Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2001, Az. XI ZR 329/00

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1790

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[X.] DES VOLKESURTEILXI ZR 329/00Verkündet am:24. Juli 2001Weber,[X.] dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB §§ 276 [X.], 675 Abs. 2WpHG § 31Zu Aufklärungs- und Beratungspflichten einer Bank bei Ablauf einer Opti-onsfrist.[X.], Urteil vom 24. Juli 2001 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 24. Juli 2001 durch [X.] [X.] Siol, [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des [X.] in [X.] vom 6. September 2000 wirdauf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die klagende Bank nimmt den Beklagten auf Ausgleich [X.] auf seinem Depoterträgniskonto in Anspruch.Am 29. Februar 1988 eröffnete der Beklagte, ein Soziologiestu-dent, der im [X.] 1997 die Diplomprüfung ablegte, das als Kontokor-rent geführte Depoterträgniskonto und wickelte darüber in den folgendenJahren zahlreiche Wertpapiergeschäfte ab, die teilweise zu Totalverlu-sten führten. Er erhielt von der Klägerin am 30. Dezember 1993 die [X.] "Basisinformationen über [X.]" und unter-zeichnete eine Rahmenvereinbarung über "Einzelheiten zum Abschlußvon [X.]n" sowie die [X.] der [X.] -rin über "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermin-geschäften". Im Januar 1994 erwarb er über die Klägerin 50 [X.] aus einer [X.] DM-Industrieanleihe. Ein [X.] zum Bezug von 47,3854 Aktien des Emittenten zum [X.] von 1.702 [X.] Schreiben vom 7. Oktober 1997 erinnerte die Klägerin den [X.] an den bevorstehenden Verfall der [X.]e am5. November 1997 und wies auf die Möglichkeiten hin, die [X.] zu verkaufen oder die Optionen auszuüben. In unmittelbarem [X.] daran heißt es im zweiten Satz des Schreibens: "Auf Grund deraktuellen [X.] gehen wir davon aus, daß Sie an einer Optionsaus-übung nicht interessiert sind. Sofern Sie das Optionsrecht ausübenmöchten, erteilen Sie uns bitte Ihren Auftrag auf der beiliegenden Opti-onserklärung ..." Ferner enthielt das Schreiben eine kurze [X.] der Optionsbedingungen, darunter die Angabe des [X.] von 1.702 [X.] pro Aktie und die Mitteilung der aktuellen [X.] in Höhe von 0,05 DM für den [X.] und 122 [X.] für die Ak-tie. Anschließend wird ausgeführt: "Wenn Sie Ihre [X.]e wederausüben noch bis zum letzten Handelstag verkaufen, werden wir die [X.] ca. 4 Wochen nach Endfälligkeit ohne weitere Anzeige anSie als wertlos ausbuchen. Aufgrund der Sonderbedingungen für [X.] können wir nur bei Vorlage eines Auftrages für Sie tätigwerden. Für eine aktuelle Beratung steht Ihnen Ihr Anlageberater jeder-zeit gerne zur [X.] 4 -Dem Schreiben war eine formularmäßige Optionserklärung beige-fügt, die der Beklagte am 9. Oktober 1997 unterzeichnete und der Kläge-rin zuleitete. Diese ließ daraufhin die Option weisungsgemäß in [X.] und belastete das Konto des Beklagten für 2.369 Aktien derEmittentin zu [X.] von 1.702 [X.] mit umgerechnet 60.155,55 DM.Das Konto weist infolge dessen einen [X.] von 59.297,50 [X.].Mit der Klage begehrt die Klägerin Zahlung dieses Betrages nebstZinsen. Der Beklagte beruft sich darauf, daß er bei Ausübung des [X.] nicht mehr termingeschäftsfähig gewesen sei und dieses Ge-schäft wegen Irrtums angefochten habe. Hilfsweise rechnet er mit einemSchadensersatzanspruch auf, weil die Klägerin ihn fehlerhaft beratenhabe.Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision ver-folgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision ist unbegründet.[X.] -Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung imwesentlichen ausgeführt: Der Kauf der [X.]e und die Aus-übung der Optionsrechte seien keine unverbindlichen Börsenterminge-schäfte. Da es sich um abgetrennte [X.]e aus einer DM-Anleihe einer ausländischen Aktiengesellschaft handele, lägen Kassa-geschäfte vor. Zudem sei der Beklagte beim Kauf der [X.]etermingeschäftsfähig gewesen. Auf seine Termingeschäftsfähigkeit beiAusübung der Optionsrechte als Folgegeschäft komme es nicht an. Ei-nen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum im Sinne des § 119 Abs. 1BGB habe der Beklagte nicht schlüssig vorgetragen bzw. nicht unter [X.] gestellt. Er habe auch keinen aufrechenbaren Schadensersatzan-spruch wegen positiver Vertragsverletzung, Verschuldens bei [X.] oder gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 WpHG. Die Klägerinhabe den Beklagten aufgrund der vorangegangenen Spekulationsge-schäfte als einen in solchen Wertpapiergeschäften erfahrenen Anlegeransehen dürfen. Sie habe ihre Informations- und Beratungspflicht mitihrem Schreiben vom 7. Oktober 1997 anlage- und [X.]. Aus dem Schreiben gehe klar hervor, daß die Ausübung der Opti-onsrechte angesichts des aktuellen Kurses nicht empfehlenswert sei. [X.] Unsinnigkeit des Geschäfts habe die Klägerin noch [X.] verdeutlicht, daß sie dem aktuellen Börsenkurs von 122 [X.] denOptionspreis von 1.702 [X.] je Aktie gegenübergestellt habe. Die in [X.] angebotene aktuelle Beratung habe der Beklagte nicht in [X.] genommen.[X.] -Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung stand.1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch gemäߧ 607 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 59.297,50 DM. Sie kann die Rück-zahlung des Überziehungskredits, den sie dem Beklagten auf [X.] gewährt hat, ohne Kündigung des [X.] ver-langen (vgl. [X.]Z 73, 207, 209).a) Das Konto des Beklagten weist einen Saldo in Höhe von59.297,50 DM zugunsten der Klägerin auf, weil diese es zu Recht mitdem Aufwendungsersatz- und Provisionsanspruch gemäß §§ 670, 675Abs. 1 BGB, 396 HGB in Höhe von 60.155,55 DM belastet hat, den sieals Kommissionärin durch den Erwerb der Aktien für den Beklagten nachAusübung der Optionsrechte erworben hat.b) Das Kommissionsgeschäft ist nicht gemäß §§ 53 Abs. 1, 60BörsG unverbindlich. Die Ausübung der Optionsrechte war - ebenso wieder Erwerb der [X.]e - kein unverbindliches Börsenterminge-schäft. Es handelt sich vielmehr um Geschäfte mit abgetrennten Opti-onsscheinen aus der Anleihe einer ausländischen Aktiengesellschaft, [X.] ständiger Rechtsprechung des Senats [X.] sind([X.]Z 133, 200, 206; vgl. auch für [X.], die [X.] [X.] abgetrennt wurden: Beschluß vom9. Dezember 1997 - [X.], [X.], 274, 275 und für [X.] aus Wandelschuldverschreibungen:[X.]Z 114, 177, 179).