Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. I ZR 29/19

I. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3667

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919BIZR29.19.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 29/19
vom
12. September 2019
in dem Rechtsstreit

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Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 12. September 2019 durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Koch, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
[X.], [X.] und Dr.
Schmaltz

beschlossen:

Der Antrag der Klägerin, ihr einen Notanwalt zur Wahrung ihrer Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der [X.] im Urteil des
5.
Zivilsenats

des Kammergerichts vom 29.
Januar 2015 beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Streitwert: 135.000

Gründe:
[X.] Die Klägerin wendet sich
mit einer Restitutionsklage gegen das im Vorpro-zess ergangene Berufungsurteil, mit dem
gegen sie gerichteten Ansprüchen aus ei-nem Werktitelrecht stattgegeben wurde. Das Berufungsgericht hat die [X.] abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Gegen das am 6. Februar 2019 zugestellte Urteil ist am 12. Februar 2019 durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbe-schwerde eingelegt worden. Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11.
Juni 2019 ist die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde an diesem Tag beim [X.] eingegangen. Zugleich hat der Prozessbevollmächtigte mit-1
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geteilt, die Klägerin nach Einreichung des Begründungsschriftsatzes nicht mehr zu vertreten.
Ebenfalls am 11. Juni 2019 hat die Klägerin per Telefax den Antrag auf Beiord-nung eines [X.] gestellt und mitgeteilt, ihrem Prozessbevollmächtigten das Mandat entzogen zu haben. Dieser hat mit Schriftsatz vom 4.
Juli 2019 das Mandat ausschließlich zum Nachweis seiner Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sowie der Einreichung der Begründung wieder [X.], seine entsprechende Bevollmächtigung anwaltlich versichert und eine am 4.
Juli 2019 unterzeichnete [X.] der Klägerin überreicht, die sich ausdrücklich nicht auf die Einreichung einer Rechtsmittelbegründung erstreckt.
I[X.] Der Antrag auf Beiordnung eines [X.] ist unbegründet.
1. Nach §
78b Abs.
1 ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwäl-te geboten ist, einer [X.] auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die [X.] nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
2. Hat die [X.] -
wie hier -
zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer spä-teren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines [X.] nur dann in Betracht, wenn die [X.] die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei rechtferti-gen nach der Rechtsprechung des [X.] allein Differenzen einer [X.] über die von ihrem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt avisierte Nichtzulassungsbeschwerdebegründung und die darauf folgende Mandatsniederle-gung nicht die Beiordnung eines [X.]. Mit dem Ziel -
wie hier -, die [X.] einer inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechenden Revisions-
oder Nichtzu-lassungsbeschwerdebegründung zu erreichen, kann eine [X.] die Beiordnung ei-nes [X.] nicht verlangen. Nach den gesetzlichen Vorschriften dürfen diese Rechtsmittel nur durch beim [X.] zugelassene Rechtsanwälte und 3
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Rechtsanwältinnen begründet werden, die auch die Verantwortung dafür tragen. Eine Beiordnung allein zu dem Zweck, die von einer nicht postulationsfähigen Person ver-fasste Rechtsmittelbegründung in das Verfahren einzuführen, liefe dem Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung zuwider und stünde im Widerspruch zur Eigen-verantwortung der Rechtsanwälte. Scheitert die Einreichung einer Nichtzulassungs-beschwerdebegründung daran, dass der beauftragte postulationsfähige [X.] nicht bereit ist, den rechtlichen Überlegungen der [X.] zu folgen und sie zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen, rechtfertigt dies für sich ge-nommen nicht die Beiordnung eines [X.] nach §
78b Abs.
