Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.08.2013, Az. 1 StR 305/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3350

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 305/13
vom
20. August 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Betruges
u.a.

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 20. August
2013 beschlos-sen:

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Revi-sion gegen das Urteil des [X.] vom 10.
November 1995 und seine Revision gegen dieses Urteil wer-den auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:
Der Angeklagte ist am 10. November 1995 wegen Betruges in 58 Fällen sowie Unterschlagung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Hiergegen haben der Angeklagte und die Verteidigerin jeweils mit Schreiben vom 13. November 1995, einen Tag später bei Gericht eingegangen, Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 21. November 1995 hat der Angeklagte die Revision zurückgenommen. Die Verteidigerin hat wenige Tage darauf Rücknahme erklärt.
Mit Schreiben vom 13. April 2013 hat der Angeklagte erneut Revision gegen das Urteil eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung trägt er vor, das Urteil beruhe auf einer unzulässigen Absprache. Hierzu zitiert habe ihm im Hinblick auf eine versprochene Bewährung ein pauschales Ge-1
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i-dung des [X.] in Untersuchungshaft bleiben zu müssen,
anstatt zurückgenommen; die Rücknahme sei unwirksam. Die Verteidigerin habe sich damals schon geweigert, die Revision zu begründen.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 hat er weiter ausgeführt, seine Verteidi-gerin habe ihm immer wieder versichert, wenn er ein pauschales Geständnis ablege, erhalte er eine Bewährungsstrafe. Nach Einlegung der Revision sei er
r-sitzende der Strafkammer und seine Verteidigerin hätten auf ihn eingeredet, es gäbe keinen Ansatz für eine Revisionsbegründung. Die Verteidigerin habe [X.], das Rechtsmittel nicht begründen zu wollen. Sie habe zudem das Rechtsmittel ohne Vollmacht zurückgenommen. Jahrzehnte später habe er [X.] zu verteidigen. Mangels qualifizierter Rechtsmittelbelehrung laufe ohnehin keine Frist. Er beantrage daher Wiedereinsetzung hinsichtlich der [X.].
1. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig.
a) Der Angeklagte hat sein Rechtsmittel wirksam zurückgenommen.
Die Zurücknahme der Revision durch den Angeklagten, die sich stets auf das Rechtsmittel des Verteidigers erstreckt -
so dass es auf die Frage der aus-drücklichen Ermächtigung zur Rücknahme gemäß § 302 Abs. 2 StPO nicht mehr ankommt ([X.], Beschlüsse vom 11. März 2008 -
3 [X.] und vom 3
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3.
November 2011 -
2 StR 353/11) -
ist unwiderruflich und unanfechtbar ([X.], Beschluss vom 16. März 2010 -
4 [X.]).
Schwerwiegende Willensmängel, für die die Rechtsprechung Ausnah-men von diesem Grundsatz in besonderen Fällen (vgl. [X.], Urteil vom 21.
April 1999 -
5 [X.], [X.]St 45, 51, 53; Beschluss vom 20. April 2004 -
5 [X.], NJW 2004, 1885) anerkennt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Tatsachenvortrag des Angeklagten belegt keine Täuschung
oder sonst eine Einwirkung des Gerichts mit unlauteren Mitteln auf seine [X.]entscheidung. Der Hinweis des Vorsitzenden auf die bis zur Rechtskraft fortdauernde Untersuchungshaft stellt keine objektiv unrichtige Erklärung dar (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 10. Januar 2001 -
2 StR 500/00, [X.]R StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 22). Da dieser Hinweis zudem schon keine Verknüpfung zwischen einer Haftentlassung und der Rücknahme herstell-te, kommt es auf die Frage einer eklatant sachwidrigen Abhängigkeit nicht mehr an (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 20. April 2004 -
