Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.06.2016, Az. X R 54/14

10. Senat | REWIS RS 2016, 9528

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Gegenstand

Keine erweiterte Kürzung für Grundbesitz, der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassen wird


Leitsatz

1. Ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist .

2. Selbst wenn in einem derartigen Fall die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt, kommt eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer "Merkmalsübertragung" nicht in Betracht (Abgrenzung zu dem zu § 3 Nr. 20 GewStG ergangenen Senatsurteil vom 29. März 2006 X R 59/00, BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661) .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. August 2014  13 K 2280/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie die Gewerbesteuermessbescheide für 1989 bis 2001 betrifft.

Die Gewerbesteuermessbeträge für 2002 bis 2005 werden unter Änderung der Bescheide vom 9. Dezember 2008 und unter teilweiser Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 in der Höhe festgesetzt, die sich ergibt, wenn für das Grundstück ... die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes gewährt wird.

Die Berechnung des [X.] wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide für 2002 bis 2005 abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Klägerin zu 95 % und der Beklagte zu 5 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) verpachtet seit vielen Jahren ein Grundstück an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin sie ist. Die GmbH hat das Grundstück zunächst eigengewerblich genutzt. Später errichtete sie auf dem [X.] --sowie auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück, das ihr selbst gehört-- mehrere Büro- und Lagergebäude, die sie an Dritte zu gewerblichen Zwecken vermietet. Diese Gebäude werden --anders als der Grund und [X.] bewertungsrechtlich der GmbH zugerechnet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sie im wirtschaftlichen Eigentum der GmbH stehen.

2

Die GmbH nimmt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des [X.] ([X.]) in Anspruch.

3

Die Verpachtungstätigkeit der Klägerin wurde zunächst als vermögensverwaltend behandelt. Beginnend mit dem [X.] nahmen die Beteiligten an, es handele sich um eine Betriebsaufspaltung. Die Klägerin erstellte in der Folgezeit entsprechende Bilanzen. Für das [X.] vertrat das damals zuständige Finanzamt ([X.]) erneut die Auffassung, die Klägerin sei --sinngemäß: von Anfang an-- vermögensverwaltend tätig, weil das Grundstück nicht für die besonderen Zwecke der GmbH hergerichtet worden sei. Eine steuerliche Auswirkung hatte dies --mit Ausnahme der unterbliebenen Festsetzung von Gewerbesteuer für dieses [X.] nicht; insbesondere wurde kein Entnahmegewinn ermittelt.

4

Die nachfolgenden Betriebsprüfungen für die Streitjahre 1989 bis 2005 würdigten den Sachverhalt rechtlich erneut dahingehend, dass die Klägerin das Grundstück im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verpachte; der Prüfer nahm zum 1. Januar 1989 eine "Einlage" an, die er mit dem aktuellen Teilwert bewertete. Für die Jahre 1989 bis 2001 erließ das [X.], für die Jahre 2002 bis 2005 der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) entsprechende Gewerbesteuermessbescheide. Darin wurden die ermittelten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die Gewinnausschüttungen aus den GmbH-Anteilen, die ebenfalls dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens der Klägerin zugeordnet wurden, gemindert (§ 9 Nr. 2a [X.]). Ferner wurde der Klägerin für die Jahre 1989 bis 2001, nicht aber für die Jahre 2002 bis 2005, die sog. "einfache" Kürzung für Grundbesitz (§ 9 Nr. 1 Satz 1 [X.]) gewährt.

5

Während des nachfolgenden [X.] wurde zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind. Die Klägerin begehrte aber, in Anwendung der "erweiterten" Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ihren gesamten verbleibenden Gewerbeertrag gewerbesteuerfrei zu stellen.

