Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2008, Az. 3 StR 188/08

3. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3521

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[X.] vom 10. Juni 2008 in dem Sicherungsverfahren gegen - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des [X.] vom 28. Januar 2008 mit den Feststellungen auf-gehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hier-durch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psy-chiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Beschuldigten hat mit der Sachrüge Erfolg. 1 Nach den Feststellungen des [X.]s stach der Beschuldigte im Zustand fehlender Einsichtsfähigkeit mit natürlichem Tötungsvorsatz auf seinen Nachbarn ein, von dem er sich belästigt gefühlt hatte. Dieser erlitt eine [X.] Bauchstichverletzung, ehe er sich vor dem Beschuldigten in [X.] bringen konnte. 2 Die Unterbringungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Anordnung nach § 63 StGB setzt u. a. die positive Feststellung eines 3 - 3 - länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Zustandes des [X.] voraus, der dazu führte, dass er - sicher feststehend - die Tat zumindest mit erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB beging (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 27; [X.], StGB 55. Aufl. § 63 Rdn. 6). Sie bedarf einer [X.] sorgfältigen Prüfung und Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maß-nahme darstellt. Den danach zu stellenden Anforderungen genügt das ange-fochtene Urteil nicht. Das [X.] hat weder rechtsfehlerfrei dargelegt, dass der Beschuldigte zu den [X.] schuldunfähig war, noch ausreichend dessen Gefährlichkeit begründet. Das [X.] referiert die Ausführungen des Sachverständigen, dem es sich anschließt. Danach liege beim Beschuldigten eine Störung der [X.] vor, er leide unter einer paranoiden und einer depressiven Symptomatik, es sei eine "paranoide Psychose im Rahmen einer chronischen Persönlichkeitsstörung mit abhängigen, narzisstischen Zügen" zu diagnostizie-ren. Dies könnte sowohl auf eine - nicht krankhafte - schwere andere seelische Abartigkeit als auch auf eine krankhafte seelische Störung des Beschuldigten hindeuten; nach der geschilderten Symptomatik scheint ersteres näher zu lie-gen. Das [X.] kommt dagegen zu der Annahme einer krankhaften seeli-schen Störung, ohne dies indessen näher zu begründen. Welches der [X.] des § 20 StGB vorliegt, ist somit nicht in rechtlich nachprüfba-rer Weise dargetan. Schon dies darf jedoch grundsätzlich nicht offen bleiben ([X.], 128; NStZ-RR 2004, 38). Abgesehen davon, dass sich der Beschuldigte durch die Geräusche aus der Nachbarwohnung gestört fühlte, fehlt es zudem an jeder näheren Darlegung, wie das festgestellte Störungsbild in der konkreten Tatsituation auf den Beschuldigten und seine Vorstellungswelt eingewirkt hat. Hierauf hätte aber selbst dann nicht verzichtet werden können, 4 - 4 - wenn bei dem Beschuldigten eine Schizophrenie diagnostiziert worden wäre (vgl. [X.], 39 m. w. N.). Vergleichbar knapp und damit angesichts des erheblichen Eingriffs, der mit der Unterbringung nach § 63 StGB verbunden ist, ebenfalls nicht ausrei-chend hat das [X.] seine Überzeugung von der zukünftigen Gefährlich-keit des Beschuldigten begründet. Es folgt auch hier dem Sachverständigen, der die große Gefahr, dass der Beschuldigte weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde, bejaht hat. Dies ist angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und abge-sehen von den letztlich in die Tat mündenden Konflikten mit seinen Wohnungs-nachbarn keine sonstigen Auseinandersetzungen des Beschuldigten mit ande-ren Personen geschildert werden, ohne nähere Begründung nicht nachvollzieh-bar. Auch aus diesem Grund kann das Urteil keinen Bestand haben. 5 - 5 - Die Sache muss daher erneut verhandelt werden. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO Gebrauch gemacht. 6 Becker Miebach [X.] Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert

zu unterschreiben..

[X.]

Meta

3 StR 188/08

10.06.2008

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2008, Az. 3 StR 188/08 (REWIS RS 2008, 3521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3521

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