1 ZPO. Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen beim [X.] ist, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in [X.] besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtsuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der [X.] von unzulässigen Rechtsmitteln entlastet werden. Dem liefe es zuwider, wenn die Kläge-rin einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen den Rat ihres Prozessbe-vollmächtigten durchzusetzen (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
Juni 2017 -
III
ZR 63/17, juris Rn.
3; Beschluss vom 5.
Juli 2017 -
XII ZR 11/17, juris Rn. 8 mwN). Danach kommt die Beiordnung eines [X.] hier nicht in Betracht. Die Restitutionskläge-rin will damit allein erreichen, dass eine inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechende Nichtzulassungsbeschwerdebegründung eingereicht wird.
3. Für die Beiordnung eines [X.] besteht auch kein Rechtsschutzbedürf-nis. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist rechtzeitig und wirksam von einem beim [X.] zugelassenen Anwalt eingereicht worden (dazu [X.]). Normzweck des §
78b ZPO ist es, gleiche Chancen bei der [X.] und Rechtsverteidigung zu sichern (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 8.
Aufl., §
78b Rn.
1; vgl. auch [X.], Beschluss vom 29. Juni 2017 -
III
ZR 63/17, juris Rn.
3). Dieser Normzweck fordert hier keine Beiordnung. Die gleichen Chancen sind durch die fristgerecht eingereichte Begründung bereits gewahrt.
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II[X.] Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig. [X.] ist sie innerhalb der (verlängerten) Frist von einem beim
[X.] zugelassenen Anwalt begründet worden. Der Prozessbevollmächtigte konnte diese Prozesshandlung trotz Kündigung des Mandatsverhältnisses wirksam namens und in Vollmacht der Klägerin vornehmen.
1. Nach §
87 Abs.
1 ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags dem Gegner gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in [X.] erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Dasselbe gilt gegenüber dem Gericht (vgl. [X.], Urteil
vom 14.
Dezember 1979 -
V [X.], [X.], 999 [juris Rn.
7]). Die Regelung soll verhindern, dass Ereignisse, die in der Sphäre einer [X.] liegen, dem [X.] und dem Gericht die Fortführung und Abwicklung des Rechtsstreits erschweren ([X.] in
Musielak/[X.], ZPO, 16. Aufl., §
87 Rn.
1).
2. Der Prozessbevollmächtigte hat danach trotz der Kündigung des [X.] durch die Restitutionsklägerin am 11.
Juni 2019 sowie die [X.] am selben Tag die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wirksam fristgerecht eingereicht. Die ihm erteilte [X.] konnte gegenüber dem Gegner und dem Gericht erst dadurch enden, dass ein anderer beim Bundesge-richtshof zugelassener Anwalt seine Bestellung anzeigt. Da dies nicht geschehen ist, blieb der Prozessbevollmächtigte trotz Kündigung seines Auftrags durch die Klägerin weiterhin deren Vertreter im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1959 -
IV
ZR 68/59, [X.]Z 31, 32 [juris Rn.
12]). Somit konnte der Prozessbevollmächtigte, obwohl das seiner Prozessvoll-macht zugrundeliegende Mandat gekündigt war, gegenüber dem Gegner und dem Gericht rechtswirksam Prozesshandlungen -
hier die Einreichung der [X.] -
für die Restitutionsklägerin vornehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Dezember 1989 -
IVb [X.], [X.], 388 [juris Rn.
5]; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
87 Rn.
5). Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die schriftliche 8
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[X.] der Klägerin vom 4.
Juli 2019 die Einreichung der Rechtsmittelbe-gründung ausdrücklich ausnahm. Gemäß §
83 Abs.
1 ZPO entfaltet diese [X.] im Außenverhältnis keine rechtliche Wirkung.
[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten [X.] greifen nicht durch und die Fortbil-dung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch im Übrigen keine Entscheidung des [X.]. Von einer näheren Be-gründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abgesehen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Koch
[X.]
[X.]

[X.]
Schmaltz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.03.2011 -
16 O 84/10 -

KG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2019 -
5 U 110/17 und 5 [X.] -

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Meta

I ZR 29/19

12.09.2019

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. I ZR 29/19 (REWIS RS 2019, 3667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3667

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