Zivilabteilung 210 | REWIS RS 2021, 10188
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.07.2021 zu zahlen.
Ferner wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Anmietungs- und Wartungsgebühren der Rauchwarnmelder und Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfung zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf bis 500,00 € festgesetzt.
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten die Rückerstattung der Zahlung von Miete für einen Rauchwarnmelder sowie Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen gemäß der Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2019 geltend.
Der Kläger mietete von der Beklagten als Eigentümerin eine Wohnung in der Immobilie C-Str. …, … H. Neben der Grundmiete wurde die monatliche Vorauszahlung auf abzurechnende Betriebskosten vereinbart. Es wurde auch die Umlegbarkeit von sonstigen Betriebskosten vereinbart. Als sonstige Betriebskosten sind (beispielhaft) „Anmietungs- und Wartungsgebühren der Rauchwarnmelder“ und „Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen“ aufgeführt.
Die Beklagte zahlt für das streitgegenständliche Mietobjekt Mietkosten für Rauchmelder in Höhe von 2,79 € pro Stück an die T GmbH (Anlage K 6 der Klageschrift). Die Wohnung des Klägers weist vier Rauchmelder auf.
Mit Schreiben vom 12.05.2020 hat die Beklagte die Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2019 übersandt, die mit einer Nachzahlung in Höhe von insgesamt 100,95 € zu Lasten des Klägers schloss. Ausweislich vorbenannter Betriebskostenabrechnung hat die Beklagte unter anderem Kosten für „Verkehrssicherung“ in Höhe von 10,64 € und Kosten für „Rauchwarnmelder“ in Höhe von 11,16 €, mithin insgesamt 21,80 €, eingestellt und abgerechnet. Auf den weitergehenden Inhalt der Betriebskostenabrechnung wird Bezug genommen (Anl. K 2 der Klageschrift, Bl. 42 ff. d.A.).
Der Kläger forderte den Betrag in Höhe von 21,80 € gegenüber der Beklagten erfolglos zurück.
Er ist der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Kosten der Nebenkostenabrechnung, nämlich „Anmietungs- und Wartungsgebühren der Rauchwarnmelder“ , hier insbesondere ausschließlich die Mietkosten der Rauchwarnmelder, und „Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen“ als sonstige Betriebskosten, bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter nicht umlegbar seien.
Der Kläger beantragt,
1)
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie
2)
festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Anmietungs- und Wartungsgebühren der Rauchwarnmelder und Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Kosten, nämlich „Anmietungs- und Wartungsgebühren der Rauchwarnmelder“ und „Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen“ als sonstige Betriebskosten, bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umlegbar seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat am 23.11.2021 mündlich zur Sache verhandelt.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Betriebskosten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB in Höhe von insgesamt 21,80 €.
Die Zahlung der Betriebskosten als solche ist unstreitig.
Die Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 21,80 € erfolgte ohne Rechtsgrund.
Zwar fallen die laufenden und auf den Kläger umgelegten Kosten in Bezug auf Anmietungsgebühren der Rauchwarnmelder in Höhe von 11,16 € (4x 2,79 €) unter die „sonstigen Betriebskosten". Jedoch sind diese laufenden Kosten abzugrenzen von Anschaffungskosten. Die Kosten der Anmietung treten faktisch an die Stelle von Anschaffungskosten („verkappte Anschaffungskosten“), die keine Betriebskosten darstellen (LG Düsseldorf, Urteil vom 06. April 2020 – 21 S 52/19 –, juris; LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 04. März 2016 – 1 S 198/15 –, Rn. 27, juris; aA LG Magdeburg, Urteil vom 27. September 2011 – 1 S 171/11 (051) –, juris). Zudem handelt es sich der Sache nach um die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung der Mietsache, die – ebenso wie die spätere Erhaltung, § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV – keine Betriebskostenmaßnahme ist (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 304).
Auch die „Kosten für Verkehrssicherheitsüberprüfungen“ in Höhe von 10,64 € sind nicht umlegbar. Nach dem Dafürhalten des Gerichts ist eine allgemeine Überprüfung der Verkehrssicherungspflicht keine auf den Mieter umlegbare sonstige Betriebskostenposition, sondern ist als nicht umlegbare Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten anzusehen. Insoweit wird die dahingehende Argumentation der klagenden Partei geteilt. Es ist nicht hinreichend transparent, um welche Kostenposition es sich tatsächlich handelt. Zu Recht ist der Kläger der Ansicht, dass der Zweck der Überprüfung der Verkehrssicherheit einzig und allein im Interesse des Vermieters liegt, der seinen Verkehrssicherungspflichten nachkommt und sich im eigenen Interesse gegen eventuelle Schadenersatzansprüche seines Mieters schützen will. Es handelt sich auch nicht um technische Wartungsarbeiten, die auch dem Mieter zugutekommen. Wenn der Vermieter aber lediglich seine Verkehrssicherungspflichten erfüllt, hat der Mieter selbst keinen weitergehenden Nutzen. Vielmehr stellt der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache sicher.
Das mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Feststellungsbegehren ist zulässig und begründet.
Das Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich daraus, dass der Streit der Parteien darüber, ob und inwieweit die streitgegenständlichen Kosten auf den Kläger umgelegt werden können, grundsätzlich geklärt wird und nicht auf die künftigen Betriebskostenabrechnungen verlagert wird.
Wie vorstehend ausgeführt sind die streitgegenständlichen Positionen nicht umlegbar.
Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Sie war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, da die Umlage von Mietkosten eines Rauchwarnmelders sowie einer Verkehrssicherungsüberprüfung im Rahmen der Betriebskostenumlage in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist.
Rechtsbehelfsbelehrung:
A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Gelsenkirchen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Gelsenkirchen, Bochumer Str. 79, 45886 Gelsenkirchen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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23.11.2021
Amtsgericht Gelsenkirchen Zivilabteilung 210
Urteil
Sachgebiet: C
BGB § 812
Zitiervorschlag: Amtsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 23.11.2021, Az. 210 C 174/21 (REWIS RS 2021, 10188)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 10188
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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