6

Am 4. Juli 2011 wies das [X.] die Einsprüche zurück. Es führte aus, die erweiterte Kürzung könne nicht gewährt werden. Die Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] diene dazu, diejenigen Gewerbebetriebe kraft Rechtsform, die ausschließlich vermögensverwaltend tätig seien, mit vermögensverwaltenden Personenunternehmen gleichzustellen. Eine Betriebsaufspaltung sei aber nicht als normale Vermietungstätigkeit anzusehen, sondern durch die Vermietung einer wesentlichen Betriebsgrundlage i.V.m. der Beherrschung der [X.] gekennzeichnet. Dies sei eine originär gewerbliche Tätigkeit. Die zu einigen der Steuerbefreiungen des § 3 [X.] ergangene Rechtsprechung des [X.] ([X.]) zur Übertragung von Merkmalen der [X.] auf das Besitzunternehmen (Senatsurteil vom 29. März 2006 [X.], [X.]E 213, 50, [X.], 661) könne nicht auf die erweiterte Kürzung übertragen werden. Sie sei zu [X.] ergangen und stelle jeweils auf deren Normzweck ab, während § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] einem anderen Zweck diene.

7

Im Klageverfahren brachte die Klägerin vor, wenn die [X.] ihrerseits die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfülle, sei dies auch dem Besitzunternehmen zuzurechnen. Beide Betriebe seien steuersystematisch als Einheit anzusehen. Der [X.] der Gewerblichkeit des Besitzunternehmens beruhe auf der Zurechnung der gewerblichen Betätigung der [X.]; entsprechend müsse dem Besitzunternehmen auch der [X.] der Steuerbefreiung der [X.] zugerechnet werden. Mit seiner Rechtsprechung zur Merkmalsübertragung habe der [X.] eine systematische Neuorientierung der Betriebsaufspaltung vorgenommen.

8

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2014, 2069). Zwar könne nach der bisher ergangenen [X.]-Rechtsprechung ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die erweiterte Kürzung nicht in Anspruch nehmen. Diese Entscheidungen seien allerdings sämtlich zu Sachverhalten ergangen, in denen die [X.] originär gewerblich tätig gewesen sei. Vorliegend erfülle die GmbH aber selbst die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung. Dem stehe die Mitvermietung des [X.], sondern der Klägerin gehörenden-- Grund und Bodens nicht entgegen, da Nebentätigkeiten, die als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Verwaltung eigenen Grundbesitzes anzusehen seien, ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich seien. Auch werde die erweiterte Kürzung bei der GmbH nicht durch § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.] ausgeschlossen. Zwar sei der Wortlaut dieser Ausschlussklausel erfüllt, weil der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diene. Indes nutze die Klägerin das Grundstück nicht für eine originär gewerbliche Tätigkeit. Vielmehr werde ihre Vermietungstätigkeit erst durch die Zurechnung von Merkmalen der GmbH zu einer gewerblichen.

9

Würden beide Betriebe zusammengefasst, wäre die Grenze der Vermögensverwaltung nicht überschritten: Bei einer einheitlichen Vermietung durch die GmbH wäre dieser die erweiterte Kürzung zu gewähren; bei einer einheitlichen Vermietung durch die Klägerin läge schon kein Steuergegenstand der Gewerbesteuer vor. Ohne eine solche zusammenfassende Betrachtung würde es zu einer Benachteiligung der Klägerin kommen, die über das mit dem [X.] verfolgte Ziel hinausginge. Das Halten des GmbH-Anteils im Betriebsvermögen der Klägerin stelle eine im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] zulässige Nebentätigkeit dar.

Mit seiner Revision wiederholt und vertieft das [X.] sein bisheriges Vorbringen.

Es beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Auffassung des [X.] an.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Klage ist für die Streitjahre 1989 bis 2001 vollständig und für die Streitjahre 2002 bis 2005 zum überwiegenden Teil abzuweisen.

Das [X.] und die Beteiligten gehen im Ausgangspunkt zu Recht davon aus, dass zwischen der Klägerin und der GmbH eine Betriebsaufspaltung besteht (dazu unten 1.). In solchen Fällen erfüllt das Besitzunternehmen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung auch dann nicht, wenn die [X.] vermögensverwaltend tätig ist (unten 2.). Eine "Merkmalsübertragung" von der GmbH auf die Klägerin kommt im Anwendungsbereich des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] nicht in Betracht (unten 3.), so dass im Streitfall offen bleiben kann, ob der GmbH diese Begünstigung überhaupt zu Recht gewährt worden ist (unten 4.). Allerdings hat die Klägerin Anspruch auf die Anwendung der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.]. Da das [X.] für die Streitjahre 2002 bis 2005 auch diesen Kürzungsbetrag nicht berücksichtigt hat, hat die Klage in diesem Umfang Erfolg (unten 5.).

