Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. XII ZB 286/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1579

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII
[X.] 286/11

vom

9. November 2011

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§
26, 30, 33 Abs.
2 Satz
1, 68 Abs.
3 Satz
2, Abs.
4, 278 Abs.
1 Satz
1, 280 Abs.
3; ZPO §§
361, 375
a)
Das gemäß §
280 FamFG im Betreuungsverfahren einzuholende [X.] muss so gefasst sein, dass das Gericht es auf seine wissenschaft-liche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin überprüfen kann (im [X.] an den Senatsbeschluss vom 19.
Januar 2011 -
XII
[X.]
256/10
-
FamRZ
2011, 637 Rn.
12 mwN).
b)
Wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen zum Anhörungstermin weder geladen noch hiervon benachrichtigt, leidet die Anhörung an einem Ver-fahrensfehler, der eine erneute Anhörung
-
ggf. durch das Beschwerdegericht
-
erforderlich macht.

[X.], Beschluss vom 9. November 2011 -
XII [X.] 286/11 -
LG [X.] II

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
November 2011
durch die Vorsitzende [X.]in Dr.
Hahne und die [X.] Weber-Monecke,
Dose, Schilling
und Dr. Günter
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des [X.]s [X.] II
-
6.
Zivilkammer
-
vom 28.
April 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das Beschwerdegericht
zurückverwiesen.
[X.]: 3.000

.

Gründe:
A.

Der Betroffene erstrebt die Aufhebung seiner Betreuung.
Er steht seit 1999 unter Betreuung. Mit rechtskräftigem Urteil vom 24.
November 2009 wurde er u.a. wegen versuchten Totschlags zu einer Frei-heitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Weil der Betroffene die Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hatte, ordnete das Gericht gemäß §
63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
an, wo er sich nach wie vor
befindet. Der in dem Strafverfahren beigezogene Sachverständige diagnostizierte bei dem Betroffenen
das so genannte Asper-1
2
-
3
-
ger-Syndrom. Die 1994, 2000 und 2006 in den -
in Sachen Betreuung bzw. Un-terbringung eingeholten
-
Vorgutachten diagnostizierten Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis ließen sich nach Auffassung des Gutachters nicht bestätigen.
Nachdem der Betroffene im August 2010 die Aufhebung seiner Betreu-ung beantragt hatte, hat das Amtsgericht zur Frage einer etwaigen weiteren Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen ein schriftliches Gutachten des Fach-arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.
L.
eingeholt. Ferner hat das Amtsgericht den Betroffenen im Wege der Rechtshilfe anhören lassen, wobei dessen Verfahrensbevollmächtigter weder zum Termin geladen noch von [X.] benachrichtigt worden ist.
Das Amtsgericht hat schließlich den Betreuer
ausgewechselt und als neuen Zeitpunkt für die Überprüfung der Betreuung den 10.
November 2017 bestimmt. Ferner hat es die bisherigen [X.] "Sorge für die Gesund-heit", "Bestimmung des Aufenthalts, einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnlichen Maßnahme", "Vermögenssorge", "Wohnungsangelegenheiten", "Vertretung gegenüber Behörden, Banken, Versi-cherungen, Renten-
und Sozialleistungsträgern"
sowie "Entgegennahme, Öff-nen und Anhalten der Post, mit Ausnahme offensichtlich privater Sendung"
[X.].
Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das [X.] vom
Sachver-ständigen eine ergänzende Stellungnahme eingeholt und den Betroffenen durch ein Mitglied der Kammer als beauftragten [X.] angehört. Danach hat es die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Betreuung für die [X.] "Aufenthaltsbestimmung, einschließlich der Entscheidung 3
4
5
-
4
-
über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen"
sowie "Wohnungsangelegenheiten"
aufgehoben wird.
Mit seiner Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene
gegen die Bei-behaltung seiner Betreuung.

B.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Be-schwerdegericht.

