Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2016, Az. I R 69/15

1. Senat | REWIS RS 2016, 9946

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Gegenstand

Antragsfrist für abweichenden Wertansatz bei Einbringung und Anteilstausch - Kostenpflicht und Kostenerstattung eines Beigeladenen


Leitsatz

1. In den Fällen der Einbringung und des Anteilstauschs darf die übernehmende Gesellschaft den Antrag auf einen den gemeinen Wert des Einbringungsgegenstands unterschreitenden Wertansatz nur bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz beim Finanzamt stellen (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006). Mit der "steuerlichen Schlussbilanz" ist die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft gemeint, in der der Einbringungsgegenstand erstmals anzusetzen ist.

2. Für den Ablauf der Frist kommt es nicht darauf an, ob die eingereichte Bilanz den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den steuerbilanzrechtlichen Sonderregeln entspricht.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.], [X.], vom 22. Oktober 2013  6 K 3548/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG, an der im Streitjahr (2008) der zum Rechtsstreit [X.] ([X.] zu 2.) als Kommanditist zu 81,55 v.H. beteiligt war. Der Beigeladene zu 2. hielt außerdem 100 v.H. der Stamm- und Vorzugsaktien an der [X.]., einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in [X.]/[X.]. Nach einem Wertgutachten wies die Bilanz der [X.]. zum 31. Dezember 2007 ein bilanzielles Eigenkapital in Höhe von ... US-$ (umgerechnet 2.665.520 €) aus. Nach dem Gutachten entsprach dieser Wert dem Substanzwert der [X.]. zum 5. August 2008. Steuerlich wurden die vom Beigeladenen zu 2. gehaltenen Aktien als dessen Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin behandelt und mit dem Buchwert von 1 € angesetzt.

2

Die Klägerin war ursprünglich alleinige Gesellschafterin der ebenfalls zum Rechtsstreit beigeladenen A-GmbH (Beigeladene zu 1.). Mit Beschluss vom 4. August 2008 erhöhte die Gesellschafterversammlung das Stammkapital der Beigeladenen zu 1. um [X.]. Den neuen Geschäftsanteil von nominal [X.] übernahm der Beigeladene zu 2. Er brachte dafür am 4. August 2008 alle Aktien der [X.]. durch Abtretung in die Beigeladene zu 1. ein.

3

In ihrem handelsrechtlichen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2008 wies die Beigeladene zu 1. auf der Aktivseite als Anlagevermögen Finanzanlagen in Höhe von ... € aus. Unter "B. Erläuterung des [X.]" gliederte sie die Bilanzposition Finanzanlagen näher auf. Daraus geht hervor, dass sie die Beteiligung an der [X.]. mit Anschaffungskosten von ... € angesetzt hat. Den die Stammeinlage von [X.] übersteigenden Differenzbetrag stellte sie in die Kapitalrücklage ein. Diesen Jahresabschluss fügte die Beigeladene zu 1. ihrer Steuererklärung für das Streitjahr bei, die am 25. Mai 2009 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) einging. Mit dem Jahresabschluss reichte sie eine "Überleitungsrechnung zur Steuerbilanz hinsichtlich der Mehr-Abschreibungen aus den Ergänzungsbilanzen vor Formwechsel" sowie eine Anlage "Korrektur nach § 60 (2) EStDV" ein.

4

Im Verlauf der sich anschließenden Außenprüfung entstand Streit darüber, inwiefern die Beigeladene zu 1. das Antragsrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft zur [X.] nach § 21 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 (UmwStG 2006) ausgeübt hat. Mit Schreiben vom 24. März 2010 legte die Beigeladene zu 1. dem [X.] daraufhin eine Steuerbilanz zum 31. Dezember 2008 vor, aus der eine Fortführung des Buchwerts der Anteile an der [X.]. mit einem Betrag von 1 € hervorgeht. Der Prüfer und nachfolgend das [X.] blieben demgegenüber bei ihrer Auffassung, der zufolge die Beigeladene zu 1. das Antragsrecht zur [X.] nicht in der Frist des § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 ausgeübt habe. Mangels Vornahme von Abschreibungen auf die Beteiligung an der [X.]. blieb dieser Streit jedoch ohne Auswirkungen auf die Höhe der für das Streitjahr festzusetzenden Körperschaftsteuer.