1. Zwischen der Klägerin und der GmbH besteht eine Betriebsaufspaltung. Dies hat zur Folge, dass das Besitzunternehmen der Klägerin als Steuergegenstand der Gewerbesteuer anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 [X.]), und ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht mehr streitig.

a) Die erforderliche personelle Verflechtung ist gegeben, weil die Klägerin Alleingesellschafterin der GmbH ist.

b) Die Voraussetzung einer sachlichen Verflechtung in Gestalt der Überlassung einer wesentlichen [X.] ist ebenfalls erfüllt. Auch ein unbebautes Grundstück kann eine wesentliche [X.] darstellen, wenn es vom [X.] nach seinen Bedürfnissen bebaut oder in anderer Weise gestaltet worden ist ([X.]-Urteile vom 24. August 1989 IV R 135/86, [X.], 245, [X.] 1989, 1014, unter 5.b, und vom 10. April 1991 XI R 22/89, [X.] 1992, 312, unter 2.a) bzw. künftig bebaut werden soll ([X.]-Urteile vom 15. Januar 1998 IV R 8/97, [X.], 500, [X.] 1998, 478, unter II.3., und vom 19. März 2002 VIII R 57/99, [X.], 137, [X.] 2002, 662, unter II.B.2.b [X.]).

Hier hat die GmbH das von der Klägerin angepachtete Grundstück gemeinsam mit einem deutlich kleineren, in ihrem Eigentum stehenden Grundstück überbaut; dabei erstreckt sich der [X.] über beide Grundstücke. Die Einnahmen der [X.] damit ihre wirtschaftliche [X.] resultieren im Wesentlichen aus der Vermietung der beiden Grundstücke und der darauf errichteten Gebäude. Ohne die Überlassung des der Klägerin gehörenden Grundstücks, das sich in einer höchst begehrten Lage für Gewerbeimmobilien befindet, könnte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb nicht fortführen; das Grundstück ist daher für die Erreichung des [X.] der GmbH unmittelbar erforderlich.

c) Der Annahme einer Betriebsaufspaltung steht nicht entgegen, wenn die [X.] [X.] als Gewerbebetrieb anzusehen ist ([X.]-Entscheidungen vom 22. Januar 1988 III B 9/87, [X.], 539, [X.] 1988, 537, unter 2.b am Ende, und vom 22. Februar 2005 VIII R 53/02, [X.] 2005, 1624, unter II.2.c).

2. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfüllt das Besitzunternehmen in Fällen der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nicht. Entscheidend dafür ist, dass die personelle und sachliche Verflechtung, die für eine Betriebsaufspaltung kennzeichnend ist, den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreitet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der [X.] diesen Rechtssatz nicht nur in Bezug auf solche Sachverhalte ausgesprochen, in denen die Betriebsgesellschaft originär gewerblich tätig war. Zwar war eine solche Fallgestaltung in der Mehrzahl der entschiedenen Verfahren gegeben (vgl. [X.]-Urteile vom 11. Dezember 1974 I R 260/72, [X.]E 114, 433, [X.] 1975, 266, unter 3. - Fertigungsbetrieb; in [X.] 1992, 312, unter 2.c - [X.], und vom 12. September 1991 IV R 8/90, [X.]E 166, 55, [X.] 1992, 347, unter 2., Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen durch Beschluss des [X.] vom 22. September 1994  2 BvR 204/92 - lüftungstechnisches Unternehmen; [X.]-Urteile vom 27. August 1992 IV R 13/91, [X.]E 169, 231, [X.] 1993, 134 - Hotel; vom 26. August 1993 IV R 48/91, [X.] 1994, 265, unter 1. - Möbel-Einzelhandel, und vom 22. Januar 2009 IV R 80/06, [X.] 2009, 1279, unter [X.] - Textilhandel).