I.
Die Rechtsbeschwerde ist auch ohne Zulassung durch das Beschwerde-gericht statthaft. Das ergibt sich bereits daraus, dass das Amtsgericht mit der -
vom [X.] teilweise bestätigten
-
Verlängerung der Betreuung zugleich den Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Betreuung
der Sache nach zu-rückgewiesen hat. Gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde auch in [X.] zur Aufhebung einer Betreuung ohne Zulassung statthaft.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die von ihr geltend gemach-ten Verfahrensrügen, wonach das vom Gericht eingeholte Sachverständigen-6
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-
5
-
gutachten sowie die vom Beschwerdegericht durchgeführte Anhörung unzu-reichend seien,
greifen durch.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass
der Betroffene
nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr.
L.
unter einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines Asperger-Syndroms leide. Wie für dieses Syndrom typisch, bestünden bei dem
Betroffenen schwere qualitative Beeinträchtigungen der [X.] Interaktion und Kommunikation; er
weise ein ständig sich wiederholendes stereotypes Verhalten auf und habe [X.] praktische und emotionale Intelligenz entwickelt. Er sei zu einer eigenständi-gen Lebensführung nicht in der Lage und könne seine Grundintelligenz nicht in Handlungsabläufe im täglichen Bereich umsetzen. Der Betroffene sei bedingt durch die vorgenannte seelische Behinderung zu einer freien Willensbestim-mung und einsichtsgemäßem
Handeln nicht in der Lage.
An der Richtigkeit der sachverständigen Feststellung bestehe für das Beschwerdegericht kein Zweifel. Der Betroffene selbst stelle nicht in Frage, un-ter dem Asperger-Syndrom zu leiden. Zwar unterscheide der
Gutachter in sei-nem Gutachten und den ergänzenden Stellungnahmen nicht im Einzelnen, auf welche konkreten Untersuchungsergebnisse er welche der oben genannten Feststellungen zum psychischen Zustand des Betroffenen stütze, sondern ver-weise hierfür pauschal
auf das aktenkundige Verhalten des Probanden in der Vergangenheit. Dieser Verweis genüge jedenfalls in der Zusammenschau mit dem im Gedächtnisprotokoll vom 14.
April 2011 festgehaltenen Ergebnis der Anhörung des Betroffenen, um das Beschwerdegericht davon
zu überzeugen, dass die sachverständigen Schlussfolgerungen zutreffend seien.
Aufgrund des Umstandes, dass sich der Betroffene derzeit im Rahmen des Maßregelvollzuges
in einem psychiatrischen Krankenhaus befinde, bestehe 10
11
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-
6
-
jedoch bis auf Weiteres kein konkreter Betreuungsbedarf für die [X.] "Bestimmung des Aufenthalts, einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnlichen Maßnahmen"
sowie "Wohnungs-angelegenheiten".
2. Die vorstehenden Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
a) Bereits das im Betreuungsverfahren zuletzt eingeholte [X.] leidet -
wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt
-
an erheb-lichen Mängeln.
aa) Zwar ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens weder im
Aufhebungsverfahren nach §
294 FamFG (Senatsbeschluss vom 2.
Februar 2011 -
XII
[X.]
467/10
-
FamRZ 2011, 556 Rn.
9) noch im Verfahren zur Verlän-gerung der Betreuung
gemäß §
295 Abs.
1 Satz
2 FamFG obligatorisch.
Wenn aber ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das [X.] seine Entscheidung darauf stützt, so muss dieses den formalen Anforde-rungen des §
280 FamFG genügen.
Das Gutachten muss daher Art und Aus-maß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführ-ten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaft-lich begründen.
Diese Anforderungen an den Inhalt des Sachverständigengut-achtens sollen gewährleisten, dass das Gericht seiner Pflicht, das Gutachten auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüs-sigkeit hin zu überprüfen, nachkommen kann. Nur dann ist das Gericht in der Lage, sich eine eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerung zu bilden (Senatsbeschluss vom 19.
Januar 2011

