Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2009, Az. 2 StR 363/09

2. Strafsenat | REWIS RS 2009, 323

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 363/09 vom 2. Dezember 2009 in dem Sicherungsverfahren gegen wegen vorsätzlicher Körperverletzung - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 2. Dezember 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.] Prof. Dr. [X.], [X.] am [X.] Prof. Dr. Fischer, [X.]in am [X.] Roggenbuck, [X.] am [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 11. Mai 2009 mit den Feststellungen aufge-hoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine [X.] des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Antrag der Staatsanwaltschaft, den [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, abgelehnt. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf Verfahrensrügen und auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. 1 1. Die Staatsanwaltschaft warf dem Beschuldigten in der Anklageschrift vor, am 20. Januar 2009 im Zustand verminderter Schuldfähigkeit seinen Vater, der eine [X.] schützend vor sich gehalten habe, mehrfach mit Fäusten in das Gesicht geschlagen zu haben, wodurch dieser blutende Verletzungen davongetragen habe. Das [X.] hat wegen nicht ausschließbarer Schuld-unfähigkeit zum Tatzeitpunkt die Eröffnung des Hauptverfahrens im Strafverfah-ren abgelehnt und das Sicherungsverfahren eröffnet. Es hat die Unterbringung 2 - 4 - in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt, weil der Schlag des Beschul-digten durch Notwehr gerechtfertigt gewesen sei. Der Vater des Beschuldigten habe diesen unvermittelt angeschrien und dabei eine schwere [X.] mit [X.] in der rechten Hand gehalten. Der Beschuldigte habe ihn daraufhin seinerseits angebrüllt, ihn in den Hausflur zurückgedrängt und aufgefordert, die Schüssel weg zu legen. Der Vater des Beschuldigten sei dem nicht nachge-kommen, sondern auf diesen zugegangen und habe mit der Schüssel zum Schlag ausgeholt. Um sich zu verteidigen, habe der Beschuldigte ungezielt in dessen Richtung geschlagen und ihn unabsichtlich an der Nase getroffen. In der Hauptverhandlung beantragte die Staatsanwaltschaft, den Zeugen [X.] zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass der Zeuge lautes Gebrüll des Beschuldigten gehört und gesehen habe, wie dieser eine Person mit beiden Händen in die Haustür gedrückt habe. Das [X.] hat den Beweisantrag abgelehnt, weil erwiesen sei, dass der Beschuldigte gebrüllt habe, und weil die weitere unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung sei, § 244 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 StPO. Eine weitergehende Be-gründung enthielt der in der Hauptverhandlung verkündete Beschluss nicht. In den Urteilsgründen hat das [X.] hierzu ausgeführt, dass eine entspre-chende Bekundung des Zeugen [X.]der Einlassung des Beschuldigten nicht entgegengestanden hätte. Denn Schlüsse auf einen von seiner [X.] abweichenden Geschehensablauf ließen sich daraus nicht ziehen, zumal in einem solchen Verhalten kein Angriff seitens des Beschuldigten zu sehen wäre. 3 2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der [X.] Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der [X.] ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus [X.] - 5 - sächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte ([X.], 503; NStZ-RR 2002, 68 f.; [X.], 113, 115 m.w.N.; StV 2007, 176; StraFo 2007, 378; StraFo 2008, 162). Der Beschluss muss es den Verfahrensbeteiligten, insbesondere dem Antragsteller, ermöglichen, sich auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags geschaffene Prozesslage einzu-stellen. Die erforderliche Begründung entspricht grundsätzlich den [X.] bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonne-nen Indiztatsachen in den Urteilsgründen. Diesen Anforderungen wurde der Beschluss der [X.] nicht ge-recht. Seine Begründung beschränkte sich auf die Wiedergabe des [X.]. Die Erklärung für die Bedeutungslosigkeit gibt die [X.] erst in den Urteilsgründen. Die unzulängliche Begründung des Beschlusses wird [X.] jedoch nicht geheilt. Die Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags soll den Antragsteller in die Lage versetzen, sich auf die Prozesssituation einzu-richten und gegebenenfalls neue Anträge stellen zu können. Dies erfordert, dass ihm die Ablehnungsgründe in der Hauptverhandlung mitgeteilt werden, so dass er darauf noch reagieren kann. 5 [X.] auf der unzulänglichen Ablehnung eines [X.] kann ausgeschlossen werden, wenn die Gründe der Bedeutungs-losigkeit der Beweisbehauptung auf der Hand lagen, so dass der Antragsteller im Bilde war und in seiner Prozessführung nicht beeinträchtigt wurde. Das kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Die Frage, ob der Faustschlag des Beschuldigten oder aber möglicherweise das Erheben der [X.] durch den Vater des Beschuldigten durch Notwehr gerechtfertigt war, hing da-von ab, wer mit der tätlichen Auseinandersetzung begonnen hatte. Hierfür 6 - 6 - konnte die in das Wissen des Zeugen I. gestellte Tatsache, der Beschul-digte habe eine Person mit beiden Händen in den Hausflur gedrückt, von [X.] sein. [X.] auf dem Rechtsfehler ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die [X.] die unter Beweis gestellten Behauptun-gen den Feststellungen uneingeschränkt zugrunde gelegt hat. Zwar heißt es [X.], "Der Beschuldigte – drängte [X.]in den Hausflur und brüllte ihn an, dass er ihm nichts zu sagen habe." Dagegen, dass die [X.] damit auch das Drücken mit beiden Händen als erwiesen angesehen hat, spre-chen aber die Ausführungen [X.], dass selbst dann, wenn man von der Beweisbehauptung der Staatsanwaltschaft ausgehen würde, dass der Beschul-digte eine Person mit beiden Händen in den Hausflur gedrückt habe, daraus kein körperlicher Angriff des Beschuldigten gegen seinen Vater herzuleiten sei. 7 Im Übrigen würden auch die Ausführungen der [X.] im Urteil die Annahme der Bedeutungslosigkeit der [X.] nicht tragen. Die [X.] der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit erfordert eine Einfügung und Wür-digung in das bisher gewonnene Beweisergebnis. Die Wertung der [X.], dass das unter "Gebrüll" erfolgende Drücken einer Person mit beiden Händen kein Angriff sei, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu und lässt auch die Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens außer Acht, etwa die [X.]-I. , dass der Beschuldigte infolge einer Frontalhirnschädigung seine Aggressionen nicht beherrschen könne. Schließlich hätte auch näher dargelegt werden müssen, weshalb eine entspre-chende Bekundung des Zeugen [X.] keine Auswirkungen auf die Glaub-haftigkeit der Einlassung des Beschuldigten und seiner früheren Aussagen und des Schreibens seines Vaters vom 28. Februar 2009 gehabt hätte, die allesamt keinen Hinweis auf ein solches Geschehen enthielten. In jenem an den [X.] gerichteten Schreiben hatte der Vater des Beschuldigten unter Berufung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht im Übrigen erklärt, dass er den Beschul-digten sofort mit der [X.] angegriffen habe, nachdem dieser ihn laut angebrüllt habe. Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des Urteils. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch gemacht. 9 [X.] Fischer Roggenbuck Appl [X.]

Meta

2 StR 363/09

02.12.2009

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2009, Az. 2 StR 363/09 (REWIS RS 2009, 323)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 323

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