung der Lohnsteuer jeweils eine [X.]rstattung, für 1990 und 1991 käme es (zunächst) zu einer Nachzahlung.

7
                                   

           

Klägerin (getrennte [X.])

1988   

1989   

1990   

1991   

[X.]St     

0 DM   

2.922 DM

5.379 DM

13.118 DM

LohnSt

2.258 DM

3.612 DM

3.806 DM

6.626 DM

verbleiben

- 2.258 DM

- 690 DM

1.573 DM

6.492 DM

8

Bei Addition der [X.]inkommensteuer bei getrennten Veranlagungen für die Klägerin und [X.] ergäbe sich in allen Streitjahren eine höhere [X.]inkommensteuer als bei den Zusammenveranlagungen.

9

Das [X.] lehnte die Anträge auf Durchführung getrennter Veranlagungen ab, da diese unter den Besonderheiten des Streitfalls rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 [X.] seien. Mit den Anträgen auf Durchführung von getrennten Veranlagungen verfolge die Klägerin allein den Zweck, unter Berücksichtigung der vom [X.]. Senat des [X.] ([X.]) entwickelten Rechtsprechung zur [X.]rstattungsberechtigung bei [X.]hegatten nach Köpfen [X.]inkommensteuererstattungen in Höhe von rund 113.000 € zu erlangen, während die Nachforderungen bei [X.] wegen des abgeschlossenen [X.] nicht mehr beigetrieben werden könnten. Da die getrennten Veranlagungen jeweils zu höheren Steuerfestsetzungen führten, seien nach den wirtschaftlichen Vorgängen die Zusammenveranlagungen angemessen. Der [X.]inspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1381 veröffentlichten Gründen ab. Dabei sah es die Anträge der Klägerin auf Durchführung von getrennten Veranlagungen zwar nicht als willkürlich, den erstrebten Wechsel der [X.] im Hinblick auf die Besonderheiten des Streitfalls jedoch wie das [X.] als rechtsmissbräuchlich (§ 42 [X.]) an. Die Klägerin übe das ihr zustehende Wahlrecht gegen seinen Zweck aus, um sich damit einen Vorteil zu verschaffen, den das Gesetz dem Steuerpflichtigen mit dem Wahlrecht zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung nicht habe einräumen wollen und der den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufe.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie verhalte sich mit ihren Anträgen auf getrennte Veranlagungen nicht rechtsmissbräuchlich, sondern im Hinblick auf die Gesamtsituation wirtschaftlich vernünftig. [X.]s sei nicht nachvollziehbar, ihr das Wahlrecht zu verweigern, nur weil sie aus der Abrechnung der [X.] eine Steuererstattung erhalten würde. Der finanzielle Vorteil, den sie durch ihre Handlungen erreichen wolle, sei kein unangemessener Gebrauch ihres Gestaltungsrechts "Wahl der getrennten Veranlagung".

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das [X.], die [X.]inspruchsentscheidung vom 15. Januar 2009 sowie die ablehnende [X.]ntscheidung vom 19. September 2005 aufzuheben und das [X.] unter Aufhebung der geänderten [X.]inkommensteuerbescheide vom 13. Februar 2001 zu verpflichten, für die Veranlagungszeiträume 1988 bis 1991 getrennte Veranlagungen durchzuführen.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Wie das [X.] im Hinblick auf die Rechtsprechung des [X.] zutreffend ausgeführt hat, ist die Wahl der getrennten Veranlagung durch die Klägerin im Streitfall nicht willkürlich und damit grundsätzlich wirksam.

a) Liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.]StG vor, so können die [X.]heleute grundsätzlich zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung frei wählen. Dieses Wahlrecht wird weder durch den Wortlaut des § 26 [X.]StG noch durch die Regelungen in §§ 26a und 26b [X.]StG eingeschränkt. Seine Ausübung ist nicht an eine Frist gebunden (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1990 III R 195/86, [X.][X.] 163, 341, [X.] 1991, 451). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann das Veranlagungswahlrecht deshalb bis zur Unanfechtbarkeit eines Änderungsbescheids ausgeübt und eine einmal getroffene Wahl hinsichtlich der [X.] --vorbehaltlich rechtsmissbräuchlicher oder willkürlicher [X.] bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] widerrufen werden ([X.]-Urteil vom 24. Januar 2002 III R 49/00, [X.][X.] 198, 12, [X.] 2002, 408, m.w.N.).

b) Die Rechtsprechung hat dieses Wahlrecht bislang vornehmlich --bezogen auf das Verhältnis zwischen den [X.]hegatten und nicht auf das davon zu unterscheidende öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Steuerpflichtigen und dem [X.]-- insoweit eingeschränkt, als sich ein [X.]hegatte nicht einseitig von der bisherigen Zusammenveranlagung lösen darf, sofern dafür keine wirtschaftlich verständlichen und vernünftigen Gründe vorliegen, sondern der Antrag als willkürlich motiviert erscheint (vgl. hierzu Senatsurteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, [X.][X.] 206, 201, [X.] 2004, 980).

[X.]in solcher Fall liegt hier nicht vor.

2. [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] und des [X.] ist die Ausübung des Wahlrechts zur nachträglichen getrennten Veranlagung im Streitfall aber auch nicht rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 [X.].

a) [X.]in Missbrauch in diesem Sinn ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, wenn eine (zivilrechtliche und/oder steuerrechtliche) Gestaltung gewählt wird, die --gemessen an dem erstrebten [X.] unangemessen ist, der Steuervermeidung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (Senatsurteil vom 15. Juli 2004 III R 66/98, [X.]/NV 2005, 186).

b) § 42 [X.] setzt letztlich voraus, dass die gewählte Gestaltung nach den der jeweiligen steuerrechtlichen Vorschrift zugrunde liegenden gesetzgeberischen Wertungen der Steuerumgehung dienen soll. Hingegen ist für § 42 [X.] grundsätzlich kein Raum, wenn der Steuerpflichtige einen vom Steuergesetz vorgezeichneten Weg wählt (Senatsurteil in [X.][X.] 206, 201, [X.] 2004, 980, m.w.N.).

c) Der Antrag auf getrennte Veranlagungen ist bereits deshalb nicht als missbräuchlich zu beurteilen, weil die Klägerin das von ihr damit verfolgte Ziel --nämlich die Vereinnahmung von [X.]rstattungen der [X.]inkommensteuerzahlungen in Höhe von insgesamt ca. 113.000 €, während sie als Alleinerbin des [X.] infolge des [X.] für Nachforderungen nicht einzustehen bräuchte-- angesichts der Fortentwicklung der Rechtsprechung durch den [X.]. Senat des [X.] (vgl. Urteil vom 22. März 2011 [X.] R 42/10, [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607) nicht erreichen kann. Ob ohne das Hinzutreten besonderer Umstände --wie z.B. eine wiederholte und widersprüchliche Ausübung von weiteren Wahlrechten (z.B. Lohnsteuerklassenwahl) in Kombination mit einer (an sich zulässigen) schuldrechtlichen Vereinbarung (vgl. hierzu das Senatsurteil in [X.]/NV 2005, 186)-- der Antrag auf getrennte Veranlagung eines [X.]hegatten zu einem Zeitpunkt, zu dem über das Vermögen des anderen [X.]hegatten ein Insolvenzverfahren anhängig ist, überhaupt missbräuchlich wäre, kann deshalb dahinstehen.