XII
[X.]
256/10
-
FamRZ
2011, 637 Rn.
12 mwN).
13
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-
7
-
bb) Diesen Anforderungen wird das von den Instanzgerichten eingeholte Gutachten nicht gerecht, was das Beschwerdegericht im Übrigen -
jedenfalls im Ansatz
-
ebenso gesehen hat.
Anlass zu Bedenken ergeben sich bereits daraus, dass der Sachver-ständige die im Strafverfahren getroffene Diagnose übernommen hat, ohne sich damit auseinanderzusetzen, dass die bis dahin im
Betreuungs-
bzw. [X.] eingeholten Gutachten hiervon deutlich abwichen. So ist der Sachverständige in seinem Gutachten vom 28.
November 2006 selbst noch davon ausgegangen, dass der Betroffene an einer chronischen [X.] Schizophrenie mit zunehmendem Residuum leide. Eine Be-gründung, warum die früheren Diagnosen unzutreffend gewesen seien, lässt das
Gutachten
vermissen. Dementsprechend fehlt es auch an einer wissen-schaftlichen Begründung der nun getroffenen Diagnose.
Hinzu kommt, dass der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht im Einzelnen unterschieden
hat, auf welche konkreten [X.] er welche seiner Feststellungen zum psychischen Zu-stand des Betroffenen stützt. Zutreffend legt das Beschwerdegericht in dem angefochtenen Beschluss dar, dass er hierfür lediglich pauschal auf das akten-kundige
Verhalten des Betroffenen in der Vergangenheit verwiesen habe.
Damit war dem Beschwerdegericht indes die Möglichkeit genommen, das Gutachten auf seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen.
Schon deshalb kann der angefochtene Beschluss nicht bestehen blei-ben.
b) Soweit das Beschwerdegericht ausgeführt hat, der Verweis des [X.] genüge jedenfalls in der Zusammenschau mit dem
im Gedächtnisproto-koll festgehaltenen Ergebnis der Anhörung des Betroffenen, um es
davon zu 17
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8
-
überzeugen, dass die sachverständigen Schlussfolgerungen zutreffend seien, begegnet auch dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Die Rechtsbe-schwerde
weist zutreffend darauf hin, dass es dem Gericht insoweit an
der [X.] erforderlichen eigenen medizinisch-fachlichen Kompetenz fehle.
c)
Unbeschadet dessen bestehen Bedenken dagegen, dass lediglich die beauftragte [X.]in den Betroffenen angehört hat. Wenn das Beschwerdege-richt
der Anhörung des Betroffenen im Hinblick auf die noch durchzuführenden Ermittlungen ein besonderes Gewicht beimisst, wie das hier offensichtlich der Fall gewesen ist, dann
muss es diese auch, wie die Rechtsbeschwerde zutref-fend rügt, in der vollen Kammerbesetzung vornehmen.
aa) Gemäß §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG kann das Beschwerdegericht zwar von der Durchführung eines Termins,
einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zu-sätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschlüsse vom 11.
August 2010 -
XII
[X.]
171/10
-
FamRZ 2010, 1650 Rn.
7 und vom 2.
März 2011