- 7 -c) Der Beklagte hat seine Erklärung vom 9. Oktober 1997, mit derer die Klägerin beauftragte, die Optionsrechte auszuüben, nicht wirksamgemäß §§ 119 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB angefochten. Nach den [X.] und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen [X.] ist er für seine bestrittene Behauptung, seine Erklä-rung beruhe auf einem Irrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB, beweisfäl-lig geblieben.2. Einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch wegen [X.] bei Vertragsschluß, positiver Vertragsverletzung oder gemäߧ 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG hat das Berufungsge-richt zu Recht nicht für gegeben erachtet. Die Klägerin hat gegenüberdem Beklagten keine Beratungs- oder Aufklärungspflichten verletzt.a) Ob die Klägerin dem Beklagten vor Ablauf der [X.] oder Aufklärung schuldete (vgl. zu Beratungspflichten: [X.]Z 100,117, 118; 123, 126, 128; Senat, Urteil vom 9. Mai 2000 - [X.]/99,WM 2000, 1441, 1442 und zu Aufklärungspflichten: Senat, Urteile vom17. Januar 1995 - [X.], [X.], 566, 568 und vom 11. März1997 - [X.], [X.], 811, 812), bedarf keiner Entscheidung,weil die Klägerin etwaige Beratungs- und Aufklärungspflichten durch [X.] vom 7. Oktober 1997 erfüllt hat.Angesichts des drastischen Kursverfalls der Aktie der [X.] das wirtschaftlich einzig sinnvolle Verhalten, das für den [X.] Betracht kam, die Optionsrechte nicht auszuüben. Dies hat die [X.] -rin dem Beklagten in ihrem Schreiben vom 7. Oktober 1997 durch [X.]: "Aufgrund der aktuellen [X.] gehen wir davon aus, daß Sie aneiner Optionsausübung nicht interessiert sind." klar und leicht verständ-lich mitgeteilt. Die darin enthaltene Empfehlung, die Optionsrechte nichtauszuüben, wurde durch den weiteren Text des Schreibens bestätigt undbegründet. Aus der Mitteilung des [X.] je Aktie in Höhe von1.702 [X.] und des aktuellen Börsenkurses von 122 [X.] ging klar her-vor, daß die Ausübung der Option zu einem Erwerb der Aktien zu einemden Marktpreis um mehr als das 12fache übersteigenden Preis führenwürde und deshalb den Interessen des Beklagten grob widersprach. [X.] der beiden anderen Möglichkeiten, auf den bevorstehendenAblauf der [X.] zu reagieren, nämlich des Verkaufs der [X.] und der Ausübung der Optionsrechte, änderte an der Empfeh-lung, die Optionsrechte nicht auszuüben, nichts. Auch die Bitte um Un-terzeichnung und rechtzeitige Rücksendung des beigefügten Formulars,sofern die Optionsrechte ausgeübt werden sollten, stellte die Empfeh-lung, die Optionsrechte nicht auszuüben, entgegen der Ansicht der Re-vision nicht in Frage. Dasselbe gilt für das beigefügte Formular, das nurwenige Sätze umfaßt und klar erkennen läßt, daß es ein von der Emp-fehlung der Klägerin abweichendes Verhalten betrifft.Wenn der Beklagte den klar und leicht verständlich [X.] des lediglich eine Seite umfassenden Schreibens der Klägerin [X.] Oktober 1997 und die nur drei Sätze enthaltende Anlage gleichwohlmißverstanden hat, so ist dies darauf zurückzuführen, daß er [X.] der Klägerin, wie er selbst vorgetragen hat, lediglich überflo-gen, d.h. teilweise nicht oder völlig unzureichend zur Kenntnis genom-- 9 -men hat. Mit einem solchen grob nachlässigen Verhalten mußte die Klä-gerin insbesondere bei einem Akademiker wie dem Beklagten, der [X.] seit fast 10 Jahren zahlreiche Wertpapiergeschäfte abgeschlossenund dabei auch schon Totalverluste erlitten hatte, dem also das mit sol-chen Geschäften verbundene Risiko bekannt war, nicht rechnen.Die Revision beruft sich in diesem Zusammenhang ohne Erfolg aufdie Rechtsprechung des Senats zu den Aufklärungspflichten von ge-werblichen Anlagevermittlungsgesellschaften, die das Anlegerpublikumauch vor solchen Geschäften schützen sollen, deren schlechte Aussich-ten es bei einiger geistiger Anstrengung vielleicht auch selbst hätte er-kennen können (Senat, Urteile vom 27. November 1990 - [X.]