Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. 2 StR 312/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1941

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BUNDES[X.]ERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 312/13
vom
16. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen

alias:

wegen
gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln

als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des [X.]eneralbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 16.
Oktober 2013 gemäß §
44 Abs.
1, §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die Versäu-mung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 9.
Januar 2013 Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des [X.] vom 26.
April 2013, mit dem die Revision des Angeklagten als unzu-lässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9.
Januar 2013 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben
a) im Strafausspruch in den Fällen [X.] der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die [X.]esamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

-
3
-
[X.]ründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaub-ter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in 16 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen unter Einbeziehung von [X.]eldstrafen
aus einem anderen Urteil zu einer [X.]esamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die -
wie der [X.] zutreffend dargelegt hat
-
unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus dem [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es aus den [X.]ründen der Zuschrift des [X.]s unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.
1. Dem Angeklagten war nach Versäumung der Revisionsbegründungs-frist des §
345 Abs.
1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewäh-ren, da ihn wie sein Verteidiger glaubhaft dargelegt hat, an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft (§
44 Satz
1 StPO). Ergänzend wird auf die zutref-fenden Ausführungen in der Zuschrift des [X.]s verwiesen.
2. Das [X.] hat zu den Fällen [X.] der Urteilsgründe folgen-des festgestellt: In der [X.] von November 2011 bis Ende Dezember 2011/Anfang Januar 2012 verkaufte der Angeklagte dem am 26.
Dezember 1995 geborenen

J.

in sechs, zeitlich nicht mehr weiter konkre-
tisierbaren Fällen jeweils Marihuana von zumindest mittlerer Qualität im [X.]e-genwert von je 20
Euro (entsprechend 2
[X.]ramm). In dem gleichen [X.]raum verkaufte der Angeklagte in zehn, zeitlich nicht mehr weiter konkretisierbaren Fällen Marihuana von zumindest mittlerer Qualität im [X.]egenwert von jeweils 1
2
3
-
4
-
10
Euro bis 30
Euro (entsprechend einem bis drei [X.]ramm) an den am 28.
Dezember 1995 geborenen

[X.].

. Dem Angeklagten war bekannt,
dass die [X.] noch keine 18
Jahre alt waren. Die [X.] hatten bereits vor den Verkäufen durch den Angeklagten Erfahrungen mit dem Kon-sum von Marihuana. Der [X.]ewinn des Angeklagten pro verkauftem [X.]ramm [X.] betrug 4
Euro.
3. Bei der Strafzumessung geht die [X.] vom Regelstrafrahmen des §
30
Abs.
1 Nr.
2 BtM[X.] aus, der eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren bis zu fünfzehn Jahren vorsieht. Das Vorliegen minderschwerer Fälle im Sinne von §
30 Abs.
2 BtM[X.] hat sie verneint und für jede der Taten eine Freiheitstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
für tat-
und schuldangemessen erachtet.
Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beurteilung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, der ein beträchtliches Überwiegen der strafmildernden Umstände voraussetzt, ist im Wesentlichen dem Tatrichter überlassen (vgl. Fischer,
St[X.]B,
60.
Aufl.,
§
46 Rdn.
85 m.N.). Seine Entschei-dung ist vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, auch wenn eine [X.] Entscheidung ebenso möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen hätte. Dies ist ausnahmsweise jedoch nicht der Fall, wenn die mildernden Fak-toren so eindeutig überwiegen, dass die Entscheidung des Tatrichters hinsicht-lich des Strafrahmens nicht mehr als nachvollziehbar anzusehen ist (vgl. B[X.]H NStZ-RR 2006, 140, 141).
So verhält es sich hier. Die [X.] führt selbst eine Reihe gravie-render Milderungsgründe zu [X.]unsten des Angeklagten an, wie etwa sein voll-umfängliches [X.]eständnis, die geringen verkauften Mengen an Marihuana, bei dem es sich um eine sog. weiche Droge handelt, die geringen dabei erzielten [X.]ewinne, die zudem der Finanzierung seines eigenen Konsums dienten und 4
5
6
-
5
-
den Umstand, dass die [X.] bereits vor den Verkäufen durch den [X.] Drogenkonsumenten waren. Dem stellt sie zu Lasten des Angeklag-ten lediglich gegenüber, dass er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Dabei ist es allerdings zu berücksichtigen, dass es sich um vergleichsweise geringfügige Vorbelastungen wegen Beleidigung und wegen Verstoßes gegen das [X.] handelte. Soweit die [X.] als [X.] ergänzend darauf abstellt, dass der Angeklagte in einer Vielzahl von [X.] Marihuana gewinnbringend an die [X.] verkauft hat, werden diese Umstände durch die geringen verkauften Mengen und die minimalen erzielten [X.]ewinne deutlich relativiert.
[X.]ewichtet
man diese [X.]esichtspunkte, so
ergibt sich ein so eindeutiges Überwiegen der strafmildernden Faktoren, dass die Anwendung des Normal-strafrahmens des §
30 Abs.
1 Nr.
2 BtM[X.] mit einer Mindeststrafe von zwei Jah-ren für jeden der Verkäufe von 1
-
2 [X.]ramm Marihuana
auch unter Anerken-nung eines weiten tatrichterlichen [X.] nicht mehr nachvoll-ziehbar erscheint.
Darüber hinaus lassen
die Urteilsgründe nicht -
wie geboten (vgl. nur B[X.]H,
[X.], 298)
-
erkennen, dass die [X.] eine [X.]esamtbe-trachtung vorgenommen hat, bei der alle Umstände einbezogen und gewürdigt wurden, die für die Wertung der Tat und des [X.] in Betracht kommen. Dies erfordert eine wertende Verknüpfung der mildernden und strafschärfenden Fak-toren. Demgegenüber beschränkt sich das [X.] auf die formelhafte und nicht näher begründete Schlussfolgerung, dass die mildernden Aspekte "mithin" die strafschärfenden nicht so überwiegen, dass die Anwendung des Ausnah-mestrafrahmens angezeigt wäre. Auch bei der [X.]esamtwürdigung
hätte die [X.] aber
in Betracht ziehen müssen, ob die festgestellten mildernden [X.]esichtspunkte, insbesondere dass es sich um den Verkauf geringster Mengen 7
8
-
6
-
der weichen Droge Marihuana handelt, die Fälle des Angeklagten so deutlich von den Delikten schwerer Kriminalität abheben, die durch §
30 Abs.
1 BtM[X.] erfasst werden sollen, dass die Anwendung des darin vorgeschriebenen Straf-rahmens unangemessen ist (vgl. [X.]/[X.]/Volkmer-[X.],
BtM[X.],
7.
Aufl. §
30 Rdn.
182).
Fischer [X.]Krehl

Eschelbach Zeng

Meta

2 StR 312/13

16.10.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. 2 StR 312/13 (REWIS RS 2013, 1941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1941

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