Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2009, Az. IX ZR 140/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3636

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 7. Mai 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 2 Hat der Schuldner einen ungekündigten Kontokorrentkredit nicht ausgeschöpft, füh-ren in kritischer Zeit eingehende, dem Konto gutgeschriebene Zahlungen, denen [X.] Abbuchungen gegenüberstehen, infolge der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung zugunsten des Kreditinstituts. [X.], Urteil vom 7. Mai 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2009 durch [X.] Ganter, die [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] in [X.] des [X.] vom 14. Dezember 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 21. Oktober 2003 über das Vermögen der [X.] (nachfol-gend: Schuldnerin) am 26. Januar 2004 eröffneten Insolvenzverfahren. 1 Die beklagte Sparkasse räumte der Schuldnerin ab dem 1. Juli 2003 un-befristet eine Kreditlinie in Höhe von 100.000 • ein. Innerhalb der letzten drei Monate vor Antragstellung wurde der Kredit um insgesamt [X.] • zurück-geführt. Die [X.]Baugesellschaft mbH überwies auf das Konto der Schuldnerin am 7. August 2003 einen Betrag von 30.833,33 • und am 2 - 3 - 4. September 2003 einen weiteren Betrag von 9.950,03 •; beide Zahlungen beruhten auf einem - zwischenzeitlich rechtskräftigen - vorläufig vollstreckbaren Urteil, aus dem die Schuldnerin aufgrund seitens der [X.] gestellter Bankbürgschaften vollstrecken konnte. Außerdem gingen am 22. August 2003 eine Zahlung von 1.746 • und am 5. September 2003 eine Zahlung von 157,53 • auf dem Konto der Schuldnerin ein. Schließlich erfolgte eine Buchung zugunsten der Schuldnerin unter dem Titel "Zahlungen Sparkasse intern" in Höhe von 1.912,57 •. Nach Bekanntwerden des Insolvenzantrags kündigte die Beklagte die Geschäftsverbindung zu der Schuldnerin mit Schreiben vom 19. November 2003. Unstreitig hätte die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt [X.] der Schuldnerin von ihrem Konto zugelassen. Der Kläger verlangt von der [X.] im Wege der Insolvenzanfechtung Zahlung in Höhe von [X.] •. Landgericht und [X.] haben die Klage abgewiesen. Mit seiner von dem erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 [X.] Das [X.] hat gemeint, es könne von einem Bargeschäft ausgegangen werden, weil die Gewährung der Kreditlinie unter Übernahme der 5 - 4 - Bürgschaften eine Gegenleistung der [X.] für die von der [X.]zugunsten der Schuldnerin vorgenommenen Einzahlungen darstelle. Diese Einzahlungen bedeuteten keine Rückführung des von der Schuldnerin bei der [X.] in Anspruch genommenen Kredits, sondern eine zeitweilige [X.]. Bei dieser Sachlage spiele es keine Rolle, ob die Beklagte be-reits einen Anspruch auf Kreditrückführung gehabt habe, weil sie unstreitig [X.] Kreditrückführung begehrt habe. Durch den Zahlungseingang auf dem Konto der Schuldnerin sei eine Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten. Vielmehr habe die Schuldnerin einen Zahlungsanspruch gehabt, so dass es auf eine Ge-genleistung nicht ankomme. I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. 6 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde die der Schuldnerin gewährte Kreditlinie in Höhe von 100.000 • in dem Zeitraum von drei Monaten vor Insolvenzantragstellung durch [X.] um [X.] • verringert. Die darin liegende Rückzahlung des Kredits ist als in-kongruente Deckung anfechtbar (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). 7 a) In kritischer Zeit vorgenommene Verrechnungen eines Kreditinstituts von Ansprüchen seines Kunden aus Gutschriften aufgrund von Überweisungen mit Forderungen, die dem [X.] den Kunden aus der in Anspruch ge-nommenen Kreditlinie eines [X.] zustehen, können nach §§ 130, 131 [X.] anfechtbar und deshalb nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzuläs-sig sein. Welche Norm eingreift, hängt davon ab, ob - etwa wegen Kündigung 8 - 5 - des Kreditvertrages - ein Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits fällig ist oder nicht ([X.] 171, 38, 41 f Rn. 10). Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines Kreditkontos zu verrechnen und dadurch ihre eigene [X.] zu befriedigen, besteht nur dann, wenn sie zum jeweiligen Zeitpunkt der Verrechnung Rückzahlung des Kredits verlangen kann. b) Der Kreditgeber kann die Rückzahlung eines ausgereichten Kredits erst nach dessen Fälligkeit fordern. Allein die Giro- oder [X.] stellte den der Schuldnerin gewährten Kredit nicht zur Rückzahlung fällig ([X.] 150, 122, 127; [X.], Urt. v. 1. Oktober 2002 - [X.] ZR 360/99, [X.], 2182, 2183). Vielmehr wird die Fälligkeit nur durch das Ende einer vereinbarten Laufzeit, eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung begründet (Ober-müller, Insolvenzrecht in der [X.] 7. Aufl. Rn. 6.242). Die Kündigung ist hier erst am 19. November 2003 - und damit nach Rückführung der Kreditlinie um [X.] • - ausgesprochen worden. Hat der Schuldner - wie im Streitfall - den ungekündigten Kontokorrentkredit nicht vollständig ausgeschöpft, führen in der kritischen Zeit eingehende Zahlungen, die dem Konto gutgeschrieben wer-den, zu einer inkongruenten Deckung ([X.] 150, 122, 125 ff; [X.], Urt. v. 17. Juni 1999 - [X.] ZR 62/98, [X.], 1271, 1272; Urt. v. 11. Oktober 2007 - [X.] ZR 195/04, [X.], 237 Rn. 4). 