Im Urteil in [X.] 2005, 1624 (unter [X.]) hat der [X.] einem Besitzunternehmen die erweiterte Kürzung aber auch in einem Sachverhalt versagt, der dadurch gekennzeichnet war, dass die Betriebs-GmbH sich auf die reine Vermietung von Grundbesitz beschränkte; ergänzend wickelte sie noch die Pensionen ihrer früheren Arbeitnehmer als Trägerin einer Unterstützungskasse ab. Zur Begründung hat der [X.] ausgeführt, das Besitzunternehmen betätige sich wegen der Möglichkeit, über den einheitlichen Betätigungswillen der Gesellschafter Einfluss auf die Betriebsgesellschaft zu nehmen, eigengewerblich. Diese Entscheidung zeigt, dass es für die --von den Ertragsteuersenaten des [X.] in ständiger Rechtsprechung ausgesprochene-- Versagung der erweiterten Kürzung in Fällen der Betriebsaufspaltung nicht darauf ankommt, ob die Betriebsgesellschaft als Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 [X.]) oder als Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 Satz 1 [X.]) anzusehen ist. Damit steht in Einklang, dass auch das Vorliegen des Grundtatbestands der Betriebsaufspaltung nicht davon abhängig ist, dass die Betriebsgesellschaft eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausübt. Vielmehr genügt auch das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform (vgl. hierzu die Nachweise unter 1.c).

Diese Beurteilung wird noch dadurch gestützt, dass gerade in den beiden ausführlich begründeten Leitentscheidungen des [X.], die zu dieser Thematik ergangen sind, gar keine Angaben zur konkreten Tätigkeit der Betriebsgesellschaft mitgeteilt werden ([X.]-Urteile vom 29. März 1973 I R 174/72, [X.]E 109, 456, [X.] 1973, 686, unter 2.a, und vom 28. Juni 1973 IV R 97/72, [X.]E 109, 459, [X.] 1973, 688). In beiden Fällen wurde zwar u.a. ein "Fabrikgebäude" überlassen. Ob die Betriebsgesellschaft das Fabrikgebäude zu eigengewerblichen Zwecken nutzt oder aber das überlassene Grundstück in einer an sich vermögensverwaltenden Weise an [X.] --wie die GmbH im vorliegenden Verfahren oder auch im Falle des [X.]-Urteils in [X.] 2005, 1624--, kann den genannten Urteilen nicht entnommen werden. Dies zeigt, dass es für den [X.] auf eine solche --von der Klägerin gewünschte-- Differenzierung von vornherein nicht ankommt.

Das Besitzunternehmen kann die erweiterte Kürzung in Fällen der Betriebsaufspaltung nur dann in Anspruch nehmen, wenn es selbst die Rechtsform der Kapitalgesellschaft hat ("kapitalistische Betriebsaufspaltung") und die Anteile an der [X.] nicht der [X.] als solcher, sondern deren Gesellschaftern zuzurechnen sind ([X.]-Urteil vom 1. August 1979 I R 111/78, [X.]E 129, 57, [X.] 1980, 77), weil ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht zulässig ist. Anders verhält es sich jedoch, wenn die [X.] selbst Inhaberin der Anteile an der [X.] ist und als solche selbst die die Betriebsaufspaltung kennzeichnende Beherrschung ausübt. Hier kommt die Gewährung der erweiterten Kürzung nicht in Betracht ([X.]-Entscheidungen vom 24. Januar 2012 I B 136/11, [X.] 2012, 1176, und vom 28. Januar 2015 I R 20/14, [X.] 2015, 1109, unter [X.]).

Die Literatur hat sich zu dieser Rechtsprechung überwiegend zustimmend geäußert (z.B. [X.]/[X.], § 9 [X.] Rz 62 f.; Güroff in Glanegger/Güroff, [X.], 8. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 26; [X.] in [X.]/[X.], § 9 Nr. 1 [X.] Rz 106, 150 ff.; kritisch [X.] in [X.]/[X.], § 2 [X.] Rz 1279).

3. Eine Übertragung gewerbesteuerrechtlich günstiger Merkmale der [X.] --selbst wenn diese im Streitfall die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] erfüllen sollte-- kommt bei der erweiterten Kürzung nicht in Betracht.

a) Der erkennende Senat hat entschieden, dass eine nach § 3 Nr. 20 Buchst. c [X.] (bestimmte Altenheime) bestehende Gewerbesteuerbefreiung der [X.] sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des [X.] erstreckt (Urteil in [X.]E 213, 50, [X.] 2006, 661). Dem hat sich der [X.] des [X.] für die Verpachtung an eine [X.], die gemäß § 3 Nr. 6 [X.] wegen Gemeinnützigkeit von der Gewerbesteuer befreit ist (Urteil vom 19. Oktober 2006 IV R 22/02, [X.]E 215, 268, unter II.2.) sowie an eine gemäß § 3 Nr. 20 Buchst. b [X.] steuerbefreite Krankenhaus-[X.] (Urteil vom 20. August 2015 IV R 26/13, [X.]E 251, 53, [X.] 2016, 408) angeschlossen.