aa) Nach der von der Klägerin in Bezug genommenen ständigen Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] kann das [X.] als Zahlungsempfänger, solange die [X.]he besteht und die [X.]heleute nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 [X.]StG), aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft davon ausgehen, dass derjenige [X.]hegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahlt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten [X.]hegatten begleichen will (vgl. [X.]-Urteile vom 30. September 2008 [X.] R 18/08, [X.][X.] 222, 235, [X.] 2009, 38; vom 15. November 2005 [X.] R 16/05, [X.][X.] 211, 396, [X.] 2006, 453, m.w.N.). Ob die [X.]heleute sich später trennen oder einer der [X.]hegatten nachträglich die getrennte Veranlagung beantragt, ist nach dieser Rechtsprechung für die Beurteilung der [X.] nicht maßgeblich, denn es kommt nur darauf an, wie sich die Umstände dem [X.] zum Zeitpunkt der Vorauszahlung darstellten ([X.]-Urteil vom 26. Juni 2007 [X.] R 35/06, [X.][X.] 218, 10, [X.] 2007, 742).

(1) Die danach von der Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] unterstellte [X.] hat nach bisheriger Sichtweise zur Folge, dass im Fall einer --durch die Anrechnung der Vorauszahlungen auf die gegen die zusammen veranlagten [X.]heleute festgesetzte Steuer entstandenen-- Überzahlung beide [X.]hegatten nach § 37 Abs. 2 [X.] erstattungsberechtigt sind und der [X.]rstattungsbetrag zwischen ihnen nach [X.] aufzuteilen ist (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 222, 235, [X.] 2009, 38).

(2) Diese hälftige Zuordnung der geleisteten Vorauszahlungen hat der [X.]. Senat des [X.] bislang auch in den Fällen --bei Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268 ff. [X.] oder getrennter Veranlagung nach § 26a [X.]StG-- für geboten erachtet, in denen die Anrechnung dieses [X.] nicht zur Tilgung der für den einen [X.]hegatten festgesetzten Jahressteuer ausreichte, so dass er eine Abschlusszahlung zu leisten hatte, während für den anderen [X.]hegatten nach Anrechnung ein Auszahlungsanspruch verblieb (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607).

bb) Diese Rechtsprechung hat der [X.]. Senat des [X.] jedoch in seinem Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607 dahin fortentwickelt, dass eine [X.]rstattung von Vorauszahlungen im Regelfall nur hinsichtlich des Betrags in Betracht komme, um den die Vorauszahlungen die Summe der für beide [X.]hegatten festgesetzten [X.]inkommensteuer überstiegen. Das gelte sowohl im Fall der Zusammenveranlagung als auch wenn getrennte Veranlagung gewählt werde. Sei die Vorauszahlung --insbesondere wegen anderweitiger Tilgung der [X.] nicht bestimmungsgemäß auf die festgesetzten Steuern angerechnet worden, so sei die Vorauszahlung bei getrennter Veranlagung zunächst in Höhe des festgesetzten Betrags dem [X.]hegatten zu erstatten, auf dessen Schuld sie sonst anzurechnen gewesen wäre. Sofern nach Abrechnung der für beide [X.]heleute festgesetzten Steuern von den geleisteten Vorauszahlungen noch ein Rest verbleibe, sei dieser den [X.]hegatten anteilig zu erstatten (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607, unter [X.] [X.]).

Zu dieser nun vorrangig vor jedweder Aufteilung vorzunehmenden Verrechnung der Vorauszahlungen mit der später festgesetzten [X.]inkommensteuer sah sich der [X.]. Senat des [X.] insbesondere deshalb veranlasst, weil seine bisherige Rechtsprechung dem Zweck der Vorauszahlung in den Fällen nicht gerecht wurde, in denen bei getrennter Veranlagung oder Abrechnung unterschiedlich hohe Steuerschulden bei den [X.]hegatten anfallen. Denn bei hälftiger Aufteilung der Vorauszahlungen würde der Teil des [X.], der auf den [X.]hegatten mit der geringeren Steuerlast entfällt, nicht vollständig auf eine Steuerschuld angerechnet, während der [X.]hegatte mit der höheren Steuerbelastung nachzahlen müsste. Durch die Fortentwicklung der Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] soll gerade eine Situation wie die vorliegende --nämlich ein Ausfallen des Fiskus mit einer Steuerforderung, wenn der höher belastete Steuerschuldner zwischenzeitlich seine Leistungsfähigkeit verloren hat, obwohl die Steuer durch die geleisteten Vorauszahlungen bereits "gesichert" schien-- vermieden werden (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607, unter [X.] [X.] (1); [X.], [X.] 29/2011 [X.]. 2).