5

Mit ihren vom Finanzgericht ([X.]) gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen gegen jenen Bescheid --die im Hauptantrag auf Anfechtung und hilfsweise auf Feststellung gerichtet waren-- haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1. geltend gemacht, die Beigeladene zu 1. habe das Antragsrecht hinsichtlich der eingebrachten Anteile an der [X.]. mit Vorlage der Steuerbilanz am 24. März 2010 rechtzeitig zugunsten des [X.] ausgeübt. Bei dem mit der Steuererklärung zuvor eingereichten Jahresabschluss für 2008 habe es sich noch nicht um die "steuerliche Schlussbilanz" i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 gehandelt.

6

Das [X.] hat die Klagen --unter Zulassung der [X.] abgewiesen ([X.] München, Urteil vom 22. Oktober 2013  6 K 3548/12, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2014, 235), wobei es sie im Hauptantrag als unzulässig und im Hilfsantrag als unbegründet angesehen hat.

7

Gegen das [X.]-Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1. Revision eingelegt. Die Revision der Beigeladenen zu 1. hat der erkennende Senat mit Urteil vom 30. September 2015 I R 77/13 als unbegründet zurückgewiesen, weil deren Klage mangels Klagebefugnis insgesamt unzulässig war. Das die Klägerin betreffende Verfahren hat der Senat mit Beschluss vom 30. September 2015 I R 77/13 abgetrennt (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 [X.]O). Mit Beschluss vom 30. September 2015 I R 69/15 hat der Senat die Beigeladenen zu jenem (abgetrennten) Verfahren, über welches nunmehr zu befinden ist, beigeladen.

8

Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit ihre Klage abgewiesen worden ist, und den die Beigeladene zu 1. betreffenden Körperschaftsteuerbescheid für das [X.] in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass bei Festsetzung der Körperschaftsteuer die Anteile an der [X.]. mit dem Buchwert von 1 € angesetzt werden;
2. hilfsweise, für den Fall, dass der Antrag zu Ziff. 1 unzulässig ist, festzustellen, dass die Beigeladene zu 1. den Antrag zum Ansatz der Anteile an der [X.]. zum Buchwert nach § 21 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 2006 wirksam und fristgerecht gestellt hat und daher die Anteile im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung für 2008 mit 1 € anzusetzen sind.

9

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Klage ist zwar entgegen der Annahme der Vorinstanz im Hauptantrag (Anfechtung) zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage gegen den primär die Beigeladene zu 1. betreffenden Körperschaftsteuerbescheid ist als [X.] der Klägerin zulässig, weil auch deren Rechtsposition von dem Bescheid betroffen wird und sie dadurch beschwert ist. Denn es ist im Streitjahr ein Anteilstausch nach § 21 [X.] 2006 vorgenommen worden, der u.a. dann gegeben ist, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft (hier: [X.].) in eine Kapitalgesellschaft (übernehmende [X.], hier: Beigeladene zu 1.) eingebracht werden und der [X.] (hier: [X.] zu 2.) als Gegenleistung hierfür Anteile an der übernehmenden [X.] erhält. Steht der übernehmenden [X.] --wie hier-- danach unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen [X.] zu (qualifizierter Anteilstausch), kann die übernehmende [X.] die eingebrachten Anteile anstatt mit dem gemeinen Wert (§ 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2006) mit dem Buchwert oder einem höheren Wert bis zur Grenze des gemeinen Werts der Beteiligung ansetzen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] 2006). Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 gilt der Wert, mit dem die übernehmende [X.] die eingebrachten Anteile ansetzt, für den [X.]n als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.

Zur früheren (ähnlichen) Regelung des § 20 Abs. 4 [X.] 1995 hat der [X.] entschieden, dass als Wert, mit dem die übernehmende [X.] den [X.] ansetzt, jener Betrag anzusehen ist, den das für die übernehmende [X.] zuständige Finanzamt bei deren Besteuerung als von dieser für das betreffende Wirtschaftsgut gewählten Wert ansetzt ([X.]surteil vom 20. April 2011 I R 97/10, [X.], 508, [X.], 815). Infolge der daraus [X.]. § 20 Abs. 4 [X.] 1995 resultierenden (materiellen) Bindungswirkung des bei der Besteuerung der übernehmenden [X.] angesetzten Werts für die Besteuerung des [X.]n kann dieser im Rahmen seines eigenen Besteuerungsverfahrens wegen eines etwa entstandenen Veräußerungsgewinns nicht mit der Einwendung gehört werden, es sei ein davon abweichender Wert als Veräußerungspreis anzusetzen (ständige [X.]srechtsprechung, z.B. [X.]sbeschluss vom 19. Dezember 2007 I R 111/05, [X.], 152, [X.], 536; [X.]surteile vom 25. April 2012 I R 2/11, [X.], 1649; vom 16. Dezember 2009 I R 97/08, [X.], 203, [X.], 808; in [X.], 508, [X.], 815). Da aber aufgrund der verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) der [X.] die Möglichkeit haben muss, einen aus seiner Sicht unzutreffend angesetzten Veräußerungsgewinn gerichtlich überprüfen zu lassen, ist ihm die Befugnis zuzubilligen, die für die aufnehmende Kapitalgesellschaft maßgebliche Steuerfestsetzung im Wege der Drittanfechtung anzugreifen ([X.]surteile vom 8. Juni 2011 I R 79/10, [X.], 101, [X.], 421, und in [X.], 1649; [X.]sbeschluss vom 6. Februar 2014 I B 168/13, [X.], 921). Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit den auf der insoweit gleichen "Technik" beruhenden Einbringungstatbeständen der §§ 20, 21 [X.] 2006.