Der Senat hat zwar zur Begründung seines Urteils in [X.]E 213, 50, [X.] 2006, 661 zunächst darauf abgestellt, dass der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens nicht in einer isolierenden Sichtweise ausschließlich aus Merkmalen abgeleitet werden könne, die allein dem Besitzunternehmen anhafteten (unter [X.]). Ferner heißt es (unter [X.]), es verstoße gegen das Gebot der Folgerichtigkeit, wenn einerseits für den "[X.]" der Gewerblichkeit maßgebend auf die wirtschaftliche Verflochtenheit und andererseits für den "[X.]" der Gewerbesteuerbefreiung auf den Aspekt der rechtlichen Trennung abgestellt werde.

Anschließend (unter [X.]) hat der Senat aber ausgeführt, es bedürfe "zur schlüssigen Begründung einer dahin gehenden weiten Auslegung des § 3 Nr. 20 [X.]" keiner Aufgabe der seit dem Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 8. November 1971 GrS 2/71 ([X.]E 103, 440, [X.] 1972, 63) in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck kommenden Vorstellung von der zivil- und steuerrechtlichen Selbständigkeit des Besitz- und [X.]s in Fällen der Betriebsaufspaltung. Vielmehr folge die weite Auslegung der Steuerbefreiungsvorschrift schon aus ihrem sozial- und wirtschaftspolitisch motivierten Zweck, der darin liege, die bestehenden Strukturen bei der Pflege zu verbessern (Kostenentlastung der Träger der Einrichtungen, Anreiz für die Vornahme entsprechender Investitionen). Dieser Normzweck würde ohne eine Merkmalsübertragung nur unvollständig erreicht. Denn die Ausschüttungen der [X.] --und damit letztlich sämtliche im [X.] erwirtschafteten Gewinne-- wären im Besitzunternehmen gewerbesteuerpflichtig, weil § 9 Nr. 2a [X.] nur die Ausschüttungen von nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaften steuerfrei stelle, im Fall einer steuerbefreiten [X.] also nicht anwendbar sei.

b) Danach ist mit diesen Entscheidungen des erkennenden und des [X.]s --anders als die Klägerin meint-- keine grundlegende Neuausrichtung der systematischen Betrachtung des [X.] verbunden gewesen. Im Gegenteil haben auch diese Entscheidungen ausdrücklich an der Vorstellung des Großen Senats des [X.] von der zivil- und steuerrechtlichen Selbständigkeit der beiden Unternehmen festgehalten.

Die im Anwendungsbereich der Steuerbefreiungen gemäß § 3 Nr. 6 sowie § 3 Nr. 20 Buchst. b, c [X.] vorgenommenen [X.] sind vielmehr tragend mit den Besonderheiten und den Zwecksetzungen dieser --in Bezug auf die zur Entscheidung gestellten Sachverhalte "weit [X.] begründet worden (so auch [X.] in seiner Anmerkung zur vorinstanzlichen Entscheidung in E[X.] 2014, 2073). Insoweit unterscheidet sich die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] aber in entscheidungserheblicher Weise von den genannten Regelungen des § 3 [X.].

aa) Zum einen hat der erkennende Senat ausdrücklich darauf abgestellt, dass es sich bei § 3 Nr. 20 [X.] um eine Sozialzwecknorm handelt, die zum Wirtschaftsrecht gehört (Urteil in [X.]E 213, 50, [X.] 2006, 661, unter [X.]). Demgegenüber ist § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] --nicht anders als § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.]-- als [X.]norm anzusehen. Diese Regelung dient dazu, Gewerbebetriebe kraft Rechtsform bei Ausübung einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit natürlichen Personen und Personengesellschaften gleichzustellen, die bei Ausübung derartiger Tätigkeiten von vornherein nicht als Steuergegenstand anzusehen sind ([X.]-Entscheidungen in [X.]E 109, 456, [X.] 1973, 686, unter 2.a; in [X.] 2012, 1176, unter [X.]; [X.]-Urteil vom 17. Mai 2006 VIII R 39/05, [X.]E 213, 64, [X.] 2006, 659, unter [X.] aa). Dabei handelt es sich aber um einen in der gewerbesteuerrechtlichen Systematik selbst angelegten [X.]; die Verfolgung eines besonderen außersteuerlichen Lenkungs- oder Subventionszwecks ist nicht erkennbar.