Danach ist erst ein --nach Verrechnung der für beide [X.]hegatten festgesetzten [X.]inkommensteuer mit den Vorauszahlungen verbleibender-- Betrag nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] nach [X.] zu erstatten, wenn die [X.]heleute für die Vorauszahlungen keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen haben (vgl. [X.]-Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607, unter [X.] [X.] (2)).

cc) Der Streitfall unterscheidet sich von dem der [X.]ntscheidung des [X.]. Senats des [X.] zugrunde liegenden Sachverhalt in dem Punkt, dass die Zahlungen jeweils nicht zur vollständigen Tilgung der sich im Fall von getrennten Veranlagungen ergebenden zusammengerechneten [X.] ausreichen. Die Frage, wie in einem solchen Fall anzurechnen bzw. aufzuteilen wäre --etwa im Verhältnis der [X.], konnte der [X.]. Senat des [X.] offenlassen (vgl. Urteil in [X.][X.] 233, 10, [X.] 2011, 607, unter [X.] [X.] (3)). Dies ist indes für die [X.]ntscheidung des Streitfalls unerheblich, da die betragsmäßigen Folgen der getrennten Veranlagung im [X.]rhebungsverfahren nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits sind. Den erstrebten Vorteil kann die Klägerin jedenfalls nicht erlangen. Denn nach den vom [X.]. Senat des [X.] fortentwickelten Grundsätzen sind die von [X.] geleisteten Voraus- und Abschlusszahlungen zunächst auf die festgesetzten [X.]inkommensteuern beider [X.]hegatten anzurechnen, weil davon auszugehen ist, dass [X.] zum einen mit diesen Zahlungen die [X.]inkommensteuer beider [X.]hegatten tilgen wollte und er sich zum anderen bewusst war, dass die Zahlungen insoweit endgültig beim Fiskus verbleiben sollten. Da seine Zahlungen aber in keinem Veranlagungszeitraum zur Tilgung der nun insgesamt höheren [X.]inkommensteuern ausreichen, verbleibt kein Rest, von dem die Klägerin 50 % als [X.]rstattung beanspruchen könnte.

[X.]) Damit kommt die Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens der Klägerin nicht in Betracht. Dass die Klägerin die von ihrem Arbeitslohn einbehaltene und ihre [X.]inkommensteuer übersteigende Lohnsteuer aufgrund der nachträglich ausgeübten Wahl zur getrennten Veranlagung für die Streitjahre 1988 und 1989 ganz bzw. teilweise erstattet bekommt (vgl. insoweit z.B. [X.]-Urteile vom 18. September 1990 [X.] R 99/89, [X.][X.] 162, 279, [X.] 1991, 47; vom 17. Februar 2010 [X.] R 37/08, [X.]/NV 2010, 1078), während die sich für [X.] nach Anrechnung der Vorauszahlungen ergebenden [X.] nicht mehr beigetrieben werden können, stellt keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin Gesamtrechtsnachfolgerin des [X.] ist. Ob die Wahl der getrennten Veranlagung für die Streitjahre 1990 und 1991 nach den vorstehend dargestellten Auswirkungen auf das [X.]rhebungsverfahren noch sinnvoll ist, ist unerheblich, denn auf die steuerliche Sinnhaftigkeit im Verhältnis zur Finanzbehörde kommt es insoweit nicht an (vgl. Senatsurteil in [X.][X.] 206, 201, [X.] 2004, 980).

Meta

III R 40/10

30.08.2012

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 6. Mai 2010, Az: 3 K 839/09, Urteil

§ 42 AO, § 26 Abs 1 S 1 EStG 1987, § 26 Abs 1 S 1 EStG 1990

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.08.2012, Az. III R 40/10 (REWIS RS 2012, 3514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3514

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