Demnach hat im Streitfall die Klägerin die Befugnis, im Rahmen der Drittanfechtung geltend zu machen, dass das [X.] im Rahmen der Besteuerung der Beigeladenen zu 1. im Einbringungsjahr einen zu hohen Wert (gemeiner Wert anstatt Buchwert) für die eingebrachte Beteiligung an der [X.]. (bisheriges Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen zu 2.) angesetzt habe. Dem steht --abweichend von der Annahme des [X.] nicht entgegen, dass sich der vom [X.] gefundene Ansatz im Streitjahr nicht --weder erhöhend noch verkürzend-- auf die gegen die Beigeladene zu 1. festgesetzte Körperschaftsteuer ausgewirkt hat. Denn die ausnahmsweise Zulässigkeit der [X.] in dieser Konstellation beruht auf der beschriebenen materiellen Bindungswirkung der Körperschaftsteuerfestsetzung für die Besteuerung des [X.]n. Deshalb kann es für die Feststellung der Beschwer im Rahmen der [X.] nur auf die etwaigen nachteiligen Folgen des angefochtenen Bescheids für den [X.]n ankommen, die hier darin bestehen, dass sich bei einem Ansatz der Beteiligung zum gemeinen Wert im Rahmen der Gewinnermittlung der Klägerin gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2006 ein entsprechend hoher Veräußerungspreis ergeben würde, der bei der Bemessung des Veräußerungsgewinns der Klägerin zur Aufdeckung der in der Beteiligung ruhenden stillen Reserven führen würde.

2. Die [X.] ist jedoch unbegründet. Das [X.] ist im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer der Beigeladenen zu 1. zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligung an der [X.]. zum Einbringungszeitpunkt mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen ist. Grundsätzlich ist gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2006 im Fall des [X.] die eingebrachte Beteiligung mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Da hier nach den obigen Ausführungen ein qualifizierter Anteilstausch stattgefunden hat, hätte die Beigeladene zu 1. zwar gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] 2006 die Möglichkeit gehabt, die Beteiligung auf Antrag zum Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert, anzusetzen. Von diesem Antragsrecht hat sie jedoch nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht.

a) Für die Ausübung des Antragsrechts verweist § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 auf § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006. Danach ist der Antrag auf den vom gemeinen Wert abweichenden Wertansatz spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden [X.] zuständigen Finanzamt zu stellen.

b) Bei der "steuerlichen Schlussbilanz" i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 handelt es sich um die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden [X.] i.S. von § 4 Abs. 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), in der das Wirtschaftsgut erstmals anzusetzen ist und nicht --wie die Revision meint-- um eine von der Steuerbilanz zu unterscheidende eigenständige "Schlussbilanz" (wie hier [X.] in [X.]/[X.], Umwandlungsrecht, § 20 [X.] Rz R 423; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 20 Rz 380; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.], 7. Aufl., § 20 [X.] Rz 314; Patt in [X.]/[X.]/ Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 20 [X.] Rz 211b; [X.]/[X.], Der Betrieb 2010, 522; Hötzel/[X.] in [X.]/[X.], Der [X.] 2011, S. 347; [X.], [X.], 695; [X.], [X.] --GmbHR-- 2013, 738; vgl. auch [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 20 Rz 154b).