[X.]) Vor allem aber ist die Rechtslage hinsichtlich der Gewerbesteuerbelastung der Ausschüttungen, die das Besitzunternehmen von der [X.] erhält und auf die der Senat in seiner Rechtsprechung zur "Merkmalsübertragung" entscheidend abgestellt hat, in den Fällen des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] genau gegenteilig zu § 3 Nr. 6, 20 [X.]: In den zuletzt genannten Fällen ist die [X.] von der Gewerbesteuer befreit (vgl. den Einleitungssatz des § 3 [X.]). Der Gewerbeertrag des Besitzunternehmens kann daher nicht gemäß § 9 Nr. 2a [X.] um die Gewinnausschüttung, die das Besitzunternehmen erhält, gekürzt werden, da diese Kürzungsvorschrift ausschließlich für Gewinne aus Anteilen an einer "nicht steuerbefreiten ... Kapitalgesellschaft" gilt. Vor diesem Hintergrund ist die vom erkennenden Senat in seinem Urteil in [X.]E 213, 50, [X.] 2006, 661 vorgenommene Würdigung zu sehen, dass die Steuerbefreiung der [X.] letztlich leer liefe --bzw. allenfalls eine vorläufige wäre--, wenn ihr Gewinn mittels einer Erfassung der Dividende beim Besitzunternehmen wirtschaftlich letztlich doch in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterläge.

Gerade umgekehrt stellt es sich jedoch in den Fällen der erweiterten Kürzung dar: Diese ist rechtstechnisch nicht als Steuerbefreiung anzusehen, sondern --entsprechend der amtlichen Überschrift des § 9 [X.]-- als "Kürzung", d.h. als bloßer Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des [X.]. Folglich steht sie der Anwendung des § 9 Nr. 2a [X.] auf die Ausschüttung der [X.] an das Besitzunternehmen nicht entgegen. Der ausgeschüttete Gewinn der [X.] wird daher, soweit er auf der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz beruht, auch im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer freigestellt. Es lässt sich daher --anders als bei der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 [X.]-- nicht sagen, dass diese Steuerbefreiung durch eine an anderer Stelle ersatzweise eintretende Steuerpflicht in vollem Umfang konterkariert wird.

Vielmehr kommt es bei der im Streitfall verwirklichten wirtschaftlichen Gestaltung nur insoweit zu einer Gewerbesteuerbelastung, als das Besitzunternehmen Gewinne aus der --im Wege sachlicher und personeller Verflechtung vorgenommenen-- Überlassung des Grundstücks an die [X.] erzielt. Die Erträge der [X.] aus der Überlassung eigenen Grundbesitzes bleiben hingegen auf beiden Ebenen in vollem Umfang gewerbesteuerfrei, sofern man unterstellt, dass die GmbH die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung erfüllt. Dass es sich hierbei um erhebliche Beträge handelt, zeigt sich im Streitfall schon daran, dass die Höhe der Ausschüttungen, die die Klägerin von der GmbH erhalten hat, ihren verbleibenden Gewerbeertrag in mehreren Streitjahren --teils um ein [X.] überschritten hat.