XII
[X.]
346/10
-
FamRZ 2011, 805 Rn.
12 f.).
Im Beschwerdeverfahren kann allerdings nicht von einer
Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nach-holen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das erstinstanzliche Gericht bei der Anhörung des Betroffenen zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat (Se-natsbeschluss vom 2.
März 2011 -
XII
[X.]
346/10
-
FamRZ 2011, 805 Rn.
14).
Vorliegend hat das Amtsgericht den Betroffenen im Wege der Rechtshilfe anhören lassen. Dabei ist dessen Verfahrensbevollmächtigter weder zu dem 22
23
24
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-
9
-
Anhörungstermin geladen, noch hiervon benachrichtigt worden. In entspre-chender Anwendung des §
33 Abs.
2 Satz
1 FamFG ist der Bevollmächtigte des Betroffenen jedoch zumindest von dem Termin zu benachrichtigen, weil dem Betroffenen dessen Hinzuziehung wegen des Anspruchs auf effektiven Rechts-schutz nicht verwehrt werden darf ([X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
34 Rn.
33). Von daher war die erstinstanzliche Anhörung -
unbeschadet der Frage, ob die Voraussetzung für eine Anhörung im Wege der Rechtshilfe gemäß §
278 Abs.
3 FamFG vorgelegen
haben
-
verfahrensfehlerhaft erfolgt, so dass das Beschwerdegericht eine Anhörung durchzuführen hatte.
bb) Konkrete Vorgaben, in welcher Form das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Betroffenen durchzuführen hat, enthält das FamFG nicht.
(1) Während §
69
g
Abs.
5 Satz
2 iVm §
68 Abs. 1 Satz 1 [X.] regelte, unter welchen Voraussetzungen eine persönliche Anhörung des Betroffenen durch einen beauftragten [X.] vorgenommen werden durfte, ist diese
Frage
im FamFG nicht geregelt ([X.]/[X.] Praxiskommentar Betreuungs-
und Unterbringungsverfahren 2.
Aufl. §
68 Rn.
16).
Zwar verweist §
30 FamFG für den Fall einer förmlichen Beweisaufnahme auf die Vorschriften der Zivilpro-zessordnung. Danach kann gemäß §
361 ZPO die Beweisaufnahme auch durch ein Mitglied des [X.] erfolgen. Dies gilt etwa für die Zeugen-
wie auch die Parteivernehmung gemäß §§
375 und 451 ZPO, wobei -
wie schon im Falle des §
69
g
Abs.
5 Satz
2 [X.]
-
Voraussetzung ist, dass von vornherein anzunehmen ist, dass das Prozessgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachge-mäß zu würdigen vermag (vgl. §
375 Abs.
1
a
ZPO). Zu Recht weist allerdings die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Anhörung des Betroffenen, die so-wohl der Einräumung rechtlichen Gehörs als auch der Sachverhaltsermittlung 26
27
-
10
-
dient
([X.]/[X.] FamFG 17. Aufl. §
278 Rn.
1 f.), keine Form der Beweis-aufnahme im Sinne der zivilprozessualen Vorschriften darstellt (s.
aber
[X.]/[X.] aaO §
68 Rn.
16).
(2) Gleichwohl kann die [X.] im Betreuungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen eines
ihrer Mitglieder mit der Anhörung des Betroffenen beauftragen. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits -
gleichsam als Minus
-
aus §
68 Abs.
4 FamFG folgt, wonach das Beschwerdegericht die Beschwerde durch Beschluss einem
seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen kann (so etwa Prütting/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
278 Rn.
29).
Gemäß §
278 Abs.
1 Satz
1
und 2
FamFG hat das Gericht den
Betroffe-nen persönlich anzuhören
und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Die Formulierung Anhörung durch "das Gericht"
lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass es sich um den voll besetzten,
erkennenden Spruchkörper handeln muss
(so zu §§
50
a, 50
b [X.] Senatsbeschluss vom 11.
Juli 1984 -
IV
b
[X.]
73/83
-
FamRZ 1985, 169, 172). Wie die Anhörung durch das Gericht innerhalb eines aus mehreren [X.]n zusammengesetzten Spruchkörpers wahrzunehmen ist, bestimmt sich vielmehr nach den Vorschrif-ten über die Sachaufklärung gemäß §
26 FamFG ([X.] Beschluss vom 17.
Juni 2010 -
V
[X.]
127/10
-
NVwZ 2010, 1318 Rn.
13). Von daher kommt auch eine Anhörung durch den beauftragten [X.] in Betracht ([X.] Beschluss vom 17.
Juni 2010 -
V
[X.]
127/10
-
NVwZ 2010, 1318 Rn.
13; jeweils zu §§
50
a, 50
b [X.] Senatsbeschlüsse
vom 11.
Juli 1984 -
IV
b
[X.]
73/83
-
FamRZ 1985, 169, 172 und
vom 28.
April 2010
-
XII
[X.]
81/09
-
FamRZ 2010, 1060 Rn.
40).
(3) Die Beauftragung eines Kammermitglieds mit der Anhörung des Be-troffenen scheidet allerdings
dann
aus, wenn es wegen der Besonderheiten des 28
29
30
-
11
-
Falles für die Entscheidung darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft (vgl. auch zur Anhö-rung in einem Sorgerechtsverfahren Senatsbeschlüsse
vom 11.
Juli 1984

