Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.04.2010, Az. 3 StR 456/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 7856

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Gegenstand

Brandstiftung: Inbrandsetzen eines Wohnmobils als schwere Brandstiftung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. März 2009 aufgehoben

a) soweit der Angeklagte wegen schwerer Brandstiftung (Fall II. 10. der Urteilsgründe) verurteilt ist; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer [X.]stiftung in zwei Fällen, [X.]stiftung in fünf Fällen und Sachbeschädigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen sowie sachlichrechtlichen Beanstandungen. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

2

Das [X.] hat sich aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung davon überzeugt, dass der Angeklagte während eines Zeitraums von gut eineinhalb Jahren in elf Fällen fremde Sachen in [X.] gesetzt hat.

3

1. Die Verurteilung wegen schwerer [X.]stiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) im Fall II. 10. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte, den hinter dem Wohngebäude Birkenweg 40 befindlichen Schuppen anzuzünden. Mit Feuerzeugbenzin und Grillanzündern entzündete er den Schuppen, so dass dessen Holzwand selbständig brannte. Es bestand die Gefahr, dass von dem Schuppen das Feuer letztlich auf das Wohngebäude übergriff.

4

Damit ist nicht belegt, dass der Angeklagte ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in [X.] gesetzt hat (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Der Schuppen diente diesem Zweck nicht, sondern wurde als Lagerraum verwendet. Es lässt sich weder den Urteilsgründen noch den dort in Bezug genommenen Lichtbildern entnehmen, dass er mit dem Wohngebäude in einer solchen Weise verbunden war, dass von einem einheitlichen, mehreren Zwecken dienenden Gebäude ausgegangen werden kann, bei dem die die Tat qualifizierende Strafvorschrift schon eingreift, wenn der Täter allein den nicht zum Wohnen dienenden Teil niederbrennen will (vgl. [X.] in [X.]. § 306 a Rdn. 12 m. w. N.). Allein die im Urteil festgestellte Gefahr, dass das Feuer vom Schuppen auf das Wohnhaus hätte übergreifen können, reicht für die Annahme eines einheitlichen Gebäudes nicht.

5

Weitergehende Feststellungen sind nicht ausgeschlossen. Der Senat ist daher daran gehindert, den Schuldspruch auf [X.]stiftung (§ 306 Abs. 1 StGB) umzustellen. Die bisherigen Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen können aufrechterhalten bleiben, da sie sich weder zur Verbindung der Gebäude noch zur Kenntnis des Angeklagten hiervon und von seinen Vorstellungen zum Übergreifen des Feuers auf das Wohnhaus verhalten. Insoweit sind ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen dürfen, möglich.

6

2. Im Übrigen sind die Schuldsprüche nicht zu beanstanden. [X.] Erörterung bedarf nur die Verurteilung wegen besonders schwerer [X.]stiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) im Fall II. 9. der Urteilsgründe.

7

Nach den Feststellungen des [X.]s bespritzte der Angeklagte nachts ein auf einem Parkplatz stehendes Wohnmobil an der linken Heckseite mit Feuerzeugbenzin, setzte das Fahrzeug in [X.] und entfernte sich. Das [X.] konnte nicht ausschließen, dass er dabei davon ausging, dass sich kein Mensch in dem Wohnmobil aufhielt. Tatsächlich aber hatte sich dort der Eigentümer zum Schlafen hingelegt. Die von einem zufällig vorbeifahrenden Autofahrer alarmierte Polizei konnte das Wohnmobil, das inzwischen selbständig zu brennen begonnen hatte, löschen. Hiervon wurde der Eigentümer wach und konnte das Fahrzeug unverletzt verlassen. Ohne das Eingreifen Dritter hätte das Feuer den gesamten hölzernen Aufbau des Wohnmobils ergreifen und Gesundheit oder Leben des Insassen gefährden können.

8

Zutreffend hat das [X.] den Angeklagten insoweit wegen schwerer [X.]stiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) verurteilt. Bei dem in [X.] gesetzten Wohnmobil handelt es sich um eine "andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient".

9

Durch das [X.] ist der Bereich der besonders geschützten Tatobjekte erweitert worden. Er umfasst nicht mehr nur Gebäude, Schiffe und Hütten, sondern allgemein Räumlichkeiten, die der Wohnung von Menschen dienen. Damit sollen auch ungewöhnliche Formen des Wohnens etwa in Wohn- oder Künstlerwagen geschützt werden (vgl. BGHSt 48, 14, 18 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien [X.]. 13/8587 [X.], 86, 88). Das Wohnmobil dient seinem Nutzer - wie schon seine Bezeichnung nahelegt - zumindest vorübergehend als Mittelpunkt der (privaten) Lebensführung und damit zur Wohnung (vgl. BGHR StGB § 306 a Abs. 1 Nr. 1 Wohnung 5 m. w. N.; [X.] in [X.]/ [X.], StGB 27. Aufl. § 306 a Rdn. 4). Es wird nicht nur zur Fortbewegung, sondern - ähnlich einem auch zu Wohnzwecken dienenden Schiff - auch zum Aufenthalt untertags, zur Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten sowie zum Schlafen benutzt. Diese Eigenschaft verliert es nicht dadurch, dass es in der Regel nur für bestimmte Zeiträume - während einer Reise - als Wohnung genutzt und im Übrigen auch für u. U. längere Zeit abgestellt oder nur als Fortbewegungsmittel genutzt wird. Insoweit kann für ein Wohnmobil nichts anderes gelten wie für ein nur zeitweise benutztes Ferienhaus (vgl. BGHR StGB § 306 Nr. 2 Wohnung 10). Ob für unverkaufte Wohnmobile auf dem Gelände eines Herstellers bzw. Händlers oder für solche Fahrzeuge, die zur Vermietung auf dem Gelände eines Unternehmens bereitstehen, etwas anderes zu gelten hätte, muss der Senat nicht entscheiden.

Die Voraussetzungen des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB lagen hier deshalb vor. Die Eigenschaft des [X.]objekts, als Wohnung zu dienen, hat der Angeklagte erkannt. Dass er glaubte, es halte sich dort zum Tatzeitpunkt niemand auf, ist bei § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB bedeutungslos ([X.] in [X.]. § 306 a Rdn. 24).

3. Der Angeklagte legte auch im Fall II. 4. der Urteilsgründe Feuer an einem Wohnmobil, das aber gelöscht werden konnte, ehe das Fahrzeug selbständig in [X.] geriet. Das [X.] hat insoweit rechtsfehlerhaft nur Sachbeschädigung und nicht versuchte schwere [X.]stiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB) angenommen. Der Angeklagte ist hierdurch indes nicht beschwert.

4. Die Aufhebung im Fall II. 10. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe. Der Senat schließt aus, dass die weiteren Einzelstrafen in der Höhe von ihr betroffen sind.

Sost-Scheible                       Pfister                       Hubert

                        Schäfer                       Mayer

Meta

3 StR 456/09

01.04.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kiel, 30. März 2009, Az: 10 KLs 12/08 - 573 Js 15038/08, Urteil

§ 306a Abs 1 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.04.2010, Az. 3 StR 456/09 (REWIS RS 2010, 7856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7856

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 462/16

1 StR 462/16

3 StR 456/09

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