9 c) Die Kongruenz der Kredittilgung kann entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht aus einer Verrechnungsbefugnis der [X.] her-geleitet werden. Dass diese die Kreditlinie offengehalten hat, macht die [X.] nicht kongruent, soweit die Kreditlinie tatsächlich nicht mehr in [X.] genommen wurde. 10 - 6 - [X.]) Das Kreditinstitut ist im Rahmen des [X.] einerseits berech-tigt und verpflichtet, für den Kunden bestimmte Geldeingänge entgegenzuneh-men und seinem Konto gutzuschreiben. Andererseits hat das Kreditinstitut [X.] des Kunden zu Lasten seines Girokontos auszuführen, sofern dieses eine ausreichende Deckung aufweist oder eine Kreditlinie nicht ausgeschöpft ist. Setzt das Kreditinstitut unter Beachtung dieser Absprachen den Giroverkehr fort, handelt es vertragsgemäß und damit kongruent ([X.] 150, 122, 129; [X.], Urt. v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 2/01, [X.], 1575 f). 11 bb) Vorliegend geht es indessen nicht um die vertragskonforme Abwick-lung des [X.] durch die Verrechnung von Zahlungseingängen mit [X.]. Den Zahlungseingängen zugunsten der Schuldnerin standen unstreitig keine Kontobelastungen infolge an Dritte [X.] Überweisungen gegenüber. Vielmehr hat die Beklagte sämtliche Zahlungseingänge mit eigenen gegen die Schuldnerin bestehenden Forderungen verrechnet. Demnach betrifft die Anfechtung in vollem Umfang die auf dem Konto der Schuldnerin eingegan-genen Zahlungen, welche die Beklagte eigennützig zur Begleichung ihrer [X.] verwendet hat. [X.] sind stets Verrechnungen, mit denen eigene Forderungen der [X.] getilgt werden ([X.] 150, 122, 127; [X.], Urt. v. 11. Oktober 2007, [X.]O S. 237, 238 Rn. 6). Selbst wenn - anders als im Streitfall - neben den Zahlungseingängen von dem Schuldner veranlasste Überweisungen in eine Kontoverbindung einzustellen sind, liegt insoweit eine durch die Verrechnung bewirkte anfechtbare Kredittilgung vor, als die Summe der Eingänge die der Ausgänge übersteigt ([X.], Urt. v. 15. November 2007 - [X.] ZR 212/06, [X.], 235, 236 f Rn. 15). Die Saldierungsvereinbarung deckt also nicht die endgültige Rückführung des eingeräumten Kredits, sondern lediglich das Offenhalten der Kreditlinie für weitere Verfügungen des Kunden ([X.] 150, 122, 129). Da die Schuldnerin die ihr von der [X.] weiter [X.] - 7 - geräumte Kreditlinie tatsächlich nicht genutzt und keine [X.] erteilt hat, durfte die Beklagte eingegangene Mittel nicht zu einer Kredittilgung verwenden. 2. Handelt es sich mithin um eine inkongruente Deckung, kommt der von dem Berufungsgericht angeführte Einwand des [X.] nicht zum Tragen ([X.] 150, 122, 130; [X.], Urt. v. 15. November 2007, [X.]O Rn. 15 m.w.[X.]). Davon abgesehen kann die Übernahme der Bürgschaft durch die Beklagte schon deshalb nicht als Gegenleistung im Sinne des § 142 [X.] gewertet werden, weil die Beklagte aus der Bürgschaft - für deren Stellung sie von der Schuldnerin die vereinbarte Avalvergütung erhalten hat - tatsächlich nicht in Anspruch genommen wurde. Mangels einer den Zahlungseingängen gleichwertigen Gegenleistung sind die Voraussetzungen des § 142 [X.] bereits im Ansatz nicht erfüllt. Überdies handelt es sich auch bei der Einstellung eines Rückgriffsanspruchs aus der Inanspruchnahme wegen einer Bürgschaft in das Kontokorrent nicht um eine grundsätzlich unanfechtbare Bardeckung ([X.], Urt. v. 17. Juni 2004 - [X.] ZR 124/03, [X.], 1576, 1577; Urt. v. 11. Oktober 2007, [X.]O S. 238 Rn. 10). 13 II[X.] Auf die Revision ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Die neu eröffnete mündli-che Verhandlung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit zur Prüfung, ob die Schuldnerin als weitere Voraussetzung einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zahlungsunfähig war. Da die [X.] hierzu noch keine [X.] - 8 - lungen getroffen haben, ist dem Senat eine Endentscheidung versagt. Die Sa-che ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mangels einer Gläubigerbenachteiligung abweisungsreif. Die Beklagte hat durch die Verrech-nungen die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger benachteiligt, weil sie an den verrechneten Eingängen nicht [X.] gesichert war ([X.], Urt. v. 11. Oktober 2007, [X.]O S. 237 Rn. 4). [X.] [X.]

Gehrlein [X.]

Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 13.12.2006 - 2 O 92/06 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 14.12.2007 - 24 U 13/07 -

Meta

IX ZR 140/08

07.05.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2009, Az. IX ZR 140/08 (REWIS RS 2009, 3636)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3636

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