5 [X.], NJW 2004, 1885).
Soweit der Angeklagte in seiner zweiten Eingabe zudem darauf abhebt, er sei über die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels getäuscht worden, be-hauptet er schon selbst keine Beeinflussung seiner Rücknahmeentscheidung
hierdurch. Abweichend vom Schreiben vom 13. April 2013, in dem er die [X.] noch als alleinige Folge der Drohung mit der Fortdauer der Untersu-chungshaft statt des Strafvollzugs darstellt, behauptet er nunmehr lediglich, seine Entscheidung sei auch durch die Erklärung der Verteidigerin beeinflusst gewesen, sie stehe für eine Revision nicht zur Verfügung.
Zwar behauptet der Angeklagte, dem Urteil habe eine unzulässige [X.] zugrunde gelegen. Jedoch liegt schon auf der Grundlage seines Vor-7
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trags ebenfalls keine Beeinflussung der [X.] hierdurch vor. r-haupt Revision eingelegt habe. Schon aus diesem Grund geht auch sein Hin-weis auf das Fehlen einer qualifizierten Rechtsmittelbelehrung fehl (vgl. zum Erfordernis [X.], Beschluss vom 3. März 2005 -
GSSt 1/04, [X.]St 50, 40, 61; zu den Folgen [X.] aaO S. 62 und Beschluss vom 1. Juli 2005 -
5 [X.], [X.]R StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 27). Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag des Angeklagten eine unzulässige [X.] nicht trägt. So behauptet er schon nicht, dass ihm das Gericht zu ir-gendeinem Zeitpunkt eine Strafe bei einem bestimmten [X.] in Aussicht gestellt habe. Dass seine Verteidigerin in ihm die Erwartung geweckt haben soll, er bekomme eine Bewährungsstrafe, stellt keine Absprache dar. Soweit man seinen Ausführungen noch die Behauptung entnehmen möchte, bei der [X.] sei ihm von der Staatsanwältin zugesichert [X.], bei einem Geständnis würde er entlassen, so bleibt offen, ob das Tatge-richt hierüber Kenntnis hatte. Dies versteht sich nicht von selbst, da dieser Termin noch vor dem als Haftgericht zuständigen Amtsgericht Pforzheim statt-fand. Im Übrigen lässt sich den für den Senat im Freibeweis zugänglichen Ak-e-r-nehmung umfassen 32 Seiten. Auch später hat der Angeklagte immer wieder durch umfangreiche schriftliche Eingaben zum Tatvorwurf Stellung genommen. Hierbei hat er sich auch im Rahmen von Haftprüfungsanträgen bzw. -beschwerden zu den Haftverhältnissen erklärt; von der Zusicherung einer Ent-lassung ist in keinem der zahlreichen Schreiben die Rede.
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Ein Motivirrtum über die Aussichten des Rechtsmittels ändert an der Un-widerruflichkeit der [X.] nichts (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juli 2004 -
2 [X.], [X.], 341).
b) Das rechtswirksam zurückgenommene Rechtsmittel kann nicht er-neuert werden ([X.], Beschlüsse vom 3.
Mai 1957 -
5 [X.], [X.]St 10, 245, 247; vom 10. September 2009 -
4 [X.], [X.], 55).
2. Auch eine Wiedereinsetzung kommt nach der rechtswirksamen [X.] nicht in Betracht ([X.], Beschluss vom 26. Januar 2000 -
3 StR 588/99, [X.], 305 mwN). Eine Frist kann nur derjenige versäumen, der sie einhalten wollte, aber nicht eingehalten hat. Wer von einem befristeten Rechts-behelf bewusst keinen Gebrauch macht, war nicht im Sinne des § 44 Satz 1 StPO verhindert ([X.], Beschluss vom 10. August 2000 -
4 StR 304/00, [X.], 160; [X.], StPO,
56. Aufl.,
§ 44 Rn. 5).
Raum Graf

Cirener

Radtke Mosbacher
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Meta

1 StR 305/13

20.08.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.08.2013, Az. 1 StR 305/13 (REWIS RS 2013, 3350)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3350

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