IV
b
[X.]
73/83
-
FamRZ 1985, 169, 172 und vom 28.
April 2010

XII
[X.]
81/09
-
FamRZ 2010, 1060 Rn.
40; ähnlich für den Fall einer Anhörung nach §
420 FamFG unter Hinweis auf §
375 Abs.
1
a ZPO [X.] Beschluss vom 17.
Juni 2010 -
V
[X.]
127/10
-
NVwZ 2010, 1318 Rn.
13
ff.).
Zwar
kommt
es bei der Anhörung im Betreuungsverfahren regelmäßig auf
den unmittelbaren persönlichen Eindruck von dem
Betroffenen
an. Das be-deutet indes nicht, dass sich zwangsläufig alle Mitglieder der Beschwerdekam-mer
diesen verschaffen müssen. Dies folgt bereits aus §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG, wonach das Beschwerdegericht von einer Anhörung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Letztlich obliegt es der [X.],
im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermitt-lung nach §
26 FamFG zu entscheiden, ob es für ihre Entscheidung wegen der Besonderheiten des Falles darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft
(vgl. auch [X.] Be-schluss vom 17.
Juni 2010 -
V
[X.]
127/10
-
NVwZ 2010, 1318 Rn.
13). Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten [X.] nur in ihrem objektiven Ertrag und als dessen persönlicher Eindruck verwertet werden darf (Senatsbeschlüsse vom 11.
Juli 1984 -
IV
b
[X.]
73/83
-
FamRZ 1985, 169,
172 und vom 28.
April 2010
-
XII
[X.]
81/09
-
FamRZ 2010, 1060 Rn.
40).
[X.]) Gemessen an diesen Anforderungen ist die durch die beauftragte [X.]in erfolgte Anhörung im vorliegenden Beschwerdeverfahren rechtlich bedenklich, weil das Beschwerdegericht
der Anhörung des Betroffenen ein be-sonderes Gewicht beigemessen hat. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, 31
32
-
12
-
weil bereits die unzureichenden Feststellungen des Sachverständigen mangels eigener Sachkunde nicht geheilt werden konnten.
d) Dass sich der Betroffene in seinem Beschwerdevorbingen nicht gegen die Diagnose "Asperger-Syndrom"
selbst gewandt hat, ist entgegen der Auffas-sung des [X.] unerheblich. Denn anders als im Zivilprozess, in dem der [X.] vorherrscht,
gilt im Betreuungsverfahren der Grundsatz der Amtsermittlung.

33
-
13
-
III.
Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich, dass die Sache nicht zur [X.] ist. Von daher war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Be-schwerdegericht zurückzuverweisen, §
74 Abs.
6 Satz
1 und 2 FamFG.
Hahne

Weber-Monecke

Dose

Schilling

Günter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.11.2010 -
XVII 182/99 -

LG [X.] II, Entscheidung vom 28.04.2011 -
6 [X.] -

34

Meta

XII ZB 286/11

09.11.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2011, Az. XII ZB 286/11 (REWIS RS 2011, 1579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1579

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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