OLG München, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. 11 W 1470/17

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Gegenstand

Kostenhaftung der Partei im selbständigen Beweisverfahren bei Antragstellung durch Streithelfer


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Antragsstellerin betrieb gegen die Antragsgegnerin ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht München I wegen behaupteter Baumängel an der Wohnungseigentumsanlage R. Str. xx in xx Neubiberg. Mit Schriftsatz vom 14.12.2012 verkündete die Antragsgegnerin der GLS Gemeinschaftsbank eG den Streit. Diese wiederum verkündete im Schriftsatz vom 15.03.2013 weiteren 15 Firmen den Streit. Die weitere Streitverkündete S. GmbH trat mit Schriftsatz vom 26.03.2013 auf Seiten der Antragsgegnerin dem Verfahren bei. Das vom Streithelfer S. GmbH ihrerseits den Streit verkündete Ingenieurbüro E. trat mit Schriftsatz vom 20.03.2014 ebenfalls dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegnerin bei. Auf Grundlage der Beweisanträge der Antragsstellerin wurde nach entsprechendem Beweisbeschluss und Einzahlung des von der Antragsstellerin eingeholten Auslagenvorschusses ein Sachverständigengutachten erholt. Das Sachverständigengutachten wurde mit Datum 30.09.2015 fertiggestellt. Die Antragsstellerin und der Streithelfer E., dieser mit Schriftsatz vom 11.01.2016, beantragten die mündliche Anhörung des Sachverständigen zu einzelnen Beweisfragen. Mit der Ladung zum Anhörungstermin wurde in der Verfügung des Landgerichts München I sowohl der Antragsstellerin als auch der Antragsgegnerin aufgegeben jeweils ein Auslagenvorschuss in Höhe von 600,00 € einzubezahlen. Nachdem auch die Streithelferin S. GmbH, mit Schriftsatz vom 30.01.2016, die Ergänzung des Sachverständigengutachtens zu einzelnen Fragen beantragte, wurde der Sachverständige mit Beschluss vom 01.03.2016 mit der Erstellung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens beauftragt und der Antragsgegnerin aufgegeben, einen weiteren Auslagenvorschuss in Höhe von 1.500,00 € einzubezahlen. Die Auslagenvorschüsse wurden jeweils – wie seitens des Gerichts aufgegeben – von der entsprechenden Partei entrichtet. Mit Datum vom 04.07.2016 wurde das Ergänzungsgutachten durch den Sachverständigen fertiggestellt. Am 20.07.2016 fand die mündliche Anhörung des Sachverständigen statt. Mit Beschluss des Landgerichts München I vom selben Tag wurde das selbständige Beweisverfahren für beendet erklärt. In der Kostennote des Sachverständigen vom 18.08.2016 wurden Gesamtkosten für das Ergänzungsgutachten und für die Teilnahme an dem Anhörungstermin in Höhe von 2.580,31 € brutto in Rechnung gestellt.

Von dieser Kostennote des Sachverständigen wurde in dem Kostenansatz des Kostenbeamten vom 10.11.2016 der Antragsstellerin ein Anteil von 22,22 %, also einen Betrag in Höhe von 573,34 € und dem Antragsgegner ein Anteil von 77,78 %, also einen Betrag in Höhe von 2.006,97 €, direkt zugewiesen, entsprechend dem Verhältnis der Höhe der von Antragsstellerin und Antragsgegnerin eingeforderten Auslagenvorschüsse.

Hiergegen richtet sich die Antragsgegnerin mit der Erinnerung vom 12.01.2017 und beantragt den der Antragsgegnerin direkt zugewiesenen Betrag von 2.006,97 € zum einen in Höhe von 1.433,37 € (55,55 %) der Streithelferin S. GmbH, im Hinblick auf deren Antrag auf Ergänzung des Sachverständigengutachtens vom 30.01.2016, zum anderen in Höhe von 573,60 € (22,23 %) dem Streithelfer E., im Hinblick auf dessen Antrag auf Ergänzung des Sachverständigengutachtens vom 11.01.2016, zuzuweisen.

Die Antragsgegnerin bringt vor, die gerichtskostenverursachenden Anträge seien von den genannten Streithelfern und nicht von der Antragsgegnerin gestellt worden. Entsprechend dem Verursacherprinzips seien deshalb die auf der Antragsgegnerseite zu verteilenden Kosten zu Lasten der jeweiligen Streithelfer festzusetzen.

Nach Beteiligung des Vertreters der Staatskasse wurde die Erinnerung der Antragsgegnerin mit Beschluss des Landgerichts München I (Einzelrichter) vom 11.08.2017 zurückgewiesen.

Dagegen legte die Antragsgegnerin am 06.09.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

In der Beschwerdebegründung führt die Antragsgegnerin ergänzend aus, dass der Umstand, dass das Gericht die Antragsgegnerin zur Zahlung eines Vorschusses aufgefordert habe, ohne Präjudiz für die spätere endgültige Kostenverteilung und lediglich der Prozessökonomie geschuldet gewesen sei.