Der [X.] hat dies bereits zur Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1995 so gesehen ([X.]surteil vom 28. Mai 2008 I R 98/06, [X.], 215, [X.], 916) und in diesem Punkt ist kein tragfähiger Grund dafür ersichtlich, warum für die in § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2006 eingeräumten Antragsrechte etwas Anderes gelten sollte. Zwar verwendet § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 --wie z.B. auch § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2006 in Bezug auf die Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft bei der [X.] den Begriff der "steuerlichen Schlussbilanz", während dieser Ausdruck in § 20 Abs. 4 Satz 1 [X.] 1995 nicht enthalten war. Doch besteht im Fall der Einbringung nach §§ 20, 21 [X.] 2006 kein sachliches Bedürfnis für die Aufstellung einer auf den [X.] bezogenen steuerlichen "Schlussbilanz" der aufnehmenden [X.] (vgl. Hötzel/[X.], a.a.[X.], S. 347; [X.], GmbHR 2013, 738). Denn im Unterschied zur Situation der übertragenden Körperschaft z.B. bei der Verschmelzung, bei der die Existenz der Körperschaft im Zuge der Verschmelzung endet, handelt es sich bei den Einbringungen für die übernehmende [X.] um laufende Geschäftsvorfälle, die steuerlich im Rahmen der kontinuierlichen [X.] erfasst werden können und mangels abweichender gesetzlicher Regelungen auch zu erfassen sind. Es ist nicht zu ersehen --und die Revision trägt dazu auch nichts [X.], welchen plausiblen Zweck im Rahmen der gesetzlichen Konzeption der Einbringungstatbestände eine eigenständige, von der [X.] losgelöste "Schlussbilanz" der übernehmenden [X.] haben könnte. Insoweit ist mithin davon auszugehen, dass der im [X.] mehrfach verwendete Begriff der "steuerlichen Schlussbilanz" Unschärfen aufweist und normenspezifisch auszulegen ist.

Von dem hier vertretenen Verständnis des Merkmals der "steuerlichen Schlussbilanz" in § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 geht offenkundig auch das [X.] ([X.]) in seinem [X.] zum [X.] 2006 ([X.]-Schreiben vom 11. November 2011, [X.], 1314, Rz 20.20 und 20.21) aus (so jetzt ausdrücklich auch Verfügung des [X.] vom 11. November 2014 S 1978d.2.1-17/10 St32, juris).

c) Bei dem von der Beigeladenen zu 1. am 25. Mai 2009 beim [X.] abgegebenen handelsrechtlichen Jahresabschluss für 2008 nebst "Überleitungsrechnung" und "Korrektur nach § 60 (2) EStDV" hat es sich um ihre Steuerbilanz für das Streitjahr und mithin um die steuerliche Schlussbilanz i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 gehandelt.

aa) Wer, wie die Beigeladene zu 1., seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermittelt, hat seiner Steuererklärung gemäß § 60 Abs. 1 der [X.] (EStDV 2000) eine Abschrift der Bilanz, die auf dem Zahlenwerk der Buchführung beruht, sowie (bei doppelter Buchführung) eine Gewinn- und Verlustrechnung beizufügen. Enthält die Bilanz Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, so sind diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV 2000). Der Steuerpflichtige kann auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz (Steuerbilanz) beifügen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV 2000).

bb) Jede dieser drei Varianten der steuerlichen Rechnungslegung (1. reine Handelsbilanz mit der Erklärung, diese sei so auch der steuerlichen Beurteilung zugrunde zu legen, 2. Handelsbilanz mit steuerrechtlichen Zusätzen bzw. Anmerkungen, 3. eigenständige Steuerbilanz), die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde im Zusammenhang mit seiner Steuererklärung überreicht, ist als "steuerliche Schlussbilanz" i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 anzusehen und löst damit das Fristende für die Antragsrechte nach § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2006 aus (ebenso [X.]surteil in [X.], 215, [X.], 916, zum Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1995). Somit ist das Antragsrecht der Beigeladenen zu 1., steuerrechtlich den Buchwert für die "getauschte" Beteiligung an der [X.]. anzusetzen, in dem Zeitpunkt (am 25. Mai 2009) abgelaufen, als sie ihre Steuerklärung nebst handelsrechtlichem Jahresabschluss und "Überleitungsrechnung" sowie "Korrektur nach § 60 (2) EStDV" beim [X.] eingereicht hat, ohne diesem gegenüber zu beantragen, die Beteiligung an der [X.]. steuerrechtlich mit einem niedrigeren Wert als den in der Handelsbilanz ausgewiesenen gemeinen Wert anzusetzen. Der am 24. März 2010 samt Steuerbilanz nachgereichte Antrag auf den [X.] ist mithin nach Fristablauf eingegangen und durfte deshalb vom [X.] nicht mehr bewilligt werden.