cc) Dem steht der Hinweis der Klägerin auf das [X.]-Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 9/05 ([X.] 2007, 2197) nicht entgegen. Der [X.] hat dort entschieden, dass die Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 5 [X.], die die erweiterte Kürzung in Fällen der Überlassung des Grundbesitzes an einen Gesellschafter oder Genossen ausschließt, im Wege der teleologischen Reduktion "nur dann" (so ausdrücklich unter [X.] des angeführten Urteils) nicht anzuwenden sei, wenn die gesamten (positiven oder negativen) Einkünfte des nutzenden Unternehmens von der Gewerbesteuer befreit seien. Vorliegend sind aber --selbst wenn man der Klägerin noch darin folgen wollte, dass die Betriebs-GmbH die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] erfüllt-- nicht die gesamten Einkünfte dieser GmbH von der Gewerbesteuer befreit. Vielmehr bleibt es hinsichtlich der Einkünfte aus der Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen sowie hinsichtlich der weiteren in § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] genannten, zwar unschädlichen, aber nicht selbst steuerbegünstigten Tätigkeiten bei der Belastung mit Gewerbesteuer. Die genannte Regelung stellt --wie unter [X.]) bereits ausgeführt-- in systematischer Hinsicht keine Steuerbefreiung dar, sondern gewährt einen Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage.

dd) Die Klägerin verweist ferner darauf, dass die Betriebsaufspaltung sie hier benachteilige, wenn keine Merkmalsübertragung vorgenommen werde. Denn sowohl bei der Alternativgestaltung, dass sie als natürliche Person ein (bebautes) Grundstück einheitlich vermiete, als auch wenn die GmbH Eigentümerin sowohl des Grund und Bodens als auch des Gebäudes gewesen wäre und dieses vermiete, wäre im Ergebnis keine Gewerbesteuer angefallen.

Hierauf ist indes zu entgegnen, dass ein solcher Sachverhalt (einheitliches Eigentum von Grund und Boden sowie Gebäude) im Streitfall gerade nicht verwirklicht worden ist und daher auch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann. Im Übrigen ist die Annahme einer Betriebsaufspaltung --und die damit verbundene Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit der [X.] durchaus nicht ausschließlich nachteilig. So vermeidet dieses Institut etwa die Aufdeckung der --hier sehr hohen-- stillen Reserven im Wertansatz des schon seit langer Zeit im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücks. Ferner besteht infolge der Zuordnung des Grundstücks zum Betriebsvermögen die Möglichkeit, bei Verwirklichung eines Sachverhalts, der der Erbschaft- oder Schenkungsteuer unterliegt, hohe Steuervergünstigungen zu erlangen.

4. Danach kann offen bleiben, ob die Auffassung des [X.] zutrifft, die GmbH habe die Begünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] zu Recht in Anspruch genommen. Hiergegen hegt der Senat insofern Bedenken, als die genannte Regelung zur Voraussetzung hat, "ausschließlich eigenen Grundbesitz" zu verwalten und nutzen. Der Grund und Boden, den die GmbH von der Klägerin angepachtet hat und an verschiedene Mieter weiter überlässt, könnte aus Sicht der GmbH aber fremden Grundbesitz darstellen. Er dürfte angesichts der guten Lage des Grundstücks sowie des Bedarfs des [X.] an großen Stell- und [X.] für LKW auch im Verhältnis zu den darauf errichteten Gebäuden nicht von vollkommen untergeordneter Bedeutung sein.

5. Die Klage ist allerdings insoweit begründet, als das [X.] der Klägerin für die Streitjahre 2002 bis 2005 auch die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] versagt hat.

a) Die Voraussetzungen dieser Vorschrift --zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörender [X.] liegen offensichtlich vor. Ist zum maßgebenden Stichtag (§ 20 der [X.]) Grundbesitz im Betriebsvermögen vorhanden, ist entweder die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] oder diejenige nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ("An Stelle der Kürzung nach Satz 1 ...") zu gewähren; ein vollständiges Außerachtlassen kommt nicht in Betracht.

b) Der Höhe nach beläuft sich der Kürzungsbetrag auf 1,2 % des auf den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem Ende des jeweiligen Erhebungszeitraums festgestellten Einheitswerts, wobei der Einheitswert um 40 % zu erhöhen ist (§ 121a des Bewertungsgesetzes).

Die Ermittlung der festzusetzenden Messbeträge wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 [X.]O dem [X.] übertragen.

6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 [X.]O).

Die Kostenentscheidung nach dem geschätzten Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.]O.

Meta

X R 54/14

22.06.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 5. August 2014, Az: 13 K 2280/11, Urteil

§ 9 Nr 1 S 2 GewStG 1984, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 1991, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 1999, § 9 Nr 1 S 2 GewStG 2002, GewStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.06.2016, Az. X R 54/14 (REWIS RS 2016, 9528)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9528

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