/89,WM 1991, 127, 128, vom 16. November 1993 - [X.], [X.]Z 124,151, 155, vom 14. Mai 1996 - [X.], [X.], 1214, 1215 undvom 24. September 1996 - [X.], [X.], 309, 310). Diesegesteigerten Anforderungen an die Aufklärungspflichten von gewerbli-chen Anlagevermittlungsgesellschaften, die vielfach unaufgefordert [X.] Bürgern telefonisch [X.] anbieten, sindauf den Effektenhandel von Kreditinstituten nicht übertragbar (Senat,Urteil vom 19. Mai 1998 - [X.], [X.], 1391). Sie betreffeninhaltlich nur Geschäfte, bei denen hohe Aufschläge auf die [X.] eine realistische Gewinnchance von vornherein ausschließen. [X.] es hier nicht. Das Schreiben der Klägerin vom 7. Oktober 1997diente nicht der Aufklärung vor dem - lange zurückliegenden - Erwerbder [X.]e, sondern enthielt korrekte klar formulierte [X.] und eine ebensolche zutreffende Empfehlung für das zweckmäßi-ge Verhalten bei Ablauf der [X.].- 10 -Damit hat die Klägerin auch etwaige Pflichten aus § 31 Abs. 2Nr. 2 WpHG, der auch Bedeutung für Inhalt und Umfang (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten hat ([X.]Z 142, 345, 356), und ausNr. 3.2. der Richtlinie des [X.] für den Wertpapier-handel vom 26. Mai 1997 (BAnz vom 3. Juni 1997, [X.]) zur Konkre-tisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- undVermittlungsgeschäft der Kreditinstitute erfüllt.b) Weitergehende Beratung und Aufklärung schuldete die Klägerindem Beklagten auch nach Eingang seiner Optionserklärung nicht. [X.] hatte sich zwar mit Ausübung der Optionsrechte für ein [X.] entschieden, das nicht ihrer Empfehlung entsprach und ihm einenVermögensnachteil in Höhe der Differenz zwischen Optionspreis [X.] der Aktie zufügte. Dies hätte die Klägerin, deren Mitarbeiternder aktuelle Börsenkurs der in [X.] nur selten gehandelten japa-nischen Aktie nicht ohne weiteres gegenwärtig sein mußte, nach Ein-gang der Optionserklärung, die selbst keine Angaben über [X.] aktuellen Börsenkurs der Aktie enthielt, aber nur erkennen können,wenn sie sich den Inhalt des gesamten Geschäftsvorganges einschließ-lich ihrer Empfehlung vom 7. Oktober 1997 vergegenwärtigt hätte. [X.] die Klägerin nicht verpflichtet. Sie hatte dem Beklagten mit [X.] vom 7. Oktober 1997 das wirtschaftlich einzig sinnvolle Vorgehenempfohlen und brauchte in der Folgezeit nicht zu überprüfen, ob der [X.] ihrer Empfehlung folgte oder sich entgegen ihrer [X.] anders verhielt. Da der Beklagte ihr schriftliches Angebot zuweiterer Beratung nicht aufgegriffen hatte, war sie nicht gehalten, ihm- 11 -von sich aus erneut weitere Beratung oder Aufklärung anzubieten. [X.] sich vielmehr darauf beschränken, den in der [X.] klaren Auftrag - wie geschehen - an die [X.] in [X.], ohne ihn zu hinterfragen. Weitergehende Pflichten erga-ben sich angesichts des vorausgegangenen Schreibens vom 7. Oktober1997 auch nicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 WpHG sowie ausNr. 4.3 Satz 3 der für Gerichte ohnehin nicht verbindlichen Richtlinie des[X.] für den Wertpapierhandel.[X.] Revision des Beklagten war daher als unbegründet zurückzu-weisen.[X.] Siol Bungeroth van Gelder Joeres

Meta

XI ZR 329/00

24.07.2001

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2001, Az. XI ZR 329/00 (REWIS RS 2001, 1790)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1790

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