cc) Die Klägerin wendet dagegen ein, die von der Beigeladenen zu 1. am 25. Mai 2009 vorgelegten steuerlichen Korrekturen der Handelsbilanz hätten nicht den Anforderungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV 2000 entsprochen, weil es sich dabei nicht um eine "bilanzorientierte", sondern um eine "ergebnisbezogene" Überleitungsrechnung gehandelt habe. Dem muss nicht weiter nachgegangen werden, weil zum einen die Überleitungsrechnung für das [X.] offenkundig hinreichend substantiiert gewesen ist, um darauf auf die aus Sicht der Beigeladenen zu 1. gebotenen steuerlichen Korrekturen der Handelsbilanz schließen zu können. Zum anderen --und vor allem-- kommt es für den Ablauf der Frist des § 20 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2006 nicht darauf an, inwiefern eine der Handelsbilanz beigefügte steuerliche Überleitungsrechnung den Anforderungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV 2000 gerecht wird. Entscheidend für den Fristablauf ist vielmehr, dass die Beigeladene zu 1. mit Einreichung von Handelsbilanz und steuerlicher Überleitungsrechnung zu erkennen gegeben hat, dass diese Unterlagen aus ihrer Sicht die Grundlage für die ertragsteuerliche Veranlagung im Streitjahr sein sollen und dass daraus für das [X.] ein Antrag, für die Beteiligung an der [X.]. einen vom gemeinen Wert abweichenden steuerlichen Wertansatz zu wählen, nicht zu ersehen war.

Dem steht --entgegen der Auffassung der [X.] das [X.]surteil in [X.], 215, [X.], 916, dem zufolge es für die Wahlrechtsausübung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1995 einer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entsprechenden Steuerbilanz bedurfte, nicht entgegen. Denn die GoB sind Regeln, die die handelsrechtliche Buchführung betreffen (§ 5 Abs. 1 EStG [X.]. § 243 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs). Sie umfassen nicht auch die nach den Steuergesetzen gebotenen bilanziellen Modifikationen. Im Übrigen unterscheidet sich die Situation der Antragsausübung bei den Einbringungstatbeständen der §§ 20, 21 [X.] 2006 in einem Punkt von jener der Wahlrechtsausübung nach § 20 [X.] 1995: Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 [X.] 1995 durfte die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert oder einem höheren Wert ansetzen. Danach standen die drei möglichen Wertansätze (Buchwert, Teilwert oder Zwischenwert) gleichrangig nebeneinander. Die übernehmende [X.] musste sich für eine dieser Möglichkeiten entscheiden und diese Entscheidung gegenüber dem [X.] zum Ausdruck bringen; das [X.] war in jedem Fall gehalten zu ermitteln, welcher der möglichen Ansätze dem Willen der übernehmenden [X.] entspricht. Demgegenüber schreiben § 20 Abs. 2 Satz 1 und § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2006 grundsätzlich den Ansatz mit dem gemeinen Wert vor; stellt die übernehmende [X.] keinen hiervon abweichenden Antrag, bleibt es mithin stets beim Ansatz des gemeinen Werts. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht gerechtfertigt, demjenigen Steuerpflichtigen, dessen Bilanzen nicht den GoB oder den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, das Antragsrecht, einen niedrigeren Ansatz als den gemeinen Wert anzusetzen, über den Zeitpunkt der Einreichung dieser Bilanzen hinaus zu erhalten.

dd) Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorgetragen hat, die Beigeladene zu 1. habe mit der Steuererklärung für 2008 auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen [X.] abgegeben, in welcher ein Zugang in Höhe des [X.] von ... € nicht erklärt worden sei, handelt es sich dabei um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz grundsätzlich keine Beachtung mehr finden kann. Im Übrigen würde der geschilderte Umstand nichts an der Beurteilung des Streitfalls ändern. Denn aus einer mit der eingereichten Steuerbilanz nicht in Einklang stehenden Erklärung zum steuerlichen Einlagekonto konnte das [X.] nicht den Schluss ziehen, dass die Beigeladene zu 1. einen Antrag auf einen vom gemeinen Wert abweichenden Ansatz der eingebrachten Beteiligung hat stellen wollen.

3. Der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag der Klägerin sollte nur zum Zuge kommen, falls der [X.] ihre [X.] für unzulässig erachten würde. Da dies nicht der Fall ist, ist über den Hilfsantrag nicht zu befinden.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Da die Beigeladenen keine Rechtsmittel eingelegt und keine Anträge gestellt haben, sind sie weder an den Gerichtskosten zu beteiligen noch steht ihnen ein Kostenerstattungsanspruch zu (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 135 FGO Rz 19, m.w.N.)

Meta

I R 69/15

15.06.2016

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 22. Oktober 2013, Az: 6 K 3548/12, Urteil

§ 20 Abs 2 S 3 UmwStG 2006, § 21 Abs 1 S 2 UmwStG 2006, § 135 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2016, Az. I R 69/15 (REWIS RS 2016, 9946)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9946

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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