Der Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts München I vom 11.09.2017 nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 2, 3 GKG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht wurde im Kostenansatz des Landgerichts München I vom 10.11.2016 die der Antragsgegnerin direkt zugewiesenen anteiligen Sachverständigenkosten nicht wie beantragt auf die beiden Streithelfer verteilt.

1. Eine Kostengrundentscheidung fehlt vorliegend, so dass ein im Rahmen des Kostenansatzes vorrangig heranzuziehender Entscheidungsschuldner nach § 29 Nr. 1 GKG nicht existiert. Eine Kostenhaftung begründet sich vorliegend nur im Zusammenhang mit der Antragsstellerhaftung des § 22 Abs. 1 S. 1 GKG. Antragssteller in diesem kostenrechtlichen Sinne ist dabei auch im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens nicht nur die das Verfahren insgesamt in Gang setzende Antragsstellerpartei, sondern auch der Antragsgegner, soweit dieser zum Angriff übergeht und eigene Anträge, wie beispielsweise auch Beweisanträge stellt (Hartmann, Kostengesetze, 47, Auflage, zu § 22 GKG, Rn. 4).

2. Selbst wenn – wie hier der Fall – der Streithelfer anstelle der unterstützten Partei, Beweisanträge stellt, die dann auch zu einem mehrkostenverursachenden Ergänzungsgutachten führen, verbleibt es vorliegend bei der Kostenhaftung der unterstützten Partei als Antragsstellerin nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG (vgl. BGH, Beschluss vom 27.05.1963, III ZR 131/61, BGHZ 39, 296–299).

Soweit teilweise in der Literatur dafür eingetreten wird, dass der Streithelfer grundsätzlich für die von ihm durch entsprechende Anträge veranlassten Gerichtskosten in Form von Auslagen in die Kostenhaftung zu nehmen sei (vgl. Berding, Deckenbrock: Der Streithelfer als Kosten- und Vorschussschuldner bei Beweisanträgen, NZBau 2006, 337), wird jedoch auch dort unter Berücksichtigung der besonderen Stellung des Streithelfers, einschränkend danach unterschieden, ob die Hauptpartei diese Anträge unterstützt oder nicht (Berding, Deckenbrock a.a.O. S. 340).

Der Streithelfer ist nicht selbst Partei und vertritt nicht die von ihm unterstützte Partei, sondern er handelt im eigenen Namen neben oder anstatt dieser Partei (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Auflage, zu §§ 66 Rn. 1). Dem Streithelfer ist es jedoch untersagt, die der unterstützenden Partei widersprechende Prozesshandlungen vorzunehmen (Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O. zu § 67 Rn 13).

Spiegelbildlich zur Kostenhaftung nach § 22 GKG stellt sich auch die vorgelagerte Frage der Pflicht zur Entrichtung eines Auslagenvorschusses im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 GKG. Es entspricht der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung und auch dieses Senats, dass grundsätzlich nicht der Beweis beantragende Streithelfer, sondern die unterstützte Partei vorschusspflichtig ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 – 22 W 66/08, Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 21. November 2013 – 1 U 859/11 –, juris)

Soweit also der Vorschuss – wie hier zutreffend der Fall – von der Antragsgegnerin und nicht von dem Beweis beantragenden Streithelfer eingefordert wird, hat es die unterstützte Partei selbst in der Hand, soweit ihrer Auffassung nach die zusätzliche Beweisaufnahme den eigenen Prozesshandlungen bzw. dem eigenen Parteivortrag entgegen stehen würde, dieser zu widersprechen bzw, den Kostenvorschuss nicht einzubezahlen. Wenn jedoch der angeforderte Auslagenvorschuss von der unterstützten Partei vorbehaltslos einbezahlt wird, ist auch davon auszugehen, dass sich die Partei die Beweisanträge des Streithelfers zu eigen macht. Anders als die nichtvorschusspflichtigen Streithelfer kann auch nur die Partei selbst die Höhe der zu erwartenden zusätzlichen Auslagen, für die sie haftet, abschätzen.

3. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung des OLG Zweibrücken (NJW 2016, S. 3602) ist hier hingegen nicht einschlägig, sondern behandelt nur die Kostenverteilung im Rahmen einer ergangenen Kostenentscheidung nach § 494 a ZPO unter den Verfahrensparteien, nicht wie hier die Kostenschuldnerhaftung nach § 22 GKG und die Frage einer möglichen Umverteilung auf Streithelfer.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gebührenfrei und Kosten werden nicht erstattet, § 66 Abs. 8 GKG.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

11 W 1470/17

24.10.2017

OLG München

Entscheidung

Sachgebiet: W

Zitier­vorschlag: OLG München, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. 11 W 1470/17 (REWIS RS 2017, 3393)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3393

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